Die historische Wahlniederlage der SPD bei der Bundestagswahl am 24. September 2017 bedeutet eine tiefe Zäsur in der mehr als 150-jährigen Geschichte der SPD. Ein „Totalverlust“ ist nicht mehr auszuschließen. Zugleich zeigt der Blick über die Grenzen: Diese Entwicklung ist nicht (nur) hausgemacht, die Existenz und die politischen Gestaltungsmöglichkeiten sozialdemokratischer Parteien stehen in ganz Europa in Frage. Auf diese Lage müssen wir reagieren, und zwar sofort und konsequent. Wer darauf hofft, dass die Lage der Partei in ein paar Jahren schon wieder besser sein wird, und bis dahin das „Weiter-so“ propagiert, der spielt mit der Existenz der Partei.
Mit der Mehrheitsentscheidung der Mitglieder für eine erneute Regierungsbeteiligung ist klar, dass wir in den kommenden Jahren – als zwingende Voraussetzung für bessere Wahlergebnisse – eine erfolgreiche Politik machen und die auch erfolgreich kommunizieren müssen. Das ist mehr, als uns im der letzten Regierungszeit gelungen ist. Zugleich stehen wir vor der Herkulesaufgabe, uns selbst neu zu erfinden und uns – parallel zur gemeinsamen Regierungsarbeit mit der Union – als glaubwürdige politische Alternative zu positionieren. Diese Herausforderung wird in vielen Teilen der Partei so empfunden und seit dem 4. März breit diskutiert.
Die SPD Düsseldorf wird den umfassenden Erneuerungsprozess der Partei aktiv mit vorantreiben. Erneuerung in allen Bereichen – inhaltlich, organisatorisch und personell – und auf allen Ebenen. Wir beginnen mit uns selbst. Dazu haben wir im Herbst 2017 einen intensiven Prozess unter Beteiligung aller Mitglieder der Partei begonnen, der mit diesem UB-Parteitag erste praktische Umsetzungsschritte bringen wird. Zugleich beteiligen wir uns aktiv an der Erneuerung der SPD in NRW und in Deutschland. Weder die Regierungsbeteiligung im Bund noch die bevorstehenden Wahlen dürfen uns daran hindern, jetzt unsere Arbeit und unsere politische Aufstellung konsequent auf den Prüfstand zu stellen.
Im Gegenteil: Mit der Europawahl 2019 und der Kommunalwahl mit Wahl des Integrationsbeirates 2020 steht die SPD im Bund, in NRW und hier in Düsseldorf sehr schnell vor großen Herausforderungen. Auch darum darf es kein „Weiter-so“ geben. Wenn wir wieder Erfolge bei Wahlen erreichen wollen, müssen wir Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen. Vertrauen gewinnen wir nur, wenn wir wieder sagen, was wir tun, und dann auch tun, was wir sagen. Dazu zählt insbesondere, dass wir politische Fehler der Vergangenheit offen ansprechen, und zugleich klare Konzepte für die brennenden Fragen der Gegenwart und der Zukunft vorlegen. Dazu müssen wir auch wieder bereit sein, zu streiten, kontrovers zu diskutieren und auch unbequeme Entscheidungen zu treffen.
Das bedeutet nicht zuletzt eine neue politische Kultur in der Arbeit der Partei. Offener, solidarischer, konfliktbereiter, jünger, weiblicher – das sind wichtige Stichworte für diese Veränderung. Unsere Arbeit der kommenden Jahre werden wir daran ausrichten. Wir setzen das konsequent um:
- Wir werden verstärkt über die Ziele und die Inhalte unserer Politik diskutieren und wo nötig auch streiten. Dabei werden wir uns noch weiter für den Dialog mit Gewerkschaften, Organisationen und Initiativen und mit unseren Wähler*innen öffnen. Für uns gilt:
Als politische Partei haben wir eine klare grundsätzliche Orientierung – aber bei der Umsetzung in konkrete und praktische Politik arbeiten wir aus Überzeugung mit denen zusammen, die davon betroffen sind, die damit in vielfacher Hinsicht „leben müssen“. - Für uns gibt es dabei keine Tabus und keine Denkverbote. Wir haben verstanden, dass die Menschen uns und unsere Politik nicht mehr überzeugend, nicht mehr glaubwürdig finden. Auf dem Weg zu neuer Glaubwürdigkeit werden wir auch selbstkritisch fragen, welche Fehler wir in den letzten 20 Jahren gemacht haben – und wir werden uns auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass wir uns neu orientieren und die Fehler beheben.
- Wir werden uns auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass die Beschlüsse der Partei in der praktischen Politik ihren Niederschlag finden. Parlamentarische Entscheidungen und Regierungshandeln müssen mit der Beschlusslage der Partei in Einklang bleiben. Auch das gehört zum Prinzip „Sagen, was man tut, und tun, was man sagt.“
- Wir richten den Blick über den Tag und über Legislatur- und Wahlperioden hinaus. Kommunal arbeiten wir intensiv an Konzepten für ein liebens- und lebenswertes Düsseldorf für die kommenden 10 Jahre. Mit unserem Wahlprogramm für 2020 werden wir sie vorlegen und eine breite Diskussion in der Stadt dazu initiieren.
- Wir werden die aktive Beteiligung aller Gruppen in der Partei sicherstellen. Unser besonderes Augenmerk gilt dabei der aktiven Teilnahme von Jüngeren und von Frauen, aber zugleich auch der vielen älteren Genossinnen und Genossen, die auch im höheren Alter noch politisch mitmischen wollen. Wo nötig, werden wir auf diesem Weg unsere Arbeit in den Gremien, in den Ortsvereinen, den Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreisen verändern, um aktives Mitarbeiten auch wirklich möglich zu machen.
- Wir werden unsere Arbeit zugleich mit Blick auf die neuen Kommunikationsmöglichkeiten und -wege in unserer Stadt verändern. Diskussionen und Entscheidungen müssen auch online und von zuhause, von der Arbeit und von unterwegs aus möglich sein. Hinterzimmer und Ochsentour waren gestern. Wir laden alle ein, bei uns mitzumachen, ganz gleich, wie viel Zeit sie mitbringen und wie dauerhaft sie sich engagieren wollen oder können.
- Wir freuen uns über jede Beteiligung unserer Mitglieder, punktuell, an einem Projekt, am besten natürlich in dauerhafter Mitarbeit. Öffnung der Partei bedeutet aber auch, dass wir Nichtmitgliedern Arbeits- und Beteiligungsmöglichkeiten anbieten.
Erfolgt mündlich.
Ergänzend beziehen wir uns auf die zahlreichen öffentlichen Debattenbeiträge, die seit dem 4. März vorgelegt worden sind. Exemplarisch etwa:
SPD gemeinsam erneuern (www.parlamentarische-linke.de/spd-gemeinsam-erneuern/)
Anleitung zur Radikalisierung der Sozialdemokratie (www.europaradikale-sozis.eu)
Gemeinsame Erklärung zum Ausgang des Mitgliedervotums der SPD (www.nogroko.nrw)
mit Annahme L-01 in Fassung der Antragskommission