Ar-10 Gute Arbeit: Arbeit im Umbruch der Digitalisierung

Die Arbeitswelt wird durch die fortschreitende Digitalisierung massiv umgewälzt. Ähnlich der Industrialisierung entstehen täglich neue Unternehmen, die ohne die Digitalisierung undenkbar wären. Mit ihnen entstehen neue Arbeitsverhältnisse und Arbeitsformen. Diese sind, ebenfalls ähnlich dem Beginn der Industrialisierung, mit zum Teil prekären und keineswegs lebensunterhaltssichernden Bedingungen verbunden.

 

Die vorhandenen gesetzlichen Rahmen sind noch nicht auf diese neuen Formen der Arbeit ausgerichtet. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Arbeitsverhältnisse müssen sozialversicherungspflichtig sein. Ebenso sollten sie grundsätzlich unbefristet sein. Befristungen ohne Sachgrund sind auch in der digitalisierten Arbeitswelt ungerecht. Vor allem junge Menschen sind davon betroffen und stehen deshalb oft vor Schwierigkeiten beim Start ins Berufsleben und der individuellen Lebens- und Familienplanung.

 

Im Koalitionsvertrag steht, dass Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch höchstens 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Derzeit sieht das Teilzeit- und Befristungsgesetz keine Abhängigkeit sachgrundloser Befristungen von der Betriebsgröße vor. Neben befristeten Arbeitsverhältnissen sehen wir die Zunahme von Scheinselbständigkeit, die in Form von sogenannten Plattformen immer häufiger im Dienstleistungsbereich auftritt. Sie muss scharf bekämpft werden. Alle Arbeitgeber und dazu gehören auch die Plattformen, müssen sich an der solidarischen Finanzierung unseres Sozialsystems beteiligen.

 

Mitbestimmung in der Digitalisierung

Die Frage des/der Arbeitgeber*in ist auch für die Mitbestimmung von hoher Bedeutung. Durch den Versuch ihre Arbeitgeber*innenfunktion zu verneinen, versuchen diese Unternehmen auch, sich jeglicher Mitbestimmung zu entziehen. Dies ist für uns keine Option. Das Betriebsverfassungsgesetz und auch die Personalvertretungsgesetze müssen für die Digitalisierung fit gemacht und für zukünftige Anforderungen vorbereitet werden.

 

Arbeitszeit vs. Freizeit auch in der digitalisierten Welt

Unter dem Deckmantel von Flexibilisierung werden oft nur Arbeitgeberinteressen berücksichtigt. Wir wollen einen gesetzlichen Rahmen schaffen, der eine Flexibilisierung der Arbeitszeit möglich macht und dabei die Interessen der Arbeitnehmer*innen schützt. Der Arbeitszeitreport 2017 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin verzeichnet durchschnittlich 3,9 Überstunden pro Arbeitswoche. 23% aller Beschäftigten leisten mehr als 5 Überstunden pro Woche. Daneben kommen häufig längere Strecken zum Arbeitsplatz dazu. Steigende Leistungsanforderungen und ausgedehnte längere Arbeitszeiten führen bei immer mehr Beschäftigten zu gesundheitlichen Schäden. Burnoutfälle nehmen dramatisch zu. Das Arrangement von Arbeit und Leben wird immer schwerer.

 

Trotz Grundgesetz herrscht eine massive ungleiche Verteilung von Arbeitseinkommen und Arbeitszeit und Aufgabenteilung zwischen den Geschlechtern. Entgegen aller Notwendigkeiten fordert der BDA eine Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes. Dabei wird der Acht-Stunden-Tag ebenso in Frage gestellt wie die elf Stunden Ruhezeit. Arbeiten an Sonntagen darf nur aus Gründen der Daseinsvorsorge bzw. gesellschaftlich notwendiger Arbeit stattfinden. Der Sonntag muss als Ruhepol für privates und gesellschaftliches Leben erhalten bleiben. Es muss eine Verkürzung der wöchentlichen Höchst- und Normalarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich geben. Wir wollen mehr Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten. Dazu braucht es eine Ausweitung des Rechts auf zusammenhängende frei verfügbare Zeit zwischen den Arbeitszeiten. Ein Teil der Arbeitszeitsouveränität ist ein Recht auf Brückenteilzeit für alle.

 

Wir fordern deshalb eine Anpassung der EU Richtlinie 2003/88/EG und des Arbeitszeitgesetzes mit folgenden Punkten:

 

  • Reduzierung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 auf 45 Stunden
  • Reduzierung der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 auf 35 Stunden und bei Schichtarbeit auf 30 Stunden
  • Reduzierung der täglichen Normalarbeitszeit von 8 auf 7,5 Stunden
  • Eine zusammenhängende frei verfügbare Zeit für Arbeitnehmer von 12 Stunden je 24-Stunden-Zeitraum
  • Je 7-Tages-Zeitraum mindestens 1,5 frei verfügbare zusammenhängende Tage (36 Stunden) und davon müssen mindestens 2 Wochenenden pro Monat sein
  • Einen bezahlten Mindestjahresurlaub von 6 Wochen
  • Pausen sind Arbeitszeit
  • Die Einführung von Wahlarbeitszeiten mit dem individuellen Recht auf temporäre Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit – Elternzeit darf kein Karrierehindernis sein
  • Sabbaticals müssen möglich sein
  • „Führung in Teilzeit“ muss mit einem Wandel im Verständnis von Führung in Unternehmen und Dienststellen ermöglicht werden.

 

Erwerbsarbeit gibt Würde

Arbeit gibt den Menschen Würde. Erwerbsarbeit wird auch im 21. Jahrhundert ein bestimmender Faktor im Leben vieler Menschen sein. Für uns ist klar, Arbeit muss für die Menschen gesund gestaltet sein, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, vereinbar mit familiären Wünschen und Verpflichtungen sein. Erwerbsarbeit muss ein Garant für ein ausreichend finanziertes Leben während der Arbeit und nach der Arbeit bieten. Dazu gehört eine Rente auf dem Niveau von mind. 80% des letzten Einkommens sowie eine Absicherung vor dem Fall der Arbeitslosigkeit für mind. 2 Jahre.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt
Version der Antragskommission:

Erledigt durch Annahme von L-01