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K-10 Wie wir wohnen wollen: 15 Vorschläge, damit unsere Städte für alle bezahlbar bleiben.

16.07.2019

Mit unseren sozialdemokratischen (Ober)bürgermeister*innen und SPD-Fraktionen in den Räten stellen wir in vielen deutschen Großstädten die Weichen für eine soziale Wohnungs- und Bodenpolitik. Auf Landes- und Bundesebene haben unsere Minister*innen die finanziellen Mittel für den geförderten Wohnungsbau und die Städtebauförderung – hier ist u.a. zur Stärkung der Wohnquartiere das Programm „Soziale Stadt“ zu nennen – deutlich erhöht. Doch alleine mit Fördergeldern können die Herausforderungen des stetigen Bevölkerungswachstums in den Großstädten, dem damit verbundenen Anstieg der Mieten und Verdrängung von Bewohner*innen nicht gelöst werden. Hierzu bedarf es intensiver Anstrengungen auf kommunaler Ebene mit Unterstützung durch Bund und Länder, die passgenau für die jeweilige Stadt umgesetzt werden müssen.

 

Wir stehen fest an der Seite derjenigen, die sich Sorgen machen, ob sie auch in Zukunft in ihrer Stadt wohnen können. Unser Ziel ist, dass unsere Städte für alle bezahlbar bleiben – egal ob Groß- oder Kleinfamilie, Paar oder alleinstehend, ob in Ausbildung oder im Studium, im Beruf oder im Ruhestand. Wer in einer Stadt arbeitet, muss es sich auch leisten können, dort zu wohnen. Niemand soll sein Geld vor allem in die Miete stecken müssen. Niemand darf aus dem eigenen Stadtteil ins Umland verdrängt werden, um dann Freizeit, Geld und Nerven beim Pendeln zu lassen. Und niemand soll obdachlos werden oder bleiben müssen. Wir wollen keine Viertel nur für Reiche oder nur für Arme sondern lebendige und vielfältige Nachbarschaften. Die Städte gehören nicht einzelnen Investor*innen, sondern uns allen!

 

Wir können uns daher mit dem Erreichten nicht zufriedengeben. Auch in den nächsten Jahren wird es mehr Menschen und mehr Kapital in unsere Städte ziehen. Die Städte ziehen die Menschen an, weil sie Arbeitsplätze und hohe Lebensqualität bieten. Ohne dieses Wachstum zu gestalten, ohne eine vorausschauende und entschlossene Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik, wird der Zuzug die Wohnkosten explodieren lassen. Die SPD ist überzeugt: Wir müssen uns jetzt die nächsten ehrgeizigen Ziele stecken, damit sich alle Bewohner*innen das Wohnen in ihrer Stadt weiterhin leisten können. Dies ist keine Aufgabe ländlicher Räume, die wir selbstverständlich fördern wollen, die aber aus sich heraus ihre eigenen Stärken und Rollen entwickeln müssen, nicht als Annex der größeren Städte.

 

Das beste Rezept gegen steigende Mieten ist das Angebot an bezahlbaren Wohnungen zu vergrößern. Dabei darf kein Stadtteil eine Sonderrolle für sich beanspruchen und außen vor bleiben. Der Wohnungsneubau ist eine gesamtstädtische Aufgabe. Für uns gilt dabei der Grundsatz „Innen- vor Außenentwicklung“. Dort ist die Infrastruktur vorhanden, die wir ebenfalls ausbauen wollen. Die in vielen Städten knappen Grundstücke wollen wir bestmöglich nutzen. Baufelder, die für Wohnungen geeignet sind, sollen auch für Wohnungen genutzt werden. Dabei kommt es uns nicht nur darauf an, jedes Jahr viele neue Wohnungen zu bauen. Es müssen vor allem die richtigen Wohnungen sein: keine Luxuslofts und überteuerten Mikroappartments, sondern normale Wohnungen für alle mit Qualität in Architektur und Städtebau. Die Neubauten müssen zum Umfeld passen, die Stadtteile stärken und zu guter Nachbarschaft einladen.

 

Dort, wo Städte gezwungen sind im Außenbereich neue Quartiere zu entwickeln, gelten für uns die gleichen Prinzipien. Die kompakte, dichte, nutzungsgemischte und bezahlbare Stadt der kurzen Wege bleibt auch dabei unser Leitbild. Große Einfamilienhaussiedlungen produzieren zu viel Verkehr und sind hinsichtlich ihres Flächenverbrauches nicht mehr zu verantworten.

 

Der Wohnungsmarkt darf nicht profitorientierten Konzernen überlassen werden. Wir wollen den Anteil von Wohnungen im Besitz öffentlicher, genossenschaftlicher und gemeinwohlorientierter Gesellschaften deutlich erhöhen und mit diesen ein Bollwerk gegen steigende Mieten errichten. Das Beispiel Wien zeigt, dass dies auch in einer prosperierenden Großstadt möglich ist.

 

Das sind aus sozialdemokratischer Sicht Schlüsselfragen für die Zukunft unserer Städte und ihrer Menschen: Wie gestalten wir das Wachstum unserer Städte? Wie erhalten und schaffen wir passende, bezahlbare Wohnungen für alle?

 

Für uns heißt das vor allem:

a. Wir brauchen viel mehr Wohnungen mit dauerhaft günstigen Mieten.

b. Wir müssen Mieter*innen vor Preistreiberei und Rausmodernisieren schützen und dafür sorgen, dass Wohnungen nur zum Wohnen genutzt werden.

c. Wir müssen verhindern, dass bestehende Wohnungen ebenso wie Grund und Boden durch Spekulation und Profitmaximierung verteuert werden.

 

Die folgenden Maßnahmen und Instrumente beschreiben dabei Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten der jeweiligen Städte und auch Forderungen an die Länder und den Bund. Natürlich stehen diese nicht alleine auf dem Weg zu einer lebenswerten und bezahlbaren Stadt für alle. Genau so muss der Fokus auf den Nachbarschaften und deren Aufwertung liegen. Hierfür braucht es eine gute Ausstattung mit sozialen Einrichtungen, fußläufiger Nahversorgung und Grünflächen. Ebenso braucht es in unseren Städten endlich eine Verkehrswende, die mit der autogerechten Stadt Schluss macht und wieder den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Anpassungen unserer Städte an den Klimawandel müssen dringend vorangetrieben werden. Für all dies braucht es sowohl Maßnahmen bei Neubauten als auch im Bestand. Für die Sozialdemokratie steht dabei aber immer im Mittelpunkt, dass wir bezahlbare Wohnungen für alle Stadtbewohner*innen erhalten und neue ermöglichen.

 

 

  1. Mehr städtische Wohnungen schaffen.

Für ausreichend Wohnraum zu sorgen ist eine öffentliche Aufgabe. Diese kann am besten durch eine städtischen Wohnungsgesellschaft umgesetzt werden. Deren Ziel muss es sein, ihre Wohnungen dauerhaft zu bezahlbaren Mieten anzubieten – auch wenn Sozialbindungen längst ausgelaufen sind. Über eine Vereinbarung wollen wir die jedes Jahr zu bauenden Wohnungen festlegen. Dies können die Städte unterstützen, indem sie ihr den ersten Zugriff auf – für den Wohnungsbau geeignete – städtische Grundstücke geben. Außerdem sollen auch bestehende Wohnungen angekauft werden, um mehr Mieter*innen das bezahlbare Wohnen zu ermöglichen. Dies kann u.a. über städtische Vorkaufsrechte in Erhaltungsgebieten erreicht werden.

 

  1. Wer auf städtischem Boden baut, baut nur bezahlbar.

Früher wurden städtische Grundstücke für den Wohnungsbau meist zum Höchstgebot verkauft. Damit muss Schluss sein. Stattdessen können die Städte das Instrument der Konzeptvergabe nutzen. Den Zuschlag für ein Grundstück bekommt damit, wer wohnungspolitische Ziele der Stadt umsetzt. Zudem sollte gelten: Auf städtischen Grundstücken dürfen nur noch Wohnungen gebaut werden, die gefördert, preisreguliert oder für bestimmte Zielgruppen vorgesehen sind. Auf städtischen Grundstücken sollten in erster Linie städtische Wohnungen entstehen. Nur wo das nicht möglich oder sinnvoll ist, können über eine Vergabe – bevorzugt kleinteilig und in Erbpacht – an Genossenschaften, gemeinwohlorientierten Wohnungsunternehmen, Selbstnutzer*Innen, Bau- und Wohngruppen oder soziale Träger Wohnungen bauen. Voraussetzung dafür ist, auf dem Grundstück zu 100% bezahlbare Wohnungen zu bauen. Mindestens 50% der neuen Wohnungen müssen gefördert und bis zu 50% mietreguliert sein. Das gilt auch für städtische Gebäude, zum Beispiel ehemalige Schulen, die zu Wohnungen umgenutzt werden sollen. Weitere Kriterien für eine Vergabe sind für uns: das Angebot mit den niedrigsten Mieten – auch unterhalb der Sozialmiete, die Integration sozialer Einrichtungen sowie die Berücksichtigung besonderer Zielgruppen wie Azubis, Studierende, Senior*innen, Behinderte und chronisch Kranke, Wohngruppen oder ehemalige Obdachlose – beispielsweise im Rahmen von „housing first“.

 

  1. Wer neu baut, muss vor allem bezahlbare Wohnungen bauen.

Im Rahmen von Wohnungsbauvorhaben, die einer Bauleitplanung bedürfen, hat die Gemeinde die Möglichkeit über städtebauliche Verträge verbindliche Quoten für geförderten und preisregulierten Wohnraum mit Investoren zu vereinbaren. In vielen Städten gibt es bereits eine verbindliche Quote für sozialgeförderten Wohnungsbau, in der Regel liegt diese bei maximal 30%. Weil aber über lange Zeit fast gar keine geförderten Wohnungen gebaut wurden, laufen vielerorts noch immer mehr Sozialbindungen aus als neue hinzukommen. Unser Ziel ist, diesen Rückgang nicht nur aufzuhalten, sondern jedes Jahr deutlich mehr Wohnungen in die Bindung zu bringen als daraus entfallen. Dafür wollen wir wo immer möglich dafür sorgen, dass bei Neubauprojekten mindestens 80 Prozent bezahlbare Wohnungen entstehen. Wer in unseren Städten mit neuen Wohnungen Geld verdienen möchte, soll in Zukunft mindestens 50% davon öffentlich gefördert bauen. Weitere 30% der Wohnungen sollen mit einer von der Stadt regulierten Miete („Fair-Miete“) angeboten werden und höchstens 20% zu Marktpreisen.

 

  1. Bezahlbare Wohnungen auch ohne Wohnberechtigungsschein.

Beim Neubau ist unser erstes Ziel, dass möglichst viele Wohnungen öffentlich gefördert entstehen. Aber auch Bürger*innen, die für eine geförderte Wohnung zu viel verdienen, können sich Kaltmieten von bspw. über 14 €/qm oft nicht leisten. Daher wollen wir auch für Menschen mit mittlerem Einkommen ein verlässliches Angebot an bezahlbaren Neubauwohnungen schaffen. Wir werden für sie die „Fair-Miete“ als neue Kategorie des mietregulierten Wohnens einführen. Die „Fair-Miete“ darf die vom Land festgelegte Mietobergrenze für geförderte Wohnungen höchstens um ein Drittel übersteigen. Bei der aktuellen Sozialmiete von 6,80 €/qm (NRW 2019) bedeutet das eine regulierte Neubaumiete von rund 9 €/qm. Wir sehen einen Anteil von 30% dieser mietregulierten Wohnungen als notwendig an. Von neuen Wohnungen mit „Fair-Miete“ profitieren alle Mieter*innen, weil sie nicht zu einem Anstieg des Mietspiegels führen. Die Wohnungsgenossenschaften beweisen regelmäßig, dass Neubauten zu diesen Konditionen rentabel gebaut werden können. Daher wollen wir Investoren motivieren, den Anteil von 30 Prozent mietregulierter Wohnungen durch örtliche Wohnungsgenossenschaften errichten zu lassen und damit lebendige Nachbarschaften zu fördern.

 

  1. Mehr Genossenschaftswohnungen schaffen.

Solidarität, Selbstverwaltung und Mitbestimmung sind seit mehr als 100 Jahren das Erfolgsrezept, mit dem Wohnungsgenossenschaften Wohnkosten weit unter dem Marktniveau ermöglichen. Mit einem lokalen Bündnis für genossenschaftliches Wohnen (zwischen der Stadt und den örtlich ansässigen Wohnungsbaugenossenschaften) kann eine Grundlage für deren Weiterentwicklung geschaffen werden. Die Genossenschaften müssen sich auf den Weg machen, wieder deutlich mehr neue Wohnungen zu bauen. Dabei wollen wir sie unterstützen, vor allem über den Zugang zu städtischen Grundstücken, Unterstützung bei Aufstockungen im Bestand und der Berücksichtigung in Neubauprojekten privater Investoren.

 

  1. Wohnungen für jedes Alter schaffen.

Möglichst lange in der eigenen Wohnung bleiben – das wünschen sich die meisten Menschen für ihr Leben im Alter. Die wenigsten Wohnungen aber sind dafür überhaupt geeignet, weil der Aufzug oder die bodengleiche Dusche fehlen oder weil sie schlicht zu groß sind. Ein Umzug in eine barrierefreie Wohnung scheitert nicht selten am Geld: Die neue, kleine Wohnung wäre teurer als die alte, große. Vor allem im geförderten und mietregulierten Bereich wollen wir daher mehr bezahlbare, kleine und barrierefreie Wohnungen schaffen. Wir fördern besondere Wohnformen für das Alter wie Gruppenwohnungen in sozialer Trägerschaft, die ergänzend Service und Pflege bieten. Wir brauchen Angebote zum Wohnungstausch und zum Umzugsmanagement, wo diese bereits vorhanden sind, wollen wir sie ausbauen. Unsere besondere Unterstützung haben Menschen jeden Alters, die sich zu Wohngruppen zusammenfinden, um miteinander zu leben und sich generationenübergreifend zu helfen. Sie haben meist nicht das Geld, um selbst zu bauen. Über städtebauliche Verträge und Regelungen in Erbpachtverträgen wollen wir daher sicherstellen, dass von der Stadt unterstützte Wohngruppen bei großen Wohnungsbauprojekten berücksichtigt werden und jeweils alle ihre Mitglieder ein Mietangebot erhalten.

 

  1. Neue Werkswohnungen schaffen.

Bezahlbare Wohnungen sind inzwischen ein Standortfaktor. Viele Auszubildende und immer mehr Berufstätige können sich in den großen Städten keine Wohnung leisten und stecken im Pendelverkehr fest oder suchen sich Arbeit in anderen Regionen. Es entstehen in der Regel in unseren Städten noch immer neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, die nicht nur von bisherigen Stadtbewohner*innen besetzt werden. Deshalb sind insbesondere die großen Unternehmen und auch öffentliche Arbeitgeber (bspw. Bundes- und oder Landesregierungen dazu aufgerufen, für ihre Beschäftigten die bewährte Idee des Werkswohnungsbaus wiederzubeleben und eigene Wohnungen zu bauen. Wir wollen, dass zusammen mit neuen Arbeitsplätzen auch zusätzlicher Wohnraum für die künftigen Mitarbeiter*innen geschaffen wird. Weil auch die Stadt als Arbeitergeberin bei ihrer Suche nach Fachkräften von den hohen Wohnkosten beeinträchtigt ist, soll sie mit gutem Beispiel vorangehen. Für Beschäftigte der Stadt – vor allem für ihre Auszubildenden – soll durch die städtische Wohnungsgesellschaft Wohnraum entstehen.

 

  1. Bodenspekulation verhindern.

Der Kostentreiber Nummer Eins beim Wohnen ist die Verteuerung von Bauland. Hohe Preise für knappe Flächen werden zusätzlich angeheizt durch Investitionsgesellschaften, die oft gar nicht bauen, sondern nur schnelle Kasse machen wollen. Die rasanten Preissteigerungen bei Verkäufen von Grundstücken während der Entwicklung zeigen, wie Spekulation das Wohnen verteuert. Bund und Land müssen dem harte rechtliche Grenzen setzen. Bis dahin sollten die Städte mit einer stadteigenen Projektentwicklungsgesellschaft größere Flächen auch selbst entwickeln und entwicklungsfähige Grundstücke im Rahmen einer langfristigen Bodenvorratspolitik ankaufen. Dafür sollen auch städtische Vorkaufsrechte in Anspruch genommen werden. Die einzelnen Baufelder können dann kleinteilig durch die städtische Wohnungsgesellschaft, Selbstnutzer*Innen, Bau- und Wohngruppen, soziale Träger, Genossenschaften und gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen bebaut werden. So entstehen lebendige Nachbarschaften für alle Stadtbewohner*innen. Von der Möglichkeit geltendes Baurecht auf einzelnen brachliegenden Grundstücken gegenüber den Besitzer*innen durchzusetzen, wollen wir mit dem Instrument des Baugebotes im Notfall auch Gebrauch machen.

 

  1. Die Infrastruktur im Stadtteil wächst mit.

Wir brauchen mehr soziale Infrastruktur, insbesondere Kita-Plätze, Schulen mit Ganztagsangeboten, Angebote für Wohnen und Pflege im Alter. Wir erwarten daher, dass bei größeren Wohnungsbauprojekten nicht nur der selbst ausgelöste Mehrbedarf gedeckt wird. Die neuen Einrichtungen müssen auch die Versorgung im Umfeld verbessern. Die neuen Kitas müssen also so groß werden, dass nicht nur die Kinder im Neubaugebiet, sondern auch Kinder aus der vorhandenen Nachbarschaft aufgenommen werden können. Flächen für Einzelhandel können die Nahversorgung in der Nachbarschaft verbessern. Bei der Verkehrsanbindung neuer Wohngebiete setzen wir klar auf den Anschluss mit Bus und Bahn. Dabei sehen wir die Investoren in der Pflicht, sich an all diesen Kosten zu beteiligen.

 

  1. Neue Wohnungen – neue Grünflächen.

Das Leben in der Großstadt braucht Freiräume. Städtische Parks, Gärten, Grünanlagen und die Naturflächen, wie Wälder und Seen sind unverzichtbar für Gesundheit, Freizeit und Erholung, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, für Frischluft, Wasser und Stadtklima. Um sie zu schützen, wollen wir die zusätzlichen Wohnungen vor allem auf solchen Flächen schaffen, die bereits intensiv genutzt werden. Dazu gehören unter anderem Industriebrachen, die nicht mehr benötigt werden, Baulücken und Wohngrundstücke, die durch Nachverdichtung oder Aufstockung besser genutzt werden können. Auch Parkplatzwüsten und eingeschossige Discounter wollen wir mit Wohnungen überbauen. Der Bau von Mehrfamilienhäusern hat für uns oberste Priorität, denn auf der Grundfläche eines Einfamilienhauses können besser mehrere Wohnungen entstehen. Dabei sind wir offen für ungewöhnliche städtebauliche Lösungen und Nutzungsmischungen. Hohe bauliche Dichte und mehr Grün in der Stadt sind kein Widerspruch. Wir werden Bauprojekte nutzen, um Hofflächen zu entsiegeln, Fassaden zu begrünen, attraktive Spielplätze zu schaffen und das Wohnumfeld als grünen Naherholungsbereich zu entwickeln. Wir wollen verpflichtende Dachbegrünungen bei allen Neubauten und qualitativ hochwertige Freiflächen im Wohnumfeld, die kleine Oasen in der Großstadt sind. Damit kann jedes Wohnungsbauprojekt einen Teil zur Verbesserung des Stadtklimas und der Lebensqualität beitragen. In Kombination mit innovativen Lösungen auch bei der Energieversorgung bzw. -einsparung setzen wir uns auch ausdrücklich das Ziel nachhaltiges Bauen anzustreben.

 

  1. Mehr Modernisieren, aber nicht in der Luxusvariante.

Viele ältere Wohnungen in unseren Städten entsprechen nicht mehr den aktuellen Wohnbedürfnissen und technischen Standards. Es fehlt an Komfort, Barrierefreiheit und Energieeffizienz, wodurch auch die Nebenkosten als „zweite Miete“ steigen. Wir wollen Einzeleigentümer*innen dabei unterstützen, ihre Mietwohnungen auf Vordermann zu bringen, ohne dass ihre Mieter*innen übermäßig belastet werden. Dafür werden wir eine breite Modernisierungsinitiative für selbstnutzende Eigentümer*innen und Vermieter*innen mit wenigen Wohnungen auf den Weg bringen. Wir wollen Haus- und Wohnungsbesitzer*innen nicht nur den Weg zu Fördermitteln weisen, sondern sie auch in der schwierigen Planungs- und Bauphase durch praktischen Sachverstand unterstützen lassen. Verhindern aber wollen wir, dass Menschen durch Modernisierungen aus ihren Wohnungen vertrieben werden, weil sie in einer Luxusvariante saniert oder zu Eigentumswohnungen umgewandelt werden. In Stadtteilen, die davon besonders bedroht sind, können soziale Erhaltungssatzungen helfen. In den schon bestehenden Satzungsgebieten werden wir Vorkaufsrechte nutzen, um die Mieter*innen beim Verkauf von Wohnungen besser zu schützen.

 

  1. Wohnungen sind zum Wohnen da.

Während viele Familien verzweifelt eine Bleibe suchen, werden in unseren Städten normale Wohnungen tage- oder wochenweise gewerbsmäßig wie „Hotelzimmer“ vermarktet, weil damit deutlich höhere Einnahmen zu erzielen sind als über eine reguläre Monatsmiete. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass Wohnungen über Monate gezielt leerstehen, um eine hohe Miete durchzusetzen. Beides verschärft die Wohnungsnot. Beides kann und muss die Stadt bekämpfen. Dafür brauchen wir Zweckentfremdungssatzungen. Die Stadt kann und muss dafür sorgen, dass Wohnungen nur zum regulären Wohnen genutzt werden.

 

  1. Verstärkung für Planen und Bauen.

Die Mitarbeiter*innen in den städtischen Ämtern bringen schon heute Spitzenleistungen. In Zukunft werden aber noch mehr und komplexere Aufgaben auf sie zukommen: noch mehr Bebauungspläne, eigene Projektentwicklungen, neue Schutzsatzungen, die erarbeitet und kontrolliert werden müssen. Dafür brauchen die zuständigen Ämter personelle Verstärkung und eine bessere Bezahlung, die wir ermöglichen werden.

 

  1. Regional zusammenarbeiten.

In vielen unserer großen Städte gibt es nur noch wenige Flächen für den Wohnungsbau. Gleichzeitig gibt es in direkter Nachbarschaft meist kleinere Kommunen mit Flächenpotentialen. Daher gilt es, die Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu beginnen oder zu vertiefen, um eine kooperative Siedlungsentwicklung in der jeweiligen Region voranzubringen. Unser Ziel ist, gemeinsame Standorte für neuen Wohnungsbau mit urbaner Lebensqualität zu entwickeln, die über den ÖPNV oder Radschnellwege mit den großen Städten verbunden sind oder verbunden werden können. Zusätzlichen Pendelverkehr mit dem Pkw wollen wir vermeiden.

 

  1. Land und Bund müssen mehr tun.

Wir begrüßen die Ergebnisse des Wohngipfels der Bundesregierung, vor allem die die Begrenzung der Mieterhöhung nach Modernisierung, die zusätzlichen Mittel für den geförderten Wohnungsbau und das Nachschärfen der Mietpreisbremse. Wir halten diese Schritte aber nicht für ausreichend.

 

Wir brauchen auf Landes- und Bundesebene einen radikalen Kurswechsel für eine soziale Wohnungs- und Bodenpolitik. Dazu gehören unter anderem der sofortige Mieterhöhungsstopp für die nächsten fünf Jahre, eine rigide Besteuerung von Immobilienspekulation, eine Baupflicht für baureife Grundstücke, die Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit, neue Landeswohnungsbaugesellschaften, die Dynamisierung des Wohngelds, die umgehende Bereitstellung von Bundes- und Landesliegenschaften für den Wohnungsbau, deutlich längere Sozialbindungen in der Wohnraumförderung, eine Investitionsoffensive für neue Schienenverbindungen in die Region und eine Beteiligung der Kommunen am Steueraufkommen, die ihnen erlaubt, auf Einnahmen durch Immobilienverkäufe zu verzichten.

 

Wir verwahren uns beispielsweise gegen die Pläne der nordrhein-westfälischen Landesregierung von CDU und FDP, die Landesverordnungen abzuschaffen, die Mieter*innen schützen, vor

  • überzogenen Mieten bei der Wiedervermietung (Mietpreisbremse),
  • überzogenen Mieterhöhungen im laufenden Mietverhältnis,
  • Verlust von Mietwohnungen durch Umwandlung in Eigentumswohnungen,
  • Eigenbedarfskündigung nach Umwandlung in Eigentumswohnungen,
  • Zweckentfremdung von Wohnraum durch gezielten Leerstand, Umwandlung in Gewerberaum oder gewerbliche AirBnB-Vermietung.

 

Wie wollt Ihr wohnen?

Um die notwendigen Schritte für mehr bezahlbares Wohnen in unseren Städten gehen zu können, brauchen wir den Austausch und die Zusammenarbeit mit Bürger*innen und Organisationen, die dieses Ziel teilen. Alle Sozialdemokrat*innen sind aufgerufen in ihren Städten in diesen Dialog zu treten um einerseits zu sagen „So wollen wir wohnen“ aber um auch zu fragen „Was sind Ihre und Eure Vorschläge?“.

B-01 Beste Bildung – reloaded. Herausforderungen meistern. Haltung zeigen.

14.05.2018

Die Zeit ist reif für Veränderungen. Unsere Gesellschaft verändert sich rasant. Digitalisierung, Automation (Künstliche Intelligenz) und Globalisierung stellen die Gesellschaft und damit auch das Bildungssystem vor enorme Herausforderungen. Besonders das Schulsystem muss sich anpassen und eine radikale Neustrukturierung vornehmen. Die SPD steht für Gerechtigkeit, Teilhabe und Fortschritt und muss sich damit auseinandersetzen, was Bildungsteilhabe in Zusammenhang mit Zuwanderung, demografischem Wandel, steigender Kinderarmut, Geschlechtergerechtigkeit, wachsender Heterogenität und den Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0 eigentlich bedeutet. Die Aufgaben der Schule gehen weit über eine reine Wissensvermittlung hinaus und werden immer anspruchsvoller. Dass Schulkollegium der Zukunft wird aus Lehrpersonal und weiteren (pädagogischen) Fachkräften bestehen, die Hand in Hand arbeiten müssen, um unsere Kinder und Jugendlichen auf ihre Zukunft vorzubereiten. In diesem Zusammenhang denken wir das Bildungssystem neu.

