L-01 Unser Weg in NRW: Rot Pur! Eine neue Idee für Nordrhein-Westfalen. Das bessere Morgen solidarisch gestalten

1. Einleitung

 

Das Ziel der Sozialdemokratie war immer: Das bessere Morgen. Wir wollen den Fortschritt gestalten. Einen Fortschritt, der nicht mehr Macht oder mehr Reichtum für Wenige bedeuten darf, sondern zu sozialem Fortschritt für alle werden muss. Diesem Anspruch wollen wir neu gerecht werden. Eine grundlegende, begründete Zuversicht für die eigene Zukunft ist aber Bedingung dafür, Veränderungen nicht zu fürchten, sondern sie zu begrüßen. Die zweite Bedingung dafür, Veränderungen offen gegenüberzustehen, ist das Vertrauen in die handelnden politischen Akteure, dass sie notwendigen Wandel im Interesse der Menschen gestalten. Hierfür müssen wir erkennbar machen, dass wir diese Interessen wahrnehmen, verstehen und ernstnehmen, indem wir sie aktiv vertreten.

 

Die Sozialdemokratische Partei ist als Partei der Arbeit in Zeiten paralleler Umbrüche doppelt gefordert. Zum einen ist „die Arbeit“, als Schlüssel zu einem guten, gelingenden und vor allem selbstbestimmten Leben in den vergangenen Jahrzehnten einem massiven Umbruch unterworfen. Neue Beschäftigungsformen, mehr Befristungen, Wandel des Erwerbslebens, Veränderungen der zeitlichen Souveränität vieler Beschäftigten angesichts hoher Überstundenzahlen und digitaler Arbeitsformen auf der einen Seite. Aber auch die Verschiebung politischer Gewichte auf der Welt hin zu China oder wenigen digitalen Megakonzernen in den USA, die weltweiten Auswirkungen der Digitalisierung – all dies beschleunigt den Umbruch und erzeugt nicht nur Zuversicht, sondern auch neue Fragen und löst Ängste aus.

 

Gerade jetzt heißt es für die SPD, den gleichen, gerechten Zugang zur Arbeit für alle Menschen sicherzustellen und durch die Stärkung des Gedankens der Solidarität neue Sicherheit im Wandel zu geben. Wir sind überzeugt: Neue Sicherheit im Wandel entsteht durch mehr Solidarität aller. Mehr Solidarität entsteht durch massive Investitionen in den gesellschaftlichen, sozialen Zusammenhalt, die Stärkung solidarischer Sicherungssysteme in Rente, Gesundheit und Arbeit.

 

Die Sozialdemokratie leitet der Gedanke eines zukunftszuversichtlichen Blicks auf die kommende Welt. Wir wissen, dass Herausforderungen durch Fortschritt zu lösen sind und anstehende Veränderungen der Welt Verbesserungen bedeuten können. Doch hierfür müssen wir etwas tun, gemeinsam und solidarisch streiten. Wir dürfen das Feld nicht länger den anderen überlassen. Für die SPD in Deutschland geht es um viel. Wir haben mit dem Europawahlergebnis vom Mai mit 15,8 Prozent von den Wählerinnen und Wählern aufgezeigt bekommen, dass ein „Weiter so“ den Abschied von der Volkspartei SPD bedeutet. Neben einer missglückten Kampagne zur Europawahl liegen die Probleme sehr viel tiefgreifender. Es ist an der Zeit für die SPD zu entscheiden, welche Interessen sie vertritt.

 

Im Juni 2019 haben wir zwei Stichwahlen und somit die Bürgermeisterwahlen sowohl in Lage als auch in Stollberg gewonnen. Das zeigt, da wo sich die SPD um die täglichen Dinge der Menschen vor Ort kümmert, stellt sich auch der Erfolg wieder ein. Deswegen gehen wir selbstbewusst in die Kommunalwahl 2020.

 

Und selten war eine starke Sozialdemokratie auf dem Platz wichtiger als heute. Doch wir brauchen die Klärung grundlegender inhaltlicher Fragen, dies haben wir auch bei der verlorenen Landtagswahl 2017 gemerkt. Daher haben wir uns auf dem letzten Landesparteitag auf den Weg gemacht, um mit unserem Prozess Rot-Pur den zukünftigen Weg der NRWSPD zu beschreiben und klare inhaltliche Positionen zu entwerfen. Denn in der Gesellschaft ist etwas ins Rutschen gekommen:

 

In Nordrhein-Westfalen müssen auch heute noch zu viele Menschen um ihre soziale Zukunft bangen, während wenige durch hohe Einkommen und Vermögen umfassend abgesichert sind. Vielen fehlt es an bezahlbarem Wohnraum, während wenige sich luxuriöses Wohnen überall leisten können. Vielen fehlt Zeit für Familie und Erholung, weil sie für niedrige Einkommen viel und unter schlechten Bedingungen arbeiten müssen. Vielen fehlt eine sichere Rente, während nur wenige gelassen einem Alter im Überfluss entgegensehen können. Zu viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leiden unter niedrigen und unsicheren Löhnen, während wenige hochbezahlt werden. Viele leiden unter den Umweltproblemen, denen sich wenige durch ihre finanziellen Möglichkeiten entziehen können. Und nicht zuletzt sehen sich die Vielen, die jeden Tag hart für sich und ihre Familien arbeiten oder das gern täten, bei ihren Anstrengungen nicht gewürdigt und respektiert.

Die Zukunftsängste vieler Bürgerinnen und Bürger nehmen stetig zu und sind Auslöser für Abstiegsangst. „Hoffentlich geht es meinen Kindern mal besser“ wurde abgelöst durch „Hoffentlich wird es meinen Kindern nicht schlechter gehen.“

 

Und das alles in einer Lage, in der es Deutschland wirtschaftlich gut geht. Genauer muss man sagen, Deutschland geht es im Durchschnitt gut. Allerdings mit zunehmend ungleichen Voraussetzungen. Denn mit dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturwandel werden die Wirkungen von Globalisierung, Digitalisierung und demografischem Wandel immer offensichtlicher. In vielen Regionen NRWs verdichten sich mittlerweile wirtschaftliche, soziale und demografische Schieflagen zu einem Bündel von Problemen, während andere Regionen prosperieren.

 

Wir sind fest davon überzeugt, dass die Bekämpfung der sozialen Ungleichheit der Schlüssel zu einer lebenswerteren Gesellschaft ist. Gleichere Gesellschaften führen zu mehr Lebenszufriedenheit, geringeren Zukunftsängsten, weniger Kriminalität, einer gesünderen Bevölkerung, besseren Bildungschancen, geringerer Arbeitslosigkeit und größerem wirtschaftlichen Erfolg.

 

Doch der Zweck eines modernen Sozialstaats ist nicht in erster Linie, Reichtum umzuverteilen. Sein Zweck ist es, jedem Menschen soziale Rechte zu verleihen und Zugang zu öffentlichen (Dienst-)Leistungen zu verschaffen, die es ihm ermöglichen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

 

Selbstbestimmung ist die Fähigkeit, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen.

Selbstbestimmung ist die höchste Form der Freiheit und steht dabei in klarer Abgrenzung zum aktuellen Begriff der „Eigenverantwortung“, die das Leben von Menschen allein der Logik des Marktes unterwirft. Wer jedes Risiko fürchten muss, weil jeder Fehler und jedes Unglück zu einer existenziellen Bedrohung werden, kann weder flexibel sein noch seine individuellen Möglichkeiten nutzen. Selbstbestimmung ist nur möglich, wenn es ausreichend soziale Sicherheit gibt, die es erlaubt, etwas zu wagen, Initiative zu ergreifen.

 

Das ist der Grund, warum wir von einem starken solidarischen Sozialstaat sprechen, nicht aus Selbstzweck, sondern zur Realisierung der Selbstbestimmung von Vielen und nicht nur der Wenigen.

 

Deshalb haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer die liberale Idee der Freiheit mit sozialer Emanzipation verbunden. Und dazu müssen wir uns den großen Fragen der Zeit zuwenden.

 

Wir erneuern unsere Zukunftsversprechen – Aufstieg durch Bildung, Arbeit, die sich lohnt, Absicherung im Alter. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten ein für den inneren und äußeren Frieden.

 

Und wir lassen nicht zu, dass Herkunft mehr über die Zukunft des Einzelnen aussagt als seine Persönlichkeit. Wir lassen nicht zu, dass gute Bildung von der Kita bis zur (Hoch-) Schule vom Geldbeutel der Eltern abhängt.

 

Lohnt sich harte Arbeit heute noch, wenn wir feststellen, dass die Reallöhne nicht in dem Maße wachsen wie die Mietpreise, dass Befristungen zunehmen, Leiharbeit und Werkverträge Geschäftsmodelle geworden sind? Bietet unser Sozialsystem noch eine tatsächliche Absicherung im Alter, in Notlagen oder im Krankheitsfall oder ist es mittlerweile statt eines Absicherungsversprechens zu einem Abstiegsgespenst verkommen?

 

Wir sind überzeugt, dass wir neue Antworten geben müssen, damit unsere Zukunftsversprechen in einer veränderten Welt wieder gelten. Dazu müssen sich nicht unsere Versprechen ändern, sondern wir müssen die Verhältnisse verändern.

 

Dafür müssen wir auch mit falschen Glaubenssätzen brechen, die die Sozialdemokratie von anderen übernahmen, die darum aber nicht richtiger wurden – im Gegenteil. Es war der falsche Glaube an den Markt, der es schon richten wird und es war die Übertreibung der Eigenverantwortung des Einzelnen in einer Zeit der Umbrüche, die am Ende Menschen alleingelassen hat. Die Ökonomisierung immer weiterer Lebensbereiche nimmt immer mehr zu. Wohnen – das wird der Markt schon richten. Wie er es richtet, können wir aktuell beobachten: Immer mehr Bürgerinnen und Bürger können sich ihre Wohnung nicht mehr leisten, aber die Rendite stimmt. Die Arbeitslosenquote sinkt seit Jahren, aber immer mehr Menschen sind in prekärer Beschäftigung gefangen.

 

Daher müssen wir als erstes dafür sorgen, dass der solidarische Staat wieder das gewährleistet, was wir Menschen für ein würdevolles Leben brauchen: Bezahlbares Wohnen, Mobilität in Stadt und Land, bezahlbare Gesundheitsversorgung und gute Bildung, Sicherheit für alle, faire Arbeit zu fairen Bedingungen.

 

Erkennbar wird aber eine Vision nicht aus der Summe der Einzelteile und auch nicht in der Summe der Einzelmaßnahmen von Regierungshandeln. Regierungshandeln und das Treffen notwendiger Kompromisse ist lebensnotwendig für unsere Demokratie. Aber vor einem Kompromiss steht die Artikulation der eigenen Interessen, genauer die Klarstellung, welche Interessen wir im Blick haben und nicht der vorab getroffene Kompromiss. Wir sprechen über die Bedürftigkeitsprüfung, aber eigentlich wollen wir doch eine Rente, die die Lebensrisiken eines jeden einzelnen absichert. Wir wollen die zahlreichen Ungerechtigkeiten unseres Steuersystems wirksam bekämpfen und insbesondere die Umverteilung von unten nach oben stoppen, aber wir reden davon, dass der Soli für die oberen 10 Prozent nicht abgeschafft wird. Die Aneinanderreihung von einzelnen Maßnahmen ergibt noch kein Konzept, sondern wirkt wie Stückwerk ohne Ziel.

 

Wir in Nordrhein-Westfalen haben uns daher beim letzten Parteitag im Juni 2018 auf den Weg gemacht. Wir entwickeln eine neue Idee für unser Land und ein echtes sozialdemokratisches Angebot für die Wählerinnen und Wähler, dieses Land voranzubringen, indem jeder die Solidarität des Gemeinwohls erlebt, nicht den kalten Staat, der sich nicht zuständig fühlt. Wir wollen den starken vorsorgenden Sozialstaat, der es mit den egoistischen Auswüchsen des Kapitalismus aufnehmen kann und keinen neoliberalen, kaputtgesparten Zwergenstaat. Wir wollen bedingungslose soziale Sicherheit für alle, damit Not nicht zum Ende individueller Träume führt. Wir wollen den proaktiven Staat, der eingreift, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist: Arbeitsversicherung statt Arbeitslosenversicherung, proaktive Stadtentwicklung für den sozialen Frieden und die Umsetzung unseres sozialdemokratischen Aufstiegsversprechens.

 

In den vier Zukunftsdebatten Zukunft der Arbeit, Aufstiegschancen, Soziale Sicherheit und Solidarische Gesellschaft haben wir gemeinsam mit dem ganzen Landesvorstand, der Landtagsfraktion und der Landesgruppe, den Unterbezirken und Ortsvereinen, mit Gewerkschaften, der Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Gruppen einen Dialog begonnen. In den Unterbezirken wurde über die wichtigen Fragen unserer Zeit diskutiert und um Lösungen gerungen. Wir sind die Hälfte der Strecke gegangen, in einigen Punkten sind wir schon sehr weit, andere müssen weiter ausformuliert werden. Hier wollen wir als NRWSPD auf dem Landesparteitag wichtige Weichenstellungen für die weitere Diskussion vornehmen. Auf diesem Wege schaffen wir das Fundament für unser Wahlprogramm 2022 mit einem klaren Profil für unsere NRWSPD.

 

Daneben haben zwei Kommissionen an Lösungen für die drängenden Probleme unserer Zeit gearbeitet: die Wohnungspolitische Kommission und die Rentenpolitische Kommission. Außerdem haben wir unsere Vorstellungen eines gerechten Steuersystems in Deutschland gezeichnet.

 

Und die AG „Beste Bildung NRW – ein Leben lang“ hat ihre Arbeit fortgesetzt und ein grundlegend neues Bildungskonzept für NRW vorgelegt, das wir nun gemeinsam debattieren wollen.

 

Nicht zuletzt hat die Kommunalkampa ihre inhaltlichen und organisatorischen Vorstellungen zur Vorbereitung auf die Kommunalwahlen im September 2020 in den letzten Monaten konkretisiert.

 

Sie hat zum letzten Parteitag mit den Kernthesen sozialdemokratischer Kommunalpolitik wertvolle Impulse für die kommunalpolitische Arbeit vor Ort geliefert und diese unter anderem in vier regionalen Veranstaltungen diskutiert und weiterentwickelt. Dies hilft den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern konkret vor Ort bei der Programmerstellung.

 

Organisatorisch schafft der Landesverband gemeinsam mit den Unterbezirken und Kreisverbänden die Voraussetzungen dafür, dass die Kommunalwahlen erfolgreich sein werden. In der Landesgeschäftsstelle wird über eine Stabsstelle die Kommunalwahl der zentrale Arbeitsschwerpunkt der kommenden Monate werden und von den Unterbezirken kann im Verbund mit dem Land ebenfalls zusätzliches Personal eingestellt werden. Darüber hinaus hat der Landesvorstand bereits im Dezember 2018 zur Vorbereitung der Kommunalwahl weitere Beschlüsse gefasst, deren Umsetzung jetzt bis zum Landesparteitag vorbereitet wird.

 

Unser Ziel ist, die Kommunalwahlen 2020 als stärkste Kraft zu gewinnen. Platz 2 ist uns nicht genug!

 

Unser Weg lautet: Mehr Gemeinwohl, mehr Solidarität, Zeit für einen handlungsfähigen Sozialstaat, Zeit für Rot Pur!

 

1.1. Handlungsfähigkeit stärken – Solidarität erneuern: Für einen starken solidarischen Staat!

 

Die gerechte Finanzierung unseres Gemeinwohls ist die notwendige Bedingung für die Gestaltung der Zukunft der Arbeit, von Aufstiegschancen, sozialer Sicherheit und einer solidarischen Gesellschaft. Deshalb stellen wir unsere Vorstellung einer gerechten Steuerpolitik voran:

 

Wir wollen einen handlungsfähigen Staat, der nicht immer mehr öffentliche Aufgaben zum Privatvergnügen von wenigen Privilegierten umetikettiert, die sich Normalsterbliche nicht leisten können. Die Aussetzung der Vermögenssteuer und die drastische Senkung des Spitzensteuersatzes haben die wirklich Reichen entlastet. Die Einnahmenausfälle hat die große Mehrheit der Klein- und Mittelverdiener mit der erhöhten Mehrwertsteuer aufgefangen. Mega-Erbschaften sind dagegen praktisch von der Erbschaftsteuer befreit. Diese Privilegierung von Vermögenserwerb ohne eigene Leistung ist ein Schlag ins Gesicht für Millionen von Erwerbstätigen, die sich für den Lohn ihrer Arbeit abmühen und Steuern zahlen.

 

Dazu kommt, dass jedes Jahr ein dreistelliger Milliardenbetrag ins Ausland geschleust oder hier im Land selbst abgezweigt wird. Im Ergebnis zahlen auch hier die Normalverdienenden für einen kleinen Kreis von besonders Wohlhabenden mit. Damit muss Schluss sein!

 

Die SPD steht schon lange ein für die konsequente Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuervermeidung: Deshalb haben wir konkrete Schritte entwickelt, um Schlupflöcher zu schließen und Steuerbetrug wirksam zu bekämpfen. Wir in Nordrhein-Westfalen haben in unserer Regierungszeit bewiesen, dass vieles geht, wenn man es nur anpackt.

 

Wir wollen die Konservativen und Liberalen mit ihrem Mantra von der „Leistung, die sich wieder lohnen muss“ künftig noch konsequenter beim Wort nehmen und darüber streiten, wer alles zu den Leistungsträgern in unserem Land gehört – von der Pflegekraft über das Lehrpersonal bis zur Industriearbeiterin, vom Software-Entwickler bis zur Firmenchefin. Wir wollen aber auch für alle die Voraussetzungen schaffen, dass sie auch morgen ihre Leistung erbringen können und dafür fair bezahlt und fair besteuert werden.

 

Dazu brauchen wir dringend eine Neujustierung der geltenden Steuerregeln, auch jener, die wir einmal in bester Absicht mit auf den Weg gebracht haben. Zur Glaubwürdigkeit der Politik gehört auch die Fähigkeit zur Kurskorrektur in sich ändernden Zeiten. Wir stehen für die Rückgewinnung eines handlungsfähigen Staates, für die Investition in die Zukunft:

 

  • Wir stehen ein für ein gerechtes Steuersystem. Steuern sind kein Selbstzweck, sondern die Basis für einen handlungsfähigen Staat. Gerechtigkeit beginnt nicht beim Verteilen von Geldern, sondern bei den Einnahmen durch eine gerechte Steuer- und Finanzpolitik.
  • Wir wollen, dass der Grundsatz wieder gilt: Starke Schultern tragen mehr als schwache. Die Aussetzung der Vermögenssteuer und die drastische Senkung des Spitzensteuersatzes haben die wirklich Reichen entlastet. Die Einnahmenausfälle hat die große Mehrheit der Klein- und Mittelverdiener mit der erhöhten Mehrwertsteuer aufgefangen: Wir stehen für eine Erhöhung des Steuersatzes für sehr hohe Einkommen, für eine substanzielle Erbschaftsteuer für besonders hohe Erbschaften und eine wirklich Entlastung der unteren und mittleren Einkommen und effektive Maßnahmen gegen den Steuerbetrug und Steuerumgehung. Wir bekräftigen unsere Forderung nach einer Digitalsteuer und einer Finanztransaktionssteuer. Unseren Impuls für den Umbau des Steuersystems haben wir gemeinsam mit der SPD Hessen entwickelt, diesen schicken wir euch anbei.

 

Wie wir uns diese Kursneubestimmung konkret vorstellen, seht ihr in unserem Antrag L03 Handlungsfähigkeit stärken – Solidarität erneuern: Für einen starken solidarischen Staat!

 

1.2 Bezahlbarer und lebenswerter Wohnraum für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen

 

Das aus unserer Sicht derzeit drängendste Problem, für das es politischer Antworten bedarf, ist ein völlig überforderter Wohnungsmarkt, der offensichtlich nicht in der Lage ist, das menschliche Bedürfnis nach einem bezahlbaren Zuhause zu erfüllen. Unter der Annahme, dass Menschen nicht mehr als 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgeben sollen, fehlen in NRW je nach Untersuchungen bis zu 550.000 bezahlbare Wohnungen, das Wohnungsproblem ist in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Wegen der Dringlichkeit dieser Problemlage, behandeln wir sie in einem gesonderten Antrag und greifen sie hier auf:

 

Die NRWSPD steht für einen Kurswechsel in der Wohnungspolitik. Hin zu einer Gemeinwohlorientierung vor Renditeinteressen.  Daher stehen wir für:

 

  • eine neue Säule in der Wohnungsförderung, die dem Gemeinwohl dient.
  • die Gründung einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft.
  • den Aufbau von Boden- und Infrastrukturfonds für die Kommunen mit Hilfe des Landes und des Bundes.
  • das Erbbaurecht als Regelfall, also der Vergabe kommunaler Nutzungsrechte anstelle eines Verkaufs von Boden.

 

Wir stehen für einen Bruch mit falschen Glaubenssätzen, um wieder eine Sozialdemokratische Politik für die vielen der solidarischen, ehrlichen und fleißigen Menschen in unserem Land umsetzen zu können. Darum begreifen wir den Staat als Akteur und zentrale Ebene zur Umsetzung unserer Ziele.

 

In den Mittelpunkt unserer Politik stellen wir daher die wirklichen Probleme der Menschen und stellen uns daher den Ursachen der Probleme, nicht nur den Folgen. Das soziale Grundrecht auf bezahlbares Wohnen ist die soziale Frage des Jahrzehnts, die wir lösen werden.

 

Wie wir uns diese Kursneubestimmung konkret vorstellen, seht ihr in unserem Antrag L05 „Wohnen ist ein soziales Menschenrecht und schafft Heimat für alle – Darum: Bezahlbarer und lebenswerter Wohnraum für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen“

 

2. Die Zukunft gemeinsam gewinnen. NRWSPD anders bessermachen. Rot Pur! – Unsere Debatten für die Zukunft

 

Mit dem beschlossenen Leitantrag beim Landesparteitag im Juni 2018 in Bochum haben wir uns darauf verständigt, die NRWSPD programmatisch auf die Höhe der Zeit zu bringen. Dabei wollen wir aus NRW heraus mit eigenen inhaltlichen Impulsen Motor und Taktgeber auch für den bundespolitischen Erneuerungsprozess werden. Wenn wir in Wahlen wieder erfolgreich sein wollen, dürfen wir uns nicht von Umfragen und hektischen Tagesparolen treiben lassen, sondern müssen ein klares, unverwechselbares Angebot entwerfen, das einen guten Weg in die Zukunft beschreibt. Wir müssen diejenigen sein, die die Antworten geben und die konsequent handeln. Wir müssen Schluss machen mit dem Gemischtwarenladen und uns auf sozialdemokratische Politik für die arbeitende, soziale Mitte in diesem Land konzentrieren. Kurz: „Rot Pur!“. Rot Pur!” ist ein Prozess, der alle Ebenen der Partei erfassen soll. Es geht um inhaltliche Klärungen, Schaffung neuen Selbstvertrauens der Sozialdemokratie und um eine Kursklärung. Und dies alles haben wir gemeinsam mit euch im sogenannten „Gegenstromprinzip“ entwickelt. Das Ziel ist die weitere Verdichtung zu einem Zukunftsbild NRWs und einer lebenswerten Gesellschaft. Hier unsere Impulse aus den vier Zukunftsdebatten in folgender Reihenfolge. Das ist nicht das Ende der Diskussion, sondern wir führen sie weiter. Denn wir wissen, die Summe der Einzelteile ergibt noch kein Gesamtbild. Ausgangspunkt unserer Überlegungen war:

 

ZUKUNFT DER ARBEIT – Wie verändern sich Wirtschaft und Arbeit und was sind unsere sozialdemokratischen Antworten darauf?

 

AUFSTIEGSCHANCEN – Wie schaffen wir beste Bildung und machen das Aufstiegsversprechen wieder wahr?

 

SOZIALE SICHERHEIT – Wie schaffen wir den solidarischen Sozialstaat, der den Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns stellt?

 

SOLIDARISCHE GESELLSCHAFT – Wie organisieren wir das Zusammenleben in unserem Staat?

 

2.1 Zukunft der Arbeit

 

Unser Leitmotiv: Zukunft gestalten

Unser Versprechen: Wachstum und Wohlstand

Unsere Ziele: Nachhaltige Wirtschaft und Humane Arbeit

 

Den wirtschaftlichen Strukturwandel gesellschaftlich gestalten, damit die Wirtschaft für den Menschen da ist

 

Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich mitten in einer radikalen Umbruchphase. Digitalisierung und die Energiewende verändern das Wirtschaften grundlegend – ob sie es verbessern werden, liegt an uns. Der Strukturwandel der Digitalisierung und Dekarbonisierung beschränkt sich nicht auf eine Region oder eine Branche. Er wird alle Bereiche des Wirtschaftens und Lebens erreichen.

 

Nachhaltiges Wachstum und Wohlstand für die Vielen

 

Digitalisierung und Energiewende bergen das Potenzial eines Zuwachses an nachhaltiger Produktivität und Wohlstand für viele in unserem Land und darüber hinaus. Ein Selbstläufer ist das nicht: Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass Wachstum nicht gleich Wohlstand ist. Nicht nur der Klimawandel und die übermäßige Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen, sondern auch die sich vertiefende soziale und gesellschaftliche Spaltung der letzten zwanzig Jahre sind ein Beleg dafür, dass die herkömmliche Weise des Wirtschaftens längst an ihre sozialen und ökologischen Grenzen stößt. Sie richtet sich gegen die vitalen Interessen der großen Mehrheit der Menschen in unserem Land und auf diesem Planeten.

 

Wir haben heute die technischen Möglichkeiten, unser Land mit sauberer Energie zu versorgen. Digitale Anwendungen revolutionieren Produktionsprozesse und Geschäftsmodelle; sie können monotone und körperlich beanspruchende Tätigkeiten ersetzen, räumlich und zeitlich flexible Arbeit ermöglichen und sind in der Lage einen neuen dynamischen Wachstumspfad zu beschreiben. In der Realität jedoch droht die Energiewende im herkömmlichen System stecken zu bleiben. Die Digitalisierung ihrerseits erhöht vor allem das Tempo des weltweiten Finanzkapitalismus in geradezu irrwitziger Weise und verhilft mit der Macht der Konzerne über Algorithmen Wenigen zu unermesslichem Reichtum, während Viele die Entgrenzung ihrer Arbeit und übermäßigen Stress verkraften müssen. Um technische Möglichkeiten umfassend für wirtschaftliche, soziale und ökologische Innovation nutzbar zu machen, bedarf es also der politischen Gestaltung des Strukturwandels unserer Zeit.

 

Soziale und wirtschaftliche Ungleichheit ist längst ein wesentlicher Grund für die Blockade von nachhaltigem Wachstum und gesellschaftlichem Wohlstand. Ohne die gerechte wirtschaftliche Beteiligung derjenigen, die mit ihrer Hände und Köpfe Arbeit unser aller Wohlstand wesentlich schaffen, bleibt am Ende nur eine Freiheit für Wenige. Die Freiheit der Vielen setzt voraus, dass Selbstbestimmtheit eine sichere ökonomische Basis hat. In einer Gesellschaft, in der die Wirtschaft für den Menschen da ist und nicht umgekehrt, sind eine wirksame demokratische Regulierung von wirtschaftlichen Prozessen und öffentliche Investitionen in Infrastruktur, nachhaltiges Wirtschaften und soziale Daseinsvorsorge unverzichtbar. Nur so kann eine Wirtschaftsordnung auf Dauer stabil und erfolgreich sein.

 

Unser Ziel ist sozialer, ökologischer und wirtschaftlich nachhaltiger Wohlstand für die Vielen statt immer mehr Reichtum für die Wenigen. Wir wollen, dass die arbeitenden Menschen die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Den technologischen Fortschritt durch die Digitalisierung und die Energiewende wollen wir nutzen, damit es der großen Mehrheit der Menschen besser geht.

 

Dieser Fortschritt für ein besseres Leben kommt nicht von allein, und er kommt nicht durch den Markt, durch Verzicht oder das „richtige“ Verhalten des Einzelnen zustande, sondern durch gemeinsames, solidarisches Engagement und die demokratische Gestaltung des Strukturwandels durch staatliche Investition und Regulierung, damit er gelingt und die Menschen mitnimmt. Die Akteure in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften müssen dafür in ihrer Verantwortung gestärkt werden.

 

Die Potenziale der Digitalisierung für Wohlstand und gute Arbeit heben

 

Die hohe Produktivität der digitalisierten Wirtschaft bietet nicht nur die Möglichkeit einer Erhöhung der Lohneinkommen in Produktion und Handel. Sie ist auch die Grundlage für eine auskömmliche Finanzierung von guter Arbeit im Bildungs- und Sozialwesen, wenn im Rahmen einer intersektoralen Umverteilung diese Rendite der gesamten Wirtschaft zugutekommt. Entsprechend wirksame regulatorische und steuerliche Maßnahmen beruhen auf dem Prinzip der Besteuerung am Ort der Leistungserbringung sowie darauf, die digitale Rendite bei gleichzeitiger Entlastung des Faktors Arbeit deutlich höher zu besteuern.

 

Der digitale Kapitalismus bringt, getrieben durch Netzwerkeffekte und Big Data, eine zunehmende Monopolisierung und Machtanhäufung neuer, in nie gekannter Weise global operierender „Mega-Firmen“ und mächtiger Finanzfonds hervor. Notwendig ist eine regulatorische Einhegung dieser Monopolmacht, um dem Primat der Politik wieder Geltung zu verschaffen. Dabei spielen die Wiedererlangung und Sicherstellung der Souveränität über die eigenen Daten auch ökonomisch eine entscheidende Rolle. Die staatliche Verantwortung für den gleichberechtigten Zugang zu digitaler Infrastruktur als neuer Form der Daseinsvorsorge darf nicht durch den technologischen Vorsprung privater Konzerne außer Kraft gesetzt werden. Auch dort wo private Konzerne in den Infrastruktur-Auf- und Ausbau eingebunden werden, muss der staatliche Einfluss wieder durchgesetzt werden.

 

Auch digitale Plattformen dürfen sich der demokratischen Kontrolle nicht entziehen.  Hierzu schlagen wir die Einrichtung von Nutzerräten vor. Dort, wo es sich um „virtuelle öffentliche Infrastruktur mit Rahmensetzungskompetenz“ handelt (virtuelle Marktplätze, Suchmaschinen u.ä.), sind strenge Transparenz- und Öffnungsregeln für den Zugang oder aber die Organisation in öffentlicher Eigentümerschaft geboten. Darüber hinaus sind die Stärkung öffentlicher und genossenschaftlicher Unternehmen sowie die Monopolbekämpfung z.B. durch Aufteilung, Fusionskontrolle oder staatlich garantierten Zugang zu den wesentlichen Produktionsmitteln (z.B. Daten) Maßnahmen zur Demokratisierung des Netzes.

 

Die Digitalisierung bewirkt aber auch an vielen Stellen die Dezentralisierung ökonomischer Prozesse und die Kontrolle wirtschaftlicher Macht durch Transparenz. Sie bietet die technische Grundlage für ganz neue Formen kooperativer Wirtschaftsweisen, wie etwa open source basierte Software, Ansätze von open production und open innovation und sharing economy. Mit der Förderung gemeinnützig und genossenschaftlich organisierter digitaler Plattformen können neue Teilhabemöglichkeiten in der digitalen Wirtschaft und der digitalen Kommunikation entstehen.

 

Auf Innovation setzen – besser werden, nicht billiger

 

Wettbewerb endlich wieder um die besten Lösungen! Wir setzen auf Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen und die Menschen, die diese als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Fachkräfte entwickeln. Deshalb fördern wir die Innovationskraft und geben dem Wettbewerb neue Regeln sowie soziale und ökologische Standards (Fairtrade-Zertifizierungen, ILO-Normen, CO2-Bepreisungen), die ihn international, europäisch und auf nationaler Ebene zivilisieren und der Realwirtschaft wieder Vorrang vor der Finanzwirtschaft einräumen.

 

Ein solcher neuer Rahmen für einen Wettbewerb um die besten Lösungen und nicht um die billigste Produktion und die schnellste Rendite ist unsere Antwort auf den neoliberalen unregulierten Finanzkapitalismus. Wir überlassen die Zukunft nicht anonymen Märkten. Im Mittelpunkt der notwendige Wende hin zu einer nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweise steht für uns nicht ein Verzicht, sondern ein Gewinn an Lebensqualität für die Vielen.

 

Soziale und ökologische Innovationen voranbringen

 

Die umfassende soziale und ökologische Regulierung von Märkten hilft, bisherige Pfade zu verlassen und technische Potenziale gesellschaftlich sinnvoll zu nutzen. Die Grundlagen für die notwendigen Innovationen liegen in der öffentlich verantworteten und finanzierten Bildung und Forschung, deren Anwendung durch öffentliche, zivilgesellschaftliche und privatwirtschaftliche Akteure Innovationen hervorbringt. Eine gesellschaftlich gelungene Innovationsförderung berücksichtigt immer dieses Wechselspiel. Motivation, Kreativität und Gestaltungswille gibt es dafür sowohl bei gewinnorientierten, sozial-ökologisch orientierten zivilgesellschaftlichen oder öffentlichen Unternehmerinnen und Unternehmern. Wir wollen eine Wirtschaftsweise, die die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen und der planetarischen Ökosysteme anerkennt und als Antrieb für Innovation und gesellschaftliche Lösungen versteht. Individuelles Verhalten und Können sind dabei wichtig, werden aber nur durch kollektive, gesellschaftlich verankerte Lösungen wirksam für alle.

 

Der Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ kommt das Verdienst zu, den Umstieg von der Kohleverstromung auf eine regenerative Energieversorgung als ein solches ökonomisches und soziales Dekadenprojekt definiert zu haben. Sie ist damit Vorlage für ähnliche sektorale Herausforderungen in anderen Wirtschaftsbereichen. Ergänzend dazu ist eine übergreifende sozial-ökologische Industriepolitik notwendig, die die dynamische Bestandsentwicklung der bestehenden industriellen Kerne und den Aufbau neuer industrieller Kerne in wesentlichen Leitmärkten zum Ziel hat. Eine solche Leitmarktstrategie ist unterlegt mit Wissens- und Technologietransfers, staatlichen und privaten Investitionsfonds, Förderungen und Anschubfinanzierungen, die eine eigenständige Entwicklung und Fortführung ermöglichen.

 

Der Globalisierung durch transnationale Regeln begegnen

 

Die von Populisten propagierte Rückkehr zur Beherrschung der Märkte durch die nur vermeintlich starken Nationalstaaten ist die falsche Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung. Die Institutionen, die geschaffen wurden, um Märkte und Handel zu liberalisieren, sind vielmehr auch der Ausgangspunkt für die Regulierung von Märkten. Beispiele dafür sind die EU-Finanztransaktionssteuer oder das Pariser Klimaschutzabkommen. Auch multilaterale Handelsabkommen sind geeignet, zu einer stärkeren Regulierung des Welthandels beizutragen – entscheidend ist, welche Vereinbarungen die Partnerinnen und Partner als Grundlage für den barrierefreien gemeinsamen Handel treffen. Deutschland muss gemeinsam mit Frankreich und anderen Partnerinnen und Partnern seinen Einfluss in der Europäischen Union nutzen, um diese zu einem Motor für einen fairen Welthandel und die Zurückdrängung der Macht der transnationalen Konzerne, digitaler Monopolstrukturen und internationaler Finanzspekulanten zu machen.

 

Wir wollen eine gemeinwohlorientierte Regulierung von Finanzmärkten und die deutlich höhere Besteuerung leistungsloser Kapitaleinkommen zur Umverteilung der Innovationsrenditen zugunsten der Gesellschaft, die diese Innovation erst möglich gemacht hat. Investmentfonds sind immer noch nicht reguliert. Mit 12 Bio. Euro (2017) entsprechen ihre Engagements im Euroraum ca. 120 Prozent des Euro-BIP. Sie können bei Finanzkrisen erheblichen Schaden für die Volkswirtschaften anrichten und müssen deshalb dringend ebenso reguliert werden wie Banken und an den europäischen Krisenmechanismen finanziell beteiligt werden. Wir sind davon überzeugt, dass die breitere und gerechtere Verteilung des Wohlstandes sich nicht nur logisch aus der Tatsache ableitet, dass unser Wohlstand wesentlich auf menschlicher Arbeit beruht, sondern dass sich dadurch auch gesellschaftlich sinnvolle Innovation und wirtschaftliche Dynamik nachhaltiger entwickeln. Die Jagd nach quartalsweiser Renditeoptimierung zugunsten privater Spekulanten produziert nicht nur Ungerechtigkeit, sondern für die Wirtschaft insgesamt selbstzerstörerische Finanz- und Wirtschaftskrisen.

 

Auf globaler Ebene treten wir für einen regelbasierten Multilateralismus ein, der sich – wie in Europa auch – heute jedoch fragen muss, welche Bündnispartner diesen Regeln noch folgen wollen. Hier dürfen wir nicht darauf warten, dass der Wind sich dreht, sondern müssen die Koalition der Willigen im Rahmen der Institutionen suchen, sei es bei der Finanzmarktregulierung, regionaler Konfliktlösung oder des Klimaschutzes, um durch eigens Handeln voranzugehen. Freihandelsabkommen müssen eine Machtgleichheit zwischen den Interessen von Beschäftigten, der öffentlichen Hand, der Umwelt und den Unternehmen sicherstellen, wir setzen auf die rechtsstaatlichen Systeme der beteiligten Länder; wo darüber hinaus Schlichtung nötig ist, müssen Arbeitnehmer und Staaten die gleichen Rechte wie Unternehmen bekommen.

 

In Europa kommt der deutschen Politik eine zentrale Rolle zu. Die egoistische Dominanz einer deutschen Wirtschaftspolitik, die der Sicherung der deutschen Exportüberschüsse und der Durchsetzung der Sparpolitik zulasten von Investitionen, Löhnen und Renten Vorrang gegeben hat, ersetzen wir durch eine politische Pionierrolle Deutschlands, die dem Zusammenhalt Europas und einem sozial gerechten und ökologisch verträglichen wirtschaftlichen Fortschritt in ganz Europa durch Bündelung der gemeinsamen Interessen Vorrang gibt. Um die von den Finanzmärkten selbst ausgehenden Risiken für die europäischen Volkswirtschaften zu begrenzen, sind in Europa weitere Regulierungen notwendig. Die Kosten der nächsten Krise der Finanzmärkte müssen von den Verursachern direkt getragen werden. Die Macht systemrelevanter Akteure muss begrenzt werden. Das Trennbankensystem muss eingeführt werden, um die Spareinlagen vor spekulativen Geschäften zu sichern. Darüber hinaus muss der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem handlungsfähigen Europäischen Währungsfonds im Rahmen der EU-Verträge und mit demokratischer Kontrolle ausgebaut werden. Die Europäische Union verfügt mit ihrer eigenen Währung über die notwendige regulatorische Schlagkraft, um die im globalen Markt herrschenden Dynamiken wirksam zu beeinflussen.

 

Die Arbeitswelt im Sinne der Beschäftigten gestalten – Teilhabe ermöglichen

 

Die menschliche Arbeit bleibt neben der Natur die Quelle allen Wohlstands. Den Menschen, welche die für unseren gesellschaftlichen Wohlstand notwendige Arbeit leisten, steht ein gerechter Anteil am Haben und Sagen zu.

 

Es ist Zeit für eine Humanisierung der Arbeitswelt.

 

Wenig beschäftigt die Menschen mehr als gute Arbeit. Sie legt die wesentliche Grundlage des Menschen – unabhängig von Geschlecht oder Herkunft – für das gleichberechtigte selbstbestimmte Leben in der Gemeinschaft. Die Art, wie wir wirtschaften und arbeiten, entscheidet in einem hohen Maße über unser Leben. Gute Arbeit zu einem fairen Lohn bleibt für die Vielen die Grundlage für ein gelingendes Leben. Arbeitszufriedenheit, die Balance zwischen Arbeit und Freizeit wie auch die Selbstverwirklichung in der Arbeit erhalten zu Recht einen immer höheren Stellenwert. Mehr noch: Reicht der Lohn der täglichen Arbeit nicht aus, ist Wohnen nicht nur im Ballungsraum eine unzumutbare finanzielle Belastung und die Angst vor der Zukunft der alltägliche Begleiter. Reicht der Lohn für die Altersvorsorge nicht aus, ist Altersarmut vorprogrammiert.

 

Ein gutes Auskommen und gleichzeitig Anerkennung, Sinnstiftung und die Erfüllung eines selbstbestimmten, glücklichen Lebens sind für uns untrennbare Bestandteile der Arbeit. Arbeit ist Teil der Würde des Menschen. Sie ermöglicht Teilhabe, Fortkommen und Aufstieg. Der Mensch steht für die Sozialdemokratie mit seinen Fähigkeiten und Rechten im Mittelpunkt. Darum treten wir dafür ein, dass aus technischem Fortschritt auch sozialer Fortschritt entsteht und deshalb ist Gute Arbeit zu fairen Löhnen für uns Maßstab einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik. Durch staatliches und tarifpolitisches Handeln lässt sich dieser Maßstab umsetzen und damit der Wandel der Arbeitsgesellschaft für eine Humanisierung der Arbeitswelt nutzen.

 

Digitalisierung und Energiewende. Herausforderungen für die Arbeitswelt.

 

Zusätzlich zum globalen Wettbewerb stellen die Digitalisierung und die Energiewende, die Arbeitswelt vor immense Herausforderungen. Nicht nur die Art, wie wir Wirtschaften, sondern auch die Art wie und wo wir arbeiten, wird sich rasant wandeln. Qualifikationen, Berufsbilder, ja ganze Branchen stehen unter erheblichem Veränderungsdruck. Die Anpassungsleistung, die in früheren Zeiten an der Grenze zu einer neuen Beschäftigtengeneration realisiert werden musste, ist heute mitten in den aktiven Belegschaften notwendig. Dieses Tempo der notwendigen Veränderungen setzt die Beschäftigten unter Stress. Die Aussicht, dass die eigene Qualifikation entwertet werden könnte, macht vielen, insbesondere älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Angst. Der dramatische Strukturwandel in bislang bestimmenden Branchen droht das Selbstwertgefühl der dort Beschäftigten zu untergraben. Um die Menschen im Wandel mitzunehmen, bedarf es mehr als nur der materiellen Absicherung. Notwendig ist, dass sie in die Lage versetzt werden, den Wandel als Chance auch für ihre eigene Berufsbiographie zu gestalten. Gerade in der Energiewende gilt: Da wo neue regenerative Technologien an die Stelle von bisherigen fossilen Technologien treten, bauen diese auf der über Generationen gewachsenen Kompetenz und Wertschöpfung auf. Ohne diese Wirtschaftskraft wären wir nicht in der Lage die Energiewende zu meistern.

 

Auch die Gestalt der Arbeit selbst wandelt sich. Nicht nur die schon seit Jahren zu beobachtende Spaltung in Kern- und Randbelegschaften, sondern auch die immer weiter verschwimmende Grenze zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit erfordern eine neue staatliche und tarifpolitische Gestaltung. Durch die Auflösung sozialstaatlicher und betrieblicher Strukturen werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst in die Rolle eines Unternehmers der eigenen Arbeitskraft gedrängt und müssen diese ungeschützt am Markt verkaufen. Neue Formen der digitalen Tagelöhnerei wie Crowd- und Clickworking, das Anwachsen prekärer Arbeitsverhältnisse im Onlinehandel und zunehmende Möglichkeiten der Überwachung von Beschäftigten stellen besonders negative Auswüchse der digitalen Arbeitswelt dar. Entgrenzung der Arbeit durch das Verschwimmen von Arbeit und freier Zeit, Arbeitsverdichtung, dauerhafte Erreichbarkeit und steigender Stress haben inzwischen fast alle Arbeitsbereiche erfasst.

 

Auf der anderen Seite ermöglicht die Digitalisierung für immer mehr Menschen durch weitgehend zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten neue Flexibilität und passgenaue Arrangements. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Selbstverwirklichung in der Arbeit und die eigenverantwortliche Gestaltung der beruflichen Tätigkeit bedeuten für viele eine Verbesserung ihrer individuellen Arbeitsbedingungen. Der Ersatz von wiederkehrenden stupiden auf der einen und körperlich übermäßig stark beanspruchenden Tätigkeiten auf der anderen Seite stellt einen positiven Effekt der aktuellen Entwicklung dar.

 

Flexibilität, Sicherheit und Teilhabechancen verbinden.

 

Neben neuen Chancen treten neue existentielle Unsicherheiten. Die ambivalent, zeitverzögert in unterschiedlichen Branchen und teilweise sogar widersprüchlich verlaufende Entwicklung droht die Arbeitsgesellschaft in ihrer Mitte auseinanderzureißen. Diejenigen, die von der Modernisierung profitieren können, und diejenigen, deren berufliche Situation dadurch unter Druck gerät, stehen sich in ihrer Bewertung zunehmen kritisch gegenüber. Eine Politik des sozialen Fortschritts zeichnet sich dadurch aus, dass sie die neue Flexibilität mit neuer Sicherheit und neuen Teilhabechancen verbindet.

 

Unser Ziel ist eine solidarische Arbeitsgesellschaft. Die Maßnahmen zur neuen Ordnung am Arbeitsmarkt, die Begrenzung der Möglichkeiten der befristeten Beschäftigung, die Eingrenzung der Leih- und Zeitarbeit, das Rückkehrrecht von Teil- auf Vollzeit stellen erste wichtige Schritte dar. Um der geforderten und gewünschten Flexibilität Absicherung und Teilhabechancen an die Seite zu stellen, derer ein selbstbestimmtes Arbeiten bedarf, sind darüber hinaus ein gesetzlicher und tariflicher Rahmen für variable Arbeitszeitmodelle, das Recht auf Nichterreichbarkeit sowie Regelungen für das mobile Arbeiten notwendig. Der Gesundheits- und Arbeitsschutz für die Beschäftigten muss auf die neuen Gegebenheiten wirksam angepasst werden.

 

Den neuen Arbeitsrealitäten tragen wir durch die Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung Rechnung. Sie verbindet Absicherung mit Selbstbestimmung sowie einem Recht auf finanziell unterstützte Qualifizierung und Weiterbildung. Den Beschäftigten wollen wir ein Stück Autonomie über ihre eigene Erwerbsbiografie zurückgeben, indem wir den Schutz vor Arbeitslosigkeit mit einer vorausschauenden Qualifizierung des Einzelnen koppeln – nicht erst im Falle der Arbeitslosigkeit, sondern als Anerkennung der Qualifizierungsbedarfe im laufenden Job. Auch den Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeiten wollen wir in eine solche Arbeitsversicherung als staatliche Leistungen integrieren. Den Zugang zu Weiterbildung und Qualifizierung werden wir erweitern und gemeinsam mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und Gewerkschaften ein positives Klima hierfür schaffen.

 

Mehr Selbstbestimmung durch flexible Arbeitszeiten ist durch die Nutzung moderner Technologien für eine höhere Arbeitszeitsouveränität der Beschäftigten entlang ihrer Bedürfnisse und Fähigkeiten erreichbar. Eine kurze Vollzeit für Familienphasen, wie sie die IG Metall jüngst durchgesetzt hat und tariflich geregelte Überstunden, die Arbeitszeitkonten füllen, für die, die sich z.B. nach dem Berufseinstieg beweisen wollen, sind hierfür konkrete Beispiele.

 

Aber nicht alle gesellschaftlichen Notwendigkeiten lassen sich durch mehr individuelle Flexibilität lösen. In einer älter werdenden Gesellschaft steigt der Bedarf an sozialen Dienstleistungen. Gleichzeitig verlieren die tradierten Geschlechterrollen an Bedeutung. Immer mehr Frauen und Männer wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung von familiären Aufgaben und Erwerbsarbeit. Wo soziale Dienstleistungen nicht zur Verfügung stehen, wird das Leben im Alltag oft zur Zerreißprobe. Es ist daher ein Gebot der Vernunft, die bisher oft verkannten Leistungsträger und vor allem Leistungsträgerinnen in Gesundheits- und Sorgeberufen aufzuwerten. Es bedarf flächendeckend einheitlicher Mindeststandards für die Personalbemessung und eine spürbar höhere Entlohnung in den sogenannten SAHGE-Berufen, den Berufen in der Sozialen Arbeit, Haushaltsnahen Dienstleistungen und der Gesundheits- und Erziehungsbranche.

 

Gerechte Teilhabe der Vielen am Haben und Sagen

 

Dank jahrzehntelanger Steigerung von Produktivität und der hohen Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft ist heute mit weniger Arbeit mehr Wohlstand möglich als jemals zuvor. Die Effizienzsteigerung der letzten Jahrzehnte hat aber in aller Regel dazu geführt, die Gewinnspanne derjenigen zu maximieren, die über die Produktionsmittel verfügen. Es ist dabei ein Gebot der Leistungsgerechtigkeit, das endlich auch die Beschäftigten ihren gerechten Anteil am gemeinschaftlich Erwirtschafteten erhalten.

 

Angesichts der hohen Produktivität besteht das Potenzial für kräftige Reallohnsteigerungen im tariflichen Bereich und eine Anhebung des Mindestlohns auf mindestens 12 Euro. Um Beschäftigte darüber hinaus an der steigenden Produktivität teilhaben zu lassen, sowie ihren gesundheitlichen Schutz zu verbessern, besteht außerdem das Potenzial, die Regelarbeitszeit von 40 Std./Woche nach unten zu korrigieren. Wir können und wollen daher weniger arbeiten und mehr freie Zeit haben, um Gutes für uns und die Gesellschaft zu tun. Wer weniger arbeitet, hat auch mehr Kraft für seine Nächsten, mehr Raum für Kreativität, auch mehr Reserven für Flexibilität und mehr Neugierde auf Neues. Darüber hinaus gibt es mit fast 12 Prozent der Erwerbstätigen Millionen von Menschen, die heute dauerhaft in schlecht bezahlter Teilzeit oder Soloselbständigkeit festhängen und die mehr verdienen müssen und möchten. Nur ein Bündnis zwischen der zunehmend gestressten Arbeitnehmermitte und den sich abrackernden Niedriglöhnern für die gerechte Verteilung von Arbeitszeit und Einkommen, kann wirklichen Wohlstand für die große Mehrheit in unserem Land erreichen.

 

Alle Beschäftigten müssen die Chance haben, in der Arbeitswelt und der Gesellschaft gleichberechtigt teilzuhaben. Egal ob am Band, am Krankenbett oder in der Cloud. Gute Arbeit bedeutet für die meisten Menschen zuerst Absicherung des eigenen Lebens und ihrer Familien. In der Arbeit können sich Menschen verwirklichen, ihre Talente entfalten, Anerkennung erfahren und Wohlstand erreichen. Teilhabechancen am Arbeitsmarkt gibt es nicht ohne diskriminierungsfreien Zugang. Deshalb fordern wir anonymisierte Bewerbungsverfahren ohne Hinweis auf Alter, Nationalität, Migrationshintergrund, Geschlecht und ohne Bewerbungsfoto. Jeder ist nach seinen Fähigkeiten aufgerufen, an der Wertschöpfung der Gesellschaft mitzuarbeiten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen lehnen wir deshalb ab. Wir setzen dem eine solidarische Arbeitsversicherung entgegen, die für Menschen in Arbeit ebenso wie für diejenigen, die aus individuellen oder wirtschaftlichen Gründen nicht an der Erwerbsarbeit teilhaben können, eine verlässliche Absicherung bietet. Damit ersetzen wir das Prinzip Hartz IV. Durch eine umfassende sozialstaatliche Absicherung, die Solidarität mit Leistungsgerechtigkeit verbindet.

 

Die Finanzierung des Sozialstaats darf sich nicht einseitig auf Arbeit stützen, sondern muss den Veränderungen der Wertschöpfungsbasis und der Arbeitswelt Rechnung tragen. In einer Welt, in der die Kapitalrendite weiter zunimmt, muss die Finanzierung des Gemeinwohls ebenfalls auf eine breitere Grundlage gestellt werden. Deshalb bedarf es auch alternativer Finanzierungsformen wie der Finanztransaktionssteuer, einer Digitalsteuer sowie der substanziellen Besteuerung von Vermögen. Die Digitalisierung bietet die Chance – im Rahmen eines neuen Gesellschaftsvertrages – die Dividende für mehr Verteilungsgerechtigkeit zu nutzen und alle am materiellen Fortschritt und besseren Lebensbedingungen teilhaben zu lassen. Teilhabe ist nicht nur materielle Teilhabe, sondern auch Teilhabe an besserer Lebensqualität, demokratischen Entscheidungen und Zukunftschancen.

 

Hierfür ist es notwendig Gewerkschaften und soziale Verbände zu stärken. Für uns besteht der Anspruch, alle gesellschaftlichen Bereiche demokratischer zu gestalten. Insbesondere am Arbeitsplatz wollen wir die Mitbestimmung weiterentwickeln zu Formen der Mitgestaltung und Mitentscheidung. Gerechte Löhne für gute Leistung wollen wir auch durch eine Stärkung tariflicher und betrieblicher Mitbestimmung der Beschäftigten unterstützen. Zur Erreichung dieses Ziels sind Gewerkschaften und Betriebsräte die geeigneten und von uns zu stärkenden Akteure. Tarifverträge, gesetzlicher Arbeitsschutz – auch in neuen Branchen, kleinen Betrieben und digitalen Wertschöpfungsketten – ebenso wie eine Ausweitung des Betriebsbegriffs auf Subunternehmerinnen und Subunternehmer und Soloselbständige sind die notwendige Rahmensetzung. Die Ausweitung der Allgemeinverbindlichkeit für Tarifverträge und Erleichterung von Betriebsratsgründung auch in kleineren Betrieben, ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften und die schärfere strafrechtliche Ahndung von systematischer Behinderung und Bekämpfung von Gewerkschaften durch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber (sog. Unionbusting) stellen eine Erweiterung des normativen Rahmens dafür dar. Mit 5 Prozent Pflichtkapitalbeteiligung von Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterfonds an Unternehmen ab 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mehr als 50 Mio. Euro Umsatz stärken wir die direkte Mitverantwortung im Unternehmen.

 

Wir wollen nachhaltig wirtschaften und produzieren

 

Nachhaltig Wirtschaften

 

Das Leben auf der Erde muss innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen stattfinden. Deshalb ist Akzeptanz für Nachhaltigkeit in der gesamten Bevölkerung zu erarbeiten. Es ist an uns, hierfür der Wirtschaft klare Regeln zu setzen. Wir werden die Herausforderungen der Nachhaltigkeit nur lösen, wenn wir zugleich die sozialen Dimensionen und die Fliehkräfte mit angehen, Fairness und Umweltgerechtigkeit sind unsere Leitplanken.

Unter nachhaltigem Wirtschaften verstehen wir umweltverträgliches Handeln, das zukünftigen Generationen genügend Spielraum für eigene Entscheidungen lässt und auf soziale Gerechtigkeit und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ausgerichtet ist. Allein nachhaltiges Wirtschaften kann dauerhaften, ökonomischen Erfolg und Wohlstand garantieren.

 

Nachhaltig Produzieren

 

Die Nachfrage nach ökologisch und sozial verantwortlichen Produkten und Dienstleistungen steigt. Gleichzeitig sind Unternehmen zunehmend verpflichtet, Nachhaltigkeitskriterien aktiv in Entscheidungsprozesse und Berichtswesen einzubinden. Die SPD sieht in den Anforderungen von Nachhaltigkeit und industrieller Wertschöpfung keinen unauflöslichen Widerspruch. Im Gegenteil: Für eine Welt, in der künftig mehr als zehn Milliarden Menschen gut und im Einklang mit den natürlichen Grenzen unseres Planeten leben können, braucht es intelligente industrielle Lösungen. Darin liegt eine enorme Chance auch für die Weiterentwicklung des Industriestandorts NRW. Um diese Chancen zu nutzen, brauchen wir den Mut, neue Wege zu beschreiten und die Bereitschaft, Altbewährtes in Frage zu stellen. Es gilt: Die Anforderungen nachhaltiger Entwicklung müssen Grundlage aller wesentlichen Entscheidungen in Politik und Gesellschaft werden.

 

Nachhaltiges Wirtschaften und Produzieren politisch gestalten

 

Nachhaltiges Wirtschaften und Produzieren muss sich zwangsläufig am Nachhaltigkeitsziel (SDG) „Gute Arbeit“ der Agenda 2030 orientieren. Über dieses Ziel streben wir ein dauerhaftes breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum an, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit.

 

Die drängenden ökologischen Probleme, die sich durch den Klimawandel noch verstärken, haben zu einer „Ökonomisch-ökologischen Doppelkrise“ geführt. Diese ist schon jetzt an vielen Stellen der Wirtschaft der Treiber für den Wandel in der Arbeitswelt. Diese Entwicklung erfordert für die SPD einen neuen Blick und einen anderen Zugang zu den sich verstärkenden ökonomisch-ökologischen Problemen. Ein politischer Diskurs, der weiterhin die Trennung von Wirtschafts- und Klimapolitik thematisiert, führt in die Sackgasse und wäre so wenig sinnvoll wie eine thematische Trennung von Sozial- und Wirtschaftspolitik. Ein „ja-aber-Vorbehalt“ (wir sind ja für Klimaschutz, aber …) ist folglich nicht nur ein fachlicher, sondern auch ein politischer Irrweg.

 

Die Umsetzung der Ziele des nachhaltigen Wirtschaftens und Produzierens sind im Rahmen einer Wirtschaftsdemokratie an folgenden Eckpunkten auszurichten:

 

  • Ökologische Nachhaltigkeit
  • Beschäftigungspolitische Nachhaltigkeit
  • Nachhaltige Qualität der Arbeit (Gute Arbeit)
  • Nachhaltiges Wettbewerbsmodell

 

An diesen Eckpunkten erarbeiten wir ein Konzept des nachhaltigen und sozialen Wirtschaftens und Produzierens. Dies umfasst eine Vorstellung, wie zukünftig sinnstiftende und sichere Tätigkeit erreicht werden kann. Es zeigt zugleich auf, wie Wachstum in nachhaltigen Branchen mit entsprechenden Arbeitsplätzen erzielt werden kann. Es setzt auf neue Bildungs-, Lern- und Qualifizierungsoffensiven, um den Wandel zu begleiten. Es setzt weiterhin auf Arbeitszeitmodelle und Mobilitätskonzepte, die eine nachhaltige und sozial freundliche Lebensweise ermöglichen.

 

Wir begreifen das Gelingen einer sozialverträglichen Energiewende als sehr bedeutende politisch-gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Dabei sind wir den Prinzipien der Nachhaltigkeit, der Solidarität und der Wirtschaftlichkeit gleichermaßen verpflichtet, denn sie bedingen sich gegenseitig.

 

Zur Umsetzung dieses Nachhaltigkeitsansatzes streben wir folgende Ziele an:

 

  • Wir ergänzen das Betriebsverfassungsgesetz um Aspekte der Ökologie und Nachhaltigkeit. Denn der ökologische Wandel des Unternehmens kann nur unter Einbeziehung der Arbeitenden gelingen, daher brauchen wir die Mitbestimmung auch in diesem Bereich. Nur so gelingt der nachhaltige Umbau der Wirtschaft auf soziale Art und Weise und führt zu einer breiten Beteiligung und damit auch Akzeptanz.
  • Wir stärken den öffentlichen Dienst, der die Daseinsvorsorge in den Bereichen Versorgung, Entsorgung und Mobilität auf hohem ökologischem Niveau sichert.
  • Wir verabschieden uns von Freiwilligkeitsvereinbarungen mit der Industrie und dem Handel und setzen insbesondere im Wasser- und Abfallbereich auf klare rechtliche Regeln.
  • Wir nutzen die ersten Erfahrungen und Ergebnisse des NRW-Klimagesetzes und erarbeiten eine Fortführung des NRW-Klimaschutzplans.
  • Ergänzend zum EU-Emissionshandel fordern wir eine Bepreisung von CO2 in Bereichen wie Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft. Diese müssen eine sinnvolle Lenkungswirkung entfalten, sozial verträglich sein und Anreiz für Investitionen in klimafreundliche Technologien eröffnen.
  • Wir forcieren den weiteren Ausbau der regenerativen Energien, damit wir den geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung schaffen. Insbesondere müssen Speichertechnologien weiterentwickelt werden.
  • Wir sichern und fördern den Biotopverbund und die Erhaltung von Grünstrukturen zwischen den Biotopen. Damit wird das Überleben von Tier- und Pflanzenarten in der intensiv genutzten Kulturlandschaft gesichert.
  • Wir begrenzen den Flächenverbrauch auf 5 Hektar pro Tag.
  • Wir stoppen die Überdüngung vieler Äcker – vor allem in den Mastregionen –und schützen so das Grundwasser.
  • Wir stehen für den nachhaltigen Ausbau der Landwirtschaft – Bioprodukte müssen zum Regelfall werden, nicht zur Ausnahme. Daher fordern wir eine für den Verbraucher nachvollziehbare einheitliche Kennzeichnung, die ihm die Kaufentscheidung erleichtert und Kriterien der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit umfasst.
  • Wir entwickeln ein Insektenschutzprogramm, dass insbesondere in Naturschutzgebieten den Einsatz von Pestiziden verbietet.
  • Wir nehmen die Automobilindustrie konsequenter in die Pflicht. Wir fordern eine Kommission Zukunft der Mobilität. Vorbild kann die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ sein, die alle relevanten Akteure an einen Tisch holt und gemeinsam Lösungen und Handlungsempfehlungen für die Zukunft der Mobilität erarbeitet.
  • Wir stehen für den Umstieg von der Straße auf die Schiene und fordern daher massive Investitionen für Schienenwege und neue Züge.
  • Wir fordern eine europaweite Kerosinsteuer und eine Fernbus-Maut. Die Erlöse müssen in ein europäisches Schienennetz investiert werden.

 

2.2 Aufstiegschancen durch Bildung. Beste Bildung NRW – ein Leben lang!

 

Unser Leitmotiv: Neue Chancen schaffen

Unser Versprechen: Chancen und Aufstieg

Unsere Ziele: Bildung und gerechter Zugang

 

Bildung und damit Aufstiegschancen waren immer schon der Kerngedanke der sozialdemokratischen Idee. Unsere Kernthemen wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gehören eng zu jedem Bildungsprozess. Bildung muss daher wieder höchste Priorität in NRW bekommen.

 

Bildung ist mehr als Lernen – Lernen ist mehr als Schule

 

Vom ersten Tag unseres Lebens an lernen wir dazu und das hört nicht auf bis ins hohe Alter – jeden Tag und jede Stunde sammeln wir Erfahrungen und Wissen, erweitern Fertigkeiten und erproben uns in neuen Situationen.

 

Deshalb nehmen wir Bildung überall und im gesamten Leben von Menschen in den Blick – von Familie und Kita bis zur Weiterbildung. Für uns ist Lernen nicht nur die Aneignung von Wissen – genauso wichtig sind uns die emotionale, die soziale, die gesundheitliche und die kulturelle Entwicklung der Menschen. Dabei ist und bleibt die Schule ein zentraler und oft entscheidender Ort für das Lernen. Alle Erfahrungen im nationalen und internationalen Vergleich zeigen, dass frühe Entscheidungen über Bildungskarrieren in die Irre führen. Deshalb bleibt unser Ziel eine Schule für alle! Angesichts der unübersichtlichen Menge an Schulformen in NRW halten wir in einem ersten Schritt hier eine Reduzierung für überfällig. Den Übergang dorthin werden wir verantwortungsvoll organisieren. Damit Schulen auch Orte des gemeinsamen Lebens werden, werden wir kommunale und regionale Bildungslandschaften und die Öffnung von allen Bildungseinrichtungen in den Sozialraum fördern.

 

Konsequent für alle Menschen

 

Nicht für Institutionen, sondern für jeden einzelnen Menschen muss Bildung gelingen. Dafür müssen je nach individuellen Voraussetzungen, Möglichkeiten und Bedürfnissen der Menschen unterschiedliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Daraus folgt, dass wir offene Systeme beschreiben müssen, in denen alle Beteiligten klaren Prinzipien folgen bei einer größtmöglichen Handlungsfreiheit.

 

Eine Klarstellung zur Inklusion und Integration

 

Wir sind davon überzeugt, dass jeder Mensch Fähigkeiten und Begabungen besitzt, die er in die Gesellschaft einbringen kann. Das heißt auch, dass wir unser gesamtes Verständnis von Bildung und menschlichem Miteinander überprüfen müssen und ein Bildungssystem schaffen, in dem jeder Mensch seinen Platz findet und zwar unabhängig von seinem kulturellen oder sozialen Hintergrund und von individuellen Beeinträchtigungen. Die Herausforderungen von Inklusion und Integration und die hervorragenden Leistungen der Bildungseinrichtungen wollen wir dabei nicht vergessen und auch nicht klein reden.

 

Konsequent in den Forderungen

 

Wir haben bei den meisten Themen kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Deshalb werden wir unsere Ziele konkret und konsequent formulieren, die notwendigen Umsetzungsschritte beschreiben und mit ausreichend Geld hinterlegen. Oft genug haben wir die Schere der Umsetzungsschwierigkeiten schon im Kopf – das schwächt unsere Haltung. Klarheit und Eindeutigkeit sind aber notwendig, damit sich etwas ändert.

 

Damit Bildung letztendlich gelingt, brauchen Menschen

  1. freien Zugang zu Bildung,
  2. Spaß am Lernen und Lust am Erfolg,
  3. Anleitung und Unterstützung durch engagierte Menschen,
  4. soziale und demokratische Kompetenz,
  5. ein stabiles Fundament an Wissen und Kompetenzen,
  6. Angebote und Anreize für Spitzenleistungen,
  7. Bildung, die in der Zukunft trägt.

 

Und nicht zuletzt und vor allem:

 

Gute Bildung braucht eine gute Finanzierung!

 

Für eine bessere Chancengleichheit und höhere Qualität muss das Bildungssystem finanziell erheblich besser ausgestattet und strukturiert werden. Denn wir wissen alle: Wenn wir bei der Bildung sparen, wird sich das früher oder später rächen. Trotzdem liegt Deutschland bei den Bildungsausgaben deutlich, d.h. rund 30 Milliarden Euro pro Jahr, unter dem OECD-Durchschnitt. Und NRW liegt noch unter dem Bundesdurchschnitt. Deshalb ist unser klares Ziel, Spitzenreiter im Bundesdurchschnitt zu werden und dazu den Bildungsetat sukzessiv zu erhöhen.

 

Für mehr Handlungsfähigkeit brauchen wir ein klares Bekenntnis zur Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel. Hierbei gilt: Starke Schultern müssen sich daran deutlich stärker als bisher beteiligen. Dies heißt für uns, dass hohe Erbschaften und Vermögen deutlich stärker besteuert werden müssen als heute und Finanzspekulanten und globale Kapitalgesellschaften auch ihren Anteil am Steueraufkommen zahlen müssen. Gute Bildung braucht eine solide finanzielle Basis.

 

Durch die Verteilung der zusätzlichen Gelder muss Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden. Zunächst heißt das, dass wir Bildung im gesamten Lebensverlauf beitragsfrei machen. Und es heißt, dass bei größeren Herausforderungen auch die personellen und Sachausstattungen besser sein müssen. Dabei gilt für alle Bereiche die Forderung „Ungleiches muss ungleich behandelt werden“. In diesem Zusammenhang muss auch eine sozialindexbasierte Verteilung von Mitteln in allen Bildungsbereichen geregelt werden. Noch immer ist Bildung und Teilhabe abhängig vom Geldbeutel der Eltern. Dies will die SPD ändern. Gerechtigkeit im Bildungssystem kann nur über ein beitragsfreies Bildungssystem erreicht werden. In diesem Zusammenhang müssen einheitliche Qualitätsstandards und Schulbaurichtlinien konsequent umgesetzt werden. Des Weiteren müssen Lösungen zur dauerhaften Finanzierung von Inklusion, Ganztag und Schulsozialarbeit gefunden und implementiert werden. Dazu gehört: Die Arbeit aller Pädagoginnen und Pädagogen muss wertgeschätzt und gerecht entlohnt werden. So fordern wir beispielsweise eine tarifgebundene und sozialversicherte Bezahlung für Erzieherinnen und Erzieher und A13Z als Einstiegsamt bei Lehrerinnen und Lehrern. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter und das pädagogische Fachpersonal sollen ebenfalls besser entlohnt werden sowie Aufstiegschancen erhalten.

 

Wir brauchen einen New Deal

 

Eine neue Verantwortungsgemeinschaft zwischen Bund, Land und Kommunen ist hier gefragt. Die bildungspolitischen Finanz- und Verantwortungsverflechtungen zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Schulen sind nicht mehr zeitgemäß. Grundgesetz, Landesverfassungen und Gesetzgebung gehen seit Jahrzehnten von einer klaren Trennung der Aufgaben im Bildungsbereich aus: Die Bundesebene ist nach der Föderalismusreform seit 2006 von Rechts wegen nicht mehr für die Bildungspolitik zuständig, den Ländern obliegt die alleinige Gestaltung der Schulpolitik. Den Kommunen kommt vor allem die Aufgabe als Schulträger vor Ort zu, was insbesondere die Instandhaltung und den Bau von Gebäuden beinhaltet.

 

Durch eine Vielzahl gesellschaftlicher Herausforderungen ist das Schulsystem seit Jahrzehnten in einem stetigen Wandel. Eine Anpassung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen ist dabei oft nur halbherzig oder gar nicht erfolgt. Die jüngst verabschiedete Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbotes auf Druck der SPD ermöglicht es zwar dem Bund, nun auch direkt Geld für Bildungspolitik bereitzustellen, allerdings ist diese Änderung nur ein Kompromiss und kommt deutlich zu spät.

 

Zuständigkeiten sind für Familien – aber auch für Schulen – nicht mehr durchschaubar und Strukturen so angelegt, dass sie Prozesse eher lähmen als Lösungen für akute Probleme bereitstellen, wie z.B. bei der Finanzierung des Ganztages, einer Schulbaurichtlinie oder wie aktuell bei der Finanzierung des Digitalpaktes. Ein neues System muss transparent und nachvollziehbar sein – alle Aufgaben müssen grundsätzlich auskömmlich mit finanziellen Mitteln hinterlegt sein.

 

Regionale Bildungsnetzwerke leisten hier einen wichtigen Beitrag. Sie vernetzen Schulen mit den kommunalen Schul-, Jugend- und Sozialhilfeträgern und der Schulaufsicht. Wir müssen bei vorhandenen Vernetzungen und Partnerschaften genau prüfen, wie diese zum Wohl der Kinder verbessert und ausgeweitet werden können.

 

Mit Bund, Ländern und Kommunen gilt es, eine Neustrukturierung der Aufgabenbeziehungen im Bildungsbereich und eine sich daran orientierende neue Finanzierungssystematik zu verhandeln. Es muss klar werden, wo gesamtgesellschaftliche Aufgaben liegen und wer verantwortlich für ihre Umsetzung ist. Der Grundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse gilt gerade auch für den Bildungsbereich. Deshalb muss sichergestellt werden, dass Finanzmittel nicht mit der Gießkanne, sondern nach sozialen Kriterien verteilt werden. Dabei muss der Bund Aufgaben dauerhaft finanzieren und nicht nur zeitweise übernehmen. Zuständigkeiten und die Finanzierung müssen endlich klar geregelt werden.

 

2.3 Soziale Sicherheit

 

Unser Leitmotiv: Selbstbestimmtheit ermöglichen

Unser Versprechen: Teilhabe und Sicherheit

Unsere Ziele: Garantierte Teilhabe und soziale Absicherung

 

Unser Grundversprechen, niemanden „ins Bergfreie fallen zu lassen“, wenn man auf Unterstützung angewiesen ist, gilt derzeit nicht mehr. Das verunsichert viele Menschen. Dem begegnen wir mit Reparaturmaßnahmen im Kleinen, die nicht dazu beitragen Abstiegsängste und Sorgen zu nehmen. Deswegen ist es unsere Aufgabe, die derzeitigen Sozialsysteme zu einem in sich stimmigen Sicherheitssystem zukunftsfest zu verändern und das Versprechen so dauerhaft zu erneuern.

 

Wir werden Hartz IV zu Gunsten einer Arbeitsversicherung und einer bedarfsgerechten, sanktionsfreien Grundsicherung abschaffen

 

Der digitale Wandel und vor allem der Anspruch auf mehr Freiheit bei der persönlichen Lebensgestaltung erfordern auch Veränderungen bei der sozialen Sicherung. Eine neue Arbeitsversicherung muss darauf reagieren, dass es neben der Erwerbsarbeit auch Phasen der beruflichen Neuorientierung, Weiterbildung, Familienphasen oder auch Sabbaticals gibt.

 

Arbeitslosigkeit ist kein individuelles und kein einzeln zu verantwortendes Schicksal. Vielmehr muss wieder sichergestellt werden, dass die Leistungen von arbeitenden Menschen anerkannt werden. Entsprechend muss die Bezugsdauer der Versicherungsleistungen deutlich verlängert werden.

 

Außerdem werden wir der Angst, dass mit dem Arbeitsplatzverlust auch ein Verlust der selbstgeschaffenen Absicherung einhergeht, endlich konsequent begegnen. Der kleine Wohlstand, den sich Menschen für den Lebensabend aufgebaut haben, darf zukünftig nicht mehr angetastet werden.

 

Wir begrüßen den aktuellen Beschluss des Parteivorstandes zu einer umfassenden Korrektur der sog. Agenda 2010.

 

Wir lehnen ein Sozialsystem ab, das ein neoliberales Menschenbild von faulen Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern zu Grunde legt und staatliche Unterstützung als gnädiges Geschenk begreift, das mit erhobenem Zeigefinger gewährt wird.

 

Eine Grundsicherung muss menschenwürdiges Leben ermöglichen. Das ist mit den derzeitigen Regelsätzen schlicht nicht möglich. Nicht nur, dass die Regelsätze nicht ausreichen, sondern dass Menschen von diesen geringen Mitteln auch noch Rücklagen für häusliche Anschaffungen leisten müssen, ist nicht tragbar. Eine Grundsicherung muss für alle Lebensbereiche auskömmlich sein.

 

Derzeit werden Regelsätze anhand durchschnittlicher Ausgaben von ohnehin schon einkommensschwachen Haushalten bemessen. Eine Armutsspirale: Wer weniger Geld zur Verfügung hat, gibt schließlich auch weniger aus. Und selbst von den angegebenen Ausgaben werden wiederum längst nicht alle bei der Regelsatzbestimmung berücksichtigt: Die Anschaffung einer Brille, der Kino- oder Theaterbesuch und Ausgaben für Tierfutter werden beispielsweise nicht im Regelbedarf berücksichtigt.

 

Wir fordern deshalb für eine bedarfsgerechte Grundsicherung einen Regelsatz in Höhe von derzeit mindestens 570 Euro und eine regelmäßige Anpassung durch eine einzusetzende Sachverständigenkommission. Regelsätze sollen nicht mehr nur statistisch ermittelt werden, sondern auch normativen Ansprüchen genügen, wie zum Beispiel der Möglichkeit einer qualitativ hochwertigen Ernährung und von Ausgaben für Freizeit und Kultur. Mehraufwände für Frauen*, vor allem weibliche Hygieneprodukte und Verhütungsmittel, müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

 

Empfängerinnen und Empfänger dürfen nicht mehr verpflichtet sein, aus den Regelsätzen Rücklagen zu bilden, um notwendige Neu- oder Ersatzanschaffungen selbst oder durch ein Darlehen zu tätigen.

 

Außerdem ist für uns klar: Das verfassungsgerichtlich festgelegte Existenzminimum ist, was man zum Leben braucht. Es muss seinen Namen verdienen. Es wird beständig gewährt, kann nicht gekürzt werden und muss die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

 

Über die Gewährung des Existenzminimums hinaus setzen wir auf – auch finanzielle – Anreize, sich um Arbeit zu bemühen und weiter zu qualifizieren. Dazu sorgen wir für ein gutes Weiterbildungsangebot, das Arbeitssuchende gerne und bereitwillig nutzen. Es muss echte Chancen auf einen Arbeitsplatz und brauchbare Qualifikationen bieten.

 

Bei der Bemessung dieser finanziellen Anreize dürfen allerdings nicht die geltenden Zumutbarkeitsregeln zu Grunde gelegt werden.

 

Zumutbare Beschäftigung kann nur eine solche sein, die den eigenen Qualifikationen und Neigungen nahekommt und bei der ein armutsfestes Lohnniveau gesichert ist.

 

Das System der Bedarfsgemeinschaften ist überholt. Im heutigen System werden Familienmitglieder sowie Partnerinnen und Partner für Arbeitslosigkeit in „Mithaftung“ genommen. Sie erleiden so regelmäßig Nachteile, die zu einer Verfestigung der ökonomisch benachteiligten Situation führen. Daher werden wir zu einer rein individuellen Bemessung kommen. Wir wollen, dass alle Kinder in sozialer Sicherheit aufwachsen und sie alle Teilhabe- und Bildungschancen unabhängig von ihrer Herkunft und vom Einkommen ihrer Eltern wahrnehmen können. Wir wollen eine Kindergrundsicherung einführen, um endlich die skandalöse Kinderarmut in Deutschland wirksam zu bekämpfen. Alle bisherigen mit dieser Absicht begonnenen Maßnahmen, wie z.B. das Bildungs- und Teilhabe-Paket, haben sich als nicht ausreichend, nicht wirksam, nicht geeignet und zu bürokratisch erwiesen. Die Kindergrundsicherung ist keine Sozialleistung nach Bedürftigkeitsprüfung, sondern eine sozial gerechte Förderung, die den Familienlastenausgleich vom Kopf auf die Füße stellt. Daher setzen wir uns für das vom Bündnis Kindergrundsicherung entwickelte Modell der Kindergrundsicherung ein, das die derzeitige Vielzahl von Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss oder pauschale Anteile des BuT bündelt und mit steigendem Einkommen der Eltern, z.B. um den Grenzsteuersatz, gemindert wird. Nach dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung beträgt das Existenzminimum derzeit 408,00 Euro zuzüglich des Freibetrages für Betreuung, Erziehung und Ausbildung (BEA) in Höhe von 220,00 Euro, so dass die Kindergrundsicherung aktuell mindestens 628,00 Euro monatlich betragen muss.

 

Wir werden einen deutlich höheren Mindestlohn einführen und die Tarifbindung stärken

 

Der derzeitige Mindestlohn ist weiterhin ein Niedriglohn. Er ist weder armutsfest noch existenzsichernd. Expertinnen und Experten zufolge müssten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei derzeitigem Mindestlohnniveau etwa 65 Beitragsjahre leisten, um nicht unter die Grundsicherungsgrenze im Alter zu fallen. Auch wer heute für den Mindestlohn arbeitet, muss teilweise trotzdem noch ergänzende Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Obwohl der deutsche Mindestlohn im EU-Vergleich hoch scheint, bleibt er im Vergleich mit wirtschaftlich vergleichbaren Ländern weit zurück. Sinn des Mindestlohns muss aber sein, vor Armut und Niedriglöhnen zu bewahren. Wer nach Mindestlohn bezahlt wird, sollte sowohl während der Beschäftigung als auch nach 45 Beitragsjahren über der Grundsicherungsgrenze liegen.

 

Der Mindestlohn muss deshalb auf ein armutsfestes Niveau von mindestens 12 Euro angehoben werden. Die Mindestlohnkommission muss diese Höhe regelmäßig überprüfen und an die wirtschaftliche Lage anpassen. Ausnahmen vom Mindestlohn darf es nicht geben. Auf keinen Fall dürfen jährliche Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld in die Berechnung des Mindestlohns einbezogen werden.

 

Derzeit bieten nicht erfasste Überstunden, ungerechtfertigte Lohnabzüge und andere Tricksereien die Möglichkeit, faktisch unterhalb des Mindestlohnes zu entlohnen. Die Einhaltung des ausnahmslosen Mindestlohns muss deshalb durch umfassende Kontrolle und konsequente Ahndung von Verstößen gewährleistet werden. Dabei reicht es nicht aus, dass der Zoll als zuständige Kontrollinstanz nur säumige Sozialbeiträge nachfordert, Beschäftigte aber weiterhin ihren Lohn individuell einklagen müssen. Wir fordern, dass die Beweispflicht für die Einhaltung des Mindestlohns künftig beim Arbeitgeber und nicht bei den Beschäftigten liegt. Wird durch eine Behörde ein Verstoß festgestellt, hat diese auch die Aufforderung zur Lohnnachzahlung an den Arbeitgeber zu richten.

 

Auch ein armutsfester Mindestlohn darf nicht zur Regel bei der Beschäftigung werden. Gute Tarifverträge müssen das Hauptinstrument sein, um gerechte Gehälter zu sichern. Dafür ist die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen unabdingbar. Das Vetorecht von Arbeitgebern für tarifliche Allgemeinverbindlichkeitserklärungen ist abzuschaffen.

 

Wir erleben zunehmend die Tarifflucht der Arbeitgeber, ohne bislang ein wirksames Instrument installiert zu haben, das dem entgegenwirkt. Die Forderung, tarifgebundene Unternehmen steuerlich besser zu stellen, muss daher zeitnah umgesetzt werden und für alle Branchen gelten.

 

Wir werden die umlagefinanzierte gesetzliche Rente zukunftssicher und auskömmlich gestalten und stärken, die private Vorsorge grundlegend reformieren und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu Angeboten für betriebliche Altersvorsorge verpflichten

 

Die Absicherung im Alter ist ein zentrales Versprechen des Sozialstaats. Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen und ökonomischen Umbruchs stellt es eine wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen in Staat und Politik dar. Rentenpolitik ist, anders als manche glauben machen wollen, kein Konflikt zwischen Alt und Jung. Im Gegenteil: Von einer mutigen und gerechten Rentenpolitik profitieren die heute Jungen in Zukunft ebenso wie die aktuelle Rentnerinnen- und Rentner-Generation.

 

Es gilt: Die Teilhabe am Erwerbsleben ist von zentraler Bedeutung für jeden Menschen. Für seine Lebenschancen für ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben, das den unterschiedlichen individuellen und familiären Bedingungen Rechnung trägt. Eine wirksame und verlässliche Lebensstandardsicherung und Armutsvermeidung im Alter kann für die Mehrzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Regel nicht allein durch Erwerbsarbeit, Ersparnisse oder private Versicherungen gewährleistet werden. Notwendig und historisch bewährt ist eine starke öffentliche Absicherung durch ein soziales Sicherungssystem, das auch eine wirtschaftliche Abkopplung der Rentnerinnen und Rentner vom Rest der Bevölkerung zuverlässig verhindert. Wir bekennen uns daher zur gesetzlichen Rente als der Grundlage für ein Leben in Würde nach der Erwerbstätigkeit.

 

Die Entscheidung, das Absinken des Rentenniveaus zu stoppen und bis zum Jahr 2025 eine „Sicherungslinie“ von 48 Prozent einzuziehen, war richtig und notwendig, um das Vertrauen in die Politik und in den Sozialstaat zu stärken. Wir teilen die Vorstellungen, das Niveau mittel- bis langfristig wieder auf 50 Prozent anzuheben, setzen die erste Priorität aber zunächst auf die Niveaustabilisierung. In diesem Zusammenhang sprechen wir uns für eine Reform der Rentenanpassungsformel aus. Die langfristige Finanzierung einer auskömmlichen Rente ist außerdem durch angemessene Beiträge und Steuermittel sicherzustellen.

 

Wir unternehmen konkrete Schritte zur Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen, auch alle Abgeordneten. Natürlich ist eine solche Reform nicht von heute auf morgen zu schaffen. Überfällig sind erste Schritte – und zwar ohne Zeitverzögerung.

 

Die steuerfinanzierte Grundrente muss zukünftig auskömmlich sein und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Sie wird ohne Bedürftigkeitsprüfung gezahlt.

 

Versicherungsfremde Leistungen wie bspw. die Mütterrente werden fortgeführt, aber steuerfinanziert.

 

Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters lehnen wir ab, weil schon jetzt viele vorzeitig in Rente gehen und dabei lebenslange Abschläge in Kauf nehmen müssen. Unser Ziel ist, durch eine humane Arbeitswelt sowie mehr Prävention und Rehabilitation zu ermöglichen, dass alle das gesetzliche Renteneintrittsalter überhaupt erreichen können.

 

Die private Altersvorsorge kann das sinkende Rentenniveau nicht kompensieren und Versorgungslücken im Alter nicht schließen. Sie muss grundlegend reformiert werden. Eine Subventionierung zukünftiger Verträge lehnen wir ab. Wir schlagen vor, die Eignung öffentlich-rechtlicher Modelle, wie etwa ein Vorsorgekonto bei der Deutschen Rentenversicherung, zu prüfen.

 

Wir betonen, dass für uns die betriebliche Altersvorsorge der beste Weg ist, um die gesetzliche Rente zu ergänzen, weil sie private Vorsorge und kollektive Absicherung miteinander verbindet. Wir wollen, dass in Zukunft jeder Arbeitgeber und jede Arbeitgeberin allen Beschäftigten ein Angebot zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung anbieten muss und auch die Ansprüche bei Betriebsübergängen gesichert werden.

 

Wir werden die beste medizinische Versorgung und gute Pflege für alle Menschen sicherstellen und die private Krankenversicherung zu Gunsten einer Bürgerversicherung abschaffen

 

Der Gleichheitsgrundsatz muss auch beim Arzt gelten. Außerdem werden wir die Pflegevollversicherung als Pflegebürgerversicherung einführen, damit für alle eine menschenwürdige Pflege gewährleistet wird.

 

Das deutsche Gesundheitssystem weist Problemlagen auf, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auch, aber nicht nur durch die Bürgerversicherung lösen wollen: Das System macht deutliche Unterschiede nach dem sozialem Status von Bürgerinnen und Bürgern.

 

Patientinnen und Patienten haben Anspruch auf die besten Leistungen. Dies darf nicht an der Zuständigkeitskonkurrenz der beteiligten Leistungsträger (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitsagentur, Kommune) scheitern.

 

Die zweifellos in ausreichender Zahl vorhandenen Expertinnen und Experten sind nicht dort tätig, wo der größte Bedarf besteht. Viele kümmern sich um Menschen, die Leistungen in Anspruch nehmen, die sie nicht brauchen.

 

Es wird gemacht, was sich rechnet, nicht das, was medizinisch erforderlich und sinnvoll ist. Dies erzeugt Überversorgung und Unterversorgung zugleich, die Vergütungssysteme erzeugen Fehlanreize, die die bestmögliche Versorgung verhindern.

 

Innovationen stehen meist in engem Zusammenhang mit den besten Verkaufschancen, nicht mit dem größten Nutzen für Patientinnen und Patienten.

 

Wir sind davon überzeugt, dass die Private Krankenversicherung keine Impulse für die bestmögliche Versorgung erbringt. Zugleich erkennen wir mit Sorge, dass die Gesetzliche Krankenversicherung ihre Funktion als Gestalterin dieses Ziels nicht annimmt. Wir erwarten, dass hier gemeinsame Entwicklungen mit spezifischen Differenzierungsmodulen auf den Weg gebracht werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen für derlei Veränderungen den Rahmen setzen, um bestmögliche Versorgung zu erreichen.

 

Wir wollen ein Gesundheitswesen, das

  • niedrigschwelligen Zugang für alle, unabhängig von Einkommen und sozialem Status sichert,
  • auf Solidarität statt auf Individualisierung beruht,
  • Innovationen schnell, kontrolliert und mit der notwendigen Evaluation einführt
  • technologische Entwicklungen nutzt, aber den Menschen in den Mittelpunkt stellt,
  • als Ausgangspunkt das Versorgungsproblem – den / die PatientIn – sieht und nicht das Interesse des Leistungserbringers,
  • unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vertraut und nicht bezahltem Lobbyismus,
  • zügig durch politische Entscheidungen diesen Zielen dienende Rahmenbedingungen erhält.

 

Wir werden die Daseinsvorsorge stärken und dadurch auch die soziale Sicherheit und den Zusammenhalt verbessern

 

Nur eine starke Daseinsvorsorge garantiert einen umfassenden Zugang für alle zu allen notwendigen Gütern und Leistungen, und bekämpft soziale Ungleichheit. Wir wollen stärkeres Engagement in der Daseinsvorsorge und eine Erweiterung der Angebote (kostenloser und nachhaltiger ÖPNV).

 

Die NRWSPD steht für einen Kurswechsel in der Wohnungspolitik. Hin zu einer Gemeinwohlorientierung vor Renditeinteressen.

 

Wie wir uns diese Kursneubestimmung konkret vorstellen, seht ihr in unserem Antrag L05 „Wohnen ist ein soziales Menschenrecht und schafft Heimat für alle – Darum: Bezahlbarer und lebenswerter Wohnraum für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen“.

 

Auch der angemessene Zugang zu den Mitteln der Digitalisierung gehört mittlerweile zu den sozialen Kernbedürfnissen und wird von uns berücksichtigt und für alle Altersgruppen garantiert.

 

Soziale Sicherheit kann nur durch einen starken und auskömmlich finanzierten Staat gewährleistet werden

 

Daher werden wir die Steuerhinterziehung konsequent verfolgen und bestrafen. Wir werden Steuerflucht verhindern, denn dies ist keine Bagatelle, sondern eine Straftat. Es ist ungerecht, dass der immer größer werdende Teil des Steueraufkommens aus Steuern auf Arbeit bestritten wird und weniger aus Kapital- und Vermögenssteuern. Wir werden den Spitzensteuersatz und die Reichensteuer erhöhen, ebenso Steuern auf Kapitalerträge, werden die Erbschaftssteuer reformieren, die Vermögenssteuer wieder erheben und eine Finanztransaktionssteuer einführen. Ziel ist ein transparentes und gerechtes Steuerrecht.

 

Wie wir uns diese Kursneubestimmung konkret vorstellen, seht ihr in unserem Antrag L03 Handlungsfähigkeit stärken – Solidarität erneuern: Für einen starken solidarischen Staat!

 

2.4 Solidarische Gesellschaft

 

Unser Leitmotiv: Zusammenhalt stärken 

Unser Versprechen: Vielfalt und Zusammenhalt

Unsere Ziele: Offene Gesellschaft und Partnerschaftlicher Staat

 

Eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit ist es, den sozialen Frieden zu sichern. Sozialer Frieden entsteht durch Solidarität. Solidarität ist die Bereitschaft, füreinander einzustehen und sich gegenseitig zu unterstützen. Für den Menschen in der Gesellschaft ist sie ein Gefühl, für den Menschen im Staat ist sie eine Tugend. Aus dieser doppelten Bestimmung heraus ist Solidarität das Leitprinzip unserer Politik.

 

Solidarität ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Sie kann staatlich nicht verordnet und erzwungen werden. Wohl aber kann und muss der Staat nach unserer Überzeugung die Voraussetzung schaffen, dass gelebte Solidarität in unserer Mitte günstige Bedingungen vorfindet. Nur wer Solidarität vorlebt, kann sie einfordern.

 

Eine solidarische Gesellschaft setzt einen starken und handlungsfähigen Staat voraus, der Würde, freie Selbstbestimmung und soziale Verantwortung des Menschen ermöglicht und vor einer Ökonomisierung aller Lebensbereiche wirksam schützt. Das heißt vor allem: Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt stehen.

 

Gute Arbeit, ein Sicherheit bietender Sozialstaat, gleicher Zugang zu Bildung sowie Investitionen in zukunftsfähige Infrastruktur und neue wirtschaftliche Impulse sind notwendige Handlungsstränge für Chancengleichheit und Teilhabe für alle, für Inklusion und Integration, dafür, in Vielfalt eine Bereicherung und Stärke zu sehen – kurz für eine solidarische Gesellschaft.

 

Von einer gerechten und solidarischen Gesellschaft kann nur die Rede sein, wenn mindestens in grundlegenden Fragen der öffentlichen Daseinsvorsorge gleiche Bedingungen zwischen Stadt und Land, zwischen strukturstarken und strukturschwachen Regionen und zwischen den einzelnen Quartieren unserer Städte herrschen. Neben einer notwendigen Umverteilung von oben nach unten liegt in der Angleichung der Lebensverhältnisse in unserem Land der Schlüssel zum Zusammenhalt der Gesellschaft.

 

Wir dürfen jedoch nicht den Fehler begehen und Anerkennung – die Bedingung von Solidarität – auf eine ökonomische Größe reduzieren. Die Stärkung ökonomischer Verteilungsgerechtigkeit ist eine notwendige Bedingung einer solidarischen Gesellschaft, aber keine hinreichende und nicht mit ihr zu verwechseln. Eine solidarische Gesellschaft braucht mehr, und ein solidarischer Staat tut mehr.

 

Eine solidarische Gesellschaft braucht handlungsfähige Kommunen

 

In unseren Städten und Gemeinden haben die Menschen die meisten Berührungspunkte mit Staat und Politik. Auf kommunaler Ebene hat jeder und jede Einzelne die größten Gestaltung- und Einflussmöglichkeiten. Deshalb müssen die 396 Städte und Gemeinden in unserem Land an 365 Tagen im Jahr für ein lebenswertes Nordrhein-Westfalen sorgen. Das sicherzustellen, wird für viele Kommunen von Tag zu Tag schwerer. In zu vielen Städten erleben Menschen, dass Kultur- und Sportangebote zurückgefahren und Förderungen der Jugendarbeit gestrichen werden, öffentliche Infrastruktur verfällt und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger sinkt. Verlust von Vertrauen und steigende Unzufriedenheit finden sich vor allem dort, wo sich Menschen – unabhängig vom eigenen sozialen Status – von Politik und Staat verlassen fühlen. Gerade in einer Gesellschaft, in der traditionelle Orte der Gemeinschaft an Bedeutung verlieren, müssen wir deshalb den Städten und Gemeinden und damit in erster Linie den Bürgerinnen und Bürgern wieder Handlungsfelder eröffnen und Gestaltungsraum geben.

 

Wir haben die Kommune, das Basiscamp der Demokratie, in den vergangenen Jahrzehnten überfordert. Die Hälfte der sozialen Leistungen wird heute auf kommunaler Ebene getragen. Das Konnexitätsprinzip hieß am Ende zu oft: „Den letzten beißen die Hunde!“ Heute befinden sich finanzschwache Kommunen deshalb in einem Teufelskreis. Sie sind nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft für ihre Bevölkerung vergleichbar gute Lebensbedingungen und Zukunftsperspektiven zu ermöglichen. Weil Steuern gesenkt wurden und der Bund die Lasten der Sozialgesetzgebung stärker den Kommunen aufgebürdet hat, ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen, haben wir zugelassen, dass sich unter den Städten Globalisierungsverlierer ausgebildet haben. Durch strukturelle Krisen sanken Wirtschaftsleistungen und damit auch die Steuerkraft. Die soziale Folge: Auch die Soziallasten stiegen, weshalb Geld für Investitionen und den Erhalt fehlten.

 

Der Stärkungspakt Stadtfinanzen war eine richtige und erfolgreiche Maßnahme, um hier gegenzusteuern. Nun müssen aber kurzfristig weitere Schritte folgen: Um Kommunen wieder handlungsfähig zu machen und so den Menschen wieder die Möglichkeit zu geben, das Leben auch in ärmeren Städten zu gestalten, sind drei Schritte notwendig: Zuerst müssen alte Kassenkredite, die Kommunen in der Regel nicht selbst verschuldet haben, in einen Altschuldenfonds unter Beteiligung von Bund und Land überführt werden. Zweitens muss verhindert werden, dass neue Kassenkredite auflaufen. Dafür müssen die Haushalte der Kommunen ausgeglichen werden. Sie müssen aber vor allem substanziell von Soziallasten befreit werden. Drittens benötigen wir zielgerichtete Hilfe für jene Kommunen, die über Jahre negativ von einem Strukturwandel geprägt wurden.

 

Auch die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ hat Maßnahmen entwickelt, die den Kommunen mit Altschulden und hohen Kassenkrediten helfen, dauerhaft auf eigenen Füßen zu stehen. Klar ist, dass der Bund hier seiner finanziellen Verantwortung nachkommen muss, um die zu großen Teilen durch den Bund verursachte Anhäufung von Kosten bei den Kommunen zu beseitigen.

 

Bund, Länder und Gemeinden haben gemeinsam die Aufgabe, für gute Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger in ihrer Stadt, ihrer Gemeinde und ihrer Region zu sorgen.

 

Eine solidarische Gesellschaft ist eine freie Gesellschaft – Deshalb sorgen wir für Sicherheit für alle

 

Die SPD ist die Partei der Freiheit. Wir kämpfen für Freiheitsrechte und politische Teilhaberechte, aber auch für eine staatliche Gemeinschaft, die durch aktives Tun die Voraussetzungen für ein freiheitliches Leben aller schafft. Eine Abwägung von Freiheit gegen Sicherheit kann es nie geben, denn wir streben Sicherheit nicht als Selbstzweck an, sondern als ein Mittel, um Freiheit zu ermöglichen.

 

Hieraus folgt, dass sicherheitspolitische Maßnahmen in möglichst schonenden Ausgleich mit Bürgerrechten zu bringen sind. Dieser Grundsatz ist in den letzten Jahren durch politische Entscheidungen eklatant missachtet worden. Wir lehnen es daher ab, alle Bürgerinnen und Bürger unter einen Generalverdacht zu stellen und tatverdachtsunabhängig zu Adressaten polizeilicher Maßnahmen zu machen. Menschen, die sich rechtmäßig verhalten, müssen vor Grundrechtseingriffen allein aufgrund vermuteter böser Gedanken geschützt werden. Die Unschuldsvermutung sowie das Recht auf Privatheit und Datensouveränität müssen umfassend gewährleistet werden. Das Strafrecht als schärfstes Schwert des Rechtsstaats darf nur als allerletztes Mittel eingesetzt werden und darf nur an Handlungen anknüpfen.

 

Sicherheit darf nicht zum Privileg für Reiche werden, sondern muss von einem handlungsfähigen Staat flächendeckend gewährleistet werden. Sozialdemokratische Sicherheitspolitik setzt daher nicht auf markige Sprüche, öffentlichkeitswirksame Razzien oder eine Abschaffung von Freiheitsrechten. Wir bieten Schutz vor Straftäterinnen und Straftätern durch eine ausreichende Anzahl gut ausgebildeter und ausgestatteter Polizistinnen und Polizisten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz. Auch wenn die Kriminalität insgesamt sinkt, müssen wir Gefühle der Unsicherheit ernst nehmen. Angsträume müssen umgestaltet werden und im Bedarfsfall muss die Polizei schnell und verlässlich zur Stelle sein und das Recht effektiv durchsetzen. Rechtsfreie Räume darf es nicht geben.

 

Strafen und unmittelbarer Zwang sind für uns nur das allerletzte Mittel einer erfolgreichen Kriminalpolitik. Wir setzen auf Vorbeugung. Die beste Kriminalpolitik ist eine gute Sozialpolitik. Wir brauchen Investitionen in den gesellschaftlichen Zusammenhalt, z.B. in Integration, gute Bildung und Arbeit.

 

Wir wollen Gefängnisstrafen möglichst vermeiden, insbesondere Ersatzfreiheitsstrafen für Menschen, die nur deshalb eingesperrt werden, weil sie die Geldstrafe nicht bezahlen können. Stattdessen wollen wir andere Sanktionsformen etablieren, die schuldangemessen sind und neben einem Strafübel auch Unterstützungsangebote beinhalten. Auch bei Bewährungsstrafen schaffen wir die Voraussetzungen, dass mehr Bewährungsauflagen verhängt werden können, die ein spürbares Strafübel mit flankierenden Unterstützungsangeboten kombinieren. Bei der Vollstreckung von Gefängnisstrafen sollen Gefangene dazu befähigt werden, sich nach ihrer Strafe in unsere Gesellschaft zu (re)integrieren und ihr Leben künftig straffrei zu führen.

 

Wir schaffen alle Ansätze von Klassenjustiz ab: Reiche und superreiche Kriminelle dürfen sich nicht durch Zahlung hoher Geldbußen ihrem Strafverfahren entziehen können. Zur wirksamen Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität führen wir ein Unternehmensstrafrecht ein.

 

Bei Bagatell-Kriminalität wie Schwarzfahren setzen wir hingegen auf Entkriminalisierung, weil Freiheitsstrafen hier unverhältnismäßig sind und Polizei und Justiz sich auf wirkliches Kriminalunrecht konzentrieren sollen.

 

Sicherheit für jeden und jede bedeutet mehr als nur formale Gleichheit vor dem Gesetz. Alle Menschen müssen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Geldbeutel und Bildungsstand zu ihrem Recht kommen. Die Justiz muss besser ausgestattet werden, um jedem Einzelfall gerecht zu werden und dennoch lange Verfahrensdauern zu vermeiden. Wir schaffen die Voraussetzungen, dass Menschen auch real den gleichen Zugang zum Recht erhalten. Wir wollen ein flächendeckendes und niedrigschwelliges Rechtsberatungsangebot sowie einen Ausbau von Beratungsstellen für Schuldnerinnen und Schuldner und allgemeiner Sozialberatung. Außerdem fordern wir einen massiven Ausbau von Beratungs- und Prozesskostenhilfe, damit alle Menschen ihr Recht auch tatsächlich durchsetzen können.

 

Eine solidarische Gesellschaft braucht ehrenamtliches Engagement

 

Unsere Demokratie lebt von den Menschen, die sie tragen. Das sind in besonderem Maße die vielen ehrenamtlich Aktiven aller Altersgruppen, die sich in Vereinen, Verbänden, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Parteien, Initiativen und Projekten engagieren. Wer seine Zeit und seine Kraft in den Dienst anderer und der Allgemeinheit stellt, dem gebührt unser Respekt und unsere Anerkennung. Sich ehrenamtlich zu engagieren bedeutet andererseits ein besonderes Maß an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten. Daher darf ehrenamtliches Engagement kein Privileg sein, dass von Herkunft oder Geldbeutel abhängt. Auch Menschen mit Beeinträchtigungen oder in besonderen Lebenslagen müssen ein Ehrenamt ihrer Wahl ausüben können. Wertschätzung und Öffnung von Ehrenamt für alle sind die Leitgedanken, denen unser politisches Handeln auch in Zukunft folgen wird.

 

Wer sich ehrenamtlich z.B. in einem Jugendverband oder Sportverein engagiert, will seine Zeit dort mit Tätigkeiten und Aufgaben verbringen, die Kern genau dieses Engagements sind und nicht mit langwierigen Antrags- und Nachweisverfahren. Außerdem entstehen durch vermeidbaren Verwaltungsaufwand Hürden, die Menschen davon abhalten, ehrenamtlich Verantwortung zu übernehmen. Wir setzen uns daher für die Vereinfachung und – wo möglich und sinnvoll – für die Digitalisierung von Antrags- und Nachweisverfahren ein. Überall dort, wo fachbezogene Pauschalen möglich sind, sollen diese auch zum Tragen kommen. Ein Übergangsschritt könnte sein, Projekte über den gesamten Programmzeitraum zu bewilligen und dadurch keine jährlich befristeten Verträge und jährliche Antragsstellungen notwendig zu machen. Ziel müssen jedoch Regelfinanzierungen sein. Wir wollen außerdem den Verwaltungsballast bei der Vereinsführung reduzieren und das Steuerrecht für Vereine vereinfachen.

 

Für ehrenamtliches Engagement investieren unzählige Menschen viel – ihre Zeit, ihre Energie, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen. Wir sind der Auffassung, sie sollten als Zeichen der Wertschätzung ihrer Leistung an anderer Stelle von der Solidargesellschaft etwas zurückbekommen. Gleichzeitig wollen wir dafür sorgen, dass ehrenamtliches Engagement z.B. nicht an den Kosten für den Weg zum Ehrenamt scheitert. Wir werden daher die Ehrenamtskarte NRW „Ehrensache“ aufwerten, in dem wir für ein landesweit einheitliches Angebot sorgen, dass kostenlosen Eintritt in alle staatlichen und staatlich geförderten Kultur, Sport- und Freizeiteinrichtungen, ein Anrecht auf kostenfreie öffentliche Weiterbildungsangebote und ein landesweites ÖPNV-Ticket beinhaltet. Außerdem wollen wir uns dafür einsetzen, dass Studierende ihr Engagement auf ihre Studienleistungen anrechnen lassen können und ehrenamtliches Engagement in Bewerbungsverfahren stärker wertgeschätzt wird. Auch eine positive Anrechnung von Ehrenamt auf die individuelle Rente halten wir für erstrebenswert.

 

Mit Sorge beobachten wir hingegen, wenn demokratische Haltung und Beiträge zum politischen Diskurs als Anlass genommen werden, um Vereinen und Verbänden die Gemeinnützigkeit in Abrede zu stellen. Vermeintliche politische Neutralität darf nicht gegen eine klare Haltung für Menschenrechte und Demokratie ausgespielt werden. Sie darf nicht als Alibi zur Verhinderung von Engagement missbraucht werden. Politisches Engagement, das unsere Demokratie stützt, ist aus unserer Sicht Dienst an der Allgemeinheit im eigentlichen Sinne. Ehrenamtlich Engagierte müssen vor Übergriffen und Gewalt geschützt werden.

 

Eine solidarische Gesellschaft setzt auf Kulturoptimismus

Menschen sind kulturelle Wesen. Wir erheben den Anspruch, unsere Beziehungen als Menschen untereinander und unsere Umgebung zu gestalten. Unser Selbstverständnis folgt stark beeinflussenden Denk-Konstrukten und Überzeugungen, die in einer Gemeinschaft und für den Einzelnen eine Relevanz entfalten konnten.

 

Derzeit befinden wir uns mitten in vor allem kulturell geprägten Auseinandersetzungen. Das Bild vom Menschen, die Vorstellung einer guten Gesellschaft, die Aufgaben und Reichweiten des Staates, die Rolle von Sprache und Kommunikationsmitteln, das Bild von Arbeit und Technik und vieles mehr werden, mitunter gegensätzlichen, Auslegungen und Erzählungen unterworfen. Der Kampf um die Deutungshoheit ist in seinem Ausgang offen.

 

Wir denken Kunst und Kultur dynamisch und notwendig in einer Rückkopplung zum freien, selbstbestimmten und mündigen Menschen, zur demokratischen Verfasstheit unseres Staates und zum Gedanken eines solidarischen Gemeinwesens, das reale Mitmachmöglichkeiten eröffnet und jedem, jeder Einzelnen einen Wert an sich beigibt. Der Wille und die Lust zur Aneignung von Kunst als Empfängerin und Empfänger und die Möglichkeit des und der Einzelnen sich künstlerisch auszudrücken sind zutiefst menschliche Bedürfnisse.

 

Kulturpolitik ist Zukunftspolitik, wenn sie sich den Fragestellungen der Zeit und den universellen Bedürfnissen zuwendet und den Künsten Spielräume zur Auseinandersetzung eröffnet. Kunst und Kultureinrichtungen unterstützen uns wesentlich, sowohl bei der Begründung einer stabilen und positiven Identität als auch dabei, einen Zukunftsentwurf mittels umfassender und differenzierter Blickpunkte und Aushandlungsprozesse aufgrund eines Verständnisses von der Vielschichtigkeit und des Facettenreichtums menschlicher Existenz zu wagen.

 

Soziale Ungleichheit ist ein der kapitalistischen Gesellschaft innewohnendes Übel. Ungebremster Kapitalismus führt zur Enteignung von Lebens- und Zukunftsentwürfen. Hier ist auch die Kunst herausgefordert. Kulturpolitik muss die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstlerinnen und Künstlern in den Blick nehmen und für Verbesserung sorgen. Die Rechte von Künstlerinnen und Künstlern müssen gewahrt bleiben, ihre – in mehrfacher Hinsicht – häufig prekäre Situation muss verbessert werden.

 

Menschen ist eigen, dass sie Orte der Begegnung, des Austausches und der Betätigung brauchen. Kulturorte sind neben ihrer jeweiligen inhaltlichen Angebotsstruktur besonders in diese Richtung zu entwickeln. Kultureinrichtungen sind zentraler Bestandteil von Daseinsvorsorge und Treiber im Bereich der Inklusion. Kunst- und Kultureinrichtungen bedürfen für Produktionen und Betrieb einer perspektivisch sicheren Finanzierung. Der Zustand bei Technik, Infrastruktur, Verwaltung und Personal muss dringend verbessert werden. Kultureinrichtungen sind aber auch Bildungseinrichtungen und müssen ähnlich behandelt werden, so z.B. beim Anschluss an die digitale Welt. Kultureinrichtungen müssen für alle offen sein. Kulturelle Bildung ist Teil des Fundaments der persönlichen Entwicklung eines Menschen. Allen, aber insbesondere jungen Menschen, muss sie frei zugänglich sein.

 

Eine solidarische Gesellschaft kämpft um jede und jeden Einzelnen, macht ihren Feinden aber keine Zugeständnisse

 

Wir lassen nicht zu, dass Antisemitismus, religiöser und weltanschaulicher Extremismus, Radikalismus und Rassismus oder kurzum gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu einer akzeptierten Position werden. Den Rechtsradikalen, die inzwischen im Bundestag, in Landtagen und auch in vielen kommunalen Parlamenten sitzen, bieten wir die Stirn.

 

Damit es nicht vermehrt rechte Menschenfänger sind, die Angebote für Kinder und Jugendliche schaffen, um diese so für ihre Zwecke zu missbrauchen, werden wir die Jugendsozialarbeit weiter stärken und ausbauen. Jugendsozialarbeit ist in allen Belangen wertvolle präventive Arbeit und muss zugänglich für alle jungen Menschen sein.

 

Doch junge Menschen benötigen nicht nur die richtigen Angebote, sondern auch die notwendige Zeit, um diese Angebote nutzen zu können. Für uns ist es daher ein notwendiger Auftrag, die Zeiten in den Schulen, der Ausbildung, im Studium aber auch im Beruf auf den Prüfstand zu stellen und allen Menschen ausreichend Raum für Freizeit und Engagement zu verschaffen. Außerdem müssen wir Jugendliche ernster nehmen. Wir setzen uns weiter dafür ein, das Wahlalter in NRW und langfristig auch auf anderen Ebenen auf 16 Jahre zu senken.

 

Darüber hinaus wollen wir, dass die schon bestehenden Projekte, aber auch zukünftige Programme zur Demokratiestärkung und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit finanziell dauerhaft auf sicherere Füße gestellt werden. Menschen, die dort wichtige Arbeit leisten, brauchen Planbarkeit für ihre Arbeit. Sie dürfen sich nicht durch fortgesetzte Befristung und bürokratische Hürden stets neuer Antragsstellungen in ihrer Existenz bedroht sein. Die persönliche Sicherheit von Menschen, die an der Thematik arbeiten oder sich engagieren ist uns besonders wichtig. Meldeauskunftssperren, andere ladungsfähige Adressen als die persönliche Anschrift und der Opferschutz sind hierzu notwendige Bausteine. Behörden müssen hierfür sensibilisiert und ertüchtigt werden im Sinne der betroffenen Menschen zu handeln.

 

Wir wollen uns dafür einsetzen, dass jede Schülerin und jeder Schüler einmal eine Holocaust-Gedenkstätte besucht. Diese Besuche müssen tiefgehend vor- und auch nachbereitet werden. Dazu bedarf es entsprecht geschulter Lehrerinnen und Lehrer. Hierzu wollen wir die Curricula der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern, aber auch die Lehrpläne anpassen. Die schon existierenden, sehr guten Angebote von außerschulischen Bildungseinrichtungen sollen hierzu ausdrücklich mit einbezogen werden.

 

Letztlich müssen wir auch uns selbst weiter in die Pflicht nehmen. Wir werden ein stärkeres Bewusstsein für Sprache als politisches Macht- und Gestaltungselement entwickeln und sensibel mit Begrifflichkeiten in unserem Sprachgebrauch umgehen. Es gilt uns so zu positionieren, dass nicht rechte Deutungen durch unbedachte Übernahme ihrer Themensetzung oder ihrer Sprache adaptiert werden, im Gegenteil, dass diese entlarvt werden. Hierzu werden wir Konzepte erarbeiten, um Mitglieder auf allen Ebenen – vom Ortsverein bis zur Bundesebene – die für und durch unsere Partei leitende Positionen einnehmen, in dieser Thematik zu schulen. Außerdem werden wir größere Klarheit und Konsistenz in unserer Sprache und unsere Forderungen bringen. Wir müssen sagen, was wir tun und tun, was wir sagen.

 

Eine solidarische Gesellschaft schließt alle ein

 

Herkunft, Religion, Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Identität, Beeinträchtigung oder Aussehen dürfen keine Gründe sein, um Menschen eine gesellschaftliche oder politische Teilhabe vorzuenthalten oder diese zu erschweren. Denn sozialer Frieden und Zusammenhalt funktionieren nur, wenn Menschen nicht gegeneinander ausgespielt werden und Chancengleichheit gewährleistet ist. Keinem Menschen, egal ob neueingewandert oder in Deutschland geboren, darf der Zugang zu Bildung erschwert oder verweigert werden. Denn gute Bildung ist der Schlüssel für eine tragfähige Demokratie und für eine solidarische Gesellschaft. Der Blick muss sich also zukünftig statt auf defizitorientiertes Denken und Handeln auf Ressourcenwahrnehmung und Wertschätzung richten.

 

Die Sensibilisierung rund um die Thematik der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist für uns ein hohes Ziel. Daher muss sie von der Kita, über Schule, Hochschule und Ausbildung bis in den Berufsalltag thematisiert werden. Ein Brückenschlag in die Praxis sind für uns flächendeckende Schulungen (Diversity-Trainings).

 

Vorurteile und Stereotype müssen sowohl in der Mehrheitsgesellschaft als auch in den diversen Minderheitsgesellschaften abgebaut werden. Hierfür muss Politik mit gutem Beispiel vorangehen und eine Öffnung der eigenen Strukturen ernsthafter und zielgerichteter vorantreiben.

 

Alle hier formulierten Ziele und Maßgaben gelten für alle Menschen, egal ob mit oder ohne Einwanderungsgeschichte, unabhängig davon, ob sie in Deutschland geboren sind, schon lange hier leben, neu eingewandert sind oder dies in Zukunft tun werden. Deshalb müssen wir, um die integrationspolitischen Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen und um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern, in der Migrations- und Geflüchtetenpolitik umsteuern.

 

Wir brauchen eine menschenwürdige Asylpolitik ohne „Lager“ und Transitzentren sowie ein individuelles Asylrecht mit Einzelfallprüfung. Wir brauchen Integrations- und Sprachkurse für alle Menschen, die den Bedarf haben. Außerdem wollen wir den Austausch zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen fördern, indem wir Vereine und Verbände, die sich öffnen und Kooperationen eingehen, besonders unterstützen.

 

Die solidarische Gesellschaft ist international

 

Internationale Solidarität bedeutet, dass Miteinander und Geschwisterlichkeit nicht an nationalstaatlichen Grenzen oder den EU-Grenzen enden. Es bedeutet, nationale Standort- und Wettbewerbspolitik im Geiste eines fairen Miteinanders zu überwinden. Wir sind heute mehr als zuvor aufeinander angewiesen, wir bewohnen einen Planeten mit seinen begrenzten Ressourcen. Somit ist die soziale Frage eine internationale. Deswegen muss Solidarität global sein. Unsere Aufgabe ist es, ökonomische und demokratische Strukturen so zu verändern, dass für alle Menschen ein gutes Leben möglich ist. Wir müssen die neoliberale Ausrichtung der Globalisierung bekämpfen, die einseitig Konzerninteressen bedient, während die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Reichtum erwirtschaften, zunehmend auf der Strecke bleiben.

 

Es geht also nicht um weniger als um die Frage nach einer sozial gerechten Weltordnung, nach einer solidarischen Weltgesellschaft, die auf Verteilungsgerechtigkeit beruht. Unsere Aufgabe in den kommenden Jahren wird darin bestehen, eine neue Solidarität unter vermeintlich unversöhnlichen Akteurinnen und Akteuren herzustellen. Wir im globalen Norden stehen mit unserer Handelspolitik, unserer Produktions- und Lebensweise in direktem Zusammenhang mit denen im globalen Süden, die für uns Produkte – meist zu ihren Lasten und mit immensen ökologischen Kosten – herstellen. Wir müssen Antworten auf die zentrale Frage finden, wie wir gut leben können, ohne dass andere für uns unter erbärmlichen und menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen. Hierzu gehören zuvorderst eine faire Handelspolitik der EU und eine faire weltweite Steuerpolitik gegenüber dem globalen Süden sowie deutliche Regulierungsschritte hin zu einer ressourcenschonenderen Produktionsweise. Eine international solidarisch gestaltete Politik, die allen Menschen eine lebenswerte Zukunft eröffnet, ist gleichzeitig die beste Bekämpfung von Fluchtursachen.

 

Ein Wort zum Schluss

 

Eine Zukunft unter dem Titel „Rot Pur!“ orientiert sich nicht an Ressortgrenzen, sondern an starken Werten. Deshalb denkt die Sozialdemokratie Strukturpolitik und Kulturpolitik, Kriminal- und Sozialpolitik, Bildungs- und Integrationspolitik zusammen – von der Kommune bis zur Weltgemeinschaft. Einer dieser Werte ist die Solidarität, zur Ermöglichung von Freiheit.

 

Unsere Politik für eine solidarische Gesellschaft zielt deshalb auf drei Dimensionen, die wir nicht an den politischen Institutionen, sondern am Alltag der Menschen orientieren. Denn jeder Mensch ist ein Teil der solidarischen Gesellschaft. Deshalb…

 

…bauen wir auf solidarische Orte. Wir stärken die Kommunen, um sie als nötiges Korrektiv in einem föderativen Bundesstaat zu erhalten und sie zugleich als den hervorragenden Ort politischer Bildung anzuerkennen.

 

…denken wir den Menschen als solidarisches Individuum. Wir setzen Rechte und Pflichten zwischen Staat und Gesellschaft wieder in ein gutes Verhältnis, um für Freiheit und Sicherheit zu sorgen.

 

…schätzen wir solidarisches Handeln wert. Wir stärken Ehrenamt und Engagement vor Ort. Wir stärken Jugendsozialarbeit weiter und intensivieren Integrationsbemühungen.

 

…fördern wir, was solidarisches Handeln fördert. Wir sichern Kultureinrichtungen ab und stärken die Rechte der Künstlerinnen und Künstler.

 

…geht unsere Solidarität über Grenzen hinaus. Wir machen solidarisches Handeln zum Leitprinzip internationaler Politik.

 

3. Fazit

 

Die NRWSPD ist sich bewusst: Vor uns liegt ein langer Weg und wir sind erst ein Stück des Weges gegangen. Aber wir wissen, dass es gemeinsam gelingen kann. Hierfür muss sich die deutsche Sozialdemokratie ihrer Stärken besinnen und ihrer Aufgaben für die Gesellschaft erinnern. Wir wollen die bevorstehende Umwälzung unserer Partei und bevorstehende Umbrüche in unserer Gesellschaft endlich als Chance und Pflicht zum konsequenten Handeln begreifen. Die Sozialdemokratie war nie Selbstzweck und dann stark wie geeint, wenn sie für andere Hoffnung und Versicherung in Zeiten des Umbruchs war. Diese Themen, Zusammenhalt in der Gesellschaft, handlungsfähiger Staat, bezahlbares Wohnen, Aufstieg durch Bildung und eine Arbeit, die sich lohnt in einem sozialen Europa stellen wir als NRWSPD in den Mittelpunkt unserer Politik und erneuern so unsere sozialdemokratischen Zukunftsversprechen. Auf dem Parteitag vor einem Jahr haben wir diesen Kurs als Jahrzehnt der sozialen Investitionen und Innovationen, ja als sozialdemokratisches Jahrzehnt bezeichnet. Denn der Staat, den wir uns vorstellen, wird wieder in der Lage sein, für gleichen und gerechten Zugang zu Bildung und Arbeit zu sorgen, er wird wieder dafür sorgen können, dass genügend bezahlbare Wohnungen gebaut werden und endlich die vielerorts verrottete Infrastruktur repariert wird: Schulen, Schwimmbäder, Brücken, Straßen, Schienen, das heißt Daseinsvorsorge, Mobilität und Gigabit für alle – in Stadt und Land, öffentliche Sicherheit in jedem Viertel.

 

Auf diese Weise schreiben wir einen neuen, modernen, fortschrittszuversichtlichen und sozial gerechten Entwurf für die Zukunft unseres Landes. Dabei orientieren wir uns an einem Gesellschafts- und Menschenbild, das anerkennt, dass Freiheit für jede Einzelne und jeden Einzeln nur durch Solidarität aller möglich ist.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK
Änderungsanträge
Status Kürzel Zeile AntragstellerInnen Text PDF
Ablehnung Ä-499 ff. zum L-01 499 ff. UB Borken
  1. Jede einzelne Person und jede Familie hat das Recht, von einem einzigen Einkommen existieren und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
  2. Niemand fällt bei Verlust eines Arbeitsplatzes, Krankheit, Berufsunfähigkeit, Pflege oder Rente in ein finanzielles Loch. Die Absicherung wird steuerfinanziert.
  3. Jeder beteiligt sich nach seiner persönlichen Steuerkraft an der Absicherung der Bürgerinnen und Bürger gegen finanziellen Absturz.
  4. Die Höhe des Einkommens sollen überbetriebliche Tarifparteien vereinbaren.
  5. Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, sich einem überbetrieblichen Tarifvertrag anzuschließen.
  6. Gelten keine überbetrieblichen Tarifverträge, werden bestehende überbetriebliche Tarifverträge durch den Bundestag als allgemeinverbindlich erklärt.
  7. Jeder Arbeitnehmer muss sich einer überbetrieblichen Arbeitnehmervertretung anschließen.
  8. Beiträge zu Gewerkschaften werden zu 50% steuerlich absetzbar
  9. Jeder Bürger ist pflegeversichert, krankenversichert, arbeitslosenversichert, rentenversichert. Die Sozialversicherungen sind steuerfinanziert.
  10. Absicherung der Berufsunfähigkeit wird als Sozialversicherung anerkannt und steuerfinanziert.
  11. Geschäftsführer oder Vorstände von Unternehmen haften persönlich für Managemententscheidungen.
  12. Geschäftsführer oder Vorstände von Unternehmen haben maximal das 20fache Jahreseinkommen des niedrigsten im Unternehmen gezahlten Einkommens.
  13. Hat ein Bürger keine Arbeit und kein Einkommen, so erhält er ein steuerfinanziertes Grundeinkommen. Dafür werden Sozialhilfe, Hartz IV, … abgeschafft.
  14. Schwarzarbeit wird für den Auftragnehmer straffrei, nicht aber für den Auftraggeber.
  15. Nach 40 Jahren Arbeit steht einem Arbeitnehmer eine Grundrente zu. Ein Weiterarbeiten ist bis zum Alter von 70 Jahren möglich. Darüber entscheidet alleine der Arbeitnehmer.
  16. Rentenanrechnungszeiten unter 40 Jahren führen zu anteiligen Rentenansprüchen.
  17. Bei Einsatz von Sub-Unternehmen haftet der Unternehmer als Auftraggeber für die Einhaltung aller Arbeitnehmerrechte. Sub-Unternehmer, deren Arbeitnehmer in Deutschland tätig sind, zahlen in Deutschland Steuern. Auch hier haftet der Unternehmer als Auftraggeber für die Steuerschuld des Sub-Unternehmens
  18. Steuerpflichtig sind alle Einkommensarten, auch die Gewinne aus Finanztransaktionen.
  19. Aufstocken ist verboten. Der Arbeitgeber sorgt dafür, dass Arbeitnehmer nicht aufstocken müssen.
  20. Der Gesetzgeber oder die Tarifparteien sorgen dafür, dass Niedriglohnsektoren entsprechend der oben genannten Punkte angepasst wird. Es wird ein auskömmlicher Mindestlohn definiert, an dem sich jeder Arbeitnehmer orientierten muss.
  21. Eine erste qualifizierende Ausbildung ist kostenlos (Ausbildung, Studium, …) Hiermit ist eine echte Kostenfreiheit gemeint. Bücher, Klassenfahrten, Papiergeld stellen die, für die Bildung Verantwortlichen (Kommune, Land, Unternehmen, …)
  22. Für den Übergang wird der Mindestlohn auf einen Wert von anfangs 12 € festgelegt. Er steigt automatisch parallel zur Entwicklung der Einkommen der Mitglieder des Bundestages.
  23. Einkommen wird ab dem ersten € besteuert, um eine Sozialversicherungabsicherung sicherzustellen.
  24. Neu festgelegt wird das Einkommen für geringfügige Beschäftigung. Ziel muss es sein, diese Beschäftigungen in eine sozialversicherungsabgesichterte Beschäftigung zu überführen.
  25. Eine sachgrundlose Befristung wird verboten.
Ablehnung Ä-399 ff. zum L-01 399 ff. UB Borken
  1. Jede Familie kann sich die Miete einer Wohnung in der für die Familie nötigen Größe aus dem Familieneinkommen leisten.
  2. Miete darf maximal 25 % des Familieneinkommens nicht überschreiten
  3. Sozialer kommunaler Wohnungsbau muss verstärkt gefördert werden. So sollen erschwingliche Mieten gesichert werden. Eine Bindung wird über 20 Jahre festgeschrieben
  4. Mietwohnungen dürfen kein Spekulationsobjekt sein, dies schließt Aktiengesellschaften aus.
  5. Bei der Errichtung von Mehrfamilienhäusern ab 10 Einheiten müssen min. 20 % der Fläche als sozialer Wohnungsbau durchgeführt werden.
  6. Der Lückenschluss von unbebauten oder unbewohnten Immobilien wird für Kommunen zur Pflichtaufgabe gemacht – auch bei Privatbesitz
  7. Kommunen, die Häuser ankaufen, renovieren und dann BürgerInnen Kommune anbieten, werden durch Landesmittel gefördert.
  8. Die SPD fördert Inititativen und Modelle zur einkommensabhängigen Wohnungssteuerung & Mietwohnungssteuerung (mit hohem Familieneinkommen - keine günstige Wohnung)
  9. Jeder berufstätige Bundesbürger über 18 Jahre erhält einmalig einen eine Förderung zur Errichtung eines eigenen Hausstandes zur Miete oder zum Eigentum. Die Förderung wird monatlich über 5 Jahre gezahlt. Die Höhe ist einkommensabhängig. Wer weniger hat bekommt mehr!
  10. Neue Wohnungen sind klimagerecht zu gestalten.
  11. Wir unterstützen Mehrgenerationen-Wohnen
Ablehnung Ä-1868 ff. zum L-01 1868 ff. UB Borken
  1. Die Würde des Menschen ist unantastbar! Soziale Gerechtigkeit ist Bestandteil der Menschenwürde
  2. Zur Sicherung der Daseinsvorsorge erfolgt ein Backsourcing von Unternehmen mit kommunalen Aufgaben zurück in die Kommunen (Stadtwerke, …)
  3. Die SPD definiert in einer Expertenarbeitsgruppe, was zukünftig zu den staatlichen Aufgaben und somit zu den gemeinschaftlich zu steuernden Aufgaben gehört. Diese Aufgaben werden dann gegebenenfalls in staatliche bzw. kommunale Obhut zurück überführt.
  4. Gesellschaft funktioniert nur mit dem Ehrenamt, nicht durch Egoisten. Bund und Land fördern durch umfassende Programme vereinsgebundenes ehrenamtliches Engagement.
  5. Es wird ein gesellschaftlich verpflichtendes Jahr eingeführt (z. B. in den Bereichen Ökologie/Umweltschutz, Soziales, Feuerwehr, aber auch Polizei, Bundeswehr, …)
  6. ÖPNV ist Sozialpolitik. Deshalb wird der ÖPNV zukünftig kostenlos zur Verfügung gestellt und steuerfinanziert.
  7. Familieneinkommen ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Jeder hat das Recht auf ein auskömmliches Familieneinkommen.
  8. Krankenhäuser dürfen nicht als Aktiengesellschaft organisiert sein. Erwirtschaftete Ressourcen müssen wieder in die Gesundheitsförderung fließen, nicht an Dividendenjäger.
  9. Als eine neue Unternehmensform wird der „Gesellschaftlicher Verband“ gegründet. Diese Unternehmensform verpflichtet sich zu sozialer Verantwortung ohne Gewinnabsicht.
  10. Kommunen müssen entschuldet werden. Die Schuldenlast tragen die Länder. Die Tilgung tragen die Kommunen selbst. Kommunen verpflichten sich, keine neuen Schulden aufzubauen.
  11. Bei Umbrüchen (Krankheit, Pflege, Rente, Arbeitslosigkeit, Erwerbsminderung, Unfall, …) erhalten alle BürgerInnen steuerfinanzierte Zuwendungen, die eine Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht. Im Gegenzug sind sie dazu verpflichtet, die Gesellschaft nach bestem Können, Wissen und Gewissen zu stützen.
  12. Klimaschutz bedeutet Schutz der Gesellschaft.
Annahme Ä-1240 zum L-01 1240 OV Bochum Innenstadt-West Füge ein nach Zeile 1240:   „Wir stehen für eine artgerechte Nutztierhaltung in der Landwirtschaft. Daher fordern wir insbesondere den Verzicht des unnötigen Tötens von männlichen Küken, der Kastration von männlichen Ferkeln ohne Betäubung sowie langer Tiertransporte quer durch Europa.   Wir stehen für eine Subventionspolitik in der Landwirtschaft, die ausschließlich landwirtschaftliche Betriebe fördert, die für Landschafts- und Naturschutz eintreten, die mit Rücksicht auf die Artenvielfalt wirtschaften, die mit ihren Produkten regionale Märkte bedienen und die nachweislich artgerechte Tierhaltung betreiben. Davon profitieren vor allem kleine und mittlere Familienbetriebe, die von der industriellen Landwirtschaft immer stärker verdrängt werden.“
Annahme Ä-1253 zum L-01 1253 OV Bochum Innenstadt-West Füge ein nach Zeile 1253:   „Wir fördern die Mobilität mit dem Fahrrad im städtischen und ländlichen Raum. Dazu Bedarf es eines Ausbaus der Fahrradinfrastruktur, vor allem durch qualitativ hochwertige Fahrradwege und deren Beleuchtung, bessere Mitnahmemöglichkeiten im ÖPNV und sichere Abstellmöglichkeiten. In diesem Zusammenhang ist in einem eng besiedelten Bundesland wie NRW auch stärker auf den Bau von Radautobahnen zur Vernetzung von Stadtzentren zu setzen. Hierdurch werden das Straßennetz und die Umwelt entlastetet.“
Annahme Ä-1256 zum L-01 1256 OV Ehrenfeld Streiche Zeile 1265: „Bildung und damit Aufstiegschancen waren immer schon Kerngedanken der sozialdemokratischen Idee.“   Ersetze durch: „Bildung für alle als Teil kultureller und sozialer Emanzipation der Bevölkerung ist der Kerngedanke der sozialdemokratischen Idee, der heute angesichts drängender Zukunftsfragen an Aktualität gewonnen hat. Als Konsequenz aus der Geschichte sind Bildung und Wissenschaften der Stärkung der Demokratie und des Friedens, der vollen Entfaltung der Persönlichkeit verpflichtet. Unsere Bildungspolitik ist darauf gerichtet, dieses Potential an Schulen, Hochschulen, Volkshochschulen und in der Aus- und Weiterbildung voll zur Geltung zu bringen.“
Annahme Ä-1879-1883 zum L-01 1879-1883 OV Ehrenfeld Streiche Zeile 1879 bis 1883: „Für den Menschen in der Gesellschaft ist sie (die Solidarität) ein Gefühl, für den Menschen im Staat ist sie eine Tugend. Aus dieser doppelten Bestimmung heraus ist Solidarität das Leitprinzip unserer Politik.“
Annahme Ä-1919 zum L-01 1919 OV Ehrenfeld Streiche in Zeile 1919: „- die Bedingung von Solidarität -“
Annahme Ä-1917 zum L-01 1917 OV Ehrenfeld Ergänze nach Zeile 1917: „Wir treten daher für die Streichung der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz ein.“
Annahme Ä-2371 zum L-01 2371 OV Ehrenfeld Ergänze nach Zeile 2371: „Die menschenverachtende Abschottungspolitik Deutschlands und der EU wollen wir sofort beenden und werden dafür entschieden eintreten. Statt der Bekämpfung von Geflüchteten werden wir konsequent gegen Fluchtursachen, z. B. gegen Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte, vorgehen und für sichere Fluchtrouten, die Entkriminalisierung der Seenotretter und die Aufnahme und Integration von Geflüchteten in Deutschland und Europa eintreten. Das sogenannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ war ein Schritt in die falsche Richtung und muss revidiert werden.“
Nicht abgestimmt Ä-2414 zum L-01 2414 OV Ehrenfeld Ergänze nach Zeile 2414: „Abrüstung ist daher das Gebot der Stunde. Das Geld und die Bemühungen, die für militärische Zwecke verschleudert werden, sind eine gigantische Kapitalverschwendung. Mit diesen Mitteln könnte weltweit die Katastrophe des Hungers besiegt und ein menschenwürdiges Dasein möglich gemacht werden. Nur so sind der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und Frieden möglich.“
settled Ä-n.b. zum L-01 n.b. UB Hochsauerlandkreis Der außerordentliche Landesparteitag der NRWSPD am 21.09.2019 beschließt folgenden Absatz in den Antrag L-01 einzufügen:   SPD - mit ganzem Herzen für Frieden, Solidarität und soziale Teilhabe!   Die SPD braucht zu einem detaillierten Konzept mit vielseitigen Angeboten einen Leitsatz, der im Wirrwarr der Informationsgesellschaft Vertrauen bewirkt und die Herzen unserer Mitglieder und Wähler wieder erreicht. Die SPD ist seit ihrer Gründung unbestreitbar der stabilste politische Faktor für den inneren und äußeren Frieden. Sie ist die Partei, die sich den Nazis entschlossen entgegengestellt hat. Diese Haltung der Partei und ihr diesbezügliches Potential sind aktuell unverzichtbar, um den Rechtsruck in unserem Staat zu bekämpfen.   In Anbetracht der globalen gesellschaftlichen Spaltung zwischen Arm und Reich, ist das entschlossene Eintreten für Solidarität und soziale Teilhabe dringend erforderlich.
Annahme Ä-419 ff. zum L-01 419 ff. UB Düsseldorf 1) Zeile 419, Ersetzen des Spiegelstriches durch: die Gründung bzw. den Ausbau kommunaler Wohnungsbaugesellschaften, die durch das Land gefördert werden.   2) Ersetze Zeile 1221-1223 durch: "Wir forcieren einen ambitionierteren Ausbau regenerativer Energien. Darüber hinaus engagieren wir uns für die zunehmende Kopplung der Eneregiesektoren und die Förderung der entsprechenden Technologien - von der Batterie über Power-to-X bis hin zur Brennstoffzelle. Die sich daraus ergebenden Wertschöpfungspotentiale wollen wir mit Priorität auch dafür nutzen, um den durch Energiewende und Digitalisierung bedingten Strukturwandel sozialverträglich zu gestalten."
Annahme Ä-16 ff. zum L-01 16 ff. KV Minden-Lübbecke 1. Ergänze Z. 16 nach „werden muss“: „Das ist unsere Vorstellung einer Gesellschaft der Freien und Gleichen, des demokratischen Sozialismus.“   2. Ergänze Z. 101 nach „entziehen können.“: „Viele bekommen täglich die Folgen einer unzureichenden Infrastruktur sowohl der Verkehrs- als auch der digitalen Netze zu spüren. Viele erleben am baulichen Zustand der Schulen ihrer Kinder und Enkelkinder, dass die gute Zukunft für die kommenden Generationen keine uneingeschränkte Priorität mehr besitzt.“   3. Ersetze Z. 111-121 durch: „Ursache für diese Zukunfts-Verunsicherung ist, dass die Menschen zunehmend den Rückzug des Staates aus immer mehr Bereichen ihres alltäglichen Lebens zu spüren bekommen. Die neoliberalen Dogmen des schlanken Staates und der Marktentfesselung, vor denen auch die Sozialdemokratie nicht immer gefeit war, haben zu einer Situation geführt, in der sowohl die Zukunftsfähigkeit als auch der Zusammenhalt unserer Gesellschaft in Gefahr gerät. Diese Politik wirkt in den Transformationsprozessen von Globalisierung, Digitalisierung, demographischem Wandel und der notwendigen ökologischen Umstellung wie ein Spaltkeil: Während eine kleine Gruppe vom Aufschwung profitiert, bedeuten die Veränderungen mit der Abwertung von Arbeit und dem Verfall der Infrastruktur für viele andere Unsicherheit. Die Konsequenzen einer solchen Spaltung zwischen Zentrum und Peripherie sind zurzeit besonders beängstigend in Großbritannien und den USA beobachten: Gerade in den Regionen, in denen Industrie weggebrochen ist und die Antwort der Politik aus ideologischen Gründen lautete, der Markt solle den Strukturwandel regeln, haben viele Menschen für den Brexit und für Trump gestimmt.“   4. Ergänze Z. 124 nach „sozialen Ungleichheit“: „und die Schaffung eines aktiven Staates“   5. Ersetze Z. 131 bis Z. 136 durch: „Der Sozialstaat ist für uns mehr als eine Absicherung für in Not geratene Menschen. Er ist eine Grundlage einer funktionierenden Demokratie. Die Verankerung der Sozialstaatlichkeit im Grundgesetz ist auch eine Antwort auf das Scheitern der Weimarer Republik: Nie wieder sollen die wirtschaftlich Mächtigen ohne demokratische Kontrolle entscheiden dürfen. Ziel des Sozialstaats ist es deshalb, jedem Menschen soziale Rechte zu verleihen und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.“   6. Ergänze Z. 709: “Industriepolitik wiederbeleben“ Das Ende der Industrie als wichtiger Sektor zukunftsfähiger Wirtschaft galt schon als breiter Konsens. Von Liberalen über Konservative bis hin in breite Teile der Sozialdemokratie erwartete man im 21. Jahrhundert ein Zeitalter der Dienstleistungen und Finanzmärkte. Diese Euphorie zerplatzte in der Finanzkrise. Deutschland, lange als kranker Mann Europas verspottet, konnte davon profitieren, dass es noch immer einen hohen Anteil von Industrie und industrienahen Dienstleistungen an der Wertschöpfung hatte. Die noch starke Industrie zusammen mit dem Konjunkturprogramm, das die SPD in der großen Koalition gegen die ideenlosen Unionsparteien durchsetzen konnte, führten dazu, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten glimpflich aus der Weltwirtschaftskrise kam. Doch dass der Wert der Industrie wieder erkannt worden ist, führt alleine noch nicht dazu, dass Industriepolitik strategisch betrieben wird, um sie auf das Ziel des nachhaltigen Wachstums auszurichten.   Derzeit ist die Industriepolitik von zwei gegensätzlichen Ansätzen geprägt. Zum einen gibt es den klassisch neoliberalen Ansatz, nach dem der Staat lediglich Bürokratie abbaut, Steuern für Unternehmen senkt und ansonsten auf die Innovationskraft des Marktes hofft. Dieser Ansatz übersieht, dass private Investoren oft das Risiko scheuen, das für die notwendige Innovation notwendig wäre. Von der Eisenbahn über Internet, GPS, Touchscreens bis hin zu moderner Nanotechnologie sind die wesentlichen zu Wachstum führenden Innovationen durch die Risikobereitschaft des Staates entstanden. Der Kapitalismus hingegen hat sich in eine Richtung entwickelt, in der Wertabschöpfung stärker belohnt wird als Wertschöpfung. So wird zugelassen, dass vor allem die großen Digital-Konzerne von den staatlichen Investitionen profitieren, gleichzeitig aber keinen angemessenen Beitrag als Steuern zurückzahlen müssen. Lenkt man gegen diese Entwicklung nicht ein, gerät die für nachhaltiges Wachstum notwendige Innovationsfähigkeit in Gefahr. Der neoliberale Ansatz ist also nicht zukunftsfähig.   Auf einen gegensätzlichen Ansatz setzt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Als Antwort auf den Druck, der durch die Wettbewerbsvorteile chinesischer und amerikanischer Konkurrenz entsteht, will er bestehende Industrien durch wirtschaftspolitisch flankierte Modernisierung erhalten, also in erster Linie nationale Champions zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit fördern, etwa durch Lockerungen von Fusionsregeln. Das klingt auf den ersten Blick nachvollziehbar und kann bei Einbindung von Gewerkschaften und bei einer klaren Prioritätensetzung auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und Tarifbindung dabei helfen, die Rechte von Beschäftigten zu erhalten und auszubauen. Langfristig hilft dieser Ansatz aber zur Schaffung von nachhaltigem Wachstum auch nicht weiter. Denn was die zukunfts- und marktfähigen Sektoren und Technologien sind, kann nicht der Staat vorschreiben. So könnten Ressourcen an den falschen Stellen eingesetzt und vergeudet werden. Letztlich verhindert dieser Ansatz mehr Innovation als dass es sie schafft.   Weder der neoliberale noch der Altmaier-Ansatz sind strategische Industriepolitik. Ziel muss es sein, Innovation zu schaffen, die zu nachhaltigem Wachstum führt. Kernvoraussetzung dafür ist ein aktiver Staat, der zu Investitionen bereit ist. Die Schuldenbremse in der Verfassung und die schwarze Null als erklärtes politisches Ziel wirken sich faktisch als Investitionsbremse aus.   Für eine strategische Industriepolitik gilt es, sowohl Angebot als auch Nachfrage in den Blick zu nehmen. Wenn man mit Blick auf die derzeitigen Herausforderungen die Angebotsbedingungen positiv gestalten will, hilft es nur wenig, über Senkungen von Steuern und Abbau von Bürokratie zu reden. Stattdessen muss Angebotspolitik als Investitionspolitik begriffen werden: Anders als etwa Bundesbildungsministerin Anja Karliczek es sich vorstellt („Kein 5G an jeder Milchkanne“) muss der Staat eine flächendeckende und anspruchsvolle digitale Infrastruktur anbieten. Außerdem gilt es mit risikobereiter staatlicher Grundlagenforschung die Voraussetzungen für wirtschaftliche Innovationen zu schaffen. Gleichzeitig muss der Staat über öffentliche Nachfrage dazu beitragen, nachhaltige Produktivität zu ermöglichen. Dafür müssen ökologische Produktionsprozesse industrialisiert werden. Ziel der strategischen Nachfrage-Politik muss also die Etablierung einer Massenproduktion ökologischer und sozialer Güter sein.”   7. Ergänze Z. 785 nach “gibt”: “Um Europa vor Krisen zu sichern, wirtschaftlich voran zu bringen und gerechter zu machen, brauchen wir endlich eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Institutionalisierung der Eurozone mit Schaffung eines Eurozonen-Budgets ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung.”   8. Ersetze Z. 788 “Die Kosten” bis Z. 791 “begrenzt werden” durch: “Maßnahmen zur Prävention vor weiteren Finanzkrisen müssen geschaffen werden. Banken dürfen nicht mehr “too big to fail” sein.”   9. Ergänze Z. 843 nach “Arbeitswelt nutzen”: “Maßgebend ist für uns dabei eine Stärkung von Tarifbindung und betrieblicher Mitbestimmung.”   10. Ergänze Z. 1160: “Für uns als Sozialdemokratie ist es dabei wichtig, dass Klimafragen nicht gegen soziale Fragen ausgespielt werden. Wir sehen Klimapolitik daher in erster Linie nicht als Verbots-, sondern als Umverteilungspolitik. Fleischesser und Dieselfahrer müssen nicht alleine den Klimawandel aufhalten. Dass Klimapolitik eine Verteilungsfrage ist, wird spätestens dann deutlich, wenn diejenigen, denen die Konsequenzen ihrer Klimapolitik auf Beschäftigte in der Industrie oder Menschen mit geringem Einkommen und deshalb kaum Konsum-Auswahlmöglichkeiten vollkommen egal sind, gleichzeitig gegen wichtige ökologisch sinnvolle Infrastrukturprojekte vor Ort demonstrieren, die den Wiederverkaufswert einiger Grundstücke wohlhabenderer Menschen minimieren. Klimapolitik heißt für uns deshalb in erster Linie eine gerechtere Besteuerung zur Finanzierung sozial und ökologisch nachhaltiger Investitionen.”   11. Ergänze Z. 1257: “- Wir setzen auf die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft. Ziel sollte es sein, jedes Produkt im Hinblick auf seine vollständige Wiederverwendbarkeit zu konzipieren. Die Politik muss für die Schaffung einer solchen Kreislaufwirtschaft die Rahmenbedingungen schaffen. Instrumente dafür sind Förderprogramme, steuerpolitische Anreize oder eine Rücknahmepflicht für bestimmte Produkte. - Wir stellen sicher, dass innovative Ideen nicht an Kapitalmangel oder fehlender Risikobereitschaft von Kreditinstituten scheitern. Deshalb gilt es – zum Beispiel durch die KfW  oder staatliche Fonds – die Finanzierung von Green Tech-Investitionen und Neugründungen sicherzustellen.”
Annahme Ä-930 ff. zum L-01 930 ff. NRW Jusos 1. Füge ein in Zeile 930 nach „dar.“: „Langfristig fordern wir eine Jobgarantie auf europäischer Ebene, die den Menschen die Sicherheit bietet, trotz digitalen Wandels in Beschäftigung sein zu können.“   2. Füge ein in Zeile 2255 nach „Stirn“: „Wir fordern eine konsequente Aufarbeitung der rechten Netzwerke in Deutschland, vor allem in den eigenen Institutionen. Ein inhaltliches Anbiedern der SPD an rechte Hetze ist für uns ein absolutes Tabu.“   3. Füge ein in Zeile 2366 nach „Einzelfallprüfung“: „Seenotrettung darf nicht weiter kriminalisiert und auf gar keinen Fall hinterherfragt werden. Wir stehen für eine staatliche Seenotrettung ein, die das Sterben im Mittelmeer beendet. Es müssen sichere Fluchtwege geschaffen werden.“
Annahme Ä-51 ff. zum L-01 51 ff. UB Münster 1. Ergänze in Zeile 51: “[...] sozialen Zusammenhalt, Bildung, die Stärkung solidarischer Sicherungssysteme in Rente, Gesundheit und Arbeit.”   2. Ergänze in Zeilen 162-163: „… Aufstieg durch Bildung, gute Arbeit, die sich lohnt, Absicherung im Alter, bei Krankheit und Arbeitslosigkeit.“   3. Ändere in Zeile 168-169: „ … von der Kita bis zur über die (Hoch-)Schule bis zur Weiterbildung vom Geldbeutel (der Eltern) abhängt.“   4. Ergänze in Zeile 206: „… soziale und innere Sicherheit für alle …“   5. Streiche Zeilen 258-260: „Hier wollen wir als NRWSPD auf dem Landesparteitag wichtige Weichenstellungen für die weitere Diskussion vornehmen.“   6. Streiche Zeilen 299-300: „…, deren Umsetzung jetzt bis zum Landesparteitag vorbereitet wird.“   7. Ergänze Zeilen 302-303: „Unser Ziel ist, die Kommunalwahlen 2020 landesweit als stärkste Kraft zu gewinnen. Platz 2 ist uns nicht genug! Wir wollen unsere Mehrheiten und (Ober-)Bürgermeister- sowie Landratsämter verteidigen und neue hinzugewinnen.“   8. Streiche Zeilen 377-380: „Die Einnahmenausfälle hat die große Mehrheit der Klein- und Mittelverdiener mit der erhöhten Mehrwertsteuer aufgefangen.“ (Begründung: Doppelung zu einem Absatz weiter oben)   9. Ergänze in Zeile 380: „Wir stehen für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine Erhöhung des Steuersatzes …“   10. Streiche Zeilen 389-390: „…, diesen schicken wir euch anbei.“   11. Ersetze in Zeile 400 “Das aus unserer Sicht derzeit drängendste Problem [...]” durch: “Eines der derzeit drängendsten Probleme [...]”   12. Ergänze in Zeile 427: „Ein soziales Bodenrecht, bei dem sich die*der Grundeigentümer*in oder Käufer*in im Sinne einer sozialgerechten Bodennutzung an der Herstellung der öffentlichen Infrastruktur und der Errichtung dauerhaft bezahlbarer Wohnungen beteiligen, wenn Baurecht auf privatem Grund geschaffen und damit der Bodenwert deutlich gesteigert wird, sowie eine Reform der Bodenbesteuerung, durch die leistungslose Steigerungen des Bodenwerts abgeschöpft und für Aufgaben der kommunalen und regionalen Daseinsvorsorge zur Verfügung gestellt werden. Dabei geht es nicht um das zum eigenen Wohnen dienende, kleinteilige Boden- und Immobilieneigentum breiter Schichten der Bevölkerung, sondern um Immobilienvermögen, die gewerbsmäßig betrieben und gehandelt werden und vor allem auf die Erzielung von Maximalrenditen aus Bodenwertsteigerungen abzielen.“   13. Streiche Zeilen 463-466 : “Wir müssen Schluss machen [...]”   14. Ergänze in Zeile 497: “Unser Versprechen: Nachhaltiges Wachstum und Wohlstand”   15. Ergänze in Zeilen 835-836: „Der Mensch steht für die Sozialdemokratie mit seinen individuellen Fähigkeiten und gleichen Rechten im Mittelpunkt.“   16. Ändere in Zeile 1234: „… nachhaltigen Umbau Ausbau der Landwirtschaft …“   17. Ändere in Zeilen 1472-1474: „Unser Grundversprechen, niemanden „ins Bergfreie fallen zu lassen“, wenn man auf Unterstützung angewiesen ist, gilt wird derzeit nicht ausreichend eingelöst mehr.“   18. Ersetze Z. 1545-1547 “Mehraufwände für Frauen*, vor allem weibliche Hygieneprodukte und Verhütungsmittel, müssen ebenfalls berücksichtigt werden.” durch: “Bedarfe des täglichen Lebens, wie etwa Verhütungsmittel, oder auch Mehraufwände, die speziell Frauen* treffen (wie weibliche Hygieneprodukte), müssen ebenfalls berücksichtigt werden.”   19. Ändere in Zeile 1561: „Über die Gewährung der sanktionsfreien Grundsicherung des Existenzminimums hinaus …“   20. Streiche Z. 1562-1565: „- auch finanzielle – Anreize, sich um Arbeit zu bemühen und weiter zu qualifizieren. Dazu sorgen wir für“
  • „Über die Gewährung des Existenzminimums hinaus setzen wir auf – auch finanzielle – Anreize, sich um Arbeit zu bemühen und weiter zu qualifizieren. Dazu sorgen wir für ein gutes Weiterbildungsangebot, das Arbeitssuchende gerne und bereitwillig nutzen. Es muss echte Chancen auf einen Arbeitsplatz und brauchbare Qualifikationen bieten.“
  21. Streiche Z. 1569-1571:
  • Bei der Bemessung dieser finanziellen Anreize dürfen allerdings nicht die geltenden Zumutbarkeitsregeln zu Grunde gelegt werden.
  22. Ersetze Z. 1597-1610 durch: „Daher orientieren wir uns am vom Bündnis Kindergrundsicherung entwickelten Modell der Kindergrundsicherung, das die derzeitige Vielzahl von Leistungen bündelt und nach dem die Kindergrundsicherung mit steigendem Einkommen der Eltern, z.B. um den Grenzsteuersatz, gemindert wird. Die Kindergrundsicherung müsste demnach bestehend aus dem aktuellen Existenzminimum plus des Freibetrags für Betreuung, Erziehung und Ausbildung (BEA) zurzeit mindestens 628,00 Euro monatlich betragen. Gemäß unserer Forderung nach einer Anhebung des Existenzminimums wiederum müsste die Kindergrundsicherung mindestens 790,00 Euro monatlich betragen.“   23. Ändere in Zeilen 1627-1630: „Wer nach Mindestlohn bezahlt wird, sollte sowohl während der Beschäftigung als auch nach 35 45 Beitragsjahren über der Grundsicherungsgrenze liegen.“ (Begründung: Wie bei der Grundrente)   24. Ergänze in Zeilen 1634-1636: „Die Mindestlohnkommission muss diese Höhe regelmäßig überprüfen und an die wirtschaftliche Lage und Preisentwicklung anpassen.“   25. Ergänze in Z. 1712-1713 nach „Rentenanpassungsformel“: „insbesondere im Hinblick auf die Streichung möglicher Dämpfungsfaktoren“
  • „In diesem Zusammenhang sprechen wir uns für eine Reform der Rentenanpassungsformel insbesondere im Hinblick auf die Streichung möglicher Dämpfungsfaktoren aus.“
  26. Ersetze Z. 1714-1716 durch: „Die langfristige Finanzierung einer auskömmlichen Rente ist außerdem durch angemessene, sozialverträgliche Beiträge und Steuermittel (Vermögenssteuer, Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer, Digitalsteuer etc.) sicherzustellen.“   27. Ergänze in Zeile 1720: “Selbständige, Beamte und” “[...] in die alle einzahlen, auch alle Selbständige, Beamte und Abgeordnete.”   28. Ergänze in Zeile 1737: „… dass alle das gesetzliche Renteneintrittsalter überhaupt erreichen und nach der aktiven Berufszeit ein gutes Leben frei von finanziellen Sorgen im Alter führen können.“   29. Ergänze in Zeile 1745: „ …,zu prüfen. Die Riester- und Rürup-Rente wollen wir ohne Nachteile für bestehende Verträge abschaffen.“   30. Ergänze in Zeile 1821: „… die Kosten gesundheitlicher Vorsorgeleistungen nicht auf die Patient*innen abwälzt.“   31. Ergänze in Z. 2019 nach „missachtet worden.“: „Wir erneuern an dieser Stelle unsere Ablehnung des neuen Polizeigesetzes in NRW, das in eklatantem Widerspruch zu dem hier formulierten Grundsatz steht.“
  • „Dieser Grundsatz ist in den letzten Jahren durch politische Entscheidungen eklatant missachtet worden. Wir erneuern an dieser Stelle unsere Ablehnung gegenüber des neuen Polizeigesetzes in NRW, das in eklatantem Widerspruch zu dem hier formulierten Grundsatz steht. Wir lehnen es daher ab, alle Bürgerinnen und Bürger unter einen Generalverdacht zu stellen und tatverdachtsunabhängig zu Adressaten polizeilicher Maßnahmen zu machen.“
Annahme Ä-9 ff. zum L-01 9 ff. NRW Jusos 1. Ergänze in Zeile 99 nach „werden.“: „Frauen, die sich im Vergleich zu Männern durch schlechtere Bezahlung, berufliche Pausen aufgrund von Kindererziehung und unbezahlte Haushaltsarbeit in einer schwierigeren ökonomischen Situation befinden, sind von diesen Problemen besonders betroffen“   2. Ergänze in Zeile 387 nach „Finanztransaktionssteuer“: „und halten die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer für große Vermögen zur Finanzierung unseres Gemeinwesens aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit für sinnvoll und notwendig“   3. Streiche Zeile 1560 bis 1564 „nutzen“ und ersetze durch: „Über die Gewährung des Existenzminimums hinaus setzen wir nicht länger auf Anreize, mit denen Bürger*innen angeblich zur Arbeit motiviert werden müssten. Sondern wir sorgen für ein gutes Weiterbildungsangebot, das Arbeitssuchende gerne und bereitwillig nutzen.   4. Ergänze in Zeile 1582 nach „führen“: „Insbesondere Frauen, deren Absicherung oft an veraltete Familienmodelle mit einem (männlichen) Versorger geknüpft ist, geraten dadurch häufiger in Armut.“   5. Streiche Zeile 1596 „Daher“ bis Zeile 1603 „gemindert wird“ und ersetze durch: „Daher richten wir unsere Politik am vom Bündnis Kindergrundsicherung entwickelten Modell der Kindergrundsicherung aus, dass die derzeitige Vielzahl von Leistungen bündelt und vorsieht, dass die Kindergrundsicherung mit steigendem Einkommen der Eltern, z.B. um den Grenzsteuersatz, gemindert wird.“   6. Ergänze in Zeile 1609: „Da wir uns jedoch für eine Anhebung des Existenzminimums auf 570,00 Euro einsetzen, müsste die Kindergrundsicherung mindestens 790,00 Euro monatlich betragen.“   7. Ergänze in Zeile 1691 nach „trägt.“: „Gerade Frauen, die auch heute noch überwiegend familiäre Sorgearbeiten erledigen und oft prekären Beschäftigungen nachgehen, sind im Alter häufiger von Altersarmut betroffen.“   8. Ergänze in Zeile 1763: „Die Möglichkeit, Angehörige in ihrem privaten Umfeld zu pflegen, muss zu einer echten Alternative werden, die (aktuell vor allem für Frauen) auf Grund von Erwerbsunterbrechungen und/oder einer hohen Doppelbelastung nicht mehr Lebensrisiko sein darf.“   9. Ergänze in Zeile 2029: „Das Polizeigesetz in NRW steht zu diesen Grundsätzen im Widerspruch und wir lehnen es daher ab.“   10. Ergänze in Zeile 2057 nach „können“: „, gehören abgeschafft“   11. Ergänze in Zeile 2067 nach „führen.“: „Auch nach der Haftentlassung muss es solche Angebote geben. Eine unerfolgreiche Wiedereingliederung in den gefängnisfreien Alltag kann eine Ursache für Strafrückfälligkeit sein und muss deshalb verhindert werden.“   12. Ergänze in Zeile 2072 nach „können.“: „Ebenso soll die Höhe von Geldbußen an die Einkommenshöhe gekoppelt werden.“   13. Ergänze in Zeile 2352 nach „antreiben“.: „Diskriminierende Strukturen in anderen Bereichen, wie beispielsweise in der Arbeitswelt oder durch Gesetze, müssen bekämpft und kritisiert werden.“   14. Ergänze in Zeile 2383 nach „sein.“: „Daher bekennen wir uns klar zu der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und dem Pariser Klimaabkommen. Wir sind uns der internationalen Verantwortung bewusst, die ein wirtschaftsstarkes Land wie Deutschland hat, wenn es um die Bekämpfung des Klimawandels und globaler Ungleichheit geht.“   15. Ergänze in Zeile 2389 nach „erwirtschaften“: „und die Umwelt“
Annahme Ä-645 zum L-01 645 UB Krefeld

