Die Idee, dass Auszubildende und Dual-Studierende durch das Angebot eines NRW-weiten und bezahlbaren Azubi-Tickets für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gestärkt und entlastet werden sollen, ist eine sozialdemokratische. Die NRW Jusos hatten diese Forderung auf ihrer Landeskonferenz 2015 in Lüdenscheid beschlossen. Und die NRWSPD forderte das Azubi-Ticket bei der letzten Landtagswahl. Auch in der Opposition gegen die neue Mitte-Rechts-Regierung wollen wir Umsetzungskonzepte und Bündnisse für unsere Idee vorantreiben.
Die neue schwarz-gelbe Landesregierung übernahm die Überschrift „Azubi-Ticket“ zwar in ihren Koalitionsvertrag. Aber seitdem übt sie sich in bloßem Etikettenschwindel und Scheinlösungen, während die Gewerkschaften und sogar Unternehmensvertreter*innen ein NRW-weites Azubi-Ticket in Berufsbildungsausschüssen und weiteren Gremien ganz sachlich vorantreiben. Als NRWSPD und SPD-Landtagsfraktion werden wir Schwarz-Gelb diese Täuschungsmanöver nicht durchgehen lassen!
Deshalb werden wir in einem politischen Dialogprozess mit den Verkehrsverbänden, Kammern, Unternehmensverbänden und Bündnispartner*innen wie den Gewerkschaften ein Umsetzungskonzept – auch in Gesetzesform – entwickeln. An folgenden Kriterien orientieren wir uns dabei:
Konditionen
- Wir wollen keine Pflicht zum Ticketkauf, sondern ein attraktives Angebot für alle (betrieblichen und schulischen) Auszubildenden, Dual- und berufsbegleitenden Studierenden.
- Ein attraktives Azubi-Ticket muss für uns eine NRW-weite Gültigkeit für den ÖPNV haben.
- Ein freiwilliges und NRW-weites Azubi-Ticket wird nur dann attraktiv sein, wenn es auch bezahlbar bleibt. Dafür braucht es einen Monats-Abopreis von circa 30€.
Umsetzung
Die Tarifhoheit der vier NRW-Verkehrsverbünde erfordert, dass die Landespolitik mit den Verkehrsverbünden, Verkehrsunternehmen, Kammern sowie Gewerkschaften und Unternehmensverbänden einen effektiven Weg zur Umsetzung eines NRW-weiten und bezahlbaren Azubi-Tickets findet. Dieser gemeinsame Weg muss vorsehen, dass das Land NRW die notwendigen Zuschüsse an die Verkehrsverbünde zahlt und die ÖPNV-Infrastruktur mit Nachdruck modernisiert und ausbaut. Hier bedarf es massiver Zukunftsinvestitionen!
Bei der Umsetzung muss sichergestellt werden, dass
- örtliche Verkehrsunternehmen nicht auf dem (finanziellen und z.B. organisatorischen) Aufwand des Azubi-Tickets sitzen bleiben;
- Grenzpendler*innen aus benachbarten Bundesländern und europäischen Nachbarländern ebenfalls von den attraktiven Azubi-Ticket-Konditionen profitieren können;
- alle Auszubildende und Dual-Studierende das attraktive Wahl-Angebot eines NRW-weiten Azubi-Tickets erreicht.
Zukünftige Schritte
- Das Azubi-Ticket ist für uns ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer modernen und flächendeckenden ÖPNV-Infrastruktur. Deshalb muss sichergestellt werden, dass mit der Einführung des Azubi-Tickets begleitende Infrastrukturinvestitionen getätigt werden. Gerade weil das Azubi-Ticket eine noch höhere ÖPNV-Auslastung schaffen wird.
- Mittelfristig wollen wir für noch mehr Personengruppen schrittweise vergleichbare Pauschallösungen ermöglichen. Auf der Basis einer gut ausgebauten und modernen ÖPNV-Infrastruktur muss langfristig ein ticketloser ÖPNV das Ziel sein.
Für uns ist die duale Berufsausbildung kein Auslaufmodell! Wir wollen, dass die duale Ausbildung auch in Zukunft einen erstklassig qualifizierenden Berufseinstieg bietet. Daher sind wir alarmiert von dem Tiefststand bei aktuell abgeschlossenen dualen Ausbildungsverträgen in NRW und der schon länger sehr hohen Abbruchquote in einigen Branchen.
In der neoliberalen Politik der „Entfesselung“, mit der Schwarz-Gelb in NRW regiert, haben diese vielfältigen Probleme keinen Platz. Deshalb droht ein aktuell noch gefeiertes internationales Vorzeigeprojekt immer mehr zum Auslaufmodell zu werden. Als Sozialdemokratie müssen wir uns dieser Logik entgegenstellen. Das tun wir, indem wir vielfältige Maßnahmen entwickeln, um die Qualität und Attraktivität der dualen Ausbildung zu steigern.
Eine starke sozialdemokratische Idee, um Auszubildende und Dual-Studierende ganz konkret zu stärken, ist die eines NRW-weiten und bezahlbaren Azubi-Tickets. Auch die Gewerkschaften fordern eine solche Lösung. Sie würde die duale Ausbildung attraktiver machen! Denn derzeit geben viele Azubis ca. 120€ für regionale Jobtickets aus. Wie die DGB-Jugend NRW in ihrem Ausbildungsreport vorrechnet, müssen Azubis durchschnittlich fast eine monatliche Ausbildungsvergütung im Jahr ausgeben – allein für ihren Arbeitsweg! Dies schmälert nicht nur den sowieso engen finanziellen Spielraum von Azubis. Auch werden bewusste Entscheidungen für eine (Wunsch-)Ausbildung in einer anderen NRW-Region erschwert: durch hohe Kosten für die morgendliche Anreise oder die teuren Wochenendfahrten nach Hause. Hinzu kommt, dass es für Ausbildenden aktuell viel kostspieliger als für Studierende ist, abends oder am Wochenende im Land mobil zu sein – ob zum gemeinsamen Feiern mit Freund*innen oder für ehrenamtliches Engagement. Mit einem bezahlbaren und NRW-weiten Azubi-Ticket lässt sich die gesellschaftliche Teilhabe von Auszubildenden effektiv verbessern! Dass junge Menschen sich über ein attraktives ÖPNV-Monatsticket an eine nachhaltigere Verkehrsnutzung gewöhnen, ist ein weiteres Plus! Aktuell werden keine zehn Prozent der Wegstrecken in NRW mit Bussen und Bahnen zurückgelegt. Aber der ÖPNV ist schon heute mindestens doppelt so klima- und umweltfreundlich wie klassisches Autofahren.
Wichtig ist uns, dass mit einem attraktiven Azubi-Ticket-Angebot massive Zukunftsinvestitionen in eine moderne und gut ausgebaute ÖPNV-Infrastruktur einhergehen. Denn die Mobilität von morgen gibt es nicht für lau!