 

Dieser Antrag ist ein erster Zwischenschritt. Er fasst in Stichpunkten zusammen, in welchen bildungspolitischen Themen weitgehend Einigkeit über die grundsätzliche politische Ausrichtung und nächste konkrete Schritte und Forderungen gibt. Er beschreibt aber auch die – wenigen – politischen Grundsatzentscheidungen, die in der bildungspolitischen Debatte vor uns liegen. Die unterschiedlichen Einschätzungen und Konfliktpunkte, die hier in unserer eigenen Partei vorhanden sind, wollen wir offen ansprechen und Diskussionsräume schaffen, in denen wir diese Konflikte auch thematisieren und die Argumente, mit Respekt vor den jeweils unterschiedlichen Zugängen und Haltungen zum Thema, austauschen. Am Ende steht dann natürlich die Entscheidung der Partei auf einem Parteitag.  Der Landesvorstand wird deshalb beauftragt bis spätestens Sommer 2019 ein Grundsatzpapier zur „Bildung der Zukunft – Zukunft der Bildung“ für Nordrhein-Westfalen vorzulegen.

 

Dabei müssen Antworten auf die zentrale Frage gefunden werden, welche Fähigkeiten und Kompetenzen Kinder und Jugendlichen in der Schule lernen müssen, um bestmöglich auf ihre berufliche Zukunft vorbereitet zu sein? Aber gleichzeitig auch, welche sozialen, emotionalen und politischen Fähigkeiten müssen erlernt werden, um als mündige Bürger*innen die Gesellschaft mitzugestalten. In diesem Zusammenhang müssen soziale-emotionale Kompetenzen auch durch andere Formen des „Unterrichts“ vermittelt werden können, der weit über den „klassischen“ Unterricht hinausgeht. Beispielhaft sollen hier nur Theater- und Chorangebote, Sportangebote, Angebote für soziales Engagement in der Stadt/Stadtteil oder Dorf, sowie Angebote zur politischen Bildung genannt werden. Hier lernen Kinder und Jugendliche sich und ihre individuellen Fähigkeiten nochmal ganz neu kennen und entdecken persönliche Stärken und Schwächen. Auch hier muss Schule fördern. Dies ist von besonderer Bedeutung, wenn Kinder und Jugendliche einen Großteil ihres Tages in der Schule verbringen. Bereits im Jahr 1992 hat der ehemalige Ministerpräsident Johannes Rau, die Bildungskommission NRW unter dem Titel Zukunft der Bildung- Schule der Zukunft berufen. Die damaligen sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Umbrüche, die auf einen historischen Einschnitt hindeuteten, haben deutlich gemacht, dass das Bildungssystem sich verändern muss, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden. Bereits damals wurden die Ausgaben für Aus- und Weiterbildung als Zukunftsinvestitionen beschrieben und Bildung als ein Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung verstanden. Die damaligen Visionen und das neue Verständnis von Schule sind bis heute zeitgemäß. Die Herausforderungen haben sich beispielsweise durch Digitalisierung und den Wandel des Arbeitsmarktes nochmal deutlich verschärft. Daher ist es umso drängender das die NRWSPD sich intensiv mit dem Thema Bildung beschäftigt und neue Konzepte präsentiert, in dem alle Kinder und Jugendlichen bedacht werden. Dies ist die soziale Verantwortung der SPD in NRW. In diesem Zusammenhang hat die NRWSPD zuletzt im August 2007 ihre bildungspolitischen Forderungen in eine gemeinsame Positionierung unter dem Titel „Beste Bildung für alle“ zusammengeführt. Während der Regierungszeit war die NRWSPD bei bildungspolitischen Themen kaum mehr erkennbar und hat an Profil verloren, daher wurde nach der Landtagwahl im Mai 2017 durch den Landesvorstand die Arbeitsgruppe „Beste Bildung NRW – ein Leben lang“ eingesetzt. Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB), sollten die Fehler der Vergangenheit analysiert und aufgearbeitet werden, um dann den Prozess der Neuausrichtung für die nächsten 2 Jahre zu gestalten.

 

Beste Bildung NRW – ein Leben lang

Für uns ist Bildungspolitik ein Instrument für mehr Chancengleichheit in unserer Gesellschaft, wir wollen uns mit der wachsenden Ungleichheit in Deutschland nicht abfinden. Damit Bildungspolitik zu einer umfassenden Chancenpolitik wird, muss sie auf allen Ebenen, vor allem vor Ort in den Stadtteilen und Quartieren, noch viel besser mit Jugend-, Sozial-und Arbeitsmarktpolitik verzahnt werden. Freier Zugang zu guter Bildung ist eine Kernforderung der Sozialdemokratie. Wir finden uns nicht damit ab, dass Menschen nach ihrer Herkunft beurteilt werden und wollen, dass jedeR die bestmögliche Bildung erhalten kann. Berufliche und akademische Bildung sind uns gleich wichtig – Bildung muss unabhängig vom eingeschlagenen Weg gebührenfrei sein: von der Kita bis zur Hochschule und zum Meister.

Unser Ziel ist klar: Jedes Kind soll entsprechend seiner Talente und Begabungen gefördert werden. Beste Bildung beginnt im frühen Alter und sorgt im Lebenslauf dafür, dass alle Menschen, immer dann, wenn es notwendig ist, eine weitere Chance erhalten. Wir haben ein umfassendes Bildungsverständnis und wollen alle Bildungsinstitutionen von der Kita bis zur Weiterbildung weiter stärken.

 

Bildungsfinanzierung

Trotz aller Anstrengungen ist das Bildungssystem in NRW weiter unterfinanziert. Die SPD muss einen Plan entwickeln, eine auskömmliche finanzielle Ausstattung sicherzustellen und die Prioritäten im Bildungsbereich nicht nur auf Parteitagen, sondern im Regierungshandeln umzusetzen.

Gerade weil die Finanzen nicht hinreichend sind, muss zielgenau nach Aufgaben und Bedarf finanziert werden. Durch die Mitfinanzierung aus dem Bundeshaushalt werden sich hier sicher in den kommenden Jahren neue Spielräume auftun. Unser Ziel ist es, das Land Nordrhein-Westfalen wieder ins Mittelfeld des Länderranking bei den Bildungsausgaben zurückzubringen. Dabei bestehen wir auf die konsequente Anwendung des Sozialindex zur zielgenauen Förderung ungleicher Ausganglagen in den verschiedenen Bildungsregionen.

 

Frühkindliche Bildung

Die Kindertageseinrichtungen sind der erste Prüfstein für Chancengleichheit und die individuelle Entwicklung von Kindern. Die ersten sechs Jahre innerhalb einer Bildungsbiografie sind entscheidend. Durch möglichst frühzeitige Förderung können mögliche Defizite und damit verbundene Nachteile deutlich verringert werden. Für eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung muss diese Ausgabenpyramide umgekehrt werden. Wir wollen auch analysieren, warum sich die ausgleichenden Effekte der Elementarbildung im weiteren Bildungsverlauf scheinbar abschwächen und welche Instrumente sich auf die Primar- und Sekundarstufe übertragen lassen.

Der entscheidende Indikator für Qualität im Elementarbereich ist neben der Qualifikation des Personals, eine verbesserte Erzieher*innen-Kind-Relation, die sich an wissenschaftlichen Kriterien orientiert. Die Rahmenbedingungen für Erzieher*innen müssen sich weiter verbessern. Ihre Bezahlung muss widerspiegeln, dass es sich ähnlich wie beim Lehrerberuf, um eine entscheidende pädagogische Tätigkeit handelt. In der Ausbildungsphase muss eine Vergütung der angehenden Erzieher*innen die Regel sein, wie dies heute bereits im Rahmen der Praxisintegrierten Ausbildung (PIA) stattfindet.

Noch immer spielen Einkommen und Bildungsstand der Eltern eine entscheidende Rolle in Bezug auf Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg. Diesen Kreislauf gilt es frühzeitig zu durchbrechen. Dafür ist der Ansatz „Ungleiches ungleich zu behandeln“ fortzuführen. Ein gutes Beispiel, wie dies gelingen kann, ist die zusätzliche Förderung von plusKita-Einrichtungen sowie die sozialindexbasierte Verteilung von Mitteln für Familienzentren und Sprachförderung. Die NRWSPD steht zu dem vorbeugenden Ansatz „Kein Kind zurücklassen“ und setzt sich für die konsequente landesweite Förderung kommunaler Präventionsketten ein. Dafür ist über alle Bildungsebenen hinweg die Jugendhilfe ein entscheidender Akteur.

 

Außerschulische Bildung

Aus Sicht der SPD wäre es verfehlt, Bildung rein im institutionellen Kontext zu betrachten. Das Recht auf Bildung und Erziehung zielt ebenso auf das kindliche Wohlbefinden und die Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit ab. Dies wird häufig in außerschulischen Lernprozessen vermittelt, die daher mindestens ebenso bedeutend sind wie formale Bildung. Deshalb braucht es neben Kitas, Tagespflege, Familienzentren oder Grundschulen, Orte des non-formalen Lernens im Umfeld. Noch immer sind Teilhabechancen ungleich verteilt. Dies zu überwinden setzt eine enge und kooperative Beziehung von Bildungsinstitutionen, Jugendhilfe sowie offener und verbandlicher Jugendarbeit voraus. Mittelfristig müssen auch Schule und Jugendhilfe viel enger verzahnt werden, als es bisher der Fall  ist.

 

Guter Ganztag

Dem wachsenden Bedarf an qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung, auch um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gerecht zu werden, müssen wir durch den weiteren Ausbau von Kita und Offenen Ganztagsschulen gerecht werden. Wir definieren den  Ganztag nicht nur als Betreuungsprogramm, sondern als elementaren Bestandteil für beste Bildung. Der gebundene Ganztag ist ein wichtiges Instrument für Chancengleichheit und individuelle Förderung. Wir wollen dabei die positiven Erfahrungen des „Offenen Ganztags“ für alle Schulformen nutzen und ihn somit fit für die Zukunft machen: neue Formen des verbindlichen Ganztags, bestehend aus Kern- und Wahlzeiten sollen mehr Zeit für eine qualitative Betreuung, mit kreativen und kindgemäßen Angeboten und für rhythmisierte Ganztagsangebote realisieren. Der im Koalitionsvertrag erreichte Rechtsanspruch ab 2025 muss deshalb ein Bildungs- und kein Betreuungsanspruch sein!  Um diesem qualtitativen Anspruch an den Ganztag gerecht zu werden benötigen wir multiprofessionelle Teams an allen Schulen, die Angebote für die Schüler*innen gestalten. Neben verschiedenen fachlichen Qualifikationen von nicht lehrendem Personal,  wird ebenso das Engagement der Lehrkräfte gefordert sein. Darüber hinaus sollen die häufig schon bestehenden Kooperationen mit Vereinen und Verbänden, im Umfeld der Schulen, ausgebaut und verstetigt werden.

Ein letzter wichtiger Aspekt sind die Arbeits- und Rahmenbedingungen des nicht lehrenden Personals in den Schulen. Zum einen müssen die Mitarbeiter*innen als vollwertige Teammitglieder im Schulkollegium verstanden werden. Darüber hinaus muss diese wichtige Arbeit fest im Bildungssystem verankert werden. Dazu gehört auch, dass die dauerhafte Refinanzierung zukünftig geklärt werden muss und die Projektfinanzierung aufhört. Klar ist dabei für uns, dass die weiteren Professionen in den Schulteams zusätzlich zu den  in benötigten Lehrerinnenstellen eingesetzt werden müssen.

 

Lehrer*innenbesoldung

Gut ausgebildete und qualifizierte Lehr*innen sind der Schlüssel für ein gutes und gerechtes Bildungssystem. Das muss sich auch bei der Bezahlung von Lehrkräften widerspiegeln. Für uns gilt der Grundsatz: gleiche Ausbildung, gleiche Eingangsbedingungen bei der Besoldung und gleiche Arbeitsbedingungen in der Schule. Deshalb fordern wir zusammen mit den Gewerkschaften, die einheitliche Eingangsbesoldung nach A13.

 

Arbeitsplatz Schule

Wir müssen auch die Arbeitszeit der Lehrer*innen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Arbeitsbelastung in den Blick nehmen.

Angesichts der Digitalisierung von Schule und der gültigen Datenschutzrichtlinien müssen Lehrer*innen schnell dienstliche Geräte für dienstliche Aufgaben zur Verfügung gestellt bekommen. Man kann nicht laut nach „bring your own device“ schreien und anschließend die Verantwortung der und dem einzelnen übertragen. Dabei ist die der Frage, ob Schulträger oder Land für die Ausstattung verantwortlich sind, für die betroffenen Kolleg*innen ohne Bedeutung.

 

Es ist ein Auftrag für alle Schulen, die Schüler*innen auf das Leben und Lernen in einer digitalen Welt vorzubereiten, da die technischen Anforderungen immer komplexer werden. Die Schüler*innen müssen auch im Rahmen der Medienpädagogik zusätzliche Kompetenzen erwerben, um sich mit den Gefahren der digitalen Welt auseinanderzusetzen und z.B. vor Cybermobbing zu schützen.

 

Unterrichtsausfall/Lehrkräftemangel

Lehrer*innenmangel wird in den nächsten zehn Jahren weiterhin Thema auf allen Ebenen bleiben. Maßnahmen, wie die Einstellung von Seiteneinsteiger*innen (mit verbindlichen pädagogischen und fachspezifischen Qualifizierungsmaßnahmen) und die Entlastung der Lehrkräfte und der Schulleitungen durch zusätzliche  z.B.  Verwaltungsassistenten und andere Fachkräfte, müssen aus unserer Sicht kurzfristig ergriffen werden. Wir brauchen eine massive Steigerung von Studienplätzen. Einen NC für Lehrer*innen lehnen wir ab.

 

Oberstufenreform- Abitur im eigenen Takt

Schülerinnen und Schüler benötigen Freiräume für ihre persönliche und individuelle Entwicklung, dies muss auch in einem schulischen Kontext gefördert werden. Diese Freiräume benötigen auch einen zeitlichen Rahmen. Durch die Möglichkeit, das Abitur nun wieder in 13 Jahren absolvieren zu können, haben die Schülerinnen und Schüler ein Jahr mehr Zeit für die persönliche Entwicklung, da die Jahrgangsstufe 11 wieder hinzukommt. In diesem Kontext müssen Möglichkeiten für die berufliche Orientierung, soziales Engagement (z. B. freiwilliges soziales Jahr), internationale Vernetzung von Schülerinnen und Schülern (z. B. Schüler-Erasmus), Praktika etc. gefördert werden. Darüber hinaus können Schülerinnen und Schüler dieses Jahr nutzen, um Lerndefizite, die bis zur Klasse 10 entstanden sind, aufzuarbeiten.  Auf der anderen Seite müssen aber auch Schülerinnen und Schüler unterstützt werden, die ihr Abitur in acht Jahren absolvieren möchten.

 

Beschulung von eingewanderten Kindern und Jugendlichen

Kinder und Jugendliche, die vor Krieg und Gewalt fliehen mussten oder eingewandert sind, brauchen größtmögliche schulische und sozialpädagogische Unterstützung. Gelingende Integration beginnt mit dem knüpfen von neuen sozialen Kontakten im Zusammenleben und –lernen mit den Mitschüler*innen. Dies erleichtert auch einen schnelleren Spracherwerb (Stichwort „Sprachbad“). Neben täglichem Unterricht in „Deutsch als Zweitsprache“ müssen gemeinsamer Unterricht und Aktivitäten im Klassenverband stehen. Um gut und schnell Anschluss zu finden, sind kleine Klassen und eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Lehrer*innen und  weiteren pädagogischen Fachkräften notwendig.

 

Schulbau

Auch im Bereich der Gebäude und des Schulbaus ist der Handlungsdruck groß: 34 Mrd. Euro beträgt der Investitionsstau an deutschen Schulen nach Angaben des Städtetags aktuell. Marode Schulgebäude, fehlende Klassenräume und Räume für Ganztagsangebote bei steigenden Schüler*innenzahlen, Inklusion, Digitalisierung und neue pädagogische Unterrichtskonzepte begründen den immensen Investitionsbedarf für dringende Sanierungsmaßnahmen, sowie Aus- und Neubauten in vielen Schulen. Bei den Investitionen und Neubauten muss die Verbesserung der Qualität, im Sinne einer zukunftsgerechten Schulinfrastruktur im Fokus stehen. . Gute Schule 2020 ist weiterhin ein richtiger und wichtiger Schritt.

 

Demokratie vs. Wirtschaft

Die gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen bergen die erhebliche Gefahr, dass die aktive politische Beteiligung junger Menschen in den Hintergrund tritt. Das Erlernen von wirtschaftlichen Kompetenzen ist wichtig, aber das darf nicht auf Kosten des Politikunterrichts gehen. 20 Minuten in der Woche sind zu wenig. Stattdessen wollen wir Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft befähigen, ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen und ihre Interessen zu vertreten. Dies ist auch Aufgabe der politischen Bildung in der Schule. Politische Bildung vermittelt Toleranz, solidarisches Miteinander, Erlernen freiheitlich-demokratischer Spielregeln und Selbsterfahrung im politischen Umfeld.  Dies muss weit über die von CDU und FDP geforderten Wirtschaftskompetenzen hinausgehen. Wir wollen wieder mehr Demokratie wagen und das gesellschaftspolitische Aufgabenfeld in der Schule stärken.

 

Berufskollegs

Berufskollegs haben eine grundlegende Bedeutung für das Bildungssystem. Der auch international herausragende Ruf der dualen Ausbildung in Deutschland beruht neben dem Lernort Betrieb insbesondere auf den Leistungen der Berufskollegs. Diese vermitteln berufliche Qualifikationen und integrieren Schüler*innen in Beschäftigungssysteme. Sie sind eigenständige Lernorte, mit der beruflichen Praxis verzahnt und gleichzeitig Orte des gemeinsamen Lernens. Ihre Leistungen müssen in der Öffentlichkeit mehr Anerkennung finden.

Ein steigender Anteil von jungen Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung zeugt von gelungenem Bildungsaufstieg vieler Menschen. Dieser Anstieg ist auch ein Erfolg sozialdemokratischer Bildungspolitik. Neben dem Studium ist der Wert dualer Ausbildung zu betonen. Ein Berufsabschluss und solide berufliche Qualifikation ist weiterhin Grundlage für ein gelingendes Leben.

Die Berufskollegs sind deshalb kein Anhängsel der Bildungspolitik oder der dualen Ausbildung, sondern ein eigenständiger, gleichberechtigter und selbstbewusster Akteur. Sozialdemokratische Bildungspolitik muss sie fördern, die Politik sie wertschätzen.

 

Hochschule und Wissenschaft

Das Thema „Hochschule und Wissenschaft“ gehört für uns natürlich zum Thema „Beste Bildung NRW – eine Leben lang“ dazu. Es wird eigenständig vom Wissenschaftsforum der NRWSPD bearbeitet. Bis zum kommenden Jahr wollen wir die Ergebnisse unserer Arbeit mit denen des Wissenschaftsforums verzahnen, um sie in den dann gemeinsamen Antrag aufzunehmen.

 

Aus – und Weiterbildung

Kein Jugendlicher darf von der Schule in die Arbeitslosigkeit geschickt werden. Wir wollen für alle jungen Menschen, die eine Ausbildung beginnen wollen, einen Platz sicherstellen. Unser duales System der beruflichen Bildung bietet Auszubildenden beste Bildungschancen, gute Ausbildungsbedingungen und damit die Chance für die Teilhabe an der Gesellschaft und eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Frühzeitige Information über die bestehenden Möglichkeiten müssen an Schulformen angeboten werden.

Weiterbildung muss in einer sich beschleunigt wandelnden Gesellschaft zur Grundlage jeder politischen Debatte werden. Wir werden auch hier die Schnittstellen innerhalb der Arbeitsgruppe nutzen, um konkrete Forderungen in diesem Bereich zu erarbeiten.

 

Strittige Themen diskutieren und Entscheidungen vorbereiten

Zu den politischen Grundsatzentscheidungen, die in der bildungspolitischen Debatte vor uns liegen, gehören die Themen Schulstruktur, Umsetzung der schulischen Inklusion, die Frage nach den Zuständigkeiten und der inneren Organisation von Schule. Hier treffen sehr unterschiedlichen Einschätzungen und Erfahrungen unserer Expert*innen in der Arbeitsgruppe Beste Bildung aufeinander und viele der Konfliktpunkte haben sich bereits in den regionalen Bildungskonferenzen bei der Diskussion mit der Parteibasis gezeigt. Hier wollen wir im ersten Schritt Diskussionsräume schaffen, um diese Konflikte offen zu thematisieren und die Argumente austauschen zu können. Die Entscheidung der Partei und ihrer Gremien kann so für den nächsten Parteitag vorbereitet werden.

 

Schulstruktur

Die auf dem Hintergrund des Schulkonsenses zunehmende und bundesweit einmalige Zersplitterung der NRW-Schullandschaft wirft die Frage nach der Effektivität des Gesamtsystems auf und die Frage nach landesweit vergleichbaren Bildungschancen. Es stellt sich die Frage, ob es „ein“ NRW Schulsystem überhaupt noch gibt. Die erzwungende Fortführung des Schulkonsens schadet den jungen Menschen in unserem Land. Wir müssen uns deshalb mit der Schulstruktur beschäftigen und letztlich entscheiden: setzen wir weiterhin – wie es unserer bisherigen Beschlusslage als Sozialdemokratie entspricht- auf die Überwindung des dreigliedrigen Schulsystems durch die Gemeinschaftsschule oder begeben wir uns auf den Weg von anderen Bundesländern, wie Bremen und Hamburg, die mit dem 2-Säulen-Modell, also dem Nebeneinander einer integrierten Oberschule und dem Gymnasium, mehr Kindern und Jugendlichen längeres gemeinsames Lernen ermöglichen?

 

Inklusion

Wir stehen grundsätzlich weiterhin zur Inklusion, entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention, an Schulen. Die schulische Inklusion muss Aufgabe aller Schulformen sein.

Über die konkrete Ausgestaltung an den (verschiedenen) Schulen herrscht allerdings eine große Uneinigkeit:

Befürworter*innen der völligen schulischen Inklusion führen an, dass das gemeinsame Leben und Lernen das Verständnis und die Verantwortungsbereitschaft füreinander, das friedliche Zusammenleben innerhalb der Gesellschaft und die Kultur einer demokratischen Teilhabe fördert. Eine demokratische und an den Menschenrechten orientierte Lernkultur bereitet junge Menschen auf das Leben in einer zunehmend von Globalisierung und Diversifizierung geprägten Gesellschaft vor.

Skeptiker*innen geben zu bedenken, dass das Ziel des Inklusionsgedankens die bestmögliche Förderung aller Schüler*innen sei. Da Kinder und Jugendliche mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen beschult werden und der Elternwille eine entscheidende Größe in unserem Schulsystem sei, müsse zwingend auch der Förderort Förderschule erhalten bleiben.

Lehrer*innen benötigen in jedem Fall mehr Unterstützung und Hilfe bei der Umsetzung der schulischen Inklusion und entsprechende fachliche Beratung und Fortbildung. Auch die Eltern brauchen eine gute Beratung über bestehende Fördermöglichkeiten  für  ihr Kind, um individuell entscheiden zu können, wo ihr Kind optimal gefördert werden kann. Die Schulen müssen dafür sorgen, dass bei Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen durch viel Transparenz und Gesprächsbereitschaft Strukturen entstehen können, in denen auch wirklich alle Kinder von gemeinsamem Unterricht profitieren können.

 

Wer ist verantwortlich?

Es wird immer wieder von der Verantwortungsgemeinschaft für unsere Schulen geschrieben und geredet. In der Realität führt die unklare Zuständigkeit für die Schulen dazu, dass Verantwortung zwischen Kommunen und dem Land, teilweise auch der Kultusministerkonferenz hin und her geschoben werden.

Wir wollen klären, wer in einer Schule mit multiprofessionellen Teams für das lehrende und nicht lehrende Personal verantwortlich ist? Wie und wo organisieren wir  die Schulaufsicht? Wir wollen einen „new deal“ zwischen Land und Kommunen über gemeinsame Standards beim Schulbau, in der Frage der Ganztagsangebote und bei der Inklusion. Wollen wir  – und wenn ja, wie? – stärken wir die regionalen Bildungsnetzwerke und Kooperationen, um die Zusammenarbeit des Systems Schule mit den vielen Akteur*innen vor Ort sicher zu stellen?

Unser Ziel ist es,  das man innerhalb von Deutschland umziehen kann, ohne in jedem Bundesland ein völlig neues Schulsystem vorzufinden.

K-02 Programm „Die sichere Stadt“

8.05.2018

Die NRWSPD setzt sich dafür ein, dass der Bereich der Kommunalen Kriminalprävention ausgebaut wird und die Kommunen bei der Umsetzung entsprechender Projekte finanziell unterstützt werden.

Angesichts angespannter öffentlicher Kommunalhaushalte soll daher eine Mischfinanzierung (Bund, Land, Kommune) umgesetzt werden.

UE-01 Abschaltung der Atomkraftwerke in Tihange

9.04.2018

1.) Die NRWSPD setzt sich für die zeitnahe Abschaltung der Atomkraftwerke in Tihange in Belgien nahe der deutschen Grenze ein.

 

2.) Deshalb stellt die NRWSPD auf dem Bundesparteitag den Antrag, die Bundesregierung möge europarechtliche Initiativen ergreifen, um die Atomkraftwerke in Tihange abzuschalten.

 

3.) Ferner möge die NRWSPD Protestaktionen gegen die Atomkraftwerke in Tihange organisieren.