Ergänzung des folgenden Absatzes und einfügen in Zeile 645:

 

Stärkung der Mitbestimmung für eine nachhaltige Wirtschaft

 

Eine nachhaltige Wirtschaft muss sich insbesondere auch in einer nachhaltigen Unternehmensführung widerspiegeln. Wir bekennen uns klar zu einer sozial, ökologisch und ökonomisch langfristigen Corporate Governance, die das Wohl vieler in den Vordergrund stellt. Eine einseitige Stärkung der Shareholder, insbesondere zulasten eines mitbestimmten Aufsichtsrats, lehnen wir ab. Auf nationaler Ebene aber auch auf europäischer und internationaler Ebene muss Diversität in Aufsichtsgremien von Unternehmen gestärkt werden. Die Unternehmensmitbestimmung in Deutschland ist ein Teil der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung und macht deutsche Unternehmen krisenfest. Die Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist ein wichtiges Korrektiv in Zeiten von erstarkenden aktivistischen Investoren und Vermögensverwaltern. Daher müssen Lücken zur Umgehung der Unternehmensmitbestimmung auf nationaler Ebene konsequent geschlossen werden. Darüber hinaus setzen wir uns auf europäischer Ebene für eine nachhaltige Corporate Governance mit einer verbindliche Beteiligung von Arbeitnehmer*innen in Aufsichts- und Verwaltungsräten ein.“

Annahme Ä-709 zum L-01 709 KV Lippe 1. Ergänze auf S. 15 in Zeile 709: Klimaschutz heißt eine intelligente Verkehrspolitik zu betreiben und den Umstieg auf klimafreundlichere Mobilität zu fördern. Wir wollen die Taktung und Streckenplanung attraktiver gestalten und die Preise reduzieren:  Ein Ticket für ganz NRW für 1Euro am Tag. Wir wollen ein 365-Euro –Ticket   2. Einfügen auf S. 24 Zeile 1268 hinter „Unsere Kernthemen wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gehören eng zu jedem Bildungsprozess“: „der für uns zu allererst ein Emanzipationsprozess ist.“   3. Ergänze auf S. 26 in Zeile 1402 : Die Entwicklung dahin, dass immer mehr Schüler*innen an Privatschulen unterrichtet werden, sehen wir kritisch. Oftmals führen sie in der Realität zur verstärkten Abgrenzung bestimmter Gruppen der Gesellschaft. Daher wollen wir die Genehmigung neuer Privatschulen stärker reglementieren. Dabei sollen insbesondere die Auswirkungen auf die jeweilige Schullandschaft stärker Berücksichtigung finden.
Beschluss: Annahme in Fassung der Antragskommission
Text des Beschlusses:

1. Einleitung

Das Ziel der Sozialdemokratie war immer: Das bessere Morgen. Wir wollen den Fortschritt gestalten. Einen Fortschritt, der nicht mehr Macht oder mehr Reichtum für Wenige bedeuten darf, sondern zu sozialem Fortschritt für alle werden muss. Das ist unsere Vorstellung einer Gesellschaft der Freien und Gleichen, des demokratischen Sozialismus. Diesem Anspruch wollen wir neu gerecht werden. Eine grundlegende, begründete Zuversicht für die eigene Zukunft ist aber Bedingung dafür, Veränderungen nicht zu fürchten, sondern sie zu begrüßen. Die zweite Bedingung dafür, Veränderungen offen gegenüberzustehen, ist das Vertrauen in die handelnden politischen Akteure, dass sie notwendigen Wandel im Interesse der Menschen gestalten. Hierfür müssen wir erkennbar machen, dass wir diese Interessen wahrnehmen, verstehen und ernstnehmen, indem wir sie aktiv vertreten.

 

Die Sozialdemokratische Partei ist als Partei der Arbeit in Zeiten paralleler Umbrüche doppelt gefordert. Zum einen ist „die Arbeit“, als Schlüssel zu einem guten, gelingenden und vor allem selbstbestimmten Leben in den vergangenen Jahrzehnten einem massiven Umbruch unterworfen. Neue Beschäftigungsformen, mehr Befristungen, Wandel des Erwerbslebens, Veränderungen der zeitlichen Souveränität vieler Beschäftigten angesichts hoher Überstundenzahlen und digitaler Arbeitsformen auf der einen Seite. Aber auch die Verschiebung politischer Gewichte auf der Welt hin zu China oder wenigen digitalen Megakonzernen in den USA, die weltweiten Auswirkungen der Digitalisierung – all dies beschleunigt den Umbruch und erzeugt nicht nur Zuversicht, sondern auch neue Fragen und löst Ängste aus.

 

Gerade jetzt heißt es für die SPD, den gleichen, gerechten Zugang zur Arbeit für alle Menschen sicherzustellen und durch die Stärkung des Gedankens der Solidarität neue Sicherheit im Wandel zu geben. Wir sind überzeugt: Neue Sicherheit im Wandel entsteht durch mehr Solidarität aller. Mehr Solidarität entsteht durch massive Investitionen in den gesellschaftlichen, sozialen Zusammenhalt, Bildung, die Stärkung solidarischer Sicherungssysteme in Rente, Gesundheit und Arbeit.

 

Die Sozialdemokratie leitet der Gedanke eines zukunftszuversichtlichen Blicks auf die kommende Welt. Wir wissen, dass Herausforderungen durch Fortschritt zu lösen sind und anstehende Veränderungen der Welt Verbesserungen bedeuten können. Doch hierfür müssen wir etwas tun, gemeinsam und solidarisch streiten. Wir dürfen das Feld nicht länger den anderen überlassen. Für die SPD in Deutschland geht es um viel. Wir haben mit dem Europawahlergebnis vom Mai mit 15,8 Prozent von den Wählerinnen und Wählern aufgezeigt bekommen, dass ein „Weiter so“ den Abschied von der Volkspartei SPD bedeutet. Neben einer missglückten Kampagne zur Europawahl liegen die Probleme sehr viel tiefgreifender. Es ist an der Zeit für die SPD zu entscheiden, welche Interessen sie vertritt.

 

Im Juni 2019 haben wir zwei Stichwahlen und somit die Bürgermeisterwahlen sowohl in Lage als auch in Stollberg gewonnen. Das zeigt, da wo sich die SPD um die täglichen Dinge der Menschen vor Ort kümmert, stellt sich auch der Erfolg wieder ein. Deswegen gehen wir selbstbewusst in die Kommunalwahl 2020.

 

Und selten war eine starke Sozialdemokratie auf dem Platz wichtiger als heute. Doch wir brauchen die Klärung grundlegender inhaltlicher Fragen, dies haben wir auch bei der verlorenen Landtagswahl 2017 gemerkt. Daher haben wir uns auf dem letzten Landesparteitag auf den Weg gemacht, um mit unserem Prozess Rot-Pur den zukünftigen Weg der NRWSPD zu beschreiben und klare inhaltliche Positionen zu entwerfen. Denn in der Gesellschaft ist etwas ins Rutschen gekommen:

 

In Nordrhein-Westfalen müssen auch heute noch zu viele Menschen um ihre soziale Zukunft bangen, während wenige durch hohe Einkommen und Vermögen umfassend abgesichert sind. Vielen fehlt es an bezahlbarem Wohnraum, während wenige sich luxuriöses Wohnen überall leisten können. Vielen fehlt Zeit für Familie und Erholung, weil sie für niedrige Einkommen viel und unter schlechten Bedingungen arbeiten müssen. Vielen fehlt eine sichere Rente, während nur wenige gelassen einem Alter im Überfluss entgegensehen können. Zu viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leiden unter niedrigen und unsicheren Löhnen, während wenige hochbezahlt werden. Frauen, die sich im Vergleich zu Männern durch schlechtere Bezahlung, berufliche Pausen aufgrund von Kindererziehung und unbezahlte Haushaltsarbeit in einer schwierigeren ökonomischen Situation befinden, sind von diesen Problemen besonders betroffen Viele leiden unter den Umweltproblemen, denen sich wenige durch ihre finanziellen Möglichkeiten entziehen können. Viele bekommen täglich die Folgen einer unzureichenden Infrastruktur sowohl der Verkehrs- als auch der digitalen Netze zu spüren. Viele erleben am baulichen Zustand der Schulen ihrer Kinder und Enkelkinder, dass die gute Zukunft für die kommenden Generationen keine uneingeschränkte Priorität mehr besitzt. Und nicht zuletzt sehen sich die Vielen, die jeden Tag hart für sich und ihre Familien arbeiten oder das gern täten, bei ihren Anstrengungen nicht gewürdigt und respektiert.

 

Die Zukunftsängste vieler Bürgerinnen und Bürger nehmen stetig zu und sind Auslöser für Abstiegsangst. „Hoffentlich geht es meinen Kindern mal besser“ wurde abgelöst durch „Hoffentlich wird es meinen Kindern nicht schlechter gehen.“

 

Und das alles in einer Lage, in der es Deutschland wirtschaftlich gut geht. Genauer muss man sagen, Deutschland geht es im Durchschnitt gut. Allerdings mit zunehmend ungleichen Voraussetzungen. Denn mit dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturwandel werden die Wirkungen von Globalisierung, Digitalisierung und demografischem Wandel immer offensichtlicher. In vielen Regionen NRWs verdichten sich mittlerweile wirtschaftliche, soziale und demografische Schieflagen zu einem Bündel von Problemen, während andere Regionen prosperieren.

 

Wir sind fest davon überzeugt, dass die Bekämpfung der sozialen Ungleichheit und die Schaffung eines starken Staates der Schlüssel zu einer lebenswerteren Gesellschaft ist. Gleichere Gesellschaften führen zu mehr Lebenszufriedenheit, geringeren Zukunftsängsten, weniger Kriminalität, einer gesünderen Bevölkerung, besseren Bildungschancen, geringerer Arbeitslosigkeit und größerem wirtschaftlichen Erfolg.

 

Der Sozialstaat ist für uns mehr als eine Absicherung für in Not geratene Menschen. Er ist eine Grundlage einer funktionierenden Demokratie. Die Verankerung der Sozialstaatlichkeit im Grundgesetz ist auch eine Antwort auf das Scheitern der Weimarer Republik: Nie wieder sollen die wirtschaftlich Mächtigen ohne demokratische Kontrolle entscheiden dürfen. Ziel des Sozialstaats ist es deshalb, jedem Menschen soziale Rechte zu verleihen und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Selbstbestimmung ist die Fähigkeit, das Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Selbstbestimmung ist die höchste Form der Freiheit und steht dabei in klarer Abgrenzung zum aktuellen Begriff der „Eigenverantwortung“, die das Leben von Menschen allein der Logik des Marktes unterwirft. Wer jedes Risiko fürchten muss, weil jeder Fehler und jedes Unglück zu einer existenziellen Bedrohung werden, kann weder flexibel sein noch seine individuellen Möglichkeiten nutzen. Selbstbestimmung ist nur möglich, wenn es ausreichend soziale Sicherheit gibt, die es erlaubt, etwas zu wagen, Initiative zu ergreifen.

 

Das ist der Grund, warum wir von einem starken solidarischen Sozialstaat sprechen, nicht aus Selbstzweck, sondern zur Realisierung der Selbstbestimmung von Vielen und nicht nur der Wenigen.

Deshalb haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer die liberale Idee der Freiheit mit sozialer Emanzipation verbunden. Und dazu müssen wir uns den großen Fragen der Zeit zuwenden.

Wir erneuern unsere Zukunftsversprechen – Aufstieg durch Bildung, gute Arbeit, die sich lohnt, Absicherung im Alter, bei Krankheit und Arbeitslosigkeit. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten ein für den inneren und äußeren Frieden.

 

Und wir lassen nicht zu, dass Herkunft mehr über die Zukunft des Einzelnen aussagt als seine Persönlichkeit. Wir lassen nicht zu, dass gute Bildung von der Kita über die Hoch-) Schule bis zur Weiterbildung vom Geldbeutel (der Eltern) abhängt.

 

Lohnt sich harte Arbeit heute noch, wenn wir feststellen, dass die Reallöhne nicht in dem Maße wachsen wie die Mietpreise, dass Befristungen zunehmen, Leiharbeit und Werkverträge Geschäftsmodelle geworden sind? Bietet unser Sozialsystem noch eine tatsächliche Absicherung im Alter, in Notlagen oder im Krankheitsfall oder ist es mittlerweile statt eines Absicherungsversprechens zu einem Abstiegsgespenst verkommen?

 

Wir sind überzeugt, dass wir neue Antworten geben müssen, damit unsere Zukunftsversprechen in einer veränderten Welt wieder gelten. Dazu müssen sich nicht unsere Versprechen ändern, sondern wir müssen die Verhältnisse verändern.

 

Dafür müssen wir auch mit falschen Glaubenssätzen brechen, die die Sozialdemokratie von anderen übernahmen, die darum aber nicht richtiger wurden – im Gegenteil. Es war der falsche Glaube an den Markt, der es schon richten wird und es war die Übertreibung der Eigenverantwortung des Einzelnen in einer Zeit der Umbrüche, die am Ende Menschen alleingelassen hat. Die Ökonomisierung immer weiterer Lebensbereiche nimmt immer mehr zu. Wohnen – das wird der Markt schon richten. Wie er es richtet, können wir aktuell beobachten: Immer mehr Bürgerinnen und Bürger können sich ihre Wohnung nicht mehr leisten, aber die Rendite stimmt. Die Arbeitslosenquote sinkt seit Jahren, aber immer mehr Menschen sind in prekärer Beschäftigung gefangen.

 

Daher müssen wir als erstes dafür sorgen, dass der solidarische Staat wieder das gewährleistet, was wir Menschen für ein würdevolles Leben brauchen: Bezahlbares Wohnen, Mobilität in Stadt und Land, bezahlbare Gesundheitsversorgung und gute Bildung, soziale und innere Sicherheit für alle, faire Arbeit zu fairen Bedingungen.

 

Erkennbar wird aber eine Vision nicht aus der Summe der Einzelteile und auch nicht in der Summe der Einzelmaßnahmen von Regierungshandeln. Regierungshandeln und das Treffen notwendiger Kompromisse ist lebensnotwendig für unsere Demokratie. Aber vor einem Kompromiss steht die Artikulation der eigenen Interessen, genauer die Klarstellung, welche Interessen wir im Blick haben und nicht der vorab getroffene Kompromiss. Wir sprechen über die Bedürftigkeitsprüfung, aber eigentlich wollen wir doch eine Rente, die die Lebensrisiken eines jeden einzelnen absichert. Wir wollen die zahlreichen Ungerechtigkeiten unseres Steuersystems wirksam bekämpfen und insbesondere die Umverteilung von unten nach oben stoppen, aber wir reden davon, dass der Soli für die oberen 10 Prozent nicht abgeschafft wird. Die Aneinanderreihung von einzelnen Maßnahmen ergibt noch kein Konzept, sondern wirkt wie Stückwerk ohne Ziel.

 

Wir in Nordrhein-Westfalen haben uns daher beim letzten Parteitag im Juni 2018 auf den Weg gemacht. Wir entwickeln eine neue Idee für unser Land und ein echtes sozialdemokratisches Angebot für die Wählerinnen und Wähler, dieses Land voranzubringen, indem jeder die Solidarität des Gemeinwohls erlebt, nicht den kalten Staat, der sich nicht zuständig fühlt. Wir wollen den starken vorsorgenden Sozialstaat, der es mit den egoistischen Auswüchsen des Kapitalismus aufnehmen kann und keinen neoliberalen, kaputtgesparten Zwergenstaat. Wir wollen bedingungslose soziale Sicherheit für alle, damit Not nicht zum Ende individueller Träume führt. Wir wollen den proaktiven Staat, der eingreift, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist: Arbeitsversicherung statt Arbeitslosenversicherung, proaktive Stadtentwicklung für den sozialen Frieden und die Umsetzung unseres sozialdemokratischen Aufstiegsversprechens.

 

In den vier Zukunftsdebatten Zukunft der Arbeit, Aufstiegschancen, Soziale Sicherheit und Solidarische Gesellschaft haben wir gemeinsam mit dem ganzen Landesvorstand, der Landtagsfraktion und der Landesgruppe, den Unterbezirken und Ortsvereinen, mit Gewerkschaften, der Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Gruppen einen Dialog begonnen. In den Unterbezirken wurde über die wichtigen Fragen unserer Zeit diskutiert und um Lösungen gerungen. Wir sind die Hälfte der Strecke gegangen, in einigen Punkten sind wir schon sehr weit, andere müssen weiter ausformuliert werden. Auf diesem Wege schaffen wir das Fundament für unser Wahlprogramm 2022 mit einem klaren Profil für unsere NRWSPD.

 

Daneben haben zwei Kommissionen an Lösungen für die drängenden Probleme unserer Zeit gearbeitet: die Wohnungspolitische Kommission und die Rentenpolitische Kommission. Außerdem haben wir unsere Vorstellungen eines gerechten Steuersystems in Deutschland gezeichnet.

 

Und die AG „Beste Bildung NRW – ein Leben lang“ hat ihre Arbeit fortgesetzt und ein grundlegend neues Bildungskonzept für NRW vorgelegt, das wir nun gemeinsam debattieren wollen.

 

Nicht zuletzt hat die „Kommunalkampa“ ihre inhaltlichen und organisatorischen Vorstellungen zur Vorbereitung auf die Kommunalwahlen im September 2020 in den letzten Monaten konkretisiert.

 

Sie hat zum letzten Parteitag mit den Kernthesen sozialdemokratischer Kommunalpolitik wertvolle Impulse für die kommunalpolitische Arbeit vor Ort geliefert und diese unter anderem in vier regionalen Veranstaltungen diskutiert und weiterentwickelt. Dies hilft den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern konkret vor Ort bei der Programmerstellung.

 

Organisatorisch schafft der Landesverband gemeinsam mit den Unterbezirken und Kreisverbänden die Voraussetzungen dafür, dass die Kommunalwahlen erfolgreich sein werden. In der Landesgeschäftsstelle wird über eine Stabsstelle die Kommunalwahl der zentrale Arbeitsschwerpunkt der kommenden Monate werden und von den Unterbezirken kann im Verbund mit dem Land ebenfalls zusätzliches Personal eingestellt werden. Darüber hinaus hat der Landesvorstand bereits im Dezember 2018 zur Vorbereitung der Kommunalwahl weitere Beschlüsse gefasst.

 

Unser Ziel ist, die Kommunalwahlen 2020 landesweit als stärkste Kraft zu gewinnen. Platz 2 ist uns nicht genug! Wir wollen unsere Mehrheiten und (Ober-)Bürgermeister- sowie Landratsämter verteidigen und neue hinzugewinnen.

 

Unser Weg lautet: Mehr Gemeinwohl, mehr Solidarität, Zeit für einen handlungsfähigen Sozialstaat, Zeit für Rot Pur!

 

1.1. Handlungsfähigkeit stärken – Solidarität erneuern: Für einen starken solidarischen Staat!

Die gerechte Finanzierung unseres Gemeinwohls ist die notwendige Bedingung für die Gestaltung der Zukunft der Arbeit, von Aufstiegschancen, sozialer Sicherheit und einer solidarischen Gesellschaft. Deshalb stellen wir unsere Vorstellung einer gerechten Steuerpolitik voran:

 

Wir wollen einen handlungsfähigen Staat, der nicht immer mehr öffentliche Aufgaben zum Privatvergnügen von wenigen Privilegierten umetikettiert, die sich Normalsterbliche nicht leisten können. Die Aussetzung der Vermögenssteuer und die drastische Senkung des Spitzensteuersatzes haben die wirklich Reichen entlastet. Die Einnahmenausfälle hat die große Mehrheit der Klein- und Mittelverdiener mit der erhöhten Mehrwertsteuer aufgefangen. Mega-Erbschaften sind dagegen praktisch von der Erbschaftsteuer befreit. Diese Privilegierung von Vermögenserwerb ohne eigene Leistung ist ein Schlag ins Gesicht für Millionen von Erwerbstätigen, die sich für den Lohn ihrer Arbeit abmühen und Steuern zahlen.

 

Dazu kommt, dass jedes Jahr ein dreistelliger Milliardenbetrag ins Ausland geschleust oder hier im Land selbst abgezweigt wird. Im Ergebnis zahlen auch hier die Normalverdienenden für einen kleinen Kreis von besonders Wohlhabenden mit. Damit muss Schluss sein!

 

Die SPD steht schon lange ein für die konsequente Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuervermeidung: Deshalb haben wir konkrete Schritte entwickelt, um Schlupflöcher zu schließen und Steuerbetrug wirksam zu bekämpfen. Wir in Nordrhein-Westfalen haben in unserer Regierungszeit bewiesen, dass vieles geht, wenn man es nur anpackt.

 

Wir wollen die Konservativen und Liberalen mit ihrem Mantra von der „Leistung, die sich wieder lohnen muss“ künftig noch konsequenter beim Wort nehmen und darüber streiten, wer alles zu den Leistungsträgern in unserem Land gehört – von der Pflegekraft über das Lehrpersonal bis zur Industriearbeiterin, vom Software-Entwickler bis zur Firmenchefin. Wir wollen aber auch für alle die Voraussetzungen schaffen, dass sie auch morgen ihre Leistung erbringen können und dafür fair bezahlt und fair besteuert werden.

 

Dazu brauchen wir dringend eine Neujustierung der geltenden Steuerregeln, auch jener, die wir einmal in bester Absicht mit auf den Weg gebracht haben. Zur Glaubwürdigkeit der Politik gehört auch die Fähigkeit zur Kurskorrektur in sich ändernden Zeiten. Wir stehen für die Rückgewinnung eines handlungsfähigen Staates, für die Investition in die Zukunft:

 

  • Wir stehen ein für ein gerechtes Steuersystem. Steuern sind kein Selbstzweck, sondern die Basis für einen handlungsfähigen Staat. Gerechtigkeit beginnt nicht beim Verteilen von Geldern, sondern bei den Einnahmen durch eine gerechte Steuer- und Finanzpolitik.
  • Wir wollen, dass der Grundsatz wieder gilt: Starke Schultern tragen mehr als schwache. Die Aussetzung der Vermögenssteuer und die drastische Senkung des Spitzensteuersatzes haben die wirklich Reichen entlastet. Wir stehen für eine Erhöhung des Steuersatzes für sehr hohe Einkommen, für eine substanzielle Erbschaftsteuer für besonders hohe Erbschaften und eine wirkliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommen und effektive Maßnahmen gegen den Steuerbetrug und Steuerumgehung. Wir bekräftigen unsere Forderung nach einer Digitalsteuer und einer Finanztransaktionssteuer. Unseren Impuls für den Umbau des Steuersystems haben wir gemeinsam mit der SPD Hessen entwickelt.

 

Wie wir uns diese Kursneubestimmung konkret vorstellen, seht ihr in unserem Antrag L03 Handlungsfähigkeit stärken – Solidarität erneuern: Für einen starken solidarischen Staat!

 

1.2 Bezahlbarer und lebenswerter Wohnraum für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen

Eines der derzeit drängendsten Probleme, für das es politischer Antworten bedarf, ist ein völlig überforderter Wohnungsmarkt, der offensichtlich nicht in der Lage ist, das menschliche Bedürfnis nach einem bezahlbaren Zuhause zu erfüllen. Unter der Annahme, dass Menschen nicht mehr als 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgeben sollen, fehlen in NRW je nach Untersuchungen bis zu 550.000 bezahlbare Wohnungen, das Wohnungsproblem ist in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Wegen der Dringlichkeit dieser Problemlage, behandeln wir sie in einem gesonderten Antrag und greifen sie hier auf:

 

Die NRWSPD steht für einen Kurswechsel in der Wohnungspolitik. Hin zu einer Gemeinwohlorientierung vor Renditeinteressen.  Daher stehen wir für:

  • eine neue Säule in der Wohnungsförderung, die dem Gemeinwohl dient.
  • die Gründung einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft.
  • den Aufbau von Boden- und Infrastrukturfonds für die Kommunen mit Hilfe des Landes und des Bundes.
  • das Erbbaurecht als Regelfall, also der Vergabe kommunaler Nutzungsrechte anstelle eines Verkaufs von Boden.

 

Wir stehen für einen Bruch mit falschen Glaubenssätzen, um wieder eine Sozialdemokratische Politik für die vielen der solidarischen, ehrlichen und fleißigen Menschen in unserem Land umsetzen zu können. Darum begreifen wir den Staat als Akteur und zentrale Ebene zur Umsetzung unserer Ziele.

 

In den Mittelpunkt unserer Politik stellen wir daher die wirklichen Probleme der Menschen und stellen uns daher den Ursachen der Probleme, nicht nur den Folgen. Das soziale Grundrecht auf bezahlbares Wohnen ist die soziale Frage des Jahrzehnts, die wir lösen werden.

 

Wie wir uns diese Kursneubestimmung konkret vorstellen, seht ihr in unserem Antrag L05 „Wohnen ist ein soziales Menschenrecht und schafft Heimat für alle – Darum: Bezahlbarer und lebenswerter Wohnraum für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen“

 

2. Die Zukunft gemeinsam gewinnen. NRWSPD anders bessermachen. Rot Pur! – Unsere Debatten für die Zukunft

Mit dem beschlossenen Leitantrag beim Landesparteitag im Juni 2018 in Bochum haben wir uns darauf verständigt, die NRWSPD programmatisch auf die Höhe der Zeit zu bringen. Dabei wollen wir aus NRW heraus mit eigenen inhaltlichen Impulsen Motor und Taktgeber auch für den bundespolitischen Erneuerungsprozess werden. Wenn wir in Wahlen wieder erfolgreich sein wollen, dürfen wir uns nicht von Umfragen und hektischen Tagesparolen treiben lassen, sondern müssen ein klares, unverwechselbares Angebot entwerfen, das einen guten Weg in die Zukunft beschreibt. Wir müssen diejenigen sein, die die Antworten geben und die konsequent handeln. Kurz: „Rot Pur!“. Rot Pur!” ist ein Prozess, der alle Ebenen der Partei erfassen soll. Es geht um inhaltliche Klärungen, Schaffung neuen Selbstvertrauens der Sozialdemokratie und um eine Kursklärung. Und dies alles haben wir gemeinsam mit euch im sogenannten „Gegenstromprinzip“ entwickelt. Das Ziel ist die weitere Verdichtung zu einem Zukunftsbild NRWs und einer lebenswerten Gesellschaft. Hier unsere Impulse aus den vier Zukunftsdebatten in folgender Reihenfolge. Das ist nicht das Ende der Diskussion, sondern wir führen sie weiter. Denn wir wissen, die Summe der Einzelteile ergibt noch kein Gesamtbild. Ausgangspunkt unserer Überlegungen war:

 

ZUKUNFT DER ARBEIT – Wie verändern sich Wirtschaft und Arbeit und was sind unsere sozialdemokratischen Antworten darauf?

AUFSTIEGSCHANCEN – Wie schaffen wir beste Bildung und machen das Aufstiegsversprechen wieder wahr?

SOZIALE SICHERHEIT – Wie schaffen wir den solidarischen Sozialstaat, der den Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns stellt?

SOLIDARISCHE GESELLSCHAFT – Wie organisieren wir das Zusammenleben in unserem Staat?

 

2.1 Zukunft der Arbeit

Unser Leitmotiv: Zukunft gestalten

Unser Versprechen: Nachhaltiges Wachstum und Wohlstand

Unsere Ziele: Nachhaltige Wirtschaft und Humane Arbeit

 

Den wirtschaftlichen Strukturwandel gesellschaftlich gestalten, damit die Wirtschaft für den Menschen da ist

Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich mitten in einer radikalen Umbruchphase. Digitalisierung und die Energiewende verändern das Wirtschaften grundlegend – ob sie es verbessern werden, liegt an uns. Der Strukturwandel der Digitalisierung und Dekarbonisierung beschränkt sich nicht auf eine Region oder eine Branche. Er wird alle Bereiche des Wirtschaftens und Lebens erreichen.

 

Nachhaltiges Wachstum und Wohlstand für die Vielen

Digitalisierung und Energiewende bergen das Potenzial eines Zuwachses an nachhaltiger Produktivität und Wohlstand für viele in unserem Land und darüber hinaus. Ein Selbstläufer ist das nicht: Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass Wachstum nicht gleich Wohlstand ist. Nicht nur der Klimawandel und die übermäßige Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen, sondern auch die sich vertiefende soziale und gesellschaftliche Spaltung der letzten zwanzig Jahre sind ein Beleg dafür, dass die herkömmliche Weise des Wirtschaftens längst an ihre sozialen und ökologischen Grenzen stößt. Sie richtet sich gegen die vitalen Interessen der großen Mehrheit der Menschen in unserem Land und auf diesem Planeten.

 

Wir haben heute die technischen Möglichkeiten, unser Land mit sauberer Energie zu versorgen. Digitale Anwendungen revolutionieren Produktionsprozesse und Geschäftsmodelle; sie können monotone und körperlich beanspruchende Tätigkeiten ersetzen, räumlich und zeitlich flexible Arbeit ermöglichen und sind in der Lage einen neuen dynamischen Wachstumspfad zu beschreiben. In der Realität jedoch droht die Energiewende im herkömmlichen System stecken zu bleiben. Die Digitalisierung ihrerseits erhöht vor allem das Tempo des weltweiten Finanzkapitalismus in geradezu irrwitziger Weise und verhilft mit der Macht der Konzerne über Algorithmen Wenigen zu unermesslichem Reichtum, während Viele die Entgrenzung ihrer Arbeit und übermäßigen Stress verkraften müssen. Um technische Möglichkeiten umfassend für wirtschaftliche, soziale und ökologische Innovation nutzbar zu machen, bedarf es also der politischen Gestaltung des Strukturwandels unserer Zeit.

 

Soziale und wirtschaftliche Ungleichheit ist längst ein wesentlicher Grund für die Blockade von nachhaltigem Wachstum und gesellschaftlichem Wohlstand. Ohne die gerechte wirtschaftliche Beteiligung derjenigen, die mit ihrer Hände und Köpfe Arbeit unser aller Wohlstand wesentlich schaffen, bleibt am Ende nur eine Freiheit für Wenige. Die Freiheit der Vielen setzt voraus, dass Selbstbestimmtheit eine sichere ökonomische Basis hat. In einer Gesellschaft, in der die Wirtschaft für den Menschen da ist und nicht umgekehrt, sind eine wirksame demokratische Regulierung von wirtschaftlichen Prozessen und öffentliche Investitionen in Infrastruktur, nachhaltiges Wirtschaften und soziale Daseinsvorsorge unverzichtbar. Nur so kann eine Wirtschaftsordnung auf Dauer stabil und erfolgreich sein.

 

Unser Ziel ist sozialer, ökologischer und wirtschaftlich nachhaltiger Wohlstand für die Vielen statt immer mehr Reichtum für die Wenigen. Wir wollen, dass die arbeitenden Menschen die Anerkennung erhalten, die sie verdienen. Den technologischen Fortschritt durch die Digitalisierung und die Energiewende wollen wir nutzen, damit es der großen Mehrheit der Menschen besser geht.

 

Dieser Fortschritt für ein besseres Leben kommt nicht von allein, und er kommt nicht durch den Markt, durch Verzicht oder das „richtige“ Verhalten des Einzelnen zustande, sondern durch gemeinsames, solidarisches Engagement und die demokratische Gestaltung des Strukturwandels durch staatliche Investition und Regulierung, damit er gelingt und die Menschen mitnimmt. Die Akteure in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften müssen dafür in ihrer Verantwortung gestärkt werden.

 

Die Potenziale der Digitalisierung für Wohlstand und gute Arbeit heben

Die hohe Produktivität der digitalisierten Wirtschaft bietet nicht nur die Möglichkeit einer Erhöhung der Lohneinkommen in Produktion und Handel. Sie ist auch die Grundlage für eine auskömmliche Finanzierung von guter Arbeit im Bildungs- und Sozialwesen, wenn im Rahmen einer intersektoralen Umverteilung diese Rendite der gesamten Wirtschaft zugutekommt. Entsprechend wirksame regulatorische und steuerliche Maßnahmen beruhen auf dem Prinzip der Besteuerung am Ort der Leistungserbringung sowie darauf, die digitale Rendite bei gleichzeitiger Entlastung des Faktors Arbeit deutlich höher zu besteuern.

 

Der digitale Kapitalismus bringt, getrieben durch Netzwerkeffekte und Big Data, eine zunehmende Monopolisierung und Machtanhäufung neuer, in nie gekannter Weise global operierender „Mega-Firmen“ und mächtiger Finanzfonds hervor. Notwendig ist eine regulatorische Einhegung dieser Monopolmacht, um dem Primat der Politik wieder Geltung zu verschaffen. Dabei spielen die Wiedererlangung und Sicherstellung der Souveränität über die eigenen Daten auch ökonomisch eine entscheidende Rolle. Die staatliche Verantwortung für den gleichberechtigten Zugang zu digitaler Infrastruktur als neuer Form der Daseinsvorsorge darf nicht durch den technologischen Vorsprung privater Konzerne außer Kraft gesetzt werden. Auch dort wo private Konzerne in den Infrastruktur-Auf- und Ausbau eingebunden werden, muss der staatliche Einfluss wieder durchgesetzt werden.

 

Auch digitale Plattformen dürfen sich der demokratischen Kontrolle nicht entziehen.  Hierzu schlagen wir die Einrichtung von Nutzerräten vor. Dort, wo es sich um „virtuelle öffentliche Infrastruktur mit Rahmensetzungskompetenz“ handelt (virtuelle Marktplätze, Suchmaschinen u.ä.), sind strenge Transparenz- und Öffnungsregeln für den Zugang oder aber die Organisation in öffentlicher Eigentümerschaft geboten. Darüber hinaus sind die Stärkung öffentlicher und genossenschaftlicher Unternehmen sowie die Monopolbekämpfung z.B. durch Aufteilung, Fusionskontrolle oder staatlich garantierten Zugang zu den wesentlichen Produktionsmitteln (z.B. Daten) Maßnahmen zur Demokratisierung des Netzes.

 

Die Digitalisierung bewirkt aber auch an vielen Stellen die Dezentralisierung ökonomischer Prozesse und die Kontrolle wirtschaftlicher Macht durch Transparenz. Sie bietet die technische Grundlage für ganz neue Formen kooperativer Wirtschaftsweisen, wie etwa open source basierte Software, Ansätze von open production und open innovation und sharing economy. Mit der Förderung gemeinnützig und genossenschaftlich organisierter digitaler Plattformen können neue Teilhabemöglichkeiten in der digitalen Wirtschaft und der digitalen Kommunikation entstehen.

 

Eine nachhaltige Wirtschaft muss sich insbesondere auch in einer nachhaltigen Unternehmensführung widerspiegeln. Wir bekennen uns klar zu einer sozial, ökologisch und ökonomisch langfristigen Corporate Governance, die das Wohl vieler in den Vordergrund stellt. Eine einseitige Stärkung der Shareholder, insbesondere zulasten eines mitbestimmten Aufsichtsrats, lehnen wir ab. Auf nationaler Ebene aber auch auf europäischer und internationaler Ebene muss Diversität in Aufsichtsgremien von Unternehmen gestärkt werden. Die Unternehmensmitbestimmung in Deutschland ist ein Teil der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung und macht deutsche Unternehmen krisenfest. Die Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist ein wichtiges Korrektiv in Zeiten von erstarkenden aktivistischen Investoren und Vermögensverwaltern. Daher müssen Lücken zur Umgehung der Unternehmensmitbestimmung auf nationaler Ebene konsequent geschlossen werden. Darüber hinaus setzen wir uns auf europäischer Ebene für eine nachhaltige Corporate Governance mit einer verbindlichen Beteiligung von Arbeitnehmer*innen in Aufsichts- und Verwaltungsräten ein.“

 

Auf Innovation setzen – besser werden, nicht billiger

Wettbewerb endlich wieder um die besten Lösungen! Wir setzen auf Innovationen bei Produkten und Dienstleistungen und die Menschen, die diese als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Fachkräfte entwickeln. Deshalb fördern wir die Innovationskraft und geben dem Wettbewerb neue Regeln sowie soziale und ökologische Standards (Fairtrade-Zertifizierungen, ILO-Normen, CO2-Bepreisungen), die ihn international, europäisch und auf nationaler Ebene zivilisieren und der Realwirtschaft wieder Vorrang vor der Finanzwirtschaft einräumen.

 

Ein solcher neuer Rahmen für einen Wettbewerb um die besten Lösungen und nicht um die billigste Produktion und die schnellste Rendite ist unsere Antwort auf den neoliberalen unregulierten Finanzkapitalismus. Wir überlassen die Zukunft nicht anonymen Märkten. Im Mittelpunkt der notwendige Wende hin zu einer nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweise steht für uns nicht ein Verzicht, sondern ein Gewinn an Lebensqualität für die Vielen.

 

Soziale und ökologische Innovationen voranbringen

Die umfassende soziale und ökologische Regulierung von Märkten hilft, bisherige Pfade zu verlassen und technische Potenziale gesellschaftlich sinnvoll zu nutzen. Die Grundlagen für die notwendigen Innovationen liegen in der öffentlich verantworteten und finanzierten Bildung und Forschung, deren Anwendung durch öffentliche, zivilgesellschaftliche und privatwirtschaftliche Akteure Innovationen hervorbringt. Eine gesellschaftlich gelungene Innovationsförderung berücksichtigt immer dieses Wechselspiel. Motivation, Kreativität und Gestaltungswille gibt es dafür sowohl bei gewinnorientierten, sozial-ökologisch orientierten zivilgesellschaftlichen oder öffentlichen Unternehmerinnen und Unternehmern. Wir wollen eine Wirtschaftsweise, die die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen und der planetarischen Ökosysteme anerkennt und als Antrieb für Innovation und gesellschaftliche Lösungen versteht. Individuelles Verhalten und Können sind dabei wichtig, werden aber nur durch kollektive, gesellschaftlich verankerte Lösungen wirksam für alle.

 

Der Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ kommt das Verdienst zu, den Umstieg von der Kohleverstromung auf eine regenerative Energieversorgung als ein solches ökonomisches und soziales Dekadenprojekt definiert zu haben. Sie ist damit Vorlage für ähnliche sektorale Herausforderungen in anderen Wirtschaftsbereichen. Ergänzend dazu ist eine übergreifende sozial-ökologische Industriepolitik notwendig, die die dynamische Bestandsentwicklung der bestehenden industriellen Kerne und den Aufbau neuer industrieller Kerne in wesentlichen Leitmärkten zum Ziel hat. Eine solche Leitmarktstrategie ist unterlegt mit Wissens- und Technologietransfers, staatlichen und privaten Investitionsfonds, Förderungen und Anschubfinanzierungen, die eine eigenständige Entwicklung und Fortführung ermöglichen. Die konkrete Beantwortung von Strukturwandel-Fragen ist nicht nur für Ballungszentren oder zum Beispiel das rheinische Revier hoch relevant. Darauf können wir nicht mit einem Blick zurück reagieren, sondern mit einer mutigen Investitionsstrategie sowie gesetzlichen Impulsen zur Durchsetzung eines Rechts auf Arbeit, eines Anspruches auf Aus- und Weiterbildung und einer Stärkung von betrieblicher Mitbestimmung.

 

Der Globalisierung durch transnationale Regeln begegnen

Die von Populisten propagierte Rückkehr zur Beherrschung der Märkte durch die nur vermeintlich starken Nationalstaaten ist die falsche Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung. Die Institutionen, die geschaffen wurden, um Märkte und Handel zu liberalisieren, sind vielmehr auch der Ausgangspunkt für die Regulierung von Märkten. Beispiele dafür sind die EU-Finanztransaktionssteuer oder das Pariser Klimaschutzabkommen. Auch multilaterale Handelsabkommen sind geeignet, zu einer stärkeren Regulierung des Welthandels beizutragen – entscheidend ist, welche Vereinbarungen die Partnerinnen und Partner als Grundlage für den barrierefreien gemeinsamen Handel treffen. Deutschland muss gemeinsam mit Frankreich und anderen Partnerinnen und Partnern seinen Einfluss in der Europäischen Union nutzen, um diese zu einem Motor für einen fairen Welthandel und die Zurückdrängung der Macht der transnationalen Konzerne, digitaler Monopolstrukturen und internationaler Finanzspekulanten zu machen.

 

Wir wollen eine gemeinwohlorientierte Regulierung von Finanzmärkten und die deutlich höhere Besteuerung leistungsloser Kapitaleinkommen zur Umverteilung der Innovationsrenditen zugunsten der Gesellschaft, die diese Innovation erst möglich gemacht hat. Investmentfonds sind immer noch nicht reguliert. Mit 12 Bio. Euro (2017) entsprechen ihre Engagements im Euroraum ca. 120 Prozent des Euro-BIP. Sie können bei Finanzkrisen erheblichen Schaden für die Volkswirtschaften anrichten und müssen deshalb dringend ebenso reguliert werden wie Banken und an den europäischen Krisenmechanismen finanziell beteiligt werden. Wir sind davon überzeugt, dass die breitere und gerechtere Verteilung des Wohlstandes sich nicht nur logisch aus der Tatsache ableitet, dass unser Wohlstand wesentlich auf menschlicher Arbeit beruht, sondern dass sich dadurch auch gesellschaftlich sinnvolle Innovation und wirtschaftliche Dynamik nachhaltiger entwickeln. Die Jagd nach quartalsweiser Renditeoptimierung zugunsten privater Spekulanten produziert nicht nur Ungerechtigkeit, sondern für die Wirtschaft insgesamt selbstzerstörerische Finanz- und Wirtschaftskrisen.

 

Auf globaler Ebene treten wir für einen regelbasierten Multilateralismus ein, der sich – wie in Europa auch – heute jedoch fragen muss, welche Bündnispartner diesen Regeln noch folgen wollen. Hier dürfen wir nicht darauf warten, dass der Wind sich dreht, sondern müssen die Koalition der Willigen im Rahmen der Institutionen suchen, sei es bei der Finanzmarktregulierung, regionaler Konfliktlösung oder des Klimaschutzes, um durch eigens Handeln voranzugehen. Freihandelsabkommen müssen eine Machtgleichheit zwischen den Interessen von Beschäftigten, der öffentlichen Hand, der Umwelt und den Unternehmen sicherstellen, wir setzen auf die rechtsstaatlichen Systeme der beteiligten Länder; wo darüber hinaus Schlichtung nötig ist, müssen Arbeitnehmer und Staaten die gleichen Rechte wie Unternehmen bekommen.

 

In Europa kommt der deutschen Politik eine zentrale Rolle zu. Die egoistische Dominanz einer deutschen Wirtschaftspolitik, die der Sicherung der deutschen Exportüberschüsse und der Durchsetzung der Sparpolitik zulasten von Investitionen, Löhnen und Renten Vorrang gegeben hat, ersetzen wir durch eine politische Pionierrolle Deutschlands, die dem Zusammenhalt Europas und einem sozial gerechten und ökologisch verträglichen wirtschaftlichen Fortschritt in ganz Europa durch Bündelung der gemeinsamen Interessen Vorrang gibt. Um Europa vor Krisen zu sichern, wirtschaftlich voran zu bringen und gerechter zu machen, brauchen wir endlich eine gemeinsame europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die Institutionalisierung der Eurozone mit Schaffung eines Eurozonen-Budgets ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung.

 

Um die von den Finanzmärkten selbst ausgehenden Risiken für die europäischen Volkswirtschaften zu begrenzen, sind in Europa weitere Regulierungen notwendig. Die Kosten der nächsten Krise der Finanzmärkte müssen von den Verursachern direkt getragen werden. Die Macht systemrelevanter Akteure muss begrenzt werden. Das Trennbankensystem muss eingeführt werden, um die Spareinlagen vor spekulativen Geschäften zu sichern. Darüber hinaus muss der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem handlungsfähigen Europäischen Währungsfonds im Rahmen der EU-Verträge und mit demokratischer Kontrolle ausgebaut werden. Die Europäische Union verfügt mit ihrer eigenen Währung über die notwendige regulatorische Schlagkraft, um die im globalen Markt herrschenden Dynamiken wirksam zu beeinflussen.

 

Die Arbeitswelt im Sinne der Beschäftigten gestalten – Teilhabe ermöglichen

Die menschliche Arbeit bleibt neben der Natur die Quelle allen Wohlstands. Den Menschen, welche die für unseren gesellschaftlichen Wohlstand notwendige Arbeit leisten, steht ein gerechter Anteil am Haben und Sagen zu.

 

Es ist Zeit für eine Humanisierung der Arbeitswelt.

Wenig beschäftigt die Menschen mehr als gute Arbeit. Sie legt die wesentliche Grundlage des Menschen – unabhängig von Geschlecht oder Herkunft – für das gleichberechtigte selbstbestimmte Leben in der Gemeinschaft. Die Art, wie wir wirtschaften und arbeiten, entscheidet in einem hohen Maße über unser Leben. Gute Arbeit zu einem fairen Lohn bleibt für die Vielen die Grundlage für ein gelingendes Leben. Arbeitszufriedenheit, die Balance zwischen Arbeit und Freizeit wie auch die Selbstverwirklichung in der Arbeit erhalten zu Recht einen immer höheren Stellenwert. Mehr noch: Reicht der Lohn der täglichen Arbeit nicht aus, ist Wohnen nicht nur im Ballungsraum eine unzumutbare finanzielle Belastung und die Angst vor der Zukunft der alltägliche Begleiter. Reicht der Lohn für die Altersvorsorge nicht aus, ist Altersarmut vorprogrammiert.

 

Ein gutes Auskommen und gleichzeitig Anerkennung, Sinnstiftung und die Erfüllung eines selbstbestimmten, glücklichen Lebens sind für uns untrennbare Bestandteile der Arbeit. Arbeit ist Teil der Würde des Menschen. Sie ermöglicht Teilhabe, Fortkommen und Aufstieg. Der Mensch steht für die Sozialdemokratie mit seinen individuellen Fähigkeiten und gleichen Rechten im Mittelpunkt. Darum treten wir dafür ein, dass aus technischem Fortschritt auch sozialer Fortschritt entsteht und deshalb ist Gute Arbeit zu fairen Löhnen für uns Maßstab einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik. Durch staatliches und tarifpolitisches Handeln lässt sich dieser Maßstab umsetzen und damit der Wandel der Arbeitsgesellschaft für eine Humanisierung der Arbeitswelt nutzen. Maßgebend ist für uns dabei eine Stärkung von Tarifbindung und betrieblicher Mitbestimmung.

 

Digitalisierung und Energiewende. Herausforderungen für die Arbeitswelt.

Zusätzlich zum globalen Wettbewerb stellen die Digitalisierung und die Energiewende, die Arbeitswelt vor immense Herausforderungen. Nicht nur die Art, wie wir Wirtschaften, sondern auch die Art wie und wo wir arbeiten, wird sich rasant wandeln. Qualifikationen, Berufsbilder, ja ganze Branchen stehen unter erheblichem Veränderungsdruck. Die Anpassungsleistung, die in früheren Zeiten an der Grenze zu einer neuen Beschäftigtengeneration realisiert werden musste, ist heute mitten in den aktiven Belegschaften notwendig. Dieses Tempo der notwendigen Veränderungen setzt die Beschäftigten unter Stress. Die Aussicht, dass die eigene Qualifikation entwertet werden könnte, macht vielen, insbesondere älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Angst. Der dramatische Strukturwandel in bislang bestimmenden Branchen droht das Selbstwertgefühl der dort Beschäftigten zu untergraben. Um die Menschen im Wandel mitzunehmen, bedarf es mehr als nur der materiellen Absicherung. Notwendig ist, dass sie in die Lage versetzt werden, den Wandel als Chance auch für ihre eigene Berufsbiografie zu gestalten. Gerade in der Energiewende gilt: Da wo neue regenerative Technologien an die Stelle von bisherigen fossilen Technologien treten, bauen diese auf der über Generationen gewachsenen Kompetenz und Wertschöpfung auf. Ohne diese Wirtschaftskraft wären wir nicht in der Lage die Energiewende zu meistern.

 

Auch die Gestalt der Arbeit selbst wandelt sich. Nicht nur die schon seit Jahren zu beobachtende Spaltung in Kern- und Randbelegschaften, sondern auch die immer weiter verschwimmende Grenze zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit erfordern eine neue staatliche und tarifpolitische Gestaltung. Durch die Auflösung sozialstaatlicher und betrieblicher Strukturen werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst in die Rolle eines Unternehmers der eigenen Arbeitskraft gedrängt und müssen diese ungeschützt am Markt verkaufen. Neue Formen der digitalen Tagelöhnerei wie Crowd- und Clickworking, das Anwachsen prekärer Arbeitsverhältnisse im Onlinehandel und zunehmende Möglichkeiten der Überwachung von Beschäftigten stellen besonders negative Auswüchse der digitalen Arbeitswelt dar. Entgrenzung der Arbeit durch das Verschwimmen von Arbeit und freier Zeit, Arbeitsverdichtung, dauerhafte Erreichbarkeit und steigender Stress haben inzwischen fast alle Arbeitsbereiche erfasst.

 

Auf der anderen Seite ermöglicht die Digitalisierung für immer mehr Menschen durch weitgehend zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten neue Flexibilität und passgenaue Arrangements. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Selbstverwirklichung in der Arbeit und die eigenverantwortliche Gestaltung der beruflichen Tätigkeit bedeuten für viele eine Verbesserung ihrer individuellen Arbeitsbedingungen. Der Ersatz von wiederkehrenden stupiden auf der einen und körperlich übermäßig stark beanspruchenden Tätigkeiten auf der anderen Seite stellt einen positiven Effekt der aktuellen Entwicklung dar.

 

Flexibilität, Sicherheit und Teilhabechancen verbinden.

Neben neuen Chancen treten neue existentielle Unsicherheiten. Die ambivalent, zeitverzögert in unterschiedlichen Branchen und teilweise sogar widersprüchlich verlaufende Entwicklung droht die Arbeitsgesellschaft in ihrer Mitte auseinanderzureißen. Diejenigen, die von der Modernisierung profitieren können, und diejenigen, deren berufliche Situation dadurch unter Druck gerät, stehen sich in ihrer Bewertung zunehmen kritisch gegenüber. Eine Politik des sozialen Fortschritts zeichnet sich dadurch aus, dass sie die neue Flexibilität mit neuer Sicherheit und neuen Teilhabechancen verbindet.

 

Unser Ziel ist eine solidarische Arbeitsgesellschaft. Die Maßnahmen zur neuen Ordnung am Arbeitsmarkt, die Begrenzung der Möglichkeiten der befristeten Beschäftigung, die Eingrenzung der Leih- und Zeitarbeit, das Rückkehrrecht von Teil- auf Vollzeit stellen erste wichtige Schritte dar. Langfristig fordern wir eine Jobgarantie auf europäischer Ebene, die den Menschen die Sicherheit bietet, trotz digitalen Wandels in Beschäftigung sein zu können.

 

Um der geforderten und gewünschten Flexibilität Absicherung und Teilhabechancen an die Seite zu stellen, derer ein selbstbestimmtes Arbeiten bedarf, sind darüber hinaus ein gesetzlicher und tariflicher Rahmen für variable Arbeitszeitmodelle, das Recht auf Nichterreichbarkeit sowie Regelungen für das mobile Arbeiten notwendig. Der Gesundheits- und Arbeitsschutz für die Beschäftigten muss auf die neuen Gegebenheiten wirksam angepasst werden.

 

Den neuen Arbeitsrealitäten tragen wir durch die Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung Rechnung. Sie verbindet Absicherung mit Selbstbestimmung sowie einem Recht auf finanziell unterstützte Qualifizierung und Weiterbildung. Den Beschäftigten wollen wir ein Stück Autonomie über ihre eigene Erwerbsbiografie zurückgeben, indem wir den Schutz vor Arbeitslosigkeit mit einer vorausschauenden Qualifizierung des Einzelnen koppeln – nicht erst im Falle der Arbeitslosigkeit, sondern als Anerkennung der Qualifizierungsbedarfe im laufenden Job. Auch den Mutterschutz, Eltern- und Pflegezeiten wollen wir in eine solche Arbeitsversicherung als staatliche Leistungen integrieren. Den Zugang zu Weiterbildung und Qualifizierung werden wir erweitern und gemeinsam mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und Gewerkschaften ein positives Klima hierfür schaffen. Konkret setzen wir auf die Förderung in Investitionen von Ausbildungswerkstätten, die Ergänzung der Funktionen von Berufskollegs für berufliche Weiterbildung und die Schaffung von kommunalen Beratungsstellen für die Aus- und Weiterbildung vor Ort. Wir brauchen einen Anspruch auf Weiterbildung für Fachkräfte, deren Tätigkeiten durch Transformationsprozesse verdrängt werden könnten. Damit soll auch ein mögliches Rückkehrrecht in den Betrieb nach der Weiterbildung verbunden werden. Die Einführung eines Chancen- und Bildungskontos bleibt der richtige Ansatz, um den Anspruch auf Weiterbildung zu verstärken. Außerdem brauchen wir die Schaffung einheitlicher Standards für die berufliche Aus- und Weiterbildung.

 

Mehr Selbstbestimmung durch flexible Arbeitszeiten ist durch die Nutzung moderner Technologien für eine höhere Arbeitszeitsouveränität der Beschäftigten entlang ihrer Bedürfnisse und Fähigkeiten erreichbar. Eine kurze Vollzeit für Familienphasen, wie sie die IG Metall jüngst durchgesetzt hat und tariflich geregelte Überstunden, die Arbeitszeitkonten füllen, für die, die sich z.B. nach dem Berufseinstieg beweisen wollen, sind hierfür konkrete Beispiele.

 

Aber nicht alle gesellschaftlichen Notwendigkeiten lassen sich durch mehr individuelle Flexibilität lösen. In einer älter werdenden Gesellschaft steigt der Bedarf an sozialen Dienstleistungen. Gleichzeitig verlieren die tradierten Geschlechterrollen an Bedeutung. Immer mehr Frauen und Männer wünschen sich eine gleichberechtigte Aufteilung von familiären Aufgaben und Erwerbsarbeit. Wo soziale Dienstleistungen nicht zur Verfügung stehen, wird das Leben im Alltag oft zur Zerreißprobe. Es ist daher ein Gebot der Vernunft, die bisher oft verkannten Leistungsträger und vor allem Leistungsträgerinnen in Gesundheits- und Sorgeberufen aufzuwerten. Es bedarf flächendeckend einheitlicher Mindeststandards für die Personalbemessung und eine spürbar höhere Entlohnung in den sogenannten SAHGE-Berufen, den Berufen in der Sozialen Arbeit, Haushaltsnahen Dienstleistungen und der Gesundheits- und Erziehungsbranche.

 

Gerechte Teilhabe der Vielen am Haben und Sagen

Dank jahrzehntelanger Steigerung von Produktivität und der hohen Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft ist heute mit weniger Arbeit mehr Wohlstand möglich als jemals zuvor. Die Effizienzsteigerung der letzten Jahrzehnte hat aber in aller Regel dazu geführt, die Gewinnspanne derjenigen zu maximieren, die über die Produktionsmittel verfügen. Es ist dabei ein Gebot der Leistungsgerechtigkeit, das endlich auch die Beschäftigten ihren gerechten Anteil am gemeinschaftlich Erwirtschafteten erhalten.

 

Mit der gleichen Konsequenz werden wir für eine geschlechtergerechte Gesellschaft kämpfen und endlich dafür sorgen, dass Frauen den gleichen Zugang zu guter Arbeit haben. Da Frauen im Schnitt immer noch 21 Prozent weniger verdienen als Männer, legen wir folgerichtig besonderen Wert auf die Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern. Außerdem muss die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der unbezahlten Care-Arbeit neu organisiert werden. Das heißt für uns, dass große Teile der heute unbezahlten Care-Arbeit in Erwerbsarbeit mit guten Arbeitsbedingungen und gerechter Bezahlung überführt werden muss. Verbleibende Care-Arbeit muss geschlechtergerecht verteilt werden und sich mit Erwerbsarbeit und den anderen Anforderungen des Lebens vereinbaren lassen.

 

Angesichts der hohen Produktivität besteht das Potenzial für kräftige Reallohnsteigerungen im tariflichen Bereich und eine Anhebung des Mindestlohns auf mindestens 12 Euro. Um Beschäftigte darüber hinaus an der steigenden Produktivität teilhaben zu lassen, sowie ihren gesundheitlichen Schutz zu verbessern, besteht außerdem das Potenzial, die Regelarbeitszeit von 40 Std./Woche nach unten zu korrigieren. Wir verkürzen die Arbeitszeit zu gleichem Lohn: Der technische Fortschritt sorgt für steigende Produktivität, weil Beschäftigte dies hervorbringen. Deswegen müssen sie auch davon profitieren. Wir können und wollen daher weniger arbeiten und mehr freie Zeit haben, um Gutes für uns und die Gesellschaft zu tun. Wer weniger arbeitet, hat auch mehr Kraft für seine Nächsten, mehr Raum für Kreativität, auch mehr Reserven für Flexibilität und mehr Neugierde auf Neues. Darüber hinaus gibt es mit fast 12 Prozent der Erwerbstätigen Millionen von Menschen, die heute dauerhaft in schlecht bezahlter Teilzeit oder Soloselbständigkeit festhängen und die mehr verdienen müssen und möchten. Nur ein Bündnis zwischen der zunehmend gestressten Arbeitnehmermitte und den sich abrackernden Niedriglöhnern für die gerechte Verteilung von Arbeitszeit und Einkommen, kann wirklichen Wohlstand für die große Mehrheit in unserem Land erreichen.

 

Alle Beschäftigten müssen die Chance haben, in der Arbeitswelt und der Gesellschaft gleichberechtigt teilzuhaben. Egal ob am Band, am Krankenbett oder in der Cloud. Gute Arbeit bedeutet für die meisten Menschen zuerst Absicherung des eigenen Lebens und ihrer Familien. In der Arbeit können sich Menschen verwirklichen, ihre Talente entfalten, Anerkennung erfahren und Wohlstand erreichen. Teilhabechancen am Arbeitsmarkt gibt es nicht ohne diskriminierungsfreien Zugang. Deshalb fordern wir anonymisierte Bewerbungsverfahren ohne Hinweis auf Alter, Nationalität, Migrationshintergrund, Geschlecht und ohne Bewerbungsfoto. Jeder ist nach seinen Fähigkeiten aufgerufen, an der Wertschöpfung der Gesellschaft mitzuarbeiten. Ein bedingungsloses Grundeinkommen lehnen wir deshalb ab. Wir setzen dem eine solidarische Arbeitsversicherung entgegen, die für Menschen in Arbeit ebenso wie für diejenigen, die aus individuellen oder wirtschaftlichen Gründen nicht an der Erwerbsarbeit teilhaben können, eine verlässliche Absicherung bietet. Damit ersetzen wir das Prinzip Hartz IV. Durch eine umfassende sozialstaatliche Absicherung, die Solidarität mit Leistungsgerechtigkeit verbindet.

 

Die Finanzierung des Sozialstaats darf sich nicht einseitig auf Arbeit stützen, sondern muss den Veränderungen der Wertschöpfungsbasis und der Arbeitswelt Rechnung tragen. In einer Welt, in der die Kapitalrendite weiter zunimmt, muss die Finanzierung des Gemeinwohls ebenfalls auf eine breitere Grundlage gestellt werden. Deshalb bedarf es auch alternativer Finanzierungsformen wie der Finanztransaktionssteuer, einer Digitalsteuer sowie der substanziellen Besteuerung von Vermögen. Die Digitalisierung bietet die Chance – im Rahmen eines neuen Gesellschaftsvertrages – die Dividende für mehr Verteilungsgerechtigkeit zu nutzen und alle am materiellen Fortschritt und besseren Lebensbedingungen teilhaben zu lassen. Teilhabe ist nicht nur materielle Teilhabe, sondern auch Teilhabe an besserer Lebensqualität, demokratischen Entscheidungen und Zukunftschancen.

 

Hierfür ist es notwendig Gewerkschaften und soziale Verbände zu stärken. Für uns besteht der Anspruch, alle gesellschaftlichen Bereiche demokratischer zu gestalten. Insbesondere am Arbeitsplatz wollen wir die Mitbestimmung weiterentwickeln zu Formen der Mitgestaltung und Mitentscheidung. Unsere Arbeit, unser Betrieb: Die Beschäftigten erwirtschaften die Gewinne in den Betrieben. Deshalb wollen wir, dass sie auch mitbestimmen, wie das Unternehmen organisiert ist und wie die Zukunft des Unternehmens aussieht. Wir wollen die betriebliche auf unternehmerische Mitbestimmung ausweiten, denn unser Ziel bleibt die Demokratisierung aller Lebensbereiche – einschließlich der Wirtschaft. Gerechte Löhne für gute Leistung wollen wir auch durch eine Stärkung tariflicher und betrieblicher Mitbestimmung der Beschäftigten unterstützen. Zur Erreichung dieses Ziels sind Gewerkschaften und Betriebsräte die geeigneten und von uns zu stärkenden Akteure. Tarifverträge, gesetzlicher Arbeitsschutz – auch in neuen Branchen, kleinen Betrieben und digitalen Wertschöpfungsketten – ebenso wie eine Ausweitung des Betriebsbegriffs auf Subunternehmerinnen und Subunternehmer und Soloselbständige sind die notwendige Rahmensetzung. Die Ausweitung der Allgemeinverbindlichkeit für Tarifverträge und Erleichterung von Betriebsratsgründung auch in kleineren Betrieben, ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften und die schärfere strafrechtliche Ahndung von systematischer Behinderung und Bekämpfung von Gewerkschaften durch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber (sog. Unionbusting) stellen eine Erweiterung des normativen Rahmens dafür dar. Mit 5 Prozent Pflichtkapitalbeteiligung von Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterfonds an Unternehmen ab 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mehr als 50 Mio. Euro Umsatz stärken wir die direkte Mitverantwortung im Unternehmen.

 

Wir wollen nachhaltig wirtschaften und produzieren

 

Nachhaltig Wirtschaften

Das Leben auf der Erde muss innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen stattfinden. Deshalb ist Akzeptanz für Nachhaltigkeit in der gesamten Bevölkerung zu erarbeiten. Es ist an uns, hierfür der Wirtschaft klare Regeln zu setzen. Wir werden die Herausforderungen der Nachhaltigkeit nur lösen, wenn wir zugleich die sozialen Dimensionen und die Fliehkräfte mit angehen, Fairness und Umweltgerechtigkeit sind unsere Leitplanken.

Unter nachhaltigem Wirtschaften verstehen wir umweltverträgliches Handeln, das zukünftigen Generationen genügend Spielraum für eigene Entscheidungen lässt und auf soziale Gerechtigkeit und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ausgerichtet ist. Allein nachhaltiges Wirtschaften kann dauerhaften, ökonomischen Erfolg und Wohlstand garantieren.

 

Nachhaltig Produzieren

Die Nachfrage nach ökologisch und sozial verantwortlichen Produkten und Dienstleistungen steigt. Gleichzeitig sind Unternehmen zunehmend verpflichtet, Nachhaltigkeitskriterien aktiv in Entscheidungsprozesse und Berichtswesen einzubinden. Die SPD sieht in den Anforderungen von Nachhaltigkeit und industrieller Wertschöpfung keinen unauflöslichen Widerspruch. Im Gegenteil: Für eine Welt, in der künftig mehr als zehn Milliarden Menschen gut und im Einklang mit den natürlichen Grenzen unseres Planeten leben können, braucht es intelligente industrielle Lösungen. Darin liegt eine enorme Chance auch für die Weiterentwicklung des Industriestandorts NRW. Um diese Chancen zu nutzen, brauchen wir den Mut, neue Wege zu beschreiten und die Bereitschaft, Altbewährtes in Frage zu stellen. Es gilt: Die Anforderungen nachhaltiger Entwicklung müssen Grundlage aller wesentlichen Entscheidungen in Politik und Gesellschaft werden.

 

Nachhaltiges Wirtschaften und Produzieren politisch gestalten

Nachhaltiges Wirtschaften und Produzieren muss sich zwangsläufig am Nachhaltigkeitsziel (SDG) „Gute Arbeit“ der Agenda 2030 orientieren. Über dieses Ziel streben wir ein dauerhaftes breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum an, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit.

 

Die drängenden ökologischen Probleme, die sich durch den Klimawandel noch verstärken, haben zu einer „Ökonomisch-ökologischen Doppelkrise“ geführt. Diese ist schon jetzt an vielen Stellen der Wirtschaft der Treiber für den Wandel in der Arbeitswelt. Diese Entwicklung erfordert für die SPD einen neuen Blick und einen anderen Zugang zu den sich verstärkenden ökonomisch-ökologischen Problemen. Ein politischer Diskurs, der weiterhin die Trennung von Wirtschafts- und Klimapolitik thematisiert, führt in die Sackgasse und wäre so wenig sinnvoll wie eine thematische Trennung von Sozial- und Wirtschaftspolitik. Ein „ja-aber-Vorbehalt“ (wir sind ja für Klimaschutz, aber …) ist folglich nicht nur ein fachlicher, sondern auch ein politischer Irrweg. Für uns als Sozialdemokratie ist es dabei wichtig, dass Klimafragen nicht gegen soziale Fragen ausgespielt werden. Wir sehen Klimapolitik daher in erster Linie nicht als Verbots-, sondern als Umverteilungspolitik.

 

Die Umsetzung der Ziele des nachhaltigen Wirtschaftens und Produzierens sind im Rahmen einer Wirtschaftsdemokratie an folgenden Eckpunkten auszurichten:

 

  • Ökologische Nachhaltigkeit
  • Beschäftigungspolitische Nachhaltigkeit
  • Nachhaltige Qualität der Arbeit (Gute Arbeit)
  • Nachhaltiges Wettbewerbsmodell

 

An diesen Eckpunkten erarbeiten wir ein Konzept des nachhaltigen und sozialen Wirtschaftens und Produzierens. Dies umfasst eine Vorstellung, wie zukünftig sinnstiftende und sichere Tätigkeit erreicht werden kann. Es zeigt zugleich auf, wie Wachstum in nachhaltigen Branchen mit entsprechenden Arbeitsplätzen erzielt werden kann. Es setzt auf neue Bildungs-, Lern- und Qualifizierungsoffensiven, um den Wandel zu begleiten. Es setzt weiterhin auf Arbeitszeitmodelle und Mobilitätskonzepte, die eine nachhaltige und sozial freundliche Lebensweise ermöglichen.

 

Wir begreifen das Gelingen einer sozialverträglichen Energiewende als sehr bedeutende politisch-gesellschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Dabei sind wir den Prinzipien der Nachhaltigkeit, der Solidarität und der Wirtschaftlichkeit gleichermaßen verpflichtet, denn sie bedingen sich gegenseitig.

 

Zur Umsetzung dieses Nachhaltigkeitsansatzes streben wir folgende Ziele an:

  • Die Bereitstellung von Mitteln für die örtliche Wirtschaftsförderung, die für die Entstehung neuer wirtschaftlicher Schwerpunkte oder die Herstellung neuer Produkte Anreize schaffen soll. Ferner sollen Kommunen und örtliche Wirtschaftsförderung zusätzliche Unterstützung erhalten, um Gewerbe anzusiedeln, das sich zu einer Bewirtschaftung von Gewerbeflächen verpflichtet, die möglichst klimaschonend sein soll (Beispiele: Energetische Maßnahmen, möglichst autarke Versorgung). Jede Region soll die Möglichkeit erhalten, vorausschauend eine neue Strukturpolitik für die jeweilige wirtschaftliche Infrastruktur definieren zu können.
  • Die Unterstützung von Technologietransfer für Unternehmen ohne eigene Forschungsabteilungen. Hochschulen sollen für die regionale Bündelung von Technologie- und Forschungsarbeit zusätzliche Mittel erhalten.
  • Die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaften, die den erforderlichen Wandel in forschungs- und/oder finanzschwachen – auch gegebenenfalls mit Beteiligung des Staates oder regionaler Wirtschaftsförderungsgesellschaften – Unternehmen erleichtern sollen. Die Förderung kann beispielsweise die Forschungsberatung, eine rechtliche Vereinfachung zur Bildung von „Wissensgenossenschaften“ oder die steuerliche Bevorteilung von Investitionen in solche Forschungs- und Entwicklungsgemeinschaften beinhalten.
  • Wir ergänzen das Betriebsverfassungsgesetz um Aspekte der Ökologie und Nachhaltigkeit. Denn der ökologische Wandel des Unternehmens kann nur unter Einbeziehung der Arbeitenden gelingen, daher brauchen wir die Mitbestimmung auch in diesem Bereich. Nur so gelingt der nachhaltige Umbau der Wirtschaft auf soziale Art und Weise und führt zu einer breiten Beteiligung und damit auch Akzeptanz.
  • Wir stärken den öffentlichen Dienst, der die Daseinsvorsorge in den Bereichen Versorgung, Entsorgung und Mobilität auf hohem ökologischem Niveau sichert.
  • Wir verabschieden uns von Freiwilligkeitsvereinbarungen mit der Industrie und dem Handel und setzen insbesondere im Wasser- und Abfallbereich auf klare rechtliche Regeln.
  • Wir nutzen die ersten Erfahrungen und Ergebnisse des NRW-Klimagesetzes und erarbeiten eine Fortführung des NRW-Klimaschutzplans.
  • Ergänzend zum EU-Emissionshandel fordern wir eine Bepreisung von CO2 in Bereichen wie Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft. Diese müssen eine sinnvolle Lenkungswirkung entfalten, sozial verträglich sein und Anreiz für Investitionen in klimafreundliche Technologien eröffnen.
  • Wir forcieren den weiteren Ausbau der regenerativen Energien, damit wir den geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung schaffen. Darüber hinaus engagieren wir uns für die zunehmende Kopplung der Energiesektoren und die Förderung der entsprechenden Technologien – von der Batterie über Power-to-X bis hin zur Brennstoffzelle. Die sich daraus ergebenden Wertschöpfungspotentiale wollen wir mit Priorität auch dafür nutzen, um den durch Energiewende und Digitalisierung bedingten Strukturwandel sozialverträglich zu gestalten.
  • Wir sichern und fördern den Biotopverbund und die Erhaltung von Grünstrukturen zwischen den Biotopen. Damit wird das Überleben von Tier- und Pflanzenarten in der intensiv genutzten Kulturlandschaft gesichert.
  • Wir begrenzen den Flächenverbrauch auf 5 Hektar pro Tag. Wir stoppen die Überdüngung vieler Äcker – vor allem in den Mastregionen –und schützen so das Grundwasser.
  • Wir stehen für den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft – Bioprodukte müssen zum Regelfall werden, nicht zur Ausnahme. Daher fordern wir eine für den Verbraucher nachvollziehbare einheitliche Kennzeichnung, die ihm die Kaufentscheidung erleichtert und Kriterien der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit umfasst. Wir stehen für eine artgerechte Nutztierhaltung in der Landwirtschaft. Daher fordern wir insbesondere den Verzicht des unnötigen Tötens von männlichen Küken, der Kastration von männlichen Ferkeln ohne Betäubung sowie langer Tiertransporte quer durch Europa.
  • Wir entwickeln ein Insektenschutzprogramm, dass insbesondere in Naturschutzgebieten den Einsatz von Pestiziden verbietet.
  • Wir nehmen die Automobilindustrie konsequenter in die Pflicht. Wir fordern eine Kommission Zukunft der Mobilität. Vorbild kann die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ sein, die alle relevanten Akteure an einen Tisch holt und gemeinsam Lösungen und Handlungsempfehlungen für die Zukunft der Mobilität erarbeitet.
  • Wir stehen für den Umstieg von der Straße auf die Schiene und fordern daher massive Investitionen für Schienenwege und neue Züge. Wir wollen die Taktung und Streckenplanung attraktiver gestalten und die Preise reduzieren. Unser Ziel ist deshalb: Ein Ticket für ganz NRW für 1 Euro am Tag. Wir wollen ein 365-Euro –Ticket.
  • Wir fördern die Mobilität mit dem Fahrrad im städtischen und ländlichen Raum. Dazu bedarf es eines Ausbaus der Fahrradinfrastruktur, vor allem durch qualitativ hochwertige Fahrradwege und deren Beleuchtung, bessere Mitnahmemöglichkeiten im ÖPNV und sichere Abstellmöglichkeiten. In diesem Zusammenhang ist in einem eng besiedelten Bundesland wie NRW auch stärker auf den Bau von Radautobahnen zur Vernetzung von Stadtzentren zu setzen. Hierdurch werden das Straßennetz und die Umwelt entlastetet.
  • Wir fordern eine europaweite Kerosinsteuer und eine Fernbus-Maut. Die Erlöse müssen in ein europäisches Schienennetz investiert werden.

 

2.2 Aufstiegschancen durch Bildung. Beste Bildung NRW – ein Leben lang!

Unser Leitmotiv: Neue Chancen schaffen

Unser Versprechen: Chancen und Aufstieg

Unsere Ziele: Bildung und gerechter Zugang

 

Bildung für alle als Teil kultureller und sozialer Emanzipation der Bevölkerung ist der Kerngedanke der sozialdemokratischen Idee, der heute angesichts drängender Zukunftsfragen an Aktualität gewonnen hat. Als Konsequenz aus der Geschichte sind Bildung und Wissenschaften der Stärkung der Demokratie und des Friedens, der vollen Entfaltung der Persönlichkeit verpflichtet. Unsere Bildungspolitik ist darauf gerichtet, dieses Potential an Schulen, Hochschulen, Volkshochschulen und in der Aus- und Weiterbildung voll zur Geltung zu bringen. Unsere Kernthemen wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gehören eng zu jedem Bildungsprozess. Bildung muss daher wieder höchste Priorität in NRW bekommen.

 

Bildung ist mehr als Lernen – Lernen ist mehr als Schule

Vom ersten Tag unseres Lebens an lernen wir dazu und das hört nicht auf bis ins hohe Alter – jeden Tag und jede Stunde sammeln wir Erfahrungen und Wissen, erweitern Fertigkeiten und erproben uns in neuen Situationen.

Deshalb nehmen wir Bildung überall und im gesamten Leben von Menschen in den Blick – von Familie und Kita bis zur Weiterbildung. Für uns ist Lernen nicht nur die Aneignung von Wissen – genauso wichtig sind uns die emotionale, die soziale, die gesundheitliche und die kulturelle Entwicklung der Menschen. Dabei ist und bleibt die Schule ein zentraler und oft entscheidender Ort für das Lernen. Alle Erfahrungen im nationalen und internationalen Vergleich zeigen, dass frühe Entscheidungen über Bildungskarrieren in die Irre führen. Deshalb bleibt unser Ziel eine Schule für alle! Angesichts der unübersichtlichen Menge an Schulformen in NRW halten wir in einem ersten Schritt hier eine Reduzierung für überfällig. Den Übergang dorthin werden wir verantwortungsvoll organisieren. Damit Schulen auch Orte des gemeinsamen Lebens werden, werden wir kommunale und regionale Bildungslandschaften und die Öffnung von allen Bildungseinrichtungen in den Sozialraum fördern.

 

Konsequent für alle Menschen

Nicht für Institutionen, sondern für jeden einzelnen Menschen muss Bildung gelingen. Dafür müssen je nach individuellen Voraussetzungen, Möglichkeiten und Bedürfnissen der Menschen unterschiedliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Daraus folgt, dass wir offene Systeme beschreiben müssen, in denen alle Beteiligten klaren Prinzipien folgen bei einer größtmöglichen Handlungsfreiheit.

 

Eine Klarstellung zur Klarstellung zur Inklusion und Integration

Wir sind davon überzeugt, dass jeder Mensch Fähigkeiten und Begabungen besitzt, die er in die Gesellschaft einbringen kann. Das heißt auch, dass wir unser gesamtes Verständnis von Bildung und menschlichem Miteinander überprüfen müssen und ein Bildungssystem schaffen, in dem jeder Mensch seinen Platz findet, und zwar unabhängig von seinem kulturellen oder sozialen Hintergrund und von individuellen Beeinträchtigungen. Die Herausforderungen von Inklusion und Integration und die hervorragenden Leistungen der Bildungseinrichtungen wollen wir dabei nicht vergessen und auch nicht klein reden.

 

Konsequent in den Forderungen

Wir haben bei den meisten Themen kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Deshalb werden wir unsere Ziele konkret und konsequent formulieren, die notwendigen Umsetzungsschritte beschreiben und mit ausreichend Geld hinterlegen. Oft genug haben wir die Schere der Umsetzungsschwierigkeiten schon im Kopf – das schwächt unsere Haltung. Klarheit und Eindeutigkeit sind aber notwendig, damit sich etwas ändert.

 

Damit Bildung letztendlich gelingt, brauchen Menschen

  1. freien Zugang zu Bildung,
  2. Spaß am Lernen und Lust am Erfolg,
  3. Anleitung und Unterstützung durch engagierte Menschen,
  4. soziale und demokratische Kompetenz,
  5. ein stabiles Fundament an Wissen und Kompetenzen,
  6. Angebote und Anreize für Spitzenleistungen,
  7. Bildung, die in der Zukunft trägt.

 

Und nicht zuletzt und vor allem:

 

Gute Bildung braucht eine gute Finanzierung!

Für eine bessere Chancengleichheit und höhere Qualität muss das Bildungssystem finanziell erheblich besser ausgestattet und strukturiert werden. Denn wir wissen alle: Wenn wir bei der Bildung sparen, wird sich das früher oder später rächen. Trotzdem liegt Deutschland bei den Bildungsausgaben deutlich, d.h. rund 30 Milliarden Euro pro Jahr, unter dem OECD-Durchschnitt. Und NRW liegt noch unter dem Bundesdurchschnitt. Deshalb ist unser klares Ziel, Spitzenreiter im Bundesdurchschnitt zu werden und dazu den Bildungsetat sukzessiv zu erhöhen.

Für mehr Handlungsfähigkeit brauchen wir ein klares Bekenntnis zur Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel. Hierbei gilt: Starke Schultern müssen sich daran deutlich stärker als bisher beteiligen. Dies heißt für uns, dass hohe Erbschaften und Vermögen deutlich stärker besteuert werden müssen als heute und Finanzspekulanten und globale Kapitalgesellschaften auch ihren Anteil am Steueraufkommen zahlen müssen. Gute Bildung braucht eine solide finanzielle Basis.

Durch die Verteilung der zusätzlichen Gelder muss Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden. Zunächst heißt das, dass wir Bildung im gesamten Lebensverlauf beitragsfrei machen. Und es heißt, dass bei größeren Herausforderungen auch die personellen und Sachausstattungen besser sein müssen. Dabei gilt für alle Bereiche die Forderung „Ungleiches muss ungleich behandelt werden“. In diesem Zusammenhang muss auch eine sozialindexbasierte Verteilung von Mitteln in allen Bildungsbereichen geregelt werden. Noch immer ist Bildung und Teilhabe abhängig vom Geldbeutel der Eltern. Dies will die SPD ändern. Gerechtigkeit im Bildungssystem kann nur über ein beitragsfreies Bildungssystem erreicht werden. In diesem Zusammenhang müssen einheitliche Qualitätsstandards und Schulbaurichtlinien konsequent umgesetzt werden. Des Weiteren müssen Lösungen zur dauerhaften Finanzierung von Inklusion, Ganztag und Schulsozialarbeit gefunden und implementiert werden. Dazu gehört: Die Arbeit aller Pädagoginnen und Pädagogen muss wertgeschätzt und gerecht entlohnt werden. So fordern wir beispielsweise eine tarifgebundene und sozialversicherte Bezahlung für Erzieherinnen und Erzieher und A13Z als Einstiegsamt bei Lehrerinnen und Lehrern. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter und das pädagogische Fachpersonal sollen ebenfalls besser entlohnt werden sowie Aufstiegschancen erhalten.

 

Wir brauchen einen New Deal

Eine neue Verantwortungsgemeinschaft zwischen Bund, Land und Kommunen ist hier gefragt. Die bildungspolitischen Finanz- und Verantwortungsverflechtungen zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Schulen sind nicht mehr zeitgemäß. Grundgesetz, Landesverfassungen und Gesetzgebung gehen seit Jahrzehnten von einer klaren Trennung der Aufgaben im Bildungsbereich aus: Die Bundesebene ist nach der Föderalismusreform seit 2006 von Rechts wegen nicht mehr für die Bildungspolitik zuständig, den Ländern obliegt die alleinige Gestaltung der Schulpolitik. Den Kommunen kommt vor allem die Aufgabe als Schulträger vor Ort zu, was insbesondere die Instandhaltung und den Bau von Gebäuden beinhaltet.

 

Durch eine Vielzahl gesellschaftlicher Herausforderungen ist das Schulsystem seit Jahrzehnten in einem stetigen Wandel. Eine Anpassung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen ist dabei oft nur halbherzig oder gar nicht erfolgt. Die jüngst verabschiedete Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbotes auf Druck der SPD ermöglicht es zwar dem Bund, nun auch direkt Geld für Bildungspolitik bereitzustellen, allerdings ist diese Änderung nur ein Kompromiss und kommt deutlich zu spät.

 

Zuständigkeiten sind für Familien – aber auch für Schulen – nicht mehr durchschaubar und Strukturen so angelegt, dass sie Prozesse eher lähmen als Lösungen für akute Probleme bereitstellen, wie z.B. bei der Finanzierung des Ganztages, einer Schulbaurichtlinie oder wie aktuell bei der Finanzierung des Digitalpaktes. Ein neues System muss transparent und nachvollziehbar sein – alle Aufgaben müssen grundsätzlich auskömmlich mit finanziellen Mitteln hinterlegt sein.

 

Regionale Bildungsnetzwerke leisten hier einen wichtigen Beitrag. Sie vernetzen Schulen mit den kommunalen Schul-, Jugend- und Sozialhilfeträgern und der Schulaufsicht. Wir müssen bei vorhandenen Vernetzungen und Partnerschaften genau prüfen, wie diese zum Wohl der Kinder verbessert und ausgeweitet werden können.

 

Mit Bund, Ländern und Kommunen gilt es, eine Neustrukturierung der Aufgabenbeziehungen im Bildungsbereich und eine sich daran orientierende neue Finanzierungssystematik zu verhandeln. Es muss klar werden, wo gesamtgesellschaftliche Aufgaben liegen und wer verantwortlich für ihre Umsetzung ist. Der Grundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse gilt gerade auch für den Bildungsbereich. Deshalb muss sichergestellt werden, dass Finanzmittel nicht mit der Gießkanne, sondern nach sozialen Kriterien verteilt werden. Dabei muss der Bund Aufgaben dauerhaft finanzieren und nicht nur zeitweise übernehmen. Zuständigkeiten und die Finanzierung müssen endlich klar geregelt werden.

 

2.3 Soziale Sicherheit

Unser Leitmotiv: Selbstbestimmtheit ermöglichen

Unser Versprechen: Teilhabe und Sicherheit

Unsere Ziele: Garantierte Teilhabe und soziale Absicherung

 

Unser Grundversprechen, niemanden „ins Bergfreie fallen zu lassen“, wenn man auf Unterstützung angewiesen ist, wird derzeit nicht ausreichend eingelöst. Das verunsichert viele Menschen. Dem begegnen wir mit Reparaturmaßnahmen im Kleinen, die nicht dazu beitragen Abstiegsängste und Sorgen zu nehmen. Deswegen ist es unsere Aufgabe, die derzeitigen Sozialsysteme zu einem in sich stimmigen Sicherheitssystem zukunftsfest zu verändern und das Versprechen so dauerhaft zu erneuern.

 

Wir werden Hartz IV zu Gunsten einer Arbeitsversicherung und einer bedarfsgerechten, sanktionsfreien Grundsicherung abschaffen

Der digitale Wandel und vor allem der Anspruch auf mehr Freiheit bei der persönlichen Lebensgestaltung erfordern auch Veränderungen bei der sozialen Sicherung. Eine neue Arbeitsversicherung muss darauf reagieren, dass es neben der Erwerbsarbeit auch Phasen der beruflichen Neuorientierung, Weiterbildung, Familienphasen oder auch Sabbaticals gibt.

Arbeitslosigkeit ist kein individuelles und kein einzeln zu verantwortendes Schicksal. Vielmehr muss wieder sichergestellt werden, dass die Leistungen von arbeitenden Menschen anerkannt werden. Entsprechend muss die Bezugsdauer der Versicherungsleistungen deutlich verlängert werden.

Außerdem werden wir der Angst, dass mit dem Arbeitsplatzverlust auch ein Verlust der selbstgeschaffenen Absicherung einhergeht, endlich konsequent begegnen. Der kleine Wohlstand, den sich Menschen für den Lebensabend aufgebaut haben, darf zukünftig nicht mehr angetastet werden.

Wir begrüßen den aktuellen Beschluss des Parteivorstandes zu einer umfassenden Korrektur der sog. Agenda 2010.

Wir lehnen ein Sozialsystem ab, das ein neoliberales Menschenbild von faulen Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern zu Grunde legt und staatliche Unterstützung als gnädiges Geschenk begreift, das mit erhobenem Zeigefinger gewährt wird.

Eine Grundsicherung muss menschenwürdiges Leben ermöglichen. Das ist mit den derzeitigen Regelsätzen schlicht nicht möglich. Nicht nur, dass die Regelsätze nicht ausreichen, sondern dass Menschen von diesen geringen Mitteln auch noch Rücklagen für häusliche Anschaffungen leisten müssen, ist nicht tragbar. Eine Grundsicherung muss für alle Lebensbereiche auskömmlich sein.

 

Derzeit werden Regelsätze anhand durchschnittlicher Ausgaben von ohnehin schon einkommensschwachen Haushalten bemessen. Eine Armutsspirale: Wer weniger Geld zur Verfügung hat, gibt schließlich auch weniger aus. Und selbst von den angegebenen Ausgaben werden wiederum längst nicht alle bei der Regelsatzbestimmung berücksichtigt: Die Anschaffung einer Brille, der Kino- oder Theaterbesuch und Ausgaben für Tierfutter werden beispielsweise nicht im Regelbedarf berücksichtigt.

 

Wir fordern deshalb für eine bedarfsgerechte Grundsicherung einen Regelsatz in Höhe von derzeit mindestens 570 Euro und eine regelmäßige Anpassung durch eine einzusetzende Sachverständigenkommission. Regelsätze sollen nicht mehr nur statistisch ermittelt werden, sondern auch normativen Ansprüchen genügen, wie zum Beispiel der Möglichkeit einer qualitativ hochwertigen Ernährung und von Ausgaben für Freizeit und Kultur.  Ebenfalls müssen Verhütungsmittel sowie Mehraufwände, die Frauen betreffen (z.B. Hygieneprodukte) berücksichtigt werden.

Empfängerinnen und Empfänger dürfen nicht mehr verpflichtet sein, aus den Regelsätzen Rücklagen zu bilden, um notwendige Neu- oder Ersatzanschaffungen selbst oder durch ein Darlehen zu tätigen.

 

Außerdem ist für uns klar: Das verfassungsgerichtlich festgelegte Existenzminimum ist, was man zum Leben braucht. Es muss seinen Namen verdienen. Es wird beständig gewährt, kann nicht gekürzt werden und muss die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

Über die Gewährung des Existenzminimums hinaus setzen wir auf – auch finanzielle – Anreize, sich um Arbeit zu bemühen und weiter zu qualifizieren. Dazu sorgen wir für ein gutes Weiterbildungsangebot, das Arbeitssuchende gerne und bereitwillig nutzen. Es muss echte Chancen auf einen Arbeitsplatz und brauchbare Qualifikationen bieten.

Bei der Bemessung dieser finanziellen Anreize dürfen allerdings nicht die geltenden Zumutbarkeitsregeln zu Grunde gelegt werden.

Zumutbare Beschäftigung kann nur eine solche sein, die den eigenen Qualifikationen und Neigungen nahekommt und bei der ein armutsfestes Lohnniveau gesichert ist.

 

Das System der Bedarfsgemeinschaften ist überholt. Im heutigen System werden Familienmitglieder sowie Partnerinnen und Partner für Arbeitslosigkeit in „Mithaftung“ genommen. Sie erleiden so regelmäßig Nachteile, die zu einer Verfestigung der ökonomisch benachteiligten Situation führen. Daher werden wir zu einer rein individuellen Bemessung kommen. Wir wollen, dass alle Kinder in sozialer Sicherheit aufwachsen und sie alle Teilhabe- und Bildungschancen unabhängig von ihrer Herkunft und vom Einkommen ihrer Eltern wahrnehmen können. Wir wollen eine Kindergrundsicherung einführen, um endlich die skandalöse Kinderarmut in Deutschland wirksam zu bekämpfen. Alle bisherigen mit dieser Absicht begonnenen Maßnahmen, wie z.B. das Bildungs- und Teilhabe-Paket, haben sich als nicht ausreichend, nicht wirksam, nicht geeignet und zu bürokratisch erwiesen. Die Kindergrundsicherung ist keine Sozialleistung nach Bedürftigkeitsprüfung, sondern eine sozial gerechte Förderung, die den Familienlastenausgleich vom Kopf auf die Füße stellt. Daher setzen wir uns für das vom Bündnis Kindergrundsicherung entwickelte Modell der Kindergrundsicherung ein, das die derzeitige Vielzahl von Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss oder pauschale Anteile des BuT bündelt und mit steigendem Einkommen der Eltern, z.B. um den Grenzsteuersatz, gemindert wird. Nach dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung beträgt das Existenzminimum derzeit 408,00 Euro zuzüglich des Freibetrages für Betreuung, Erziehung und Ausbildung (BEA) in Höhe von 220,00 Euro, so dass die Kindergrundsicherung aktuell mindestens 628,00 Euro monatlich betragen muss.

 

Wir werden einen deutlich höheren Mindestlohn einführen und die Tarifbindung stärken

Der derzeitige Mindestlohn ist weiterhin ein Niedriglohn. Er ist weder armutsfest noch existenzsichernd. Expertinnen und Experten zufolge müssten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei derzeitigem Mindestlohnniveau etwa 65 Beitragsjahre leisten, um nicht unter die Grundsicherungsgrenze im Alter zu fallen. Auch wer heute für den Mindestlohn arbeitet, muss teilweise trotzdem noch ergänzende Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Obwohl der deutsche Mindestlohn im EU-Vergleich hoch scheint, bleibt er im Vergleich mit wirtschaftlich vergleichbaren Ländern weit zurück. Sinn des Mindestlohns muss aber sein, vor Armut und Niedriglöhnen zu bewahren. Wer nach Mindestlohn bezahlt wird, sollte sowohl während der Beschäftigung als auch nach 35 Beitragsjahren über der Grundsicherungsgrenze liegen.

 

Der Mindestlohn muss deshalb auf ein armutsfestes Niveau von mindestens 12 Euro angehoben werden. Die Mindestlohnkommission muss diese Höhe regelmäßig überprüfen und an die wirtschaftliche Lage und Preisentwicklung anpassen. Ausnahmen vom Mindestlohn darf es nicht geben. Auf keinen Fall dürfen jährliche Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld in die Berechnung des Mindestlohns einbezogen werden.

 

Derzeit bieten nicht erfasste Überstunden, ungerechtfertigte Lohnabzüge und andere Tricksereien die Möglichkeit, faktisch unterhalb des Mindestlohnes zu entlohnen. Die Einhaltung des ausnahmslosen Mindestlohns muss deshalb durch umfassende Kontrolle und konsequente Ahndung von Verstößen gewährleistet werden. Dabei reicht es nicht aus, dass der Zoll als zuständige Kontrollinstanz nur säumige Sozialbeiträge nachfordert, Beschäftigte aber weiterhin ihren Lohn individuell einklagen müssen. Wir fordern, dass die Beweispflicht für die Einhaltung des Mindestlohns künftig beim Arbeitgeber und nicht bei den Beschäftigten liegt. Wird durch eine Behörde ein Verstoß festgestellt, hat diese auch die Aufforderung zur Lohnnachzahlung an den Arbeitgeber zu richten.

 

Auch ein armutsfester Mindestlohn darf nicht zur Regel bei der Beschäftigung werden. Gute Tarifverträge müssen das Hauptinstrument sein, um gerechte Gehälter zu sichern. Dafür ist die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen unabdingbar. Das Vetorecht von Arbeitgebern für tarifliche Allgemeinverbindlichkeitserklärungen ist abzuschaffen.

 

Wir erleben zunehmend die Tarifflucht der Arbeitgeber, ohne bislang ein wirksames Instrument installiert zu haben, das dem entgegenwirkt. Die Forderung, tarifgebundene Unternehmen steuerlich besser zu stellen, muss daher zeitnah umgesetzt werden und für alle Branchen gelten.

 

Wir werden die umlagefinanzierte gesetzliche Rente zukunftssicher und auskömmlich gestalten und stärken, die private Vorsorge grundlegend reformieren und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu Angeboten für betriebliche Altersvorsorge verpflichten

 

Die Absicherung im Alter ist ein zentrales Versprechen des Sozialstaats. Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen und ökonomischen Umbruchs stellt es eine wesentliche Voraussetzung für das Vertrauen in Staat und Politik dar. Rentenpolitik ist, anders als manche glauben machen wollen, kein Konflikt zwischen Alt und Jung. Im Gegenteil: Von einer mutigen und gerechten Rentenpolitik profitieren die heute Jungen in Zukunft ebenso wie die aktuelle Rentnerinnen- und Rentner-Generation.

 

Es gilt: Die Teilhabe am Erwerbsleben ist von zentraler Bedeutung für jeden Menschen. Für seine Lebenschancen für ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben, das den unterschiedlichen individuellen und familiären Bedingungen Rechnung trägt. Gerade Frauen, die auch heute noch überwiegend familiäre Sorgearbeiten erledigen und oft prekären Beschäftigungen nachgehen, sind im Alter häufiger von Altersarmut betroffen.“

 

Eine wirksame und verlässliche Lebensstandardsicherung und Armutsvermeidung im Alter kann für die Mehrzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Regel nicht allein durch Erwerbsarbeit, Ersparnisse oder private Versicherungen gewährleistet werden. Notwendig und historisch bewährt ist eine starke öffentliche Absicherung durch ein soziales Sicherungssystem, das auch eine wirtschaftliche Abkopplung der Rentnerinnen und Rentner vom Rest der Bevölkerung zuverlässig verhindert. Wir bekennen uns daher zur gesetzlichen Rente als der Grundlage für ein Leben in Würde nach der Erwerbstätigkeit.

 

Die Entscheidung, das Absinken des Rentenniveaus zu stoppen und bis zum Jahr 2025 eine „Sicherungslinie“ von 48 Prozent einzuziehen, war richtig und notwendig, um das Vertrauen in die Politik und in den Sozialstaat zu stärken. Wir teilen die Vorstellungen, das Niveau mittel- bis langfristig wieder auf 50 Prozent anzuheben, setzen die erste Priorität aber zunächst auf die Niveaustabilisierung. In diesem Zusammenhang sprechen wir uns für eine Reform der Rentenanpassungsformel aus. Die langfristige Finanzierung einer auskömmlichen Rente ist außerdem durch angemessene Beiträge und Steuermittel sicherzustellen.

 

Wir unternehmen konkrete Schritte zur Einführung einer Erwerbstätigenversicherung, in die Gesamtheit der Erwerbstätigen einzahlt, auch alle Abgeordneten. Natürlich ist eine solche Reform nicht von heute auf morgen zu schaffen. Überfällig sind erste Schritte – und zwar ohne Zeitverzögerung.

 

Die steuerfinanzierte Grundrente muss zukünftig auskömmlich sein und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Sie wird ohne Bedürftigkeitsprüfung gezahlt.

 

Versicherungsfremde Leistungen wie bspw. die Mütterrente werden fortgeführt, aber steuerfinanziert.

 

Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters lehnen wir ab, weil schon jetzt viele vorzeitig in Rente gehen und dabei lebenslange Abschläge in Kauf nehmen müssen. Unser Ziel ist, durch eine humane Arbeitswelt sowie mehr Prävention und Rehabilitation zu ermöglichen, dass alle das gesetzliche Renteneintrittsalter überhaupt erreichen können.

 

Die private Altersvorsorge kann das sinkende Rentenniveau nicht kompensieren und Versorgungslücken im Alter nicht schließen. Sie muss grundlegend reformiert werden. Eine Subventionierung zukünftiger Verträge lehnen wir ab. Wir schlagen vor, die Eignung öffentlich-rechtlicher Modelle, wie etwa ein Vorsorgekonto bei der Deutschen Rentenversicherung, zu prüfen.

 

Wir betonen, dass für uns die betriebliche Altersvorsorge der beste Weg ist, um die gesetzliche Rente zu ergänzen, weil sie private Vorsorge und kollektive Absicherung miteinander verbindet. Wir wollen, dass in Zukunft jeder Arbeitgeber und jede Arbeitgeberin allen Beschäftigten ein Angebot zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung anbieten muss und auch die Ansprüche bei Betriebsübergängen gesichert werden.

 

Wir werden die beste medizinische Versorgung und gute Pflege für alle Menschen sicherstellen und die private Krankenversicherung zu Gunsten einer Bürgerversicherung abschaffen

 

Der Gleichheitsgrundsatz muss auch beim Arzt gelten. Außerdem werden wir die Pflegevollversicherung als Pflegebürgerversicherung einführen, damit für alle eine menschenwürdige Pflege gewährleistet wird. Die Möglichkeit, Angehörige in ihrem privaten Umfeld zu pflegen, muss zu einer echten Alternative werden, die (aktuell vor allem für Frauen) auf Grund von Erwerbsunterbrechungen und/oder einer hohen Doppelbelastung nicht mehr Lebensrisiko sein darf.

Das deutsche Gesundheitssystem weist Problemlagen auf, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auch, aber nicht nur durch die Bürgerversicherung lösen wollen: Das System macht deutliche Unterschiede nach dem sozialem Status von Bürgerinnen und Bürgern.

Patientinnen und Patienten haben Anspruch auf die besten Leistungen. Dies darf nicht an der Zuständigkeitskonkurrenz der beteiligten Leistungsträger (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung, Arbeitsagentur, Kommune) scheitern.

Die zweifellos in ausreichender Zahl vorhandenen Expertinnen und Experten sind nicht dort tätig, wo der größte Bedarf besteht. Viele kümmern sich um Menschen, die Leistungen in Anspruch nehmen, die sie nicht brauchen.

Es wird gemacht, was sich rechnet, nicht das, was medizinisch erforderlich und sinnvoll ist. Dies erzeugt Überversorgung und Unterversorgung zugleich, die Vergütungssysteme erzeugen Fehlanreize, die die bestmögliche Versorgung verhindern.

Innovationen stehen meist in engem Zusammenhang mit den besten Verkaufschancen, nicht mit dem größten Nutzen für Patientinnen und Patienten.

 

Wir sind davon überzeugt, dass die Private Krankenversicherung keine Impulse für die bestmögliche Versorgung erbringt. Zugleich erkennen wir mit Sorge, dass die Gesetzliche Krankenversicherung ihre Funktion als Gestalterin dieses Ziels nicht annimmt. Wir erwarten, dass hier gemeinsame Entwicklungen mit spezifischen Differenzierungsmodulen auf den Weg gebracht werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen für derlei Veränderungen den Rahmen setzen, um bestmögliche Versorgung zu erreichen.

 

Wir wollen ein Gesundheitswesen, das

  • niedrigschwelligen Zugang für alle, unabhängig von Einkommen und sozialem Status sichert,
  • auf Solidarität statt auf Individualisierung beruht,
  • Innovationen schnell, kontrolliert und mit der notwendigen Evaluation einführt
  • technologische Entwicklungen nutzt, aber den Menschen in den Mittelpunkt stellt,
  • als Ausgangspunkt das Versorgungsproblem – den / die PatientIn – sieht und nicht das Interesse des Leistungserbringers,
  • unabhängigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vertraut und nicht bezahltem Lobbyismus,
  • zügig durch politische Entscheidungen diesen Zielen dienende Rahmenbedingungen erhält.
  • Die Kosten gesundheitlicher Vorsorgeleistungen nicht auf die Patient*innen abwälzt.

 

Wir werden die Daseinsvorsorge stärken und dadurch auch die soziale Sicherheit und den Zusammenhalt verbessern

Nur eine starke Daseinsvorsorge garantiert einen umfassenden Zugang für alle zu allen notwendigen Gütern und Leistungen, und bekämpft soziale Ungleichheit. Wir wollen stärkeres Engagement in der Daseinsvorsorge und eine Erweiterung der Angebote (kostenloser und nachhaltiger ÖPNV). Wir wollen den fahrscheinlosen ÖPNV – so schnell wie möglich im Nahverkehr in ganz Deutschland. Mit diesem politischen Handeln versprechen wir uns nicht nur, dass der Individualverkehr spürbar abnimmt, sondern das Grundrecht auf Mobilität jedem Menschen in unserer Gesellschaft bedingungslos zusteht. Die NRWSPD steht für einen Kurswechsel in der Wohnungspolitik. Hin zu einer Gemeinwohlorientierung vor Renditeinteressen.

 

Wie wir uns diese Kursneubestimmung konkret vorstellen, seht ihr in unserem Antrag L05 „Wohnen ist ein soziales Menschenrecht und schafft Heimat für alle – Darum: Bezahlbarer und lebenswerter Wohnraum für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen“.

 

Auch der angemessene Zugang zu den Mitteln der Digitalisierung gehört mittlerweile zu den sozialen Kernbedürfnissen und wird von uns berücksichtigt und für alle Altersgruppen garantiert.

 

Soziale Sicherheit kann nur durch einen starken und auskömmlich finanzierten Staat gewährleistet werden

Daher werden wir die Steuerhinterziehung konsequent verfolgen und bestrafen. Wir werden Steuerflucht verhindern, denn dies ist keine Bagatelle, sondern eine Straftat. Es ist ungerecht, dass der immer größer werdende Teil des Steueraufkommens aus Steuern auf Arbeit bestritten wird und weniger aus Kapital- und Vermögenssteuern. Wir werden den Spitzensteuersatz und die Reichensteuer erhöhen, ebenso Steuern auf Kapitalerträge, werden die Erbschaftssteuer reformieren, die Vermögenssteuer wieder erheben und eine Finanztransaktionssteuer einführen. Ziel ist ein transparentes und gerechtes Steuerrecht.

 

Wie wir uns diese Kursneubestimmung konkret vorstellen, seht ihr in unserem Antrag L03 Handlungsfähigkeit stärken – Solidarität erneuern: Für einen starken solidarischen Staat!

 

2.4 Solidarische Gesellschaft

Unser Leitmotiv: Zusammenhalt stärken 

Unser Versprechen: Vielfalt und Zusammenhalt

Unsere Ziele: Offene Gesellschaft und Partnerschaftlicher Staat

 

Eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit ist es, den sozialen Frieden zu sichern. Sozialer Frieden entsteht durch Solidarität. Solidarität ist die Bereitschaft, füreinander einzustehen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Solidarität ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Sie kann staatlich nicht verordnet und erzwungen werden. Wohl aber kann und muss der Staat nach unserer Überzeugung die Voraussetzung schaffen, dass gelebte Solidarität in unserer Mitte günstige Bedingungen vorfindet. Nur wer Solidarität vorlebt, kann sie einfordern.

Eine solidarische Gesellschaft setzt einen starken und handlungsfähigen Staat voraus, der Würde, freie Selbstbestimmung und soziale Verantwortung des Menschen ermöglicht und vor einer Ökonomisierung aller Lebensbereiche wirksam schützt. Das heißt vor allem: Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt stehen.

Gute Arbeit, ein Sicherheit bietender Sozialstaat, gleicher Zugang zu Bildung sowie Investitionen in zukunftsfähige Infrastruktur und neue wirtschaftliche Impulse sind notwendige Handlungsstränge für Chancengleichheit und Teilhabe für alle, für Inklusion und Integration, dafür, in Vielfalt eine Bereicherung und Stärke zu sehen – kurz für eine solidarische Gesellschaft.

Von einer gerechten und solidarischen Gesellschaft kann nur die Rede sein, wenn mindestens in grundlegenden Fragen der öffentlichen Daseinsvorsorge gleiche Bedingungen zwischen Stadt und Land, zwischen strukturstarken und strukturschwachen Regionen und zwischen den einzelnen Quartieren unserer Städte herrschen. Neben einer notwendigen Umverteilung von oben nach unten liegt in der Angleichung der Lebensverhältnisse in unserem Land der Schlüssel zum Zusammenhalt der Gesellschaft. Wir treten daher für die Streichung der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz ein.

Wir dürfen jedoch nicht den Fehler begehen und Anerkennung auf eine ökonomische Größe reduzieren. Die Stärkung ökonomischer Verteilungsgerechtigkeit ist eine notwendige Bedingung einer solidarischen Gesellschaft, aber keine hinreichende und nicht mit ihr zu verwechseln. Eine solidarische Gesellschaft braucht mehr, und ein solidarischer Staat tut mehr.

 

Eine solidarische Gesellschaft braucht handlungsfähige Kommunen

In unseren Städten und Gemeinden haben die Menschen die meisten Berührungspunkte mit Staat und Politik. Auf kommunaler Ebene hat jeder und jede Einzelne die größten Gestaltung- und Einflussmöglichkeiten. Deshalb müssen die 396 Städte und Gemeinden in unserem Land an 365 Tagen im Jahr für ein lebenswertes Nordrhein-Westfalen sorgen. Das sicherzustellen, wird für viele Kommunen von Tag zu Tag schwerer. In zu vielen Städten erleben Menschen, dass Kultur- und Sportangebote zurückgefahren und Förderungen der Jugendarbeit gestrichen werden, öffentliche Infrastruktur verfällt und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger sinkt. Verlust von Vertrauen und steigende Unzufriedenheit finden sich vor allem dort, wo sich Menschen – unabhängig vom eigenen sozialen Status – von Politik und Staat verlassen fühlen. Gerade in einer Gesellschaft, in der traditionelle Orte der Gemeinschaft an Bedeutung verlieren, müssen wir deshalb den Städten und Gemeinden und damit in erster Linie den Bürgerinnen und Bürgern wieder Handlungsfelder eröffnen und Gestaltungsraum geben.

 

Wir haben die Kommune, das Basiscamp der Demokratie, in den vergangenen Jahrzehnten überfordert. Die Hälfte der sozialen Leistungen wird heute auf kommunaler Ebene getragen. Das Konnexitätsprinzip hieß am Ende zu oft: „Den letzten beißen die Hunde!“ Heute befinden sich finanzschwache Kommunen deshalb in einem Teufelskreis. Sie sind nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft für ihre Bevölkerung vergleichbar gute Lebensbedingungen und Zukunftsperspektiven zu ermöglichen. Weil Steuern gesenkt wurden und der Bund die Lasten der Sozialgesetzgebung stärker den Kommunen aufgebürdet hat, ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen, haben wir zugelassen, dass sich unter den Städten Globalisierungsverlierer ausgebildet haben. Durch strukturelle Krisen sanken Wirtschaftsleistungen und damit auch die Steuerkraft. Die soziale Folge: Auch die Soziallasten stiegen, weshalb Geld für Investitionen und den Erhalt fehlten.

 

Der Stärkungspakt Stadtfinanzen war eine richtige und erfolgreiche Maßnahme, um hier gegenzusteuern. Nun müssen aber kurzfristig weitere Schritte folgen: Um Kommunen wieder handlungsfähig zu machen und so den Menschen wieder die Möglichkeit zu geben, das Leben auch in ärmeren Städten zu gestalten, sind drei Schritte notwendig: Zuerst müssen alte Kassenkredite, die Kommunen in der Regel nicht selbst verschuldet haben, in einen Altschuldenfonds unter Beteiligung von Bund und Land überführt werden. Zweitens muss verhindert werden, dass neue Kassenkredite auflaufen. Dafür müssen die Haushalte der Kommunen ausgeglichen werden. Sie müssen aber vor allem substanziell von Soziallasten befreit werden. Drittens benötigen wir zielgerichtete Hilfe für jene Kommunen, die über Jahre negativ von einem Strukturwandel geprägt wurden.

 

Auch die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ hat Maßnahmen entwickelt, die den Kommunen mit Altschulden und hohen Kassenkrediten helfen, dauerhaft auf eigenen Füßen zu stehen. Klar ist, dass der Bund hier seiner finanziellen Verantwortung nachkommen muss, um die zu großen Teilen durch den Bund verursachte Anhäufung von Kosten bei den Kommunen zu beseitigen.

Bund, Länder und Gemeinden haben gemeinsam die Aufgabe, für gute Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger in ihrer Stadt, ihrer Gemeinde und ihrer Region zu sorgen.

 

Eine solidarische Gesellschaft ist eine freie Gesellschaft – Deshalb sorgen wir für Sicherheit für alle

Die SPD ist die Partei der Freiheit. Wir kämpfen für Freiheitsrechte und politische Teilhaberechte, aber auch für eine staatliche Gemeinschaft, die durch aktives Tun die Voraussetzungen für ein freiheitliches Leben aller schafft. Eine Abwägung von Freiheit gegen Sicherheit kann es nie geben, denn wir streben Sicherheit nicht als Selbstzweck an, sondern als ein Mittel, um Freiheit zu ermöglichen.

 

Hieraus folgt, dass sicherheitspolitische Maßnahmen in möglichst schonenden Ausgleich mit Bürgerrechten zu bringen sind. Dieser Grundsatz ist in den letzten Jahren durch politische Entscheidungen eklatant missachtet worden. Wir lehnen es daher ab, alle Bürgerinnen und Bürger unter einen Generalverdacht zu stellen und tatverdachtsunabhängig zu Adressaten polizeilicher Maßnahmen zu machen. Kein Staat darf zum Überwachungsstaat ausgebaut werden. Menschen, die sich rechtmäßig verhalten, müssen vor Grundrechtseingriffen allein aufgrund vermuteter böser Gedanken geschützt werden. Die Unschuldsvermutung sowie das Recht auf Privatheit und Datensouveränität müssen umfassend gewährleistet werden. Das Strafrecht als schärfstes Schwert des Rechtsstaats darf nur als allerletztes Mittel eingesetzt werden und darf nur an Handlungen anknüpfen.

 

Sicherheit darf nicht zum Privileg für Reiche werden, sondern muss von einem handlungsfähigen Staat flächendeckend gewährleistet werden. Sozialdemokratische Sicherheitspolitik setzt daher nicht auf markige Sprüche, öffentlichkeitswirksame Razzien oder eine Abschaffung von Freiheitsrechten. Wir bieten Schutz vor Straftäterinnen und Straftätern durch eine ausreichende Anzahl gut ausgebildeter und ausgestatteter Polizistinnen und Polizisten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz. Auch wenn die Kriminalität insgesamt sinkt, müssen wir Gefühle der Unsicherheit ernst nehmen. Angsträume müssen umgestaltet werden und im Bedarfsfall muss die Polizei schnell und verlässlich zur Stelle sein und das Recht effektiv durchsetzen. Rechtsfreie Räume darf es nicht geben.

 

Strafen und unmittelbarer Zwang sind für uns nur das allerletzte Mittel einer erfolgreichen Kriminalpolitik. Wir setzen auf Vorbeugung. Die beste Kriminalpolitik ist eine gute Sozialpolitik. Wir brauchen Investitionen in den gesellschaftlichen Zusammenhalt, z.B. in Integration, gute Bildung und Arbeit.

 

Wir wollen Gefängnisstrafen möglichst vermeiden, insbesondere Ersatzfreiheitsstrafen für Menschen, die nur deshalb eingesperrt werden, weil sie die Geldstrafe nicht bezahlen können. Stattdessen wollen wir andere Sanktionsformen etablieren, die schuldangemessen sind und neben einem Strafübel auch Unterstützungsangebote beinhalten. Auch bei Bewährungsstrafen schaffen wir die Voraussetzungen, dass mehr Bewährungsauflagen verhängt werden können, die ein spürbares Strafübel mit flankierenden Unterstützungsangeboten kombinieren. Bei der Vollstreckung von Gefängnisstrafen sollen Gefangene dazu befähigt werden, sich nach ihrer Strafe in unsere Gesellschaft zu (re)integrieren und ihr Leben künftig straffrei zu führen. Auch nach der Haftentlassung muss es solche Angebote geben. Eine unerfolgreiche Wiedereingliederung in den gefängnisfreien Alltag kann eine Ursache für Strafrückfälligkeit sein und muss deshalb verhindert werden.

 

Wir schaffen alle Ansätze von Klassenjustiz ab: Reiche und superreiche Kriminelle dürfen sich nicht durch Zahlung hoher Geldbußen ihrem Strafverfahren entziehen können. Ebenso werden wir prüfen, wie im Ordungswidrigkeitenrecht die Höhe von Geldbußen an die Einkommenshöhe gekoppelt werden kann. Zur wirksamen Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität führen wir ein Unternehmensstrafrecht ein.

 

Bei Bagatell-Kriminalität wie Schwarzfahren setzen wir hingegen auf Entkriminalisierung, weil Freiheitsstrafen hier unverhältnismäßig sind und Polizei und Justiz sich auf wirkliches Kriminalunrecht konzentrieren sollen.

 

Sicherheit für jeden und jede bedeutet mehr als nur formale Gleichheit vor dem Gesetz. Alle Menschen müssen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Geldbeutel und Bildungsstand zu ihrem Recht kommen. Die Justiz muss besser ausgestattet werden, um jedem Einzelfall gerecht zu werden und dennoch lange Verfahrensdauern zu vermeiden. Wir schaffen die Voraussetzungen, dass Menschen auch real den gleichen Zugang zum Recht erhalten. Wir wollen ein flächendeckendes und niedrigschwelliges Rechtsberatungsangebot sowie einen Ausbau von Beratungsstellen für Schuldnerinnen und Schuldner und allgemeiner Sozialberatung. Außerdem fordern wir einen massiven Ausbau von Beratungs- und Prozesskostenhilfe, damit alle Menschen ihr Recht auch tatsächlich durchsetzen können.

 

Eine solidarische Gesellschaft braucht ehrenamtliches Engagement

Unsere Demokratie lebt von den Menschen, die sie tragen. Das sind in besonderem Maße die vielen ehrenamtlich Aktiven aller Altersgruppen, die sich in Vereinen, Verbänden, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Parteien, Initiativen und Projekten engagieren. Wer seine Zeit und seine Kraft in den Dienst anderer und der Allgemeinheit stellt, dem gebührt unser Respekt und unsere Anerkennung. Sich ehrenamtlich zu engagieren bedeutet andererseits ein besonderes Maß an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten. Daher darf ehrenamtliches Engagement kein Privileg sein, dass von Herkunft oder Geldbeutel abhängt. Auch Menschen mit Beeinträchtigungen oder in besonderen Lebenslagen müssen ein Ehrenamt ihrer Wahl ausüben können. Wertschätzung und Öffnung von Ehrenamt für alle sind die Leitgedanken, denen unser politisches Handeln auch in Zukunft folgen wird.

 

Wer sich ehrenamtlich z.B. in einem Jugendverband oder Sportverein engagiert, will seine Zeit dort mit Tätigkeiten und Aufgaben verbringen, die Kern genau dieses Engagements sind und nicht mit langwierigen Antrags- und Nachweisverfahren. Außerdem entstehen durch vermeidbaren Verwaltungsaufwand Hürden, die Menschen davon abhalten, ehrenamtlich Verantwortung zu übernehmen. Wir setzen uns daher für die Vereinfachung und – wo möglich und sinnvoll – für die Digitalisierung von Antrags- und Nachweisverfahren ein. Überall dort, wo fachbezogene Pauschalen möglich sind, sollen diese auch zum Tragen kommen. Ein Übergangsschritt könnte sein, Projekte über den gesamten Programmzeitraum zu bewilligen und dadurch keine jährlich befristeten Verträge und jährliche Antragsstellungen notwendig zu machen. Ziel müssen jedoch Regelfinanzierungen sein. Wir wollen außerdem den Verwaltungsballast bei der Vereinsführung reduzieren und das Steuerrecht für Vereine vereinfachen.

 

Für ehrenamtliches Engagement investieren unzählige Menschen viel – ihre Zeit, ihre Energie, ihre Fähigkeiten und ihr Wissen. Wir sind der Auffassung, sie sollten als Zeichen der Wertschätzung ihrer Leistung an anderer Stelle von der Solidargesellschaft etwas zurückbekommen. Gleichzeitig wollen wir dafür sorgen, dass ehrenamtliches Engagement z.B. nicht an den Kosten für den Weg zum Ehrenamt scheitert. Wir werden daher die Ehrenamtskarte NRW „Ehrensache“ aufwerten, in dem wir für ein landesweit einheitliches Angebot sorgen, dass kostenlosen Eintritt in alle staatlichen und staatlich geförderten Kultur, Sport- und Freizeiteinrichtungen, ein Anrecht auf kostenfreie öffentliche Weiterbildungsangebote und ein landesweites ÖPNV-Ticket beinhaltet. Außerdem wollen wir uns dafür einsetzen, dass Studierende ihr Engagement auf ihre Studienleistungen anrechnen lassen können und ehrenamtliches Engagement in Bewerbungsverfahren stärker wertgeschätzt wird. Auch eine positive Anrechnung von Ehrenamt auf die individuelle Rente halten wir für erstrebenswert.

 

Mit Sorge beobachten wir hingegen, wenn demokratische Haltung und Beiträge zum politischen Diskurs als Anlass genommen werden, um Vereinen und Verbänden die Gemeinnützigkeit in Abrede zu stellen. Vermeintliche politische Neutralität darf nicht gegen eine klare Haltung für Menschenrechte und Demokratie ausgespielt werden. Sie darf nicht als Alibi zur Verhinderung von Engagement missbraucht werden. Politisches Engagement, das unsere Demokratie stützt, ist aus unserer Sicht Dienst an der Allgemeinheit im eigentlichen Sinne. Ehrenamtlich Engagierte müssen vor Übergriffen und Gewalt geschützt werden.

 

Eine solidarische Gesellschaft setzt auf Kulturoptimismus

Menschen sind kulturelle Wesen. Wir erheben den Anspruch, unsere Beziehungen als Menschen untereinander und unsere Umgebung zu gestalten. Unser Selbstverständnis folgt stark beeinflussenden Denk-Konstrukten und Überzeugungen, die in einer Gemeinschaft und für den Einzelnen eine Relevanz entfalten konnten.

 

Derzeit befinden wir uns mitten in vor allem kulturell geprägten Auseinandersetzungen. Das Bild vom Menschen, die Vorstellung einer guten Gesellschaft, die Aufgaben und Reichweiten des Staates, die Rolle von Sprache und Kommunikationsmitteln, das Bild von Arbeit und Technik und vieles mehr werden, mitunter gegensätzlichen, Auslegungen und Erzählungen unterworfen. Der Kampf um die Deutungshoheit ist in seinem Ausgang offen.

 

Wir denken Kunst und Kultur dynamisch und notwendig in einer Rückkopplung zum freien, selbstbestimmten und mündigen Menschen, zur demokratischen Verfasstheit unseres Staates und zum Gedanken eines solidarischen Gemeinwesens, das reale Mitmachmöglichkeiten eröffnet und jedem, jeder Einzelnen einen Wert an sich beigibt. Der Wille und die Lust zur Aneignung von Kunst als Empfängerin und Empfänger und die Möglichkeit des und der Einzelnen sich künstlerisch auszudrücken sind zutiefst menschliche Bedürfnisse.

 

Kulturpolitik ist Zukunftspolitik, wenn sie sich den Fragestellungen der Zeit und den universellen Bedürfnissen zuwendet und den Künsten Spielräume zur Auseinandersetzung eröffnet. Kunst und Kultureinrichtungen unterstützen uns wesentlich, sowohl bei der Begründung einer stabilen und positiven Identität als auch dabei, einen Zukunftsentwurf mittels umfassender und differenzierter Blickpunkte und Aushandlungsprozesse aufgrund eines Verständnisses von der Vielschichtigkeit und des Facettenreichtums menschlicher Existenz zu wagen.

 

Soziale Ungleichheit ist ein der kapitalistischen Gesellschaft innewohnendes Übel. Ungebremster Kapitalismus führt zur Enteignung von Lebens- und Zukunftsentwürfen. Hier ist auch die Kunst herausgefordert. Kulturpolitik muss die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstlerinnen und Künstlern in den Blick nehmen und für Verbesserung sorgen. Die Rechte von Künstlerinnen und Künstlern müssen gewahrt bleiben, ihre – in mehrfacher Hinsicht – häufig prekäre Situation muss verbessert werden.

 

Menschen ist eigen, dass sie Orte der Begegnung, des Austausches und der Betätigung brauchen. Kulturorte sind neben ihrer jeweiligen inhaltlichen Angebotsstruktur besonders in diese Richtung zu entwickeln. Kultureinrichtungen sind zentraler Bestandteil von Daseinsvorsorge und Treiber im Bereich der Inklusion. Kunst- und Kultureinrichtungen bedürfen für Produktionen und Betrieb einer perspektivisch sicheren Finanzierung. Der Zustand bei Technik, Infrastruktur, Verwaltung und Personal muss dringend verbessert werden. Kultureinrichtungen sind aber auch Bildungseinrichtungen und müssen ähnlich behandelt werden, so z.B. beim Anschluss an die digitale Welt. Kultureinrichtungen müssen für alle offen sein. Kulturelle Bildung ist Teil des Fundaments der persönlichen Entwicklung eines Menschen. Allen, aber insbesondere jungen Menschen, muss sie frei zugänglich sein.

 

Eine solidarische Gesellschaft kämpft um jede und jeden Einzelnen, macht ihren Feinden aber keine Zugeständnisse

Wir lassen nicht zu, dass Antisemitismus, religiöser und weltanschaulicher Extremismus, Radikalismus und Rassismus oder kurzum gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu einer akzeptierten Position werden. Inhaltliches Anbiedern an rechte Hetzer sind für uns absolute Tabus. Den Rechtsradikalen, die inzwischen im Bundestag, in Landtagen und auch in vielen kommunalen Parlamenten sitzen, bieten wir die Stirn. Wir fordern eine konsequente Aufarbeitung der rechten Netzwerke in Deutschland.

 

Damit es nicht vermehrt rechte Menschenfänger sind, die Angebote für Kinder und Jugendliche schaffen, um diese so für ihre Zwecke zu missbrauchen, werden wir die Jugendsozialarbeit weiter stärken und ausbauen. Jugendsozialarbeit ist in allen Belangen wertvolle präventive Arbeit und muss zugänglich für alle jungen Menschen sein.

 

Doch junge Menschen benötigen nicht nur die richtigen Angebote, sondern auch die notwendige Zeit, um diese Angebote nutzen zu können. Für uns ist es daher ein notwendiger Auftrag, die Zeiten in den Schulen, der Ausbildung, im Studium aber auch im Beruf auf den Prüfstand zu stellen und allen Menschen ausreichend Raum für Freizeit und Engagement zu verschaffen. Außerdem müssen wir Jugendliche ernster nehmen. Wir setzen uns weiter dafür ein, das Wahlalter in NRW und langfristig auch auf anderen Ebenen auf 16 Jahre zu senken.

 

Darüber hinaus wollen wir, dass die schon bestehenden Projekte, aber auch zukünftige Programme zur Demokratiestärkung und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit finanziell dauerhaft auf sicherere Füße gestellt werden. Menschen, die dort wichtige Arbeit leisten, brauchen Planbarkeit für ihre Arbeit. Sie dürfen sich nicht durch fortgesetzte Befristung und bürokratische Hürden stets neuer Antragsstellungen in ihrer Existenz bedroht sein. Die persönliche Sicherheit von Menschen, die an der Thematik arbeiten oder sich engagieren ist uns besonders wichtig. Meldeauskunftssperren, andere ladungsfähige Adressen als die persönliche Anschrift und der Opferschutz sind hierzu notwendige Bausteine. Behörden müssen hierfür sensibilisiert und ertüchtigt werden im Sinne der betroffenen Menschen zu handeln.

 

Wir wollen uns dafür einsetzen, dass jede Schülerin und jeder Schüler einmal eine Holocaust-Gedenkstätte besucht. Diese Besuche müssen tiefgehend vor- und auch nachbereitet werden. Dazu bedarf es entsprecht geschulter Lehrerinnen und Lehrer. Hierzu wollen wir die Curricula der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern, aber auch die Lehrpläne anpassen. Die schon existierenden, sehr guten Angebote von außerschulischen Bildungseinrichtungen sollen hierzu ausdrücklich mit einbezogen werden.

 

Letztlich müssen wir auch uns selbst weiter in die Pflicht nehmen. Wir werden ein stärkeres Bewusstsein für Sprache als politisches Macht- und Gestaltungselement entwickeln und sensibel mit Begrifflichkeiten in unserem Sprachgebrauch umgehen. Es gilt uns so zu positionieren, dass nicht rechte Deutungen durch unbedachte Übernahme ihrer Themensetzung oder ihrer Sprache adaptiert werden, im Gegenteil, dass diese entlarvt werden. Hierzu werden wir Konzepte erarbeiten, um Mitglieder auf allen Ebenen – vom Ortsverein bis zur Bundesebene – die für und durch unsere Partei leitende Positionen einnehmen, in dieser Thematik zu schulen. Außerdem werden wir größere Klarheit und Konsistenz in unserer Sprache und unsere Forderungen bringen. Wir müssen sagen, was wir tun und tun, was wir sagen.

 

Eine solidarische Gesellschaft schließt alle ein

Herkunft, Religion, Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Identität, Beeinträchtigung oder Aussehen dürfen keine Gründe sein, um Menschen eine gesellschaftliche oder politische Teilhabe vorzuenthalten oder diese zu erschweren. Denn sozialer Frieden und Zusammenhalt funktionieren nur, wenn Menschen nicht gegeneinander ausgespielt werden und Chancengleichheit gewährleistet ist. Keinem Menschen, egal ob neueingewandert oder in Deutschland geboren, darf der Zugang zu Bildung erschwert oder verweigert werden. Denn gute Bildung ist der Schlüssel für eine tragfähige Demokratie und für eine solidarische Gesellschaft. Der Blick muss sich also zukünftig statt auf defizitorientiertes Denken und Handeln auf Ressourcenwahrnehmung und Wertschätzung richten.

 

Die Sensibilisierung rund um die Thematik der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist für uns ein hohes Ziel. Daher muss sie von der Kita, über Schule, Hochschule und Ausbildung bis in den Berufsalltag thematisiert werden. Ein Brückenschlag in die Praxis sind für uns flächendeckende Schulungen (Diversity-Trainings).

 

Vorurteile und Stereotype müssen sowohl in der Mehrheitsgesellschaft als auch in den diversen Minderheitsgesellschaften abgebaut werden. Hierfür muss Politik mit gutem Beispiel vorangehen und eine Öffnung der eigenen Strukturen ernsthafter und zielgerichteter vorantreiben. Diskriminierende Strukturen in anderen Bereichen, wie beispielsweise in der Arbeitswelt oder durch Gesetze, müssen bekämpft und kritisiert werden.“

 

Eine zentrale Frage unserer Zeit bleibt, wie wir ein solidarisches Zusammenleben der Gesellschaft gestalten. Die Antworten auf die großen Herausforderungen der Zukunft bringen eine klare Richtungsentscheidung mit sich – Unsere Richtung ist klar: Wir wollen uns gegen Spaltung mit unserer Vision von einer solidarischen Gesellschaft durchsetzen.
Wir wollen uns nicht mit den gleichstellungspolitischen Errungenschaften zufriedengeben, sondern fordern eine tatsächlich gleiche Teilhabe in allen Lebensbereichen, von denen alle Geschlechter profitieren werden.
Als erste Maßnahmen sind daher für uns zu nennen:

  • ein Paritätsgesetz, das durch eine Quote für Parlamente endlich einen gleichen Zugang zu Ämtern und Mandaten öffnet
  • eine echte Geschlechterquote für Führungspositionen, da die aktuelle Quote weit hinter ihren erdachten Zielen zurückbleibt
  • einen Sozialstaat, der Frauen nicht mehr in Rollenbilder drängt und somit sie zu echter gleichberechtigter Teilhabe befähigt.

 

Alle hier formulierten Ziele und Maßgaben gelten für alle Menschen, egal ob mit oder ohne Einwanderungsgeschichte, unabhängig davon, ob sie in Deutschland geboren sind, schon lange hier leben, neu eingewandert sind oder dies in Zukunft tun werden. Deshalb müssen wir, um die integrationspolitischen Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen und um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern, in der Migrations- und Geflüchtetenpolitik umsteuern.

 

Wir brauchen eine menschenwürdige Asylpolitik ohne „Lager“ und Transitzentren sowie ein individuelles Asylrecht mit Einzelfallprüfung. Seenotrettung darf nicht weiter kriminalisiert und auf gar keinen Fall hinterherfragt werden. Wir stehen für eine staatliche Seenotrettung ein, die das Sterben im Mittelmeer beendet. Es müssen sichere Fluchtwege geschaffen werden. Wir brauchen Integrations- und Sprachkurse für alle Menschen, die den Bedarf haben. Außerdem wollen wir den Austausch zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen fördern, indem wir Vereine und Verbände, die sich öffnen und Kooperationen eingehen, besonders unterstützen. Die menschenverachtende Abschottungspolitik Deutschlands und der EU wollen wir sofort beenden und werden dafür entschieden eintreten. Statt der Bekämpfung von Geflüchteten werden wir konsequent gegen Fluchtursachen, z. B. gegen Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte, vorgehen und für sichere Fluchtrouten, die Entkriminalisierung der Seenotretter und die Aufnahme und Integration von Geflüchteten in Deutschland und Europa eintreten.

 

Die solidarische Gesellschaft ist international

Internationale Solidarität bedeutet, dass Miteinander und Geschwisterlichkeit nicht an nationalstaatlichen Grenzen oder den EU-Grenzen enden. Es bedeutet, nationale Standort- und Wettbewerbspolitik im Geiste eines fairen Miteinanders zu überwinden. Wir sind heute mehr als zuvor aufeinander angewiesen, wir bewohnen einen Planeten mit seinen begrenzten Ressourcen. Somit ist die soziale Frage eine internationale. Deswegen muss Solidarität global sein. Daher bekennen wir uns klar zu der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und dem Pariser Klimaabkommen. Wir sind uns der internationalen Verantwortung bewusst, die ein wirtschaftsstarkes Land wie Deutschland hat, wenn es um die Bekämpfung des Klimawandels und globaler Ungleichheit geht.

 

Unsere Aufgabe ist es, ökonomische und demokratische Strukturen so zu verändern, dass für alle Menschen ein gutes Leben möglich ist. Wir müssen die neoliberale Ausrichtung der Globalisierung bekämpfen, die einseitig Konzerninteressen bedient, während die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die den Reichtum erwirtschaften und die Umwelt, zunehmend auf der Strecke bleiben.

 

Es geht also nicht um weniger als um die Frage nach einer sozial gerechten Weltordnung, nach einer solidarischen Weltgesellschaft, die auf Verteilungsgerechtigkeit beruht. Unsere Aufgabe in den kommenden Jahren wird darin bestehen, eine neue Solidarität unter vermeintlich unversöhnlichen Akteurinnen und Akteuren herzustellen. Wir im globalen Norden stehen mit unserer Handelspolitik, unserer Produktions- und Lebensweise in direktem Zusammenhang mit denen im globalen Süden, die für uns Produkte – meist zu ihren Lasten und mit immensen ökologischen Kosten – herstellen. Wir müssen Antworten auf die zentrale Frage finden, wie wir gut leben können, ohne dass andere für uns unter erbärmlichen und menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen. Hierzu gehören zuvorderst eine faire Handelspolitik der EU und eine faire weltweite Steuerpolitik gegenüber dem globalen Süden sowie deutliche Regulierungsschritte hin zu einer ressourcenschonenderen Produktionsweise. Eine international solidarisch gestaltete Politik, die allen Menschen eine lebenswerte Zukunft eröffnet, ist gleichzeitig die beste Bekämpfung von Fluchtursachen.

 

Ein Wort zum Schluss

Eine Zukunft unter dem Titel „Rot Pur!“ orientiert sich nicht an Ressortgrenzen, sondern an starken Werten. Deshalb denkt die Sozialdemokratie Strukturpolitik und Kulturpolitik, Kriminal- und Sozialpolitik, Bildungs- und Integrationspolitik zusammen – von der Kommune bis zur Weltgemeinschaft. Einer dieser Werte ist die Solidarität, zur Ermöglichung von Freiheit.

 

Unsere Politik für eine solidarische Gesellschaft zielt deshalb auf drei Dimensionen, die wir nicht an den politischen Institutionen, sondern am Alltag der Menschen orientieren. Denn jeder Mensch ist ein Teil der solidarischen Gesellschaft. Deshalb…

 

…bauen wir auf solidarische Orte. Wir stärken die Kommunen, um sie als nötiges Korrektiv in einem föderativen Bundesstaat zu erhalten und sie zugleich als den hervorragenden Ort politischer Bildung anzuerkennen.

…denken wir den Menschen als solidarisches Individuum. Wir setzen Rechte und Pflichten zwischen Staat und Gesellschaft wieder in ein gutes Verhältnis, um für Freiheit und Sicherheit zu sorgen.

…schätzen wir solidarisches Handeln wert. Wir stärken Ehrenamt und Engagement vor Ort. Wir stärken Jugendsozialarbeit weiter und intensivieren Integrationsbemühungen.

…fördern wir, was solidarisches Handeln fördert. Wir sichern Kultureinrichtungen ab und stärken die Rechte der Künstlerinnen und Künstler.

…geht unsere Solidarität über Grenzen hinaus. Wir machen solidarisches Handeln zum Leitprinzip internationaler Politik.

 

3. Fazit

Die NRWSPD ist sich bewusst: Vor uns liegt ein langer Weg und wir sind erst ein Stück des Weges gegangen. Aber wir wissen, dass es gemeinsam gelingen kann. Hierfür muss sich die deutsche Sozialdemokratie ihrer Stärken besinnen und ihrer Aufgaben für die Gesellschaft erinnern. Wir wollen die bevorstehende Umwälzung unserer Partei und bevorstehende Umbrüche in unserer Gesellschaft endlich als Chance und Pflicht zum konsequenten Handeln begreifen. Die Sozialdemokratie war nie Selbstzweck und dann stark wie geeint, wenn sie für andere Hoffnung und Versicherung in Zeiten des Umbruchs war. Diese Themen, Zusammenhalt in der Gesellschaft, handlungsfähiger Staat, bezahlbares Wohnen, Aufstieg durch Bildung und eine Arbeit, die sich lohnt in einem sozialen Europa stellen wir als NRWSPD in den Mittelpunkt unserer Politik und erneuern so unsere sozialdemokratischen Zukunftsversprechen. Auf dem Parteitag vor einem Jahr haben wir diesen Kurs als Jahrzehnt der sozialen Investitionen und Innovationen, ja als sozialdemokratisches Jahrzehnt bezeichnet. Denn der Staat, den wir uns vorstellen, wird wieder in der Lage sein, für gleichen und gerechten Zugang zu Bildung und Arbeit zu sorgen, er wird wieder dafür sorgen können, dass genügend bezahlbare Wohnungen gebaut werden und endlich die vielerorts verrottete Infrastruktur repariert wird: Schulen, Schwimmbäder, Brücken, Straßen, Schienen, das heißt Daseinsvorsorge, Mobilität und Gigabit für alle – in Stadt und Land, öffentliche Sicherheit in jedem Viertel.

 

Auf diese Weise schreiben wir einen neuen, modernen, fortschrittszuversichtlichen und sozial gerechten Entwurf für die Zukunft unseres Landes. Dabei orientieren wir uns an einem Gesellschafts- und Menschenbild, das anerkennt, dass Freiheit für jede Einzelne und jeden Einzelnen nur durch Solidarität aller möglich ist.

Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):
Überwiesen am 10.10.2019 an: SPD-Landtagsfraktion NRW und SGK NRW