A-02 China hat Fünfjahrespläne; was haben wir? Mit Kalkül und Kompetenz für China!

Status:
Überweisung

1. dass sich die SPD für eine ebenso kritische wie konstruktive China-Politik einsetzt. Dazu gehört das Aufrechterhalten bewährter politischer und diplomatischer Kommunikationswege. Insbesondere wollen wir, wo immer möglich, den zivilgesellschaftlichen Austausch stärken: Durch Städtepartnerschaften, Kunst, Kultur, Wissenschaft und Sport. Damit tragen wir der Realität Rechnung, dass China zwar von großer geopolitischer Bedeutung, aber eben auch erbittert systemischer Rivale ist. Und wir stärken unserer Solidarität mit der chinesischen Bevölkerung, die unter Menschenrechtsverletzungen in China leidet.

 

2. dass die SPD zukünftig auch eine Dialogkompetenz im Umgang mit China entwickelt. Hierfür ist es wichtig, dass eine entsprechende China-Kompetenz in der SPD auf- bzw. ausgebaut wird. Dieser Ausbau beinhaltet insbesondere folgende Punkte:

  • Bewusstseinsschaffung für die Geschichte und die Funktionalität des politischen Systems Chinas. Beide Aspekte bilden ein wichtiges Fundament, um die Interessen sowie Ziele Chinas besser zu verstehen. Dieses Verständnis ist die Grundlage für die Entwicklung einer China-Strategie.
  • Es ist notwendig, sozialdemokratische Mandats- und Funktionsträger auf allen Ebenen betreffend China zu sensibilisieren und weiterzubilden. Zur Schaffung dieser China-Kompetenz sind Foren zum kulturellen Austausch notwendig. Auch sollen Know-how und Angebote der Hochschulen, Thinktanks (z.B. FES, MERICS), Stiftungen und Parteischulen genutzt werden.

     

    3. dass die SPD sich zukünftig für die Schaffung einer Chinastrategie auf nationaler und europäischer Ebene einsetzt. Eine China Strategie ist ein elementarer Eckpfeiler sowohl für eine gemeinsame Kooperation bei globalen Fragen (z.B. Klimawandel, globale Abrüstung), aber auch für den Umgang mit chinesischem Engagement in Europa (z.B. Investition in Schlüsseltechnologie und kritische Infrastruktur). Eine notwendige Bedingung für eine europäische China-Kompetenz ist, dass sich die europäischen Staaten Ihrer Interessen mit Blick auf China bewusst sind und diese auch verstehen, gemeinschaftlich zu artikulieren. Dafür brauch es eine SPD mit einer China-Kompetenz, die ein europäisches Deutschland prägt.

     

    4. dass die SPD zukünftig eine Politik gestaltet, die der einseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeit Deutschlands und der EU von China entgegenwirkt. Dazu gehören insbesondere

    • die Diversifizierung von Lieferketten, damit deutsche und europäische Unternehmen besser vorbereitet sind auf Störungen im Lieferungs- und Beschaffungsprozess.
    • die zusammenhängende und kritische Betrachtung der Aktivitäten chinesischer Unternehmen in Europa. Die Analyse einzelner Investitionen/Beteiligungen darf nicht mehr ausreichend sein für eine politische Einordnung.
    • die Fokussierung des globalen Wettbewerbs, um Zugänge zu Ressourcen und Einflüsse gegenüber China zu sichern.

     

    5. dass die SPD eine entsprechende Chinastrategie in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität entwickelt, damit sozialdemokratische Grundwerte wie auch Menschenrechte bei einer künftigen China-Politik durchgesetzt werden.

     

    6. dass die SPD sich für die Entwicklung einer europäischen Taiwan-Strategie einsetzt, die die besondere Bedeutung Taiwans als liberale und progressive Demokratie anerkennt. Eine Annexion Taiwans durch China lehnen wir entschieden ab und engagieren uns, um sie zu verhindern.

    Begründung:

     

    China wird in der deutschen Presse entweder einseitig negative oder gar nicht dargestellt, obwohl China für Deutschland aber auch Europa damals wie heute ein wichtiger Partner ist. Vor allem in den Themen Wirtschaft, globale Rüstungskontrollarchitektur oder der Lösung des Klimawandels ist eine Lösung ohne die Kooperation mit China nicht möglich (siehe Maier und Staack 2022). Deswegen ist es wichtig, über verschiede Kommunikationsformate im Dialog mit China zu bleiben, zum Beispiel mit einem sog. heißen Draht auf Regierungsebene oder über Städtepartnerschaften auf kommunaler Ebene. Insbesondere die Zuspitzung mit Blick auf Taiwan in den letzten Wochen hat die Notwendigkeit einer regelmäßigen Kommunikation gezeigt. Denn sozialdemokratische Politik ist reden statt schießen (Christoph Zöpel).

     

    Im Umgang mit China ist aber nicht nur Dialogbereitschaft, sondern auch Dialogkompetenz erforderlich. Für eine Dialogkompetenz ist es wichtig, die chinesischen Denkweisen zu verstehen. Beispielweise wirkt sich die Geschichte Chinas (z.B. Konfuzianismus oder das Handeln in langen Linien) sowie die Besonderheit des politischen Systems (z.B. Bedeutung von individuellen Freiheiten) auf das Handeln der politischen Akteure aus (siehe Heberer und Müller 2017). Zur Schaffung dieser Dialogkompetenz bzw. China-Kompetenz sind Foren zum kulturellen Austausch notwendig. Auch sollte die Kompetenz der Hochschulen (z.B. Institute of East Asian Studies) und Thinktanks wie die Friedrich-Ebert-Stiftung oder des Mercator Institute for China Studies (MERICS) mit einbezogen werden. Umgesetzt werden sollte dies durch eine Ausweitung von Veranstaltungsformaten wie Seminaren, Akademien der Parteien oder öffentlichkeitswirksamen SPD-Veranstaltungen.

     

    Diese Breite an Kompetenzvermittlungen ist dringend erforderlich, um unsere eigenen Interessen in einer Chinastrategie zu bündeln. Eine SPD mit einer China-Kompetenz kann in Europa vorangehen, umso bei der Gestaltung einer gemeinsamen europäischen China-Strategie mitzuwirken. Diese sollte mit Blick auf die USA und China souverän und ausgeglichen sein.

     

    Eine China-Kompetenz bildet auch die Grundlage, um mit China im Bereich Wirtschaft umzugehen, da nicht einmal chinesische Investitionen in Schlüsseltechnologien (z.B. Robotik, Biomedizin) das allgemeine oder politische Problembewusstsein geweckt haben (Jungbluth 2018).

     

    Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China haben sich in den letzten Jahren intensiviert. Daher bezieht fast die Hälfte der deutschen Unternehmen wichtige Vorleistungen (z.B. 65% der Rohstoffe für Elektromotoren) aus China (siehe Baur und Flack 2022; siehe Bond et al. 2022; siehe Matthes 2022). Vor allem NRW ist dabei zum beliebtesten Bundesland für chinesische Investoren geworden. Heute wird allein in NRW ein jährliches Handelsvolumen mit China i.H.v. 44 Mrd. Euro erreicht (siehe Wirtschaftsministerium NRW 2021), mittlerweile sind in diesem, unserem bevölkerungsreichsten, Bundesland mehr als 1.200 chinesische Firmen ansässig (siehe Giustolisi und Terstriep 2020). Im Ruhrgebiet haben sich über 200 Firmen aus China niedergelassen. Auch sind etwa im Duisburger Hafen 100 Unternehmen und damit 50.000 Arbeitsplätze vom Handel mit China abhängig. Deshalb ist es notwendig, die Unternehmen bei der Diversifizierung Ihrer Lieferketten zu unterstützen, damit keine einseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten entstehen. Darüber hinaus benötigen wir für die Umsetzung unserer Klimaziele nachhaltige Technologien, bei welchen wir gegenwärtig im besonderen Maße von China abhängig sind. In den letzten Jahren hat China auch seinen Einfluss weltweit gesteigert, um so eigene Spielregeln im Welthandel zu etablieren. Der aktuelle 14. Fünfjahresplan (2021–2025) bestätigt diese Tendenzen und zeigt, dass China sich zu einem starken Magnetfeld für globale [Produktions-]Faktoren entwickeln möchte (siehe Pantekoek et al. 2022; siehe Xinhua).

