Punkt 6
Das Ende der Industrie als wichtiger Sektor zukunftsfähiger Wirtschaft galt schon als breiter Konsens. Von Liberalen über Konservative bis hin in breite Teile der Sozialdemokratie erwartete man im 21. Jahrhundert ein Zeitalter der Dienstleistungen und Finanzmärkte. Diese Euphorie zerplatzte in der Finanzkrise. Deutschland, lange als kranker Mann Europas verspottet, konnte davon profitieren, dass es noch immer einen hohen Anteil von Industrie und industrienahen Dienstleistungen an der Wertschöpfung hatte. Die noch starke Industrie zusammen mit dem Konjunkturprogramm, das die SPD in der großen Koalition gegen die ideenlosen Unionsparteien durchsetzen konnte, führten dazu, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten glimpflich aus der Weltwirtschaftskrise kam. Doch dass der Wert der Industrie wiedererkannt worden ist, führt alleine noch nicht dazu, dass Industriepolitik strategisch betrieben wird, um sie auf das Ziel des nachhaltigen Wachstums auszurichten.
Derzeit ist die Industriepolitik von zwei gegensätzlichen Ansätzen geprägt. Zum einen gibt es den klassisch neoliberalen Ansatz, nach dem der Staat lediglich Bürokratie abbaut, Steuern für Unternehmen senkt und ansonsten auf die Innovationskraft des Marktes hofft. Dieser Ansatz übersieht, dass private Investoren oft das Risiko scheuen, das für die notwendige Innovation notwendig wäre. Von der Eisenbahn über Internet, GPS, Touchscreens bis hin zu moderner Nanotechnologie sind die wesentlichen zu Wachstum führenden Innovationen durch die Risikobereitschaft des Staates entstanden. Der Kapitalismus hingegen hat sich in eine Richtung entwickelt, in der Wertabschöpfung stärker belohnt wird als Wertschöpfung. So wird zugelassen, dass vor allem die großen Digital-Konzerne von den staatlichen Investitionen profitieren, gleichzeitig aber keinen angemessenen Beitrag als Steuern zurückzahlen müssen. Lenkt man gegen diese Entwicklung nicht ein, gerät die für nachhaltiges Wachstum notwendige Innovationsfähigkeit in Gefahr. Der neoliberale Ansatz ist also nicht zukunftsfähig.
Auf einen gegensätzlichen Ansatz setzt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Als Antwort auf den Druck, der durch die Wettbewerbsvorteile chinesischer und amerikanischer Konkurrenz entsteht, will er bestehende Industrien durch wirtschaftspolitisch flankierte Modernisierung erhalten, also in erster Linie nationale Champions zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit fördern, etwa durch Lockerungen von Fusionsregeln. Das klingt auf den ersten Blick nachvollziehbar und kann bei Einbindung von Gewerkschaften und bei einer klaren Prioritätensetzung auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und Tarifbindung dabei helfen, die Rechte von Beschäftigten zu erhalten und auszubauen. Langfristig hilft dieser Ansatz aber zur Schaffung von nachhaltigem Wachstum auch nicht weiter. Denn was die zukunfts- und marktfähigen Sektoren und Technologien sind, kann nicht der Staat vorschreiben. So könnten Ressourcen an den falschen Stellen eingesetzt und vergeudet werden. Letztlich verhindert dieser Ansatz mehr Innovation als dass es sie schafft.
Weder der neoliberale noch der Altmaier-Ansatz sind strategische Industriepolitik. Ziel muss es sein, Innovation zu schaffen, die zu nachhaltigem Wachstum führt. Kernvoraussetzung dafür ist ein aktiver Staat, der zu Investitionen bereit ist. Die Schuldenbremse in der Verfassung und die schwarze Null als erklärtes politisches Ziel wirken sich faktisch als Investitionsbremse aus.
Für eine strategische Industriepolitik gilt es, sowohl Angebot als auch Nachfrage in den Blick zu nehmen. Wenn man mit Blick auf die derzeitigen Herausforderungen die Angebotsbedingungen positiv gestalten will, hilft es nur wenig, über Senkungen von Steuern und Abbau von Bürokratie zu reden. Stattdessen muss Angebotspolitik als Investitionspolitik begriffen werden: Anders als etwa Bundesbildungsministerin Anja Karliczek es sich vorstellt („Kein 5G an jeder Milchkanne“) muss der Staat eine flächendeckende und anspruchsvolle digitale Infrastruktur anbieten. Außerdem gilt es mit risikobereiter staatlicher Grundlagenforschung die Voraussetzungen für wirtschaftliche Innovationen zu schaffen. Gleichzeitig muss der Staat über öffentliche Nachfrage dazu beitragen, nachhaltige Produktivität zu ermöglichen. Dafür müssen ökologische Produktionsprozesse industrialisiert werden. Ziel der strategischen Nachfrage-Politik muss also die Etablierung einer Massenproduktion ökologischer und sozialer Güter sein.
Punkt 6
Das Ende der Industrie als wichtiger Sektor zukunftsfähiger Wirtschaft galt schon als breiter Konsens. Von Liberalen über Konservative bis hin in breite Teile der Sozialdemokratie erwartete man im 21. Jahrhundert ein Zeitalter der Dienstleistungen und Finanzmärkte. Diese Euphorie zerplatzte in der Finanzkrise. Deutschland, lange als kranker Mann Europas verspottet, konnte davon profitieren, dass es noch immer einen hohen Anteil von Industrie und industrienahen Dienstleistungen an der Wertschöpfung hatte. Die noch starke Industrie zusammen mit dem Konjunkturprogramm, das die SPD in der großen Koalition gegen die ideenlosen Unionsparteien durchsetzen konnte, führten dazu, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten glimpflich aus der Weltwirtschaftskrise kam. Doch dass der Wert der Industrie wiedererkannt worden ist, führt alleine noch nicht dazu, dass Industriepolitik strategisch betrieben wird, um sie auf das Ziel des nachhaltigen Wachstums auszurichten.
Derzeit ist die Industriepolitik von zwei gegensätzlichen Ansätzen geprägt. Zum einen gibt es den klassisch neoliberalen Ansatz, nach dem der Staat lediglich Bürokratie abbaut, Steuern für Unternehmen senkt und ansonsten auf die Innovationskraft des Marktes hofft. Dieser Ansatz übersieht, dass private Investoren oft das Risiko scheuen, das für die notwendige Innovation notwendig wäre. Von der Eisenbahn über Internet, GPS, Touchscreens bis hin zu moderner Nanotechnologie sind die wesentlichen zu Wachstum führenden Innovationen durch die Risikobereitschaft des Staates entstanden. Der Kapitalismus hingegen hat sich in eine Richtung entwickelt, in der Wertabschöpfung stärker belohnt wird als Wertschöpfung. So wird zugelassen, dass vor allem die großen Digital-Konzerne von den staatlichen Investitionen profitieren, gleichzeitig aber keinen angemessenen Beitrag als Steuern zurückzahlen müssen. Lenkt man gegen diese Entwicklung nicht ein, gerät die für nachhaltiges Wachstum notwendige Innovationsfähigkeit in Gefahr. Der neoliberale Ansatz ist also nicht zukunftsfähig.
Auf einen gegensätzlichen Ansatz setzt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Als Antwort auf den Druck, der durch die Wettbewerbsvorteile chinesischer und amerikanischer Konkurrenz entsteht, will er bestehende Industrien durch wirtschaftspolitisch flankierte Modernisierung erhalten, also in erster Linie nationale Champions zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit fördern, etwa durch Lockerungen von Fusionsregeln. Das klingt auf den ersten Blick nachvollziehbar und kann bei Einbindung von Gewerkschaften und bei einer klaren Prioritätensetzung auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und Tarifbindung dabei helfen, die Rechte von Beschäftigten zu erhalten und auszubauen. Langfristig hilft dieser Ansatz aber zur Schaffung von nachhaltigem Wachstum auch nicht weiter. Denn was die zukunfts- und marktfähigen Sektoren und Technologien sind, kann nicht der Staat vorschreiben. So könnten Ressourcen an den falschen Stellen eingesetzt und vergeudet werden. Letztlich verhindert dieser Ansatz mehr Innovation als dass es sie schafft.
Weder der neoliberale noch der Altmaier-Ansatz sind strategische Industriepolitik. Ziel muss es sein, Innovation zu schaffen, die zu nachhaltigem Wachstum führt. Kernvoraussetzung dafür ist ein aktiver Staat, der zu Investitionen bereit ist. Die Schuldenbremse in der Verfassung und die schwarze Null als erklärtes politisches Ziel wirken sich faktisch als Investitionsbremse aus.
Für eine strategische Industriepolitik gilt es, sowohl Angebot als auch Nachfrage in den Blick zu nehmen. Wenn man mit Blick auf die derzeitigen Herausforderungen die Angebotsbedingungen positiv gestalten will, hilft es nur wenig, über Senkungen von Steuern und Abbau von Bürokratie zu reden. Stattdessen muss Angebotspolitik als Investitionspolitik begriffen werden: Anders als etwa Bundesbildungsministerin Anja Karliczek es sich vorstellt („Kein 5G an jeder Milchkanne“) muss der Staat eine flächendeckende und anspruchsvolle digitale Infrastruktur anbieten. Außerdem gilt es mit risikobereiter staatlicher Grundlagenforschung die Voraussetzungen für wirtschaftliche Innovationen zu schaffen. Gleichzeitig muss der Staat über öffentliche Nachfrage dazu beitragen, nachhaltige Produktivität zu ermöglichen. Dafür müssen ökologische Produktionsprozesse industrialisiert werden. Ziel der strategischen Nachfrage-Politik muss also die Etablierung einer Massenproduktion ökologischer und sozialer Güter sein.