IR-08 Polizeibeauftragter

Der SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen und die SPD-Landtagsfraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen sollen sich dafür einsetzen, dass

 

auf Landesebene das Amt einer unabhängigen Polizeibeauftragten / eines unabhängigen Polizeibeauftragten geschaffen wird.

 

Die oder der Polizeibeauftragte soll die Aufgabe haben, das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Polizei und Gesellschaft zu stärken. Alle Polizeibeschäftigten in Nordrhein-Westfalen sowie alle Einwohnerinnen und Einwohner in Nordrhein-Westfalen sollen die Möglichkeit haben, sich unmittelbar an die oder den Polizeibeauftragten zu wenden. Die oder der Polizeibeauftragte soll im Rahmen ihrer oder seiner Zuständigkeit dazu beitragen, Fehler und Fehlverhalten in Einzelfällen zu erkennen und ihnen vorzubeugen beziehungsweise sie abzustellen sowie strukturelle Fragestellungen aufzuzeigen. Dazu soll die oder der Polizeibeauftragte Akteneinsicht nehmen können und Fragen an die Polizei- und Ermittlungsbehörden stellen können; die Polizeibehörden sollen grundsätzlich zur Amtshilfe verpflichtet sein. Die oder der Polizeibeauftragte soll dabei vom Landtag gewählt werden, grundsätzlich unabhängig sein, keinem Ministerium eingegliedert sein und zudem über hinreichend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen, um die genannten Aufgaben selbstständig zu erledigen.

Begründung:

 

Die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen genießt unter den Einwohnerinnen und Einwohner ein hohes Vertrauen, Akzeptanz und ein großes Maß an Wertschätzung. Ihr hohes Ansehen beruht auf professionellem und verantwortungsvollem Handeln. Der Polizei obliegt die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols. Polizistinnen und Polizisten üben eine wichtige Aufgabe für das Gemeinwohl in der Bundesrepublik Deutschland und in Nordrhein-Westfalen aus. Nur eine demokratische und rechtsstaatliche Polizeiarbeit kann verhindern, dass sich letztlich physisch die faktisch stärkeren und machtvolleren Personen und Gruppen durchsetzen: Das Gewaltmonopol des Staates ist deshalb auch ein zutiefst sozialdemokratisches Anliegen.

 

Auf der anderen Seite darf nicht verkannt werden, dass polizeiliche Maßnahmen in der Vergangenheit teilweise dem Vorwurf diskriminierender und zum Teil auch rassistischer Handlungsweisen ausgesetzt waren. Solchen Vorwürfen muss sowohl im Einzelfall als auch in struktureller Betrachtungsweise nachgegangen werden, insbesondere auch um das Vertrauen in die polizeiliche Arbeit möglichst bei allen Bevölkerungsgruppen in Deutschland zu stärken. Die Polizei muss für alle Teile der Bevölkerung Ansprechpartner bei Fragen und Problemen im Bereich der öffentlichen Sicherheit sein.

 

Angesichts der hohen Bedeutung der Polizei im rechtsstaatlichen Gefüge ist daher die Aufarbeitung von möglichen Problemen besonders wichtig. Aufgrund der Ansprüche und Belastungen, die mit den Aufgaben der Polizei einhergehen, trägt auch die Legislative eine besondere Verantwortung für die Bediensteten der Polizei und steht in der Pflicht, sich mit den sie betreffenden Angelegenheiten sorgfältig auseinanderzusetzen. Die Etablierung externer Institutionen zur Aufklärung etwaigen Fehlverhaltens im polizeilichen Bereich ist daher in vielen europäischen Staaten bereits üblich. Dieser Antrag orientiert sich in Teilen an der Rechtslage im Land Brandenburg.

 

In Nordrhein-Westfalen werden gegenwärtig Beschwerden in Polizeiangelegenheiten dezentral in den Polizeibehörden bzw. den Polizeieinrichtungen bearbeitet. Parallel dazu besteht natürlich immer auch die Möglichkeit einer Beschwerde an den Petitionsausschuss des Landtages, dieses Verfahren hat jedoch eine andere Zielrichtung. Es besteht Bedarf an einer zusätzlichen und von der Polizei unabhängigen Stelle, an die sich Bürgerinnen und Bürger wenden können. Die externe und neutrale Anlaufstelle bietet zudem die Möglichkeit für Polizeibedienstete, innerdienstliche Kritik, Anregungen oder ähnliche Hinweise vorbringen zu können. Es ist im eigenen Interesse der Polizei, berechtigte Kritik aufzunehmen und für Verbesserung in den Arbeitsabläufen zu sorgen. Dies betrifft beispielsweise Arbeitsabläufe oder Probleme mit Vorgesetzten und Arbeitskolleginnen und -kollegen sowie den Umgang mit innerdienstlicher Kritik. Durch eine intensivere Beschäftigung mit diesen Anliegen kann die Arbeit der Polizei insgesamt verbessert werden.

 

Dabei soll die oder der Polizeibeauftragte in erster Linie durch kommunikative Intervention oder – in geeigneten Fällen – auch durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit tätig werden. Des Weiteren soll die oder der Polizeibeauftragte sich regelmäßig mit wissenschaftlichen Institutionen (Universitäten, Hochschulen, Fachinstitute) austauschen und auch den Kontakt mit betroffenen Interessensgruppen und verbandlichen Akteuren suchen (Polizeigewerkschaften, migrantische Vereine und Verbände, Betroffenengruppen aus dem Bereich Schwule, Lesben, queere Menschen, andere Verbände von Betroffenengruppen von möglicher polizeilicher Diskriminierung). Die Grenze der Tätigkeit der oder des Polizeibeauftragten ergibt sich, wenn eine Zuständigkeit oder rechtliche Einwirkungsmöglichkeit durch Land nicht gegeben ist (z.B. bunderechtlich abschließend geregelter Sachverhalt) oder die Behandlung eines Anliegens einen Eingriff in ein gerichtliches, steuerstrafrechtliches oder disziplinarrechtliches Verfahren bedeuten würde.

 

Zudem soll die oder der Polizeibeauftragte einen regelmäßigen Bericht an den Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen und an die Öffentlichkeit geben. Diese Berichte sollen auch Verbesserungsvorschläge enthalten wie Hinweise und Vorschläge für dienstliche Anweisungen, Hinweise und Vorschläge für die Verbesserungen von Aus- und Fortbildungsinhalten, Verbesserungen beim Schutz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten vor Gewalt einerseits und auch Verbesserunen beim Schutz vor möglicher Polizeigewalt andererseits; zu Letzterem gehören auch mögliche Hinweise und Vorschläge zur Verbesserungen der Nachvollziehbarkeit und Beweisführung nach polizeilichen Maßnahmen (z.B. Frage einer Kennzeichnungspflicht, Umfang der Auszeichnung durch sog. Bodycams ).

 

Für die Umsetzung der entsprechenden Aufgaben der oder des Polizeibeauftragten sollen der oder dem Beauftragen eine angemessene Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereitgestellt werden, die durchaus einen polizeilichen Ausbildungshintergrund haben können, aber arbeits- und dienstrechtlich unmittelbar der oder dem Polizeibeauftragten zugeordnet sein müssen.

 

Die oder der Polizeibeauftragte soll vom Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen gewählt werden und in ihrer/seiner Arbeit unabhängig sein und nur dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen verantwortlich sein, ähnlich wie heute schon der oder die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit oder der oder die Bundeswehrbeauftragte auf Bundeebene.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt durch die Annahme von IR-06