Ar-09 Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen

Die Möglichkeit zur kalendermäßigen Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes in § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) ist zu streichen.

Begründung:

Arbeitsrechtliche Regelungen des Normalarbeitsverhältnisses werden zunehmend durch befristete Arbeitsverträge unterlaufen. Dies hat zur Folge, dass der Anteil der Befristungen bei neuabgeschlossenen Verträgen gestiegen ist. Dabei ist zu beobachten, dass die Personalabteilungen der Unternehmen strategisch insbesondere die Gestaltung der sachgrundlosen Befristung anwenden, obwohl hierfür keine unmittelbare betriebswirtschaftliche Notwendigkeit besteht. Die ursprünglich angestrebte arbeitsmarktpolitische Wirkung sachgrundloser Befristungen ist nicht eingetreten. Während befristete Beschäftigung die Beschäftigungsaussichten weder verbessert noch verschlechtert, ist sie mit gravierenden Nachteilen für die Beschäftigten verbunden.
I.
a. Durch die massenhafte Befristung von Arbeitsverhältnissen wird der gesetzliche Kündigungsschutz für fast die Hälfte aller neu abgeschlossenen Arbeitsverträge unterlaufen.
b. Der Zusammenhang zwischen befristeter Beschäftigung und schlechten Arbeitsbedingungen liegt auf der Hand: Zum einen führt eine häufige Arbeits- platzsuche zu Zugeständnissen beim Einkommen und bei den Arbeitsbedingungen. Zum anderen scheuen sich Beschäftigte, die auf eine Entfristung ihrer Stelle hoffen, auch während ihrer befristeten Beschäftigung, Arbeitnehmerrechte wahrzunehmen, beispielsweise bei der Einhaltung der Arbeitszeit, bei der Vergütung von Überstunden oder bei der Gewährung von Urlaub; sie verzichten häufig auf tarifliche Ansprüche und gehen krank zur Arbeit. Befristet Beschäftigte haben im Grunde keine Chance, sich als Betriebsrat oder Betriebsrätin zu engagieren.
Auch die Möglichkeiten zum beruflichen Aufstieg und der Zugang zu Weiterbildung sind bei befristet Beschäftigten geringer. Hinzu kommt, dass die Betroffenheit von Mobbing bei befristet Beschäftigten größer ist als bei unbefristet.
c. Eine befristete Beschäftigung bietet keinen persönlichen Planungshorizont – weder für die Familiengründung, die aktive Entscheidung für ein Kind, noch für große Investitionen. Entscheidend ist dies auch für die Familienpolitik in Deutschland, da Befristungen überproportional bei jungen Arbeitnehmern genutzt wird. Alleine in der Gruppe der 20 – 25 Jährigen beträgt der Anteil der befristet Beschäftigten 25%. Eine überschaubare Lebensplanung ist damit nicht möglich. Die Generation „Prekär“ bleibt oft schon aus diesem Grund kinderlos. Dies ist angesichts der demoskopischen Entwicklung unverantwortlich. Auch Milliarden an Betreuungsgeld wird die Unwägbarkeiten prekärer Verhältnisse von jungen Paaren nicht ausgleichen können. Sie wollen ihren Nachwuchs nicht diesen unüberschaubaren Ketten-Einkommens-Verhältnissen aussetzen. Nur 2,9 % wünschen die aufgenötigte Befristung.
II.
Letztlich wird das Betriebsverfassungsgesetz auf kalten Weg zunehmend außer Kraft gesetzt. Durch die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung werden die Rechte von Betriebs- und Personalräte bei Entlassungen ausgehebelt , weil das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Wir brauchen mehr Sicherheit im Erwerbsleben in Deutschland. Deshalb müssen befristete Arbeitsverträge auf das Notwendige zurück gedrängt werden. Den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Unternehmen an befristeten Arbeitsverträgen wird durch den Zulässigkeitskatalog der Befristung mit Sachgrund § 14 Absatz 1 des Teilzeit und Beristungsgesetzes (TzBfG) hinreichend Rechnung getragen.
Die Befristung eines Arbeitsvertrages dann zulässig, wenn sie einer der folgenden Zwecke verfolgt:
1. Der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend ist.
2. Die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt.
3. Der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers erfolgt.
4. Die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt.
5. Die Befristung zur Erprobung dient.
6. n der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigt. 7. Der Arbeitnehmer aus begrenzten Haushaltsmitteln der öffentlichen Haushalte vergütet wird.
8. Die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht..
Bei Vorliegen eines dieser Sachgründe bleibt eine Befristung auch nach Streichung der sachgrundlosen Befristung zulässig. Daneben besteht kein berechtigtes Interesse der Wirtschaft an sachgrundlosen Befristungen.
III.
Durch die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung werden den öffentlichen Haushalten keine Kosten entstehen. Sie werden entlastet. „Wachsende Prekarität während und nach der Erwerbsphase belastet die öffentlichen Haushalte. Vermehrte Ausgaben zur Armutsbekämpfung mindern bei gegebenen Gesamtbudgets die öffentlichen Investitionen in Infrastruktur und Bildung/Weiterbildung. Sie bremsen die Wachstums- und Produktivitätsentwicklung.“ (Statistisches BA)

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme
Stellungnahme(n):
Überwiesen am 09.07.2018 an: SPD-Bundestagsfraktion, SPD-Parteivorstand, SPD-Landtagsfraktion NRW