- Die SPD setzt sich auf allen Ebenen für einen Abzug aller Atomwaffen aus der Bundesrepublik und eine Ablehnung der atomwaffen-unterstützenden Aufrüstung der Bundeswehr ein.
- Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, diese Haltung in der Großen Koalition konsequent zu vertreten und entsprechende Entscheidungen zu treffen.
- Die SPD wird diese Haltung auch in künftigen Koalitionsverhandlungen vertreten und keine Koalitionsverträge mit anderslautenden Festlegungen schließen.
- Die SPD wird diese friedenspolitische Forderung im nächsten Bundestagswahlkampf aufgreifen und thematisieren.
Der aktuelle Streit in der Großen Koalition um die Neubeschaffung von Kampfflugzeugen, die geeignet sind, US-Atombomben zu ihren „Zielen“ zu transportieren, hat ein Thema wieder ins öffentliche Bewusstsein zurückgerufen, welches lange Zeit keine besondere Aufmerksamkeit mehr erfahren hat: die militärische und sicherheitspolitische Standortbestimmung der Bundesrepublik.
In diesem Streit haben der SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende und der SPD-Bundesvorsitzende bereits deutlich gemacht, dass sie diese Nachrüstung und auch die Stationierung der US-amerikanischen Atomwaffen auf deutschem Boden ablehnen. Insgesamt zeigt sich die SPD-Spitze aber in dieser Frage alles andere als geschlossen, weshalb eine Grundsatzentscheidung und Positionierung der Partei in dieser Frage zu diskutieren und herbeizuführen sind.
Die Duisburger SPD sieht sich in dieser Frage konsequent in der langen friedenspolitischen Tradition der Partei, die in den letzten Jahrzehnten u.a. gekennzeichnet war durch die Entspannungs- und Friedenspolitik Willy Brandts, der Ablehnung des NATO-Doppelbeschlusses (auch auf die Gefahr und letztlich mit der Konsequenz des Machtverlustes) und dem entschiedenen Nein der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder zum Irak-Krieg. Es war seit 1945 über Jahrzehnte hinweg gesellschaftspolitischer Konsens in Ost und West, dass von deutschem Boden kein Krieg mehr ausgehen dürfe. Die Bundesrepublik hat es sich auch nach der Wiedervereinigung und der Herstellung voller staatlicher Souveränität daher zu Recht nie leichtgemacht, ihren Bündnisverpflichtungen durch aktive Auslands- und Kampfeinsätze nachzukommen. Allen gingen letztlich leidenschaftliche Debatten und am Ende legitimierende Bundestagsbeschlüsse voraus.
Ohne die Bündnisverpflichtungen der Bundesrepublik in Zweifel stellen und eine stärkere internationale Verantwortung als noch vor 1989 negieren zu wollen, bleibt es mit Blick auf die jüngere deutsche Geschichte doch dabei, dass es auch eine besondere Verantwortung der Bundesrepublik für die Friedenerhaltung und gegenüber den besonders Leidtragenden des 2. Weltkrieges – insbesondere dem jüdischen Volk und Russland – gibt. Wenn heute im Rahmen von NATO-Manövern an der russischen Grenze wieder deutsche Panzer auffahren (wie 2019 in Litauen), zeugt dies von wenig historischer Sensibilität und Verantwortung. Gleiches gilt zweifellos für die auf deutschem Boden stationierten US-Atomwaffen, die auch noch durch deutsche Kampfflugzeuge transportiert werden sollen – dass gerade von der Bundesrepublik eine atomare Bedrohung für Russland ausgehen soll, zeigt in erschreckendem Maße, wie sehr das Denken des „Kalten Kriegs“ in den Köpfen vieler Verantwortlicher noch präsent zu sein scheint.
Spätestens die US-amerikanische Außenpolitik im Vorfeld und im Zuge des Irak-Krieges hat gezeigt, dass die USA-Administrationen Partnerschaft und gleichberechtigte Teilhabe in der NATO recht einseitig im Sinne ihrer Interessenlagen definieren. Mit der Präsidentschaft Donald Trumps haben die Unberechenbarkeit und Partnerschaftsdefinition der USA nunmehr ein Niveau erreicht, das Anlass zur Sorge geben muss. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Rolf Mützenich, hat dazu ausgeführt, die Regierung Trump habe zwischenzeitlich verkündet, dass Atomwaffen nicht mehr nur der Abschreckung dienen, sondern Waffen seien, mit denen man Kriege führen könne. Die USA behielten sich vor, auf Bedrohungen, zum Beispiel auch durch Cyber-Angriffe, mit nuklearen Vergeltungsschlägen zu reagieren. Auch der Ersteinsatz sei nicht vom Tisch. Zudem habe die US-Regierung angekündigt, die in Deutschland lagernden Atomwaffen durch modernisierte, zielgenauere atomare Lenkwaffen ersetzen zu wollen. Damit sei das Eskalationsrisiko unüberschaubar geworden.
Statt sich für Nach- und Aufrüstung einzusetzen, wäre es angesichts eines weltweiten Wettrüstens, in das 2018 nahezu zwei Billionen US-Dollar geflossen sind, dringend an der Zeit, sich wieder verstärkt dem Thema „Abrüstung“ zu widmen. Die Forderung des Abzuges der Atomwaffen aus Deutschland und der Verzicht auf die Nachrüstung der Trägersyteme könnte hier ein erstes starkes Signal setzen und den Anstoß für weitere Abrüstungsinitiativen geben. Es stünde der Bundesrepublik gut an, hier eine Führungsrolle zu übernehmen und dafür Partner zu gewinnen – sowohl in der EU, als auch in der NATO und international.
Auch mit Blick auf eine neue inhaltliche Ausrichtung der SPD und dem nächsten Bundestagswahlkampf empfiehlt es sich, das lange aus dem Blickfeld verschwundene Thema „Friedenspolitik“ wieder aufzugreifen – denn immer, wenn sich die SPD glaubwürdig dieses traditionellen Kernthemas angenommen hat, vermochte sie Menschen für sich zu begeistern und zu mobilisieren.