Archive

IR-03 Für eine humanitäre Geflüchtetenpolitik

7.05.2018

1. Sichere Fluchtwege nach Europa schaffen -Vergabe humanitärer Visa

Wir fordern:

  • Die Einführung und unbürokratische Gewährung humanitärer Visa (nach dem Beispiel etwa Italiens) zur legalen Einreise nach Vorprüfung der Asylgründe in den Herkunftsländern;
  • Die Schaffung der nötigen personellen Voraussetzungen in den Botschaften so schnell wie möglich, um Wartezeiten zu minimieren.

 

2. Familienzusammenführung jetzt

Wir fordern:

  • Die schnelle und unbürokratische Zusammenführung von Familienangehörigen aus Drittstaaten (nicht-EU) mit in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Geflüchteten, da nur im Zusammenleben mit der Familie nachhaltige Integration möglich ist.
  • Auch nach Ablauf der gesetzlichen Aussetzung muss die Familienzusammenführung für Personen mit sog. „subsidiären Schutzstatus“ unter weitest möglicher Ausschöpfung der Härtefallregelung im Koalitionsvertrag ohne Rücksicht auf Obergrenzen wieder ermöglicht werden. Viele dieser Menschen warten seit Jahren darauf, ihre Familien wiederzusehen –das ist mit dem gesetzlich verankerten Schutz der Familie nicht vereinbar.
  • Tausende Familienangehörige von in Deutschland lebenden Geflüchteten leben auf den griechischen Inseln in menschenunwürdigen Verhältnissen, obwohl sie im Rahmen der Dublin-Richtlinie einen Anspruch darauf hätten, ihren Asylantrag in Deutschland zu stellen. Dieser rechtswidrige Zustand muss beendet werden, die Einhaltung der sechsmonatigen Überstellungsfrist ist unbedingt einzuhalten.
  • Die im Rahmen des EU Relocation Framework von Deutschland zugesagten Kontingente müssen zur Entlastung Italiens und Griechenlands umgesetzt werden –keinesfalls ist die Verpflichtung, wie zuletzt das Bundesministerium des Innern verlauten ließ, bereits umgesetzt.

 

3. Flüchtlingscamps nach UN-Standards

Die Zustände in einigen Flüchtlingslagern –innerhalb und außerhalb der Europäischen Union –sind nicht tragbar. Die finanzielle Ausstattung der UN-Organisationen zur Hilfe und Unterbringung für Geflüchtete muss sofort verbessert, Zusagen eingehalten werden. UNHCR und das World Food Program sind immer wieder genötigt, die grundlegenden Standards in den von ihnen betriebenen Camps zu senken, Essensrationen zu kürzen und können im Winter nicht sicher vor dem Erfrieren schützen. Auch in europäischen Flüchtlingslagern, vor allem auf den griechischen Inseln, herrschen zum Teil rechtlich unhaltbare Zustände: Asylverfahren dauern unangemessen lange und folgen keiner durchschaubaren Reihenfolge; Rechtsberatung ist nur in rudimentärem Ausmaß verfügbar; Asylanhörer*innen sind zum Teil nicht ausreichend geschult.

 

Wir fordern:

  • Die Bundesregierung muss alle erforderlichen Finanzmittel bereitstellen, um die Einhaltung humanitärer Mindeststandards in den Flüchtlingscamps zu gewährleisten.
  • Die zahlreichen Vorfälle von massiver Folter und Gewalt in libyschen Flüchtlingslagern müssen umgehend aufgeklärt werden und es dürfen keine Rückführungen in diese Lager erfolgen.
  • Um der Überlastung in den Hotspots entgegenzuwirken, müssen Zusagen im Rahmen des Relocation-Programms schnellstmöglich umgesetzt werden, wobei bei der Auswahl der geeigneten Kandidat*innen für das Relocation-Programm im nötigen Maße auf das Kriterium der Vulnerabilität achtzugeben ist.

 

4. Europäische Seenotrettung

Wir fordern:

  • Die Einsetzung einer europäischen Seenotrettungsmission nach dem Vorbild der Mission „Mare Nostrum“ mit zusätzlichen Mitteln und Finanzen, die bspw. durch eine Umwidmung der Mission „Sophia“ zur Verfügung gestellt werden können. Die Aufgabe der Europäischen Union, sicherzustellen, dass ihre Außengrenzen nicht zum Massengrab werden, ist in der derzeitigen Situation nur mit einer staatlich organisierten, vorrangig zivilen Seenotrettung möglich.
  • Da die Staaten mit südlicher EU-Außengrenze die Aufnahme und Integration von der großen Anzahl von Geflüchteten nicht alleine schultern können, muss weiter darauf gedrängt werden, dass die aus Seenot Geretteten auf alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach einem festen Schlüssel solidarisch verteilt werden. Wenn ein Staat weniger Geflüchtete aufnimmt, als er müsste, ist ein Geldausgleich zu zahlen. Diese Regelung kann auch durch die partielle Streichung von EU-Geldern an diesen Staat durchgesetzt werden.
  • Für Unterbringung, Betreuung und Asylverfahren müssen Mindeststandards gelten, die vom UNHCR regelmäßig kontrolliert werden.
  • Die auf dem Mittelmeer humanitäre Hilfe leistenden NGOs müssen durch Sicherheitsgarantien geschützt und dürfen von keiner Stelle aus kriminalisiert werden. Keine humanitäre Organisation darf gezwungen werden, bewaffnetes Personal an Bord zu nehmen.
  • Die Aufbauhilfe für die libysche Küstenwache wird so lange ausgesetzt, bis die libysche Küstenwache ihre Übergriffe auf NGOs nachweislich unterlässt und die einseitig erklärte „Search-and-Rescue-Zone“ aufgibt.

 

5. Keine Deals zur gewaltsamen Zurückhaltung von Flüchtenden

Die Praxis des Abschlusses sogenannter „Flüchtlingsdeals“, etwa mit der Türkei, sowie informelle Abkommen mit anderen Mittelmeer-Anrainerstaaten über die gewaltsame Zurückhaltung von flüchtenden Menschen ist zu beenden. Dieses Vorgehen ist aus humanitären und völkerrechtlichen (Refoulement-Verbot der Genfer Flüchtlingskonvention) Gründen nicht zu rechtfertigen und macht die Europäische Union politisch erpressbar.