     

    China erhöht die eigene Unabhängigkeit vom globalen Markt und gleichzeitig die Abhängigkeit anderer Länder, insbesondere des globalen Südens, von China. Auf diese Weise wird China unempfindlicher für wirtschaftliche Sanktionen. Besonders betroffen davon sind die Bereiche Vorleistungen, Robotik, Energiesysteme, neue Materialien, aber auch der Zugang zu strategischen Ressourcen (z.B. seltene Erde).

     

    China ist auf der Landkarte und die SPD muss mit der chinesischen Politik umgehen. Gleichzeitig suchen wir den freundschaftlichen Umgang mit der chinesischen Bevölkerung und dem Respekt vor der chinesischen Kultur.

     

    Die Forderungen dieses Antrages stehen im Einklang mit dem Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“, der sich das Ziel gesetzt hat, die Beziehungen mit China in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität neuzugestalten. Es ist wichtig, dass sich die SPD mit dem europäischen bzw. deutschen Verhältnis mit China kritisch beschäftigt.

    Empfehlung der Antragskommission:
    Annahme in Fassung der Antragskommission
    Version der Antragskommission:

    Füge ein in Zeile 1:

     

    Die VR China hat sich in den zurückliegenden Dekaden grundlegend weiterentwickelt und verändert – dies und die politischen Entscheidungen Chinas machen eine Anpassung Deutschlands Umgangs mit China erforderlich. Die Bundesregierung hat daher im Sommer 2023 ihre neue Chinastategie vorgestellt. Gemeinsam in Europa und mit internationalen Partnern sollen Rahmenbedingungen defniert werden, unter denen die Interessen Deutschlands in der Zusammenarbeit mit China gewahrt werden, wir aber gleichzeitig unserer globalen Verantwortung gerecht werden. In einer multipolaren Welt muss Deutschland ein starker Partner der Länder des Globalen Südens sein, dabei müssen wir genau auf Chinas entwicklungspolitisches Engagement schauen. China ist aktuell der bedeutendste bilaterale Kreditgeber für zahlreiche Staaten im Globalen Süden und schafft dadurch neue Abhängigkeiten, da die Schuldnerländer oftmals nicht in der Lage sind, ihre Kredite zu bedienen. Im Rahmen der „Neuen Seidenstraße“ wird sich Chinas Gläubigerposition zukünftig weiter stärken. Für Deutschland bedeutet das, dass wir unsere Partnerschaften im globalen Süden stärken müssen. Was wir dazu brauchen ist zum einen der Auf- und Ausbau sozialer Basisschutzsysteme und zum anderen einen Schuldenschnitt für hoch verschuldete Staaten des globalen Süddens. Wir fordern eine echte Entschuldungsinitiative und eine Reform der Weltbank, die dem Rechnung trägt.

     

    Ersetze Zeile 34 ff. durch:

     

    3. Dass die SPD sich zukünftig für die Schaffung und Weiterentwicklung einer Chinastrategie auf nationaler und europäischer Ebene einsetzt.

     

    Ergänze in Zeile 59 nach “Europa”:

     

    und der Welt.

    Beschluss: Überweisung an den Landesvorstand
    Text des Beschlusses:

    1. dass sich die SPD für eine ebenso kritische wie konstruktive China-Politik einsetzt. Dazu gehört das Aufrechterhalten bewährter politischer und diplomatischer Kommunikationswege. Insbesondere wollen wir, wo immer möglich, den zivilgesellschaftlichen Austausch stärken: Durch Städtepartnerschaften, Kunst, Kultur, Wissenschaft und Sport. Damit tragen wir der Realität Rechnung, dass China zwar von großer geopolitischer Bedeutung, aber eben auch erbittert systemischer Rivale ist. Und wir stärken unserer Solidarität mit der chinesischen Bevölkerung, die unter Menschenrechtsverletzungen in China leidet.

    2. dass die SPD zukünftig auch eine Dialogkompetenz im Umgang mit China entwickelt. Hierfür ist es wichtig, dass eine entsprechende China-Kompetenz in der SPD auf- bzw. ausgebaut wird. Dieser Ausbau beinhaltet insbesondere folgende Punkte:

    • Bewusstseinsschaffung für die Geschichte und die Funktionalität des politischen Systems Chinas. Beide Aspekte bilden ein wichtiges Fundament, um die Interessen sowie Ziele Chinas besser zu verstehen. Dieses Verständnis ist die Grundlage für die Entwicklung einer China-Strategie.
    • Es ist notwendig, sozialdemokratische Mandats- und Funktionsträger auf allen Ebenen betreffend China zu sensibilisieren und weiterzubilden. Zur Schaffung dieser China-Kompetenz sind Foren zum kulturellen Austausch notwendig. Auch sollen Know-how und Angebote der Hochschulen, Thinktanks (z.B. FES, MERICS), Stiftungen und Parteischulen genutzt werden.

      3. dass die SPD sich zukünftig für die Schaffung einer Chinastrategie auf nationaler und europäischer Ebene einsetzt. Eine China Strategie ist ein elementarer Eckpfeiler sowohl für eine gemeinsame Kooperation bei globalen Fragen (z.B. Klimawandel, globale Abrüstung), aber auch für den Umgang mit chinesischem Engagement in Europa (z.B. Investition in Schlüsseltechnologie und kritische Infrastruktur). Eine notwendige Bedingung für eine europäische China-Kompetenz ist, dass sich die europäischen Staaten Ihrer Interessen mit Blick auf China bewusst sind und diese auch verstehen, gemeinschaftlich zu artikulieren. Dafür brauch es eine SPD mit einer China-Kompetenz, die ein europäisches Deutschland prägt.

      4. dass die SPD zukünftig eine Politik gestaltet, die der einseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeit Deutschlands und der EU von China entgegenwirkt. Dazu gehören insbesondere

      • die Diversifizierung von Lieferketten, damit deutsche und europäische Unternehmen besser vorbereitet sind auf Störungen im Lieferungs- und Beschaffungsprozess.
      • die zusammenhängende und kritische Betrachtung der Aktivitäten chinesischer Unternehmen in Europa. Die Analyse einzelner Investitionen/Beteiligungen darf nicht mehr ausreichend sein für eine politische Einordnung.
      • die Fokussierung des globalen Wettbewerbs, um Zugänge zu Ressourcen und Einflüsse gegenüber China zu sichern.

      5. dass die SPD eine entsprechende Chinastrategie in den Dimensionen Partnerschaft, Wettbewerb und Systemrivalität entwickelt, damit sozialdemokratische Grundwerte wie auch Menschenrechte bei einer künftigen China-Politik durchgesetzt werden.

      6. dass die SPD sich für die Entwicklung einer europäischen Taiwan-Strategie einsetzt, die die besondere Bedeutung Taiwans als liberale und progressive Demokratie anerkennt. Eine Annexion Taiwans durch China lehnen wir entschieden ab und engagieren uns, um sie zu verhindern.

      Beschluss-PDF: