Ini-01 ,,Hanau betrifft uns alle, aber nicht alle gleich.’’

Status:
Annahme mit Änderungen

Am 19.02.2020 erschoss ein Rassist und Rechtsextremist 9 Menschen in Hanau: Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Paun, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Fatih Saracoglu, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtovic.

Jetzt ist es zwei Jahre her. Wir sind heute am 19.02. besonders in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer aus Hanau und trauern mit ihnen.

“Tot sind wir erst, wenn man uns vergisst.” Wir werden sie nicht vergessen, wir erinnern an sie und wir mahnen, dass Hanau nie wieder passiert.

 

Konsequenzen nach Hanau

 

Wie konnte das passieren? Wieso mussten neun junge Menschen sterben? Und was muss endlich geschehen, damit so etwas nie wieder passiert?

Diese Fragen treiben vor allem die Angehörigen der Opfer um. Seit dem Anschlag arbeiten sie unaufhörlich, um den Opfern zu gedenken, machen Bildungsarbeit gegen Rassismus und kämpfen für Aufklärung und Gerechtigkeit. Wir solidarisieren uns mit den Forderungen der Angehörigen in Hanau nach lückenloser Aufklärung. Diese betreffen unter anderem die Fragen, warum in der Nacht die Notrufnummer nicht erreichbar war, ob die Sperrung des Notausgangs in der Arena Bar angeordnet war und sie betreffen den Umgang der Polizei mit den Angehörigen der Opfer in der Tatnacht und danach. Wir solidarisieren uns mit den Forderungen der Angehörigen, dass Politik, Medien und Sicherheitsbehörden ihre Mitverantwortung anerkennen müssen und rechter Terror und Rassismus endlich konsequent bekämpft werden muss.

Die Gefahr durch Rechtsextremist*innen wird immer wieder von Politik, Sicherheitsbehörden und Gesellschaft klein geredet und relativiert. Das Gleichsetzen von Links- und Rechtsextremismus verharmlost die rechte Gewalt. Aussteiger*innenprogramme für “Linksextremismus” wie Reuls “left” sind nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich.

Der Täter von Hanau war seit 2002 legal im Besitz von Waffen, obwohl seit vielen Jahren bekannt war, dass er Anhänger eines rassistischen Weltbilds war und Verschwörungserzählungen anhing. Wir müssen deshalb das Waffenrecht verschärfen und Rechtsextremist*innen konsequent entwaffnen.

Dass das Anschlagsziel von Hanau eine Shisha-Bar war, ist kein Zufall. Shisha-Bars sind für migrantisierte und muslimisch markierte Menschen ein safer-space, weil sie dort in ihren Communities sein können und nicht fürchten müssen an der Tür aufgrund ihres Aussehens abgewiesen zu werden. Dieser safer-space ist bedroht, weil Politik und Medien diesen Ort immer wieder stigmatisieren. Durch öffentlichkeitswirksame Razzien in Shisha-Bars, Bezeichnungen wie “Clankriminalität” und durch eine Polizeipraxis wie Racial Profiling werden BIPoC (Black, Indigenous, People of Color) kriminalisiert und damit als ständige Bedrohung dargestellt. Wir brauchen deswegen ein konsequentes Umdenken und müssen weg von jeder Form von rassistischer Sicherheitspolitik und Polizeiarbeit.

Auch in NRW müssen wir BIPoC vor rechter Gewalt schützen. Rassistische Polizeigewalt und Rassismus in Sicherheitsbehörden müssen konsequent verfolgt und aufgearbeitet werden, Rechtsextremismus und Rassismus bekämpft werden.

 

Rassistische Verhältnisse anerkennen und bekämpfen

 

Zu dem Kampf gegen Rassismus gehört auch, dass wir endlich anerkennen müssen, dass vor allem migrantisierte und rassifizierte Menschen in prekären Verhältnissen leben. Das ist keine in den Raum gestellte Annahme, sondern längst, durch wissenschaftliche Studien bewiesene, Realität. Exemplarisch dafür ist beispielsweise, dass eingewanderte und rassifizierte Menschen, vor allem im Laufe der Pandemie, sehr stark von systemischen Auswirkungen betroffen sind. So belegen neueste Studienergebnisse des Mediendienst Integration, dass sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch in deutschen Bildungsinstitutionen, Menschen und Kinder mit Migrationsgeschichte stärker benachteiligt werden. Diese Befunde lassen sich teilweise in den Lebensbiografien der Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau wiederfinden. Ein Beispiel dafür sind die rassistischen Erfahrungen, die Ferhat Unvar während seiner Schulzeit machen musste und die ihn und seine Familie prägten. Bis zum heutigen Tage kämpft die Familie – mit Hilfe der gegründeten Bildungsinitiative Ferhat Unvar – für ein antirassistisches Bildungssystem, in dem rassifizierte Kinder und Jugendliche dieselben Bildungschancen besitzen und keine Ungerechtigkeiten erfahren müssen. Die Arbeit der Initiative und die Erfahrungen von Ferhat Unvar sind ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, dass die Politik die Lebenslagen migrantisierter und rassifizierter Menschen anerkennt und diese Perspektiven stets in ihr politisches Handeln einbettet.

 

Erinnern heißt verändern

 

,,Hanau betrifft uns alle, aber nicht alle gleich.’’ Für die weiße Mehrheitsgesellschaft ist der Gedenktag an Hanau nicht mit dem gleichen Schmerz und der gleichen Verletztheit verbunden, deswegen ist es gerade für Nicht-Betroffene wichtig, einen emphatischen Umgang für das Gedenken zu entwickeln und sich nicht auf dem Privileg des Schweigens auszuruhen. Politisch sind wir in der Verantwortung, Menschen, die durch Rassismus und Rechtsextremismus bedroht sind, zu schützen und ein gesellschaftliches Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit Rassismus zu schaffen. Das muss endlich auch in der weißen Mehrheitsgesellschaft ankommen. Rassismus darf nicht länger als ein Problem geahndet werden, dass ausschließlich für Betroffene gilt. Die rassistische Bedrohung geht uns alle an. Hanau geht uns alle an! Deswegen müssen wir ein kollektives Gedächtnis für den 19. Februar schaffen und ihn als Gedenktag zum festen Bestandteil unserer Erinnerungskultur machen. ,,Erinnern heißt verändern’’- Wir müssen es uns zur Aufgabe machen, ein stetiges Bewusstsein für die Erinnerung in unserer Gesellschaft zu schaffen und Rassismus als ernstzunehmende Bedrohung zu verstehen. Nur durch ein konsequentes Erinnern schaffen wir den Rahmen für eine lückenlose Aufklärung, ein präventives Handeln und klare Konsequenzen. Dabei darf es allerdings nicht bei halbherzigen Mitleidsbekundungen und warmen Worten bleiben, es müssen Taten folgen zur Überwindung und Bekämpfung von rassistischen Strukturen. Das Schweigen der Mehrheitsgesellschaft und der rassistische Normalzustand muss endlich zu Ende gehen. Das sind wir den Opfern und den Hinterbliebenen von Hanau und allen anderen Menschen, die von Rassismus und Rechtsextremismus bedroht sind, schuldig.

 

In Gedenken an:

Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Paun, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Fatih Saracoglu, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtovic

 

#SayTheirNames

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in Fassung der Antragskommission
Version der Antragskommission:

Ersetze in Zeile 53 „Politik“ durch „konservative
Politikerinnen und Politiker“

 

Streiche Zeile 54 – 66

 

Ersetze in Zeile 102 „weiße Mehrheitsgesellschaft“ durch „Mehrheit in unserer Gesellschaft“

 

Ersetze in Zeile 112 „weiße Mehrheitsgesellschaft“ durch „in der gesamten Gesellschaft“

 

Streiche Zeile 129 – 130

Beschluss: Annahme in geänderter Fassung
Text des Beschlusses:

Am 19.02.2020 erschoss ein Rassist und Rechtsextremist 9 Menschen in Hanau: Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Paun, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Fatih Saracoglu, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtovic.
Jetzt ist es zwei Jahre her. Wir sind heute am 19.02. besonders in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer aus Hanau und trauern mit ihnen.
“Tot sind wir erst, wenn man uns vergisst.” Wir werden sie nicht vergessen, wir erinnern an sie und wir mahnen, dass Hanau nie wieder passiert.

Konsequenzen nach Hanau

Wie konnte das passieren? Wieso mussten neun junge Menschen sterben? Und was muss endlich geschehen, damit so etwas nie wieder passiert?
Diese Fragen treiben vor allem die Angehörigen der Opfer um. Seit dem Anschlag arbeiten sie unaufhörlich, um den Opfern zu gedenken, machen Bildungsarbeit gegen Rassismus und kämpfen für Aufklärung und Gerechtigkeit. Wir solidarisieren uns mit den Forderungen der Angehörigen in Hanau nach lückenloser Aufklärung. Diese betreffen unter anderem die Fragen, warum in der Nacht die Notrufnummer nicht erreichbar war, ob die Sperrung des Notausgangs in der Arena Bar angeordnet war und sie betreffen den Umgang der Polizei mit den Angehörigen der Opfer in der Tatnacht und danach. Wir solidarisieren uns mit den Forderungen der Angehörigen, dass Politik, Medien und Sicherheitsbehörden ihre Mitverantwortung anerkennen müssen und rechter Terror und Rassismus endlich konsequent bekämpft werden muss.
Die Gefahr durch Rechtsextremist*innen wird immer wieder von Politik, Sicherheitsbehörden und Gesellschaft klein geredet und relativiert. Das Gleichsetzen von Links- und Rechtsextremismus verharmlost die rechte Gewalt. Aussteiger*innenprogramme für “Linksextremismus” wie Reuls “left” sind nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich.
Der Täter von Hanau war seit 2002 legal im Besitz von Waffen, obwohl seit vielen Jahren bekannt war, dass er Anhänger eines rassistischen Weltbilds war und Verschwörungserzählungen anhing. Wir müssen deshalb das Waffenrecht verschärfen und Rechtsextremist*innen konsequent entwaffnen.
Dass das Anschlagsziel von Hanau eine Shisha-Bar war, ist kein Zufall. Shisha-Bars sind für migrantisierte und muslimisch markierte Menschen ein safer-space, weil sie dort in ihren Communities sein können und nicht fürchten müssen an der Tür aufgrund ihres Aussehens abgewiesen zu werden. Dieser safer-space ist bedroht, weil Politik und Medien diesen Ort immer wieder stigmatisieren. Durch öffentlichkeitswirksame Razzien in Shisha-Bars, Bezeichnungen wie “Clankriminalität” und durch Racial Profiling werden BI-PoC (Black, Indigenous, People of Color) in der öffentlichen Darstellung immer wieder kriminalisiert und damit als ständige Bedrohung dargestellt. Wir brauchen deswegen ein konsequentes Umdenken und müssen uns von Rassismen in jeder Form und auf jeder Ebene befreien. Auch in NRW werden wir die Belange und Forderungen von BIPoC aufnehmen und an ihrer Seite rassistische Gewalt und Rassismus konsequent verfolgen und aufarbeiten, gemeinsam werden wir Rechtsextremismus und Rassismus bekämpfen.

Rassistische Verhältnisse anerkennen und bekämpfen

Zu dem Kampf gegen Rassismus gehört auch, dass wir endlich anerkennen müssen, dass vor allem migrantisierte und rassifizierte Menschen in prekären Verhältnissen leben. Das ist keine in den Raum gestellte Annahme, sondern längst, durch wissenschaftliche Studien bewiesene, Realität. Exemplarisch dafür ist beispielsweise, dass eingewanderte und rassifizierte Menschen, vor allem im Laufe der Pandemie, sehr stark von systemischen Auswirkungen betroffen sind. So belegen neueste Studienergebnisse des Mediendienst Integration, dass sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch in deutschen Bildungsinstitutionen, Menschen und Kinder mit Migrationsgeschichte stärker benachteiligt werden. Diese Befunde lassen sich teilweise in den Lebensbiografien der Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau wiederfinden. Ein Beispiel dafür sind die rassistischen Erfahrungen, die Ferhat Unvar während seiner Schulzeit machen musste und die ihn und seine Familie prägten. Bis zum heutigen Tage kämpft die Familie – mit Hilfe der gegründeten Bildungsinitiative Ferhat Unvar – für ein antirassistisches Bildungssystem, in dem rassifizierte Kinder und Jugendliche dieselben Bildungschancen besitzen und keine Ungerechtigkeiten erfahren müssen. Die Arbeit der Initiative und die Erfahrungen von Ferhat Unvar sind ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, dass die Politik die Lebenslagen migrantisierter und rassifizierter Menschen anerkennt und diese Perspektiven stets in ihr politisches Handeln einbettet.

Erinnern heißt verändern

,,Hanau betrifft uns alle, aber nicht alle gleich.’’ Für die weiße Mehrheitsgesellschaft ist der Gedenktag an Hanau nicht mit dem gleichen Schmerz und der gleichen Verletztheit verbunden, deswegen ist es gerade für Nicht-Betroffene wichtig, einen emphatischen Umgang für das Gedenken zu entwickeln und sich nicht auf dem Privileg des Schweigens auszuruhen. Politisch sind wir in der Verantwortung, Menschen, die durch Rassismus und Rechtsextremismus bedroht sind, zu schützen und ein gesellschaftliches Bewusstsein für einen sensiblen Umgang mit Rassismus zu schaffen. Das muss endlich auch in der weißen Mehrheitsgesellschaft ankommen. Rassismus darf nicht länger als ein Problem geahndet werden, dass ausschließlich für Betroffene gilt. Die rassistische Bedrohung geht uns alle an. Hanau geht uns alle an! Deswegen müssen wir ein kollektives Gedächtnis für den 19. Februar schaffen und ihn als Gedenktag zum festen Bestandteil unserer Erinnerungskultur machen. ,,Erinnern heißt verändern’’- Wir müssen es uns zur Aufgabe machen, ein stetiges Bewusstsein für die Erinnerung in unserer Gesellschaft zu schaffen und Rassismus als ernstzunehmende Bedrohung zu verstehen. Nur durch ein konsequentes Erinnern schaffen wir den Rahmen für eine lückenlose Aufklärung, ein präventives Handeln und klare Konsequenzen. Dabei darf es allerdings nicht bei halbherzigen Mitleidsbekundungen und warmen Worten bleiben, es müssen Taten folgen zur Überwindung und Bekämpfung von rassistischen Strukturen. Das Schweigen der Mehrheitsgesellschaft und der rassistische Normalzustand muss endlich zu Ende gehen. Das sind wir den Opfern und den Hinterbliebenen von Hanau und allen anderen Menschen, die von Rassismus und Rechtsextremismus bedroht sind, schuldig.

In Gedenken an:

Ferhat Unvar, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Paun, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Fatih Saracoglu, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtovic

#SayTheirNames

Beschluss-PDF: