S-04 Solidarische Alterseinkünfte. Ein Vorschlag zur Reform der Rentenversicherung

Status:
Überweisung

Den Inhalt des folgenden Antrags, der auf den Bundesparteitag eingereicht werden soll, mit organisatorischer Unterstützung des Landesverbandes, auf breiter Ebene zu diskutieren und somit auch durch weitere Fachexpertisen im besten Falle untermauern zu lassen.

 

  1. Das einzige bestehende System der sozialen Sicherung in Deutschland, das alle Menschen ohne Ansehen der Person und deren Einkommen oder Vermögen erfasst, ist das des Kindergeldes. Alle Eltern oder sonst Erziehungsberechtigten kommen ausnahmslos in den Genuss dieser staatlichen Zuwendung und erhalten sie – längstens – bis zum Erreichen des 25. Lebensjahr des Kindes. Hier liegt also die Chance, alle Menschen in das Rentensystem einzubinden, wenn es auch erst auf lange Sicht Erfolge zeitigen wird.
  2. Folgendes Vorgehen sollte ab einem noch festzusetzenden Stichtag gewählt werden:

 

  • Das Kindergeld wird nicht länger als Zuschuss für die Eltern / Erziehungsberechtigten, sondern als Einkommen des Kindes betrachtet (natürlich mit den entsprechenden Zugriffsrechten für die Eltern / Erziehungsberechtigten)
  • Das Kindergeld wird um einen noch festzusetzenden Betrag (z.B. 50 € mtl.) erhöht. Dieser Betrag ist entsprechend der jeweiligen Inflationsrate zu dynamisieren, wird allerdings nicht an das Kind ausgezahlt, sondern an die Rentenkasse abgeführt.
  • Mit diesem Rentenbeitrag erwirbt also der Säugling bereits einen – wenn auch sehr geringen – Rentenanspruch.
  • Daher wird der ohnehin vom Staat in die Rentenkasse abzuführende Steuerzuschuss in Form des erhöhten Kindergeldes dazu verwendet, weitere Beitragszahler in das Rentensystem einzubeziehen.
  • Das zu erlassende Gesetz ist so zu formulieren, dass die so ausgestatteten Kinder dauerhaft in der Solidargemeinschaft der Rente verbleiben und einen ihrem Einkommen entsprechenden Beitrag bei Wegfall der Bemessungsgrenze leisten müssen.
  • Mit Eintritt der Volljährigkeit hat somit jeder Mensch in Deutschland bereits einen Beitrag in Höhe von rd. 11.500 € als Rentenbeitrag eingezahlt.
  • Mit Eintritt in das Erwerbsleben ist der Rentenbeitrag (s.o.) weiter zu zahlen. Die Tarifparteien sind gehalten, diese Regelung bei den Tarifabschlüssen zu berücksichtigen.
  • Bei allen Transferleistungen (wie z. B. Bafög, Hilfe zum Lebensunterhalt, Erziehungsgeld usw.) ist jeweils ein prozentualer Rentenbeitrag zu berücksichtigen.
  • Alle zu einem späteren Zeitpunkt in das Rentensystem eintretende Rentenanwärter sind gehalten, die je nach ihrem Alter bisher fiktiv angefallenen Beiträge sukzessive nachzuentrichten. Sie werden durch den Staat den hier Geborenen für die Kindergeldbezugszeit gleichgestellt.
  • Rentenbeiträge sind von allen Einkunftsarten abzuführen.
  • Das Finanzierungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung ist unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen so einzustellen, dass ein Mindestrentenniveau erreicht wird, das deutlich über die derzeit gültige Grundsicherung hinausgeht.
  • Berufsständische und sonstige privatrechtlich organisierte Organisationen bleiben weiterhin eine Option, Altersbezüge oberhalb des vorstehend genannten Mindestrentenniveaus zu erlangen.

 

Folgende Punkte sind wichtig hervorzuheben:

 

Das Rentensystem ist so umzugestalten, dass ab einem noch festzusetzenden Stichtag alle Neugeborenen Mitglied in diesem System werden und darin auch dauerhaft verbleiben.

 

Für die Dauer des Kindergeldbezuges übernimmt die Bundesrepublik Deutschland die Beitragszahlung.

 

Das Niveau der solidarischen Alterseinkünfte ist nach 67 Jahren deutlich über den Betrag der Grundsicherung anzuheben.

 

Es wird festgestellt, dass die Altersversorgung nicht ohne steuerliche Unterstützung auskommen wird.

Begründung:

 

Die uns heute bekannte staatlich organisierte Rentenversicherung beruht seit den 1950er Jahren im Grundsatz auf dem hergebrachten Prinzip, dass die jüngeren und in „Lohn und Brot“ stehenden Mitglieder der Gesellschaft mit ihren Rentenbeiträgen die finanzielle Ausstattung der älteren finanzieren. Dabei wird im Grunde der Sinn der „Versicherung“ dadurch abgewandelt, dass nicht etwa das durch den Einzelnen im Laufe seines Erwerbslebens eingezahlte Beitragsvolumen wie bei einer Lebensversicherung zur Auszahlung kommt, sondern die laufend eingenommenen Beiträge werden  an die jeweiligen Empfänger in Form von Renten oder weiteren Unterstützungsleistungen ausgezahlt.

 

Das vorstehend dargestellte System der Rentenfinanzierung funktioniert solange hervorragend, wie

 

  • Beitragszahler in ausreichender Zahl vorhanden sind,
  • Das Lohn- und Gehaltsvolumen hoch genug ist und
  • Die Lebenserwartung der Menschen nicht zu sehr ansteigt.

 

Zwar sind in den vergangenen Jahrzehnten durch stetig wachsende Einkünfte Mehreinzahlungen in das Rentensystem zu verzeichnen gewesen, die jedoch durch eine erhöhte Zahl von Leistungsempfängern mehr als aufgezehrt wurden. Daher sind die vorstehend genannten Voraussetzungen seit mehreren Jahren allesamt nicht mehr gegeben. Bisher haben die Regierungen, gleich welcher Couleur, immer wieder punktuell eingegriffen, um die sich abzeichnenden Finanzierungslücken zu schließen:

 

  • Das Rentenniveau wurde sukzessive bis auf 48 % des letzten Einkommens abgesenkt.
  • Die Rentenbeiträge wurden vermeintlich der vorhersehbaren Entwicklung angepasst. Allerdings hat es keine Regierung gewagt, die Beitragszahler /Beitragszahlerinnen stärker zu belasten als mit dem derzeit geltenden Beitragssatz von ca. 18,5 %. Es wurde allerdings versäumt, die Beitragsbemessungsgrenze ganz weit nach oben zu verschieben oder gar gänzlich wegfallen zu lassen. So wurden höhere Einkommen ab einem bestimmten Wert nicht weiter belastet.
  • Das Renteneintrittsalter wurde heraufgesetzt.

 

Aber alle Bemühungen zur Stabilisierung des Systems entfalteten immer nur kurzfristige Wirkungen. Die nächste größere Lücke in der Finanzierung wird sich in den kommenden 20 Jahren auftun, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der 50er und 60er Jahre (Stichwort „Babyboomer“) das Rentenalter erreichen. Dann wird das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenbeziehern nicht mehr 2 : 1, sondern allenfalls 1,5 : 1 betragen, d.h., dass statistisch gesehen eineinhalb Beitragszahler einen Rentner finanzieren müssen. Dass das im bestehenden System nicht gelingen kann, liegt auf der Hand.

 

Als weitere grundlegende Problematik ist zu erwähnen, dass viele gut verdienende Berufsgruppen überhaupt nicht in das Solidarsystem eingebunden sind, wie z.B.

 

  • Selbstständige (Ärzte/ Ärztinnen, Juristen/Juristinnen, Ingenieure/ Ingenieurinnen, Architekten /Architektinnen, sonstige Unternehmer/ Unternehmerinnen usw.)
  • Auch Angestellte der vorstehend genannten Berufsgruppen können sich von der Beitragspflicht befreien lassen, wenn sie den Nachweis einer berufsständischen Versorgung nachweisen
  • Beamte / Beamtinnen

 

Sie alle verfügen entweder über berufsständische Organisationen zur Alterssicherung oder werden, wie die Beamten / Beamtinnen, durch staatliche Einrichtungen alimentiert. Damit verbleiben im Rentensystem alle diejenigen, die nicht die Chance haben, sich anderweitig zu orientieren.

 

Es ist also absehbar, dass die ohnehin schon erforderlichen Steuerzuschüsse in das Rentensystem in den kommenden Jahren exorbitant anwachsen werden, wenn das Versprechen der politisch Verantwortlichen weiterhin gelten soll, dass das Rentenniveau nicht weiter abgesenkt, das Renteneintrittsalter nicht heraufgesetzt und die Beiträge stabil gehalten werden sollen.

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisung an die Bundestagsfraktion
Beschluss: Überweisung an die Bundestagsfraktion
Text des Beschlusses:

Den Inhalt des folgenden Antrags, der auf den Bundesparteitag eingereicht werden soll, mit organisatorischer Unterstützung des Landesverbandes, auf breiter Ebene zu diskutieren und somit auch durch weitere Fachexpertisen im besten Falle untermauern zu lassen.

  1. Das einzige bestehende System der sozialen Sicherung in Deutschland, das alle Menschen ohne Ansehen der Person und deren Einkommen oder Vermögen erfasst, ist das des Kindergeldes. Alle Eltern oder sonst Erziehungsberechtigten kommen ausnahmslos in den Genuss dieser staatlichen Zuwendung und erhalten sie – längstens – bis zum Erreichen des 25. Lebensjahr des Kindes. Hier liegt also die Chance, alle Menschen in das Rentensystem einzubinden, wenn es auch erst auf lange Sicht Erfolge zeitigen wird.
  2. Folgendes Vorgehen sollte ab einem noch festzusetzenden Stichtag gewählt werden:
  • Das Kindergeld wird nicht länger als Zuschuss für die Eltern / Erziehungsberechtigten, sondern als Einkommen des Kindes betrachtet (natürlich mit den entsprechenden Zugriffsrechten für die Eltern / Erziehungsberechtigten)
  • Das Kindergeld wird um einen noch festzusetzenden Betrag (z.B. 50 € mtl.) erhöht. Dieser Betrag ist entsprechend der jeweiligen Inflationsrate zu dynamisieren, wird allerdings nicht an das Kind ausgezahlt, sondern an die Rentenkasse abgeführt.
  • Mit diesem Rentenbeitrag erwirbt also der Säugling bereits einen – wenn auch sehr geringen – Rentenanspruch.
  • Daher wird der ohnehin vom Staat in die Rentenkasse abzuführende Steuerzuschuss in Form des erhöhten Kindergeldes dazu verwendet, weitere Beitragszahler in das Rentensystem einzubeziehen.
  • Das zu erlassende Gesetz ist so zu formulieren, dass die so ausgestatteten Kinder dauerhaft in der Solidargemeinschaft der Rente verbleiben und einen ihrem Einkommen entsprechenden Beitrag bei Wegfall der Bemessungsgrenze leisten müssen.
  • Mit Eintritt der Volljährigkeit hat somit jeder Mensch in Deutschland bereits einen Beitrag in Höhe von rd. 11.500 € als Rentenbeitrag eingezahlt.
  • Mit Eintritt in das Erwerbsleben ist der Rentenbeitrag (s.o.) weiter zu zahlen. Die Tarifparteien sind gehalten, diese Regelung bei den Tarifabschlüssen zu berücksichtigen.
  • Bei allen Transferleistungen (wie z. B. Bafög, Hilfe zum Lebensunterhalt, Erziehungsgeld usw.) ist jeweils ein prozentualer Rentenbeitrag zu berücksichtigen.
  • Alle zu einem späteren Zeitpunkt in das Rentensystem eintretende Rentenanwärter sind gehalten, die je nach ihrem Alter bisher fiktiv angefallenen Beiträge sukzessive nachzuentrichten. Sie werden durch den Staat den hier Geborenen für die Kindergeldbezugszeit gleichgestellt.
  • Rentenbeiträge sind von allen Einkunftsarten abzuführen.
  • Das Finanzierungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung ist unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen so einzustellen, dass ein Mindestrentenniveau erreicht wird, das deutlich über die derzeit gültige Grundsicherung hinausgeht.
  • Berufsständische und sonstige privatrechtlich organisierte Organisationen bleiben weiterhin eine Option, Altersbezüge oberhalb des vorstehend genannten Mindestrentenniveaus zu erlangen.

Folgende Punkte sind wichtig hervorzuheben:

Das Rentensystem ist so umzugestalten, dass ab einem noch festzusetzenden Stichtag alle Neugeborenen Mitglied in diesem System werden und darin auch dauerhaft verbleiben.

Für die Dauer des Kindergeldbezuges übernimmt die Bundesrepublik Deutschland die Beitragszahlung.

Das Niveau der solidarischen Alterseinkünfte ist nach 67 Jahren deutlich über den Betrag der Grundsicherung anzuheben.

Es wird festgestellt, dass die Altersversorgung nicht ohne steuerliche Unterstützung auskommen wird.

Beschluss-PDF: