St-01 „Social Green Deal“ - nachhaltige Industrie als Grundlage für sozialen, demokratischen und ökologischen Fortschritt

Status:
Nicht abgestimmt

Die Coronakrise hat uns vor Augen geführt, wie sehr ganze Länder, Wirtschaftssektoren, Unternehmen und Beschäftigte aufeinander angewiesen sind. Viele Dienstleistungen leben von der Wertschöpfung der Industrie. Aber ohne Erzieher/innen, Verkäufer/innen oder Transportarbeiter/innen ist die Industrie nicht produktiv. Ohne ein starkes Gesundheits- und Bildungssystem sind Wirtschaft und Industrie ungeschützt und krisenanfällig. Die Coronakrise zeigt uns drastisch, welche Mängel unser Bildungs- und Gesundheitssystem hat und wie groß Deutschlands Rückstand bei der Digitalisierung ist. Sie zeigt aber auch, wo die Stärken, aber auch die Schwächen in den bisherigen industriellen Wertschöpfungsnetzwerke sind. Die Beteiligung der ArbeitnehmerInnen über Mitbestimmung und Gewerkschaften war und ist bei der Bewältigung der Krise eine große Stärke unseres Industrie- und Wirtschaftsstandortes. So konnten dort, wo Tarifverträge und Betriebsräte vorhanden sind, das Kurzarbeitergeld gut genutzt oder gar aufgestockt werden. Und sie wird umso wichtiger, umso mehr nach der Bewältigung der akuten gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Krise der nun beschleunigte Wandel unserer Wirtschaft wieder auf die Tagesordnung drängt. Denn ein weiter voranschreitender Klimawandel und ein fortdauernder Verlust an biologischer Vielfalt gefährden zunehmend die Möglichkeiten unserer Gesellschaften, sowohl heutige wirtschaftliche Herausforderungen und Krisen zu lösen als auch zeitgleich auf neue Risiken reagieren zu können. Und nicht zuletzt werden die in den letzten Monaten schon sichtbaren Umbrüche in den globalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen nun noch einmal verstärkt, auch das betrifft unsere exportorientierte Industrie stark. Die bisherige Globalisierung der Produktion und des Handels stößt nun immer mehr an ihre Grenzen. Es zeichnet sich eine Re-Europäisierung und -Nationalisierung von zentralen Kompetenzfeldern und Wertschöpfungsketten ab, die gerade die exportorientierten und in internationale Produktions- und Entwicklungsnetzwerke eingebundenen deutschen Unternehmen vor besondere Herausforderungen stellt.

 

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben einen ganzheitlichen Blick auf unseren Wohlstand und die wirtschaftliche Entwicklung. Wir sehen Industrie als einen unverzichtbaren Kern unserer Wirtschaft an, ohne deren Wertschöpfung, Innovationskraft und Produktion wir nicht krisenfest und zukunftsfähig sein können. Uns ist gleichzeitig bewusst, dass dieser Kern ohne eine gute Daseinsvorsorge und leistungsfähige Infrastruktur nicht produktiv sein kann. Eine aktive Industriepolitik ist somit eine notwendige Ergänzung einer fairen Sozial-, einer schützenden Arbeitsmarkt- und einer offensiven Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik sowie einer ambitionierte Klima- und Umweltschutzpolitik.

 

Im Folgenden wollen wir darlegen, welche Vorstellungen die Sozialdemokratie für eine aktive und nachhaltige Industriepolitik hat, die dafür sorgt, dass unsere Industrie modernisiert wird und zukunftsfeste, gute Arbeitsplätze erhalten werden oder neu entstehen können. Wir wollen eine aktive Industriepolitik in Nordrhein-Westfalen, die eingebettet ist in eine deutsche und europäische Industriepolitik mit den gleichen Zielen: sozialen, demokratischen und ökologischen Fortschritt für alle voranzutreiben. Wir brauchen einen „Social Green Deal“.

 

 

I. Industrieller Kern – zur Bedeutung der Industrie für die Wirtschaft in NRW

 

Die Wirtschaft Nordrhein-Westfalens hat einen starken industriellen Kern. 20% der Wertschöpfung unserer Wirtschaft entsteht durch die Industrie und rund 20% aller Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen arbeiten in der Industrie, das sind etwa 1,3 Mio. Menschen. In den besonders energieintensiven Industrien wie der chemischen Industrie, der Papier- und Glasindustrie oder der Stahlerzeugung und -verarbeitung arbeiten allein über 400.000 Beschäftigte in NRW. Darüber hinaus hängt ein erheblicher Anteil von Arbeitsplätzen im Bereich der Dienstleistungen von Aufträgen und der Wertschöpfung der Industrie ab. 25 % aller in Deutschland tätigen Personen in den unternehmensnahen Dienstleistungen arbeiten in NRW. Die Industrie ist auch im 21. Jahrhundert immer noch ein zentraler Baustein für den Wohlstand unseres Landes. Unser Ziel ist daher, Strukturwandel so zu gestalten, dass wir die Herausforderungen von Klimawandel, technologischem Fortschritt und Teilhabe so meistern, dass wir unsere Wettbewerbsfähigkeit und unseren Wohlstand steigern.

 

Viele Industrieunternehmen in NRW verfügen insbesondere durch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über umfassende Kompetenzen, die durch aktive politische Unterstützung und entsprechende Maßnahmen der Landespolitik für eine aktive Gestaltung des Strukturwandels genutzt werden können. Bislang überwiegen bei den Innovationen in NRW oftmals die Prozess- vor den Produktinnovationen, was zu Rationalisierungen, aber weniger zum Erschließen neuer Wachstumsmärkte führt. Hier ist landespolitisch ein langer Atem gefragt, es bedarf einer langfristig angelegten Strategie für die Fortentwicklung bestehender industrieller Wertschöpfungsstrukturen und Cluster entlang der Leitmärkte der Zukunft, damit es auch wieder vermehrt zu Produktinnovationen kommt und diese sinnvoll mit Prozess- und Dienstleistungsinnovationen verbunden werden können. Dazu braucht es neben einer kontinuierlichen Qualifizierung der Beschäftigten zum einen die verstärkte Kooperation von Gründern, Startups und Wissenschaft auf der einen und dem industriellen Mittelstand auf der anderen Seite. Und zum anderen müssen regionale Clusterstrukturen gefördert werden, die eine positive Aufwärtsdynamik durch räumliche Nähe und durch einander ergänzende Wertschöpfungsstufen erzeugen können. So können etwa die bestehenden Stärken im Bereich Medien und IT zwischen Düsseldorf, Köln und Bonn die industriellen Schwerpunkte z.B. bei Metallverarbeitung, Maschinenbau und Automotive in Ostwestfalen, Südwestfalen und dem Bergischen Land oder der Grundstoffindustrie bei Chemie und Stahl im Ruhrgebiet und entlang des Rheins ergänzen. Es ist notwendig, Innovationen bis hin zur Marktreife zu fördern, damit nicht nur Ideen, sondern vor allem Produkte „Made in NRW“ im In- und Ausland verkauft werden. Des Weiteren ist die große Abhängigkeit von politischen Entscheidungen in politisch instabilen Staaten und damit zusammenhängenden, instabilen Lieferketten soweit wie möglich zu verringern, indem Grundstoffe, die für systemrelevante Bereiche wesentlich sind, beispielsweise in der Grundstoffchemie oder in der Arzneimittelproduktion, wieder verstärkt in Deutschland und in Europa produziert werden. Nordrhein-Westfalen kann als zentrale Chemieregion Europas einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten. Zirkuläre Wertschöpfung,  in der der Rohstoffkreislauf geschlossen wird und dazu alle Wertschöpfungsstufen vom Design, über die Produktion, den Konsum bis hin zur Reparatur und Wiederverwertung umorganisiert werden, ist ebenso ein wichtiger Ansatz, um die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu verringern, hierzulande Arbeitsplätze zu schaffen und den Ressourcenverbrauch zu senken. Viele nordrhein-westfälische Unternehmen sind hier schon auf einem guten Weg, nicht zuletzt dank der bereits zu unserer Regierungszeit in Land und Bund angestoßenen öffentlichen Unterstützung in Forschung und Entwicklung. Gerade in der Chemieindustrie in NRW werden interessante Ansätze für eine Kreislaufökonomie mit Miet-, Leasing- und Pfandmodellen für chemische Produkte entwickelt.

 

II. Wandel von Technologie und Gesellschaft – was Veränderung antreibt

 

Die Industrie steht europaweit und besonders in Nordrhein-Westfalen vor einem tiefgreifenden Wandel. Die soziale Spaltung in und zwischen den Gesellschaften hat zugenommen, die reichsten 1% verfügen bald wieder über einen annähernd so großen Anteil am Volksvermögen wie vor dem 1. Weltkrieg, und das in fast allen westlichen Industrieländern. Welche schrecklichen Folgen eine so dramatische soziale Spaltung haben kann, haben die Krisen und Kriege in der ersten Hälfte des 20 Jh. gezeigt. Diesen Trend gilt es daher umzukehren. Die Erderwärmung erfordert größere Anstrengungen zu mehr Klimaschutz von der Weltgemeinschaft. Daneben nimmt auch der Rückgang der biologischen Vielfalt Einfluss auf die Entwicklung in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen. Die Digitalisierung erfasst immer mehr Bereiche und verändert Prozesse und Wertschöpfungsketten. Globale Handelskonflikte nehmen aufgrund der sehr ungleichen Verteilung von Gewinnen und Lasten der Globalisierung zu. Die demografische Entwicklung in den Industriestaaten verändert die Arbeitsmärkte und Fachkräftebasis auch für die Industrie. Diese Herausforderungen sind unleugbar, Aufgabe der Sozialdemokratie ist es daher nicht, notwendige Veränderungen zu stoppen oder gar rückgängig zu machen. Aufgabe der Sozialdemokratie als Strukturwandelpartei ist es, diese Herausforderungen so zu gestalten, dass wir zum Wohle der Menschen lösen. Das rigorose und kompromisslose gegeneinander stellen der Herausforderungen mit sozialen und wirtschaftlichen Fragen wird der Verantwortung von Politik nicht gerecht und hilft nur Populisten. Wir müssen Lösungen finden, die Vertrauen in Veränderung aufbauen.

 

Seit der Wirtschaftskrise 2008/2009 hat sich in Europa an vielen Stellen die Erkenntnis durchgesetzt, dass Wohlstand dauerhaft mit industrieller Wertschöpfung eng verknüpft ist. Die insgesamt positive Entwicklung in Deutschland seit dem Jahr 2011 wird nicht zuletzt auch auf die leistungsfähige und produktive Industrie zurückgeführt. Gleichwohl haben die Entwicklungen ab 2016 im Zuge des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU), der zunehmenden Handelskonflikte zwischen USA einerseits und der EU sowie vor allem China andererseits zu einer erheblichen Verunsicherung der stark exportabhängigen Industrie beigetragen. Die Rekorde beim Leistungsbilanzüberschuss, die nicht zuletzt auf die exportorientierte Industrie zurückzuführen sind, werden hier zum Bumerang. Zudem zeichnen sich sowohl seitens der USA als auch von China aggressive nationale Strategien zur Verteidigung bzw. Erreichung von Technologieführerschaft in modernen Industriebereichen ab. Dies könnte die technologische Spitzenposition der deutschen Industrie untergraben. Dabei werden zunehmend auch Unternehmensübernahmen, strategische Beteiligungen und Technologielösungen mit Blick auf Know-how-Transfer und die Kontrolle über kritische physische und virtuelle Infrastrukturen hinterfragt.

 

Nicht zuletzt diese Entwicklungen haben in Deutschland, aber auch in der Europäischen Union zu einer neuen Debatte über eine aktive Industriepolitik geführt. Mit Vorlage des European Green Deal als „neuer Wachstumsstrategie“ Ende 2019 und einer neuen europäischen Industriestrategie im März 2020 hat die EU-Kommission angesichts der vielfältigen aktuellen Herausforderungen einige wichtige Weichen für die Zukunft des Industriestandorts Europa gestellt.. Die Bundesregierung sollte vor diesem Hintergrund aktiv eine sozial-ökologische Industrie- und Energiepolitik in Deutschland vorantreiben und – gerade auch im Rahmen der besonderen Verantwortung angesichts der aktuellen deutschen EU-Ratspräsidentschaft – bei anderen Mitgliedstaaten dafür werben. Dabei darf es jedoch nicht nur um – unbestritten wichtige – Großunternehmen gehen, sondern gerade der höchst innovative und global agierende Mittelstand als Rückgrat der breit aufgestellten deutschen und nordrhein-westfälischen Industrie sollte dabei stärker in den Blick genommen werden. Eine klare Zielorientierung, für welche gesellschaftlichen Zukunftsherausforderungen welche Technologiefelder durch welche Maßnahmen dabei unterstützt werden sollen, wird in der Strategie nur unzureichend deutlich. Auch die schwarz-gelbe Landesregierung lässt hier in ihren „industriepolitischen Leitlinien“ die klare Orientierung der Industriepolitik an gesellschaftlich wünschenswerten und nützlichen Zielen vermissen. Ganz dem Motto „Privat vor Staat“ verpflichtet, spricht sie zwar über die Themen Digitalisierung und Klimaschutz, überlässt es aber weitgehend den privaten Unternehmen, wie und ob sie die damit verbundenen Herausforderungen angehen.

 

Der Schutz des Klimas ist eine globale Herausforderung. Auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris haben sich die Staaten der Welt dazu verpflichtet, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Welt bis zur Mitte des Jahrhunderts treibhausgasneutral zu sein. Mit dem Klimaschutzgesetz, das der Bundestag im Dezember 2019 beschlossen hat, verfolgt Deutschland – ebenso wie die Europäische Union (EU) – das Ziel, bis 2050 Treibhausgas-Neutralität zu erreichen. Durch die Corona-Krise erleben wir gegenwärtig einen kurzfristigen Rückgang der weltweiten CO2-Emissionen, bedingt durch Produktionsrückgänge, eingeschränkte Nahmobilität und weniger Reisen. Dieser Rückgang der CO2-Emissionen ist aber nicht nachhaltig – eine (Wirtschafts-)Krise ist kein schlüssiges Klimaschutzkonzept, welches mit sozialdemokratischem Anspruch vor allem soziale und ökologische Aspekte verbinden und zu guten Lösungen für die Wirtschaft und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land kommen muss. Notwendig ist kein zeitweiliger, sondern ein struktureller Rückgang der CO2-Emissionen und eine strukturelle Transformation unserer Wirtschaft, die klare Ziele, Verlässlichkeit, Zeit und staatliche Unterstützung braucht. Klimaschutzpolitik wird nur dann erfolgreich sein und auch ausreichende Akzeptanz gerade bei Unternehmen und Beschäftigten finden, wenn sie national in Deutschland Wohlstand garantiert und Wirtschaft und Industrie und damit die Voraussetzungen für materielle Teilhabe stärkt. Klimaschutz muss auch ökonomisch ein erfolgreiches Exportprodukt deutscher Unternehmen sein Die CO2-Reduktion sowie Dekarbonisierung unserer Industrie bedeutet einen umfassenden Transformationsprozess. Das erfordert Investitionen sowie enorme Forschungs- und Entwicklungsleistungen. Und es bedeutet Innovationen sowie große Umstrukturierungen in industriellen Prozessen und Wertschöpfungsketten.

 

Zeitgleich findet mit der Digitalisierung eine ebenfalls grundlegende technologische Umgestaltung statt, die alle Industriebereiche erfasst. Führende deutsche Industrieunternehmen versuchen durch eigene Plattformlösungen die Ausbreitung der amerikanischen Datenplattformen in die Kernbereiche ihrer Technologien abzuwenden. Ob im Maschinenbau, der Automobilindustrie oder anderen Bereichen, überall verändert die Digitalisierung Produktionsprozesse und Produkte. Dies betrifft im Übrigen auch administrative und organisatorische Prozesse und die dort Beschäftigten. Unter dem Stichwort Industrie 4.0 entwickeln auch nordrhein-westfälische Industrieunternehmen Strategien, um die Digitalisierung für bessere Kundenlösungen und höhere Produktivität zu nutzen. Vorbildhaft ist hier das regionale Cluster „it´s OWL“ zu nennen, in dem Arbeitgeber, Beschäftigte und Wissenschaft an neuen gemeinsamen Lösungen arbeiten.

 

Unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen dieses Wandels der Industrie in NRW ist die verstärkte Mitbestimmung und Einbeziehung der Beschäftigten. Ob Dekarbonisierung der Chemie- oder Stahlproduktion mit grünem Wasserstoff, Digitalisierung der Produktion oder neue Logistikketten: ohne das Know-how und die Akzeptanz in den Belegschaften ist kein erfolgreicher Wandel denkbar. Die Industrie in Deutschland war bislang gerade deswegen international so lange so erfolgreich, weil ihr durch die Mitbestimmung das Zusammenführen von sozialen und technologischen Dimensionen des Wandels gut gelingt. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2013 zeigt auf, dass „betriebliche Mitbestimmung insgesamt einen konstruktiven Beitrag zur Innovativität von Unternehmen leistet“ und dass „eine stärkere Betriebsratsbeteiligung mit einem höheren Innovationserfolg einhergeht“. Mit einem großen Transformationsatlas hat die IG Metall in der gesamten Republik den Stand beim Umgang mit den Transformationen auf der Basis von Daten aus knapp 2.000 Betrieben mit rund 1,7 Millionen Beschäftigten untersucht. Mit ernüchternden Ergebnissen. Knapp die Hälfte der Betriebe haben keine oder keine ausreichende Strategie zur Bewältigung der Transformation. Betriebe und Beschäftigte müssen sich auf neue Qualifikationen und zum Teil auch neue Geschäftsmodelle einstellen. Die dazu notwendige Fähigkeit zur Veränderung ist allerdings erst in Ansätzen bemerkbar. Wenn sich die Unternehmen weiterhin so defensiv verhalten, setzen sie die Zukunft der Beschäftigten und ihrer Unternehmen aufs Spiel.

 

III. Bündnis für den Fortschritt – wir schaffen die Industrie von morgen

 

Für die Sozialdemokratie sind soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und demokratische Teilhabe Grundlage ihrer industriepolitischen Strategie. Eine angemessene Beteiligung der Arbeitnehmerinnen am Wohlstand und an den Entscheidungsprozessen in Unternehmen bleibt für uns wesentliche Grundlage für einen dauerhaft erfolgreichen Industriestandort NRW. Ohne oder gar gegen die Beschäftigten und Belegschaften wird kein erfolgreicher Wandel zu stemmen sein.

 

Wir wollen eine Politik zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres industriellen Kerns, in dem wir die Dekarbonisierung und Digitalisierung der Industrie voranbringen, also den technologischen Fortschritt vorantreiben. Wir müssen dies trotz aller Schwierigkeiten und auch kurzfristigen Verlusten an Umsätzen und Arbeitsplätzen in bestimmten Sektoren und Branchen tun, da ansonsten langfristig größere Schäden und Verluste drohen. Ein aktives Gestalten des Wandels erlaubt aber, die negativen Folgen für die betroffenen Beschäftigten insgesamt zu begrenzen und neue Perspektiven zu eröffnen. Es geht um einen Wandel zu einem Besseren, mehr Klimaschutz, sicherer Wohlstand und garantierte Teilhabe über gute, qualifizierte Arbeit. Einige international tätige deutsche Konzerne wie Thyssenkrupp arbeiten bereits an der Umstellung zur klimaneutralen Produktion von Stahl mit Hilfe von Wasserstoff und signalisieren ihr Interesse und ihre Bereitschaft einer Umstellung ihrer bisherigen industriellen Produktion. Eine vermehrte Nachfrage nach erneuerbare Energie für die Industrie sollte zukünftig durch NRW gedeckt werden können. Allein für die klimaneutrale Stahlproduktion erwartet die Stahlwirtschaft einen zusätzlichen bundesweiten Bedarf von mindestens 130 Terrawattstunden (TWh) Strom pro Jahr bis 2050. Um ihn zu decken, wären rund 12.000 zusätzliche Windkraftanlagen notwendig. In 2019 sind nicht mal 300 neu errichtet worden. Maßgeblich mitschuldig daran ist die schwarz-gelbe Landesregierung NRW durch ihren pauschalen Mindestabstand zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauung. Klar ist, dass wir für eine auf grünen Wasserstoff umgestellte Industrie eine leistungsfähige Transportinfrastruktur und entsprechende internationale Produktions- und Lieferstrukturen benötigen, da selbst bei einer starken Ausweitung von erneuerbarer Energie hierzulande, die notwendigen Mengen an erneuerbarer Energie nicht erreichbar sind, um die für die Industrie nötigen großen Mengen an grünem Wasserstoff verlässlich und dauerhaft herzustellen. Wie bei der heutigen Energieversorgung auch wird es dafür internationale Handelsbeziehungen benötigen, etwa um mit Sonnenstrom aus nordafrikanischen Staaten erzeugten grünen Wasserstoff zu unseren Industriestandorten in NRW zu bringen.

 

In der Wende hin zu nachhaltiger Energie und Industrie muss sich NRW aktiv als relevanter und mitgestaltender Akteur einbringen, sonst finden Industrieansiedlungen und Investitionen mittelfristig dort statt, wo ausreichend erneuerbarer Strom zur Verfügung steht. Wenn NRW nicht umsteuert, vergeben wir eine riesige Chance, der Zukunftsmotor einer nachhaltigen Industrie zu sein. Die SPD setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass wir diese Chancen ergreifen können.

 

 

Eine aktive nachhaltige Industriepolitik ist zentral, um die Interessen der Beschäftigten in den Zukunftssektoren der Industrie zu vertreten und dabei den vom Wandel negativ betroffenen Beschäftigten eine Perspektive aufzuzeigen. Allein die sozialpolitische Abfederung von Arbeitslosigkeit und Einkommenseinbußen durch die Schrumpfung bestimmter Industriebereiche ist keine moderne Interessenvertretung für die Industriearbeitnehmerschaft und vor allem keine nachhaltige Wirtschaftspolitik für die Volkswirtschaft insgesamt.

 

Mit einer derartigen aktiven Industriepolitik verbinden wir das Ziel, ein Zukunftsbündnis zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Industrie mit denjenigen im Dienstleistungsbereich, nicht zuletzt der öffentlichen Daseinsvorsorge, zu schmieden. In absoluten Zahlen hat letzterer Bereich in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Aber auch in der Industrie und den unmittelbar verbundene Dienstleistungsberiechen bleibt die Beschäftigung hoch. Die gegenseitige Abhängigkeit der Beschäftigten, also das Erfordernis einer breiten Solidarität, ist in der Corona-Krise mehr als deutlich geworden. Ohne eine ausreichende Anzahl gut bezahlter, gut ausgebildeter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Krankenpflege oder der Bildung, können die Beschäftigten der Industrie weder heute noch in Zukunft gut arbeiten und produktiv sein. Umgekehrt sind Wertschöpfung und Steuereinnahmen aus einer erfolgreichen Industrie wiederum Finanzierungsgrundlage für weite Teile des Dienstleistungssektors. Die hier umrissene Politik für Industrie und ihre Beschäftigten muss daher ergänzt werden durch abgestimmte Vorschläge für die Dienstleistungswirtschaft und die dort Beschäftigten.

 

Vor diesem Hintergrund setzen wir uns für eine strategische Industriepolitik ein, die sowohl Angebot als auch Nachfrage in den Blick nimmt. Wenn man mit Blick auf die derzeitigen Herausforderungen die Angebotsbedingungen positiv gestalten will, hilft es wenig, über Senkungen von Steuern und Abbau von Bürokratie zu reden. Stattdessen muss Angebotspolitik als Investitionspolitik begriffen werden: Die öffentliche Hand muss beispielsweise eine flächendeckende und zukunftsfähige digitale Infrastruktur anbieten. Außerdem gilt es mit risikobereiter staatlicher Grundlagenforschung die Voraussetzungen für wirtschaftliche Innovationen zu schaffen. Gleichzeitig muss der Staat über öffentliche Nachfrage dazu beitragen, nachhaltige Produktivität zu ermöglichen. Der Staat muss in den relevanten Technologiebereichen auch als erster Abnehmer innovativer Produkte eintreten beziehungsweise deren Entwicklung massiv unterstützen. Ziel der strategischen Nachfrage-Politik muss die Etablierung einer global wettbewerbsfähigen Massenproduktion ökologischer und sozialer Güter sein. Europa spielt als Wirtschaftsraum mit einheitlichen Standards und Ambition, mit seinen rund 450 Millionen Verbrauchen und seiner sich in vielem ergänzenden Unternehmensstruktur dabei eine zentrale Rolle. Die Förderung etwa der Nachfrage nach Wind- und Photovoltaikanlagen, nach Elektrofahrzeugen oder Produkten zur energetischen Sanierung von Gebäuden, stärkt hiesige Unternehmen in diesem Bereich und sorgt dafür, das vollständige Wertschöpfungsketten auch in Zukunftsbranchen wie die der erneuerbaren Energien oder der neuen Werkstoffe dauerhaft auch hier vorhanden sind und mit ihnen die entsprechenden Arbeitsplätze. Ein konkretes Beispiel für eine solche öffentlich unterstützte Förderung der Nachfrage nach klimafreundlichen Produkten und Services ist die Innovation City Bottrop.

 

Es bedarf außerdem einer gezielten Entwicklung und Förderung einer zirkulären Wertschöpfung, die den Verbrauch von Rohstoffen senkt, bereits genutzte Rohstoffe weiterverwendet und neue nachhaltige Stoffe entwickelt. Dazu ist eine ganzheitliche Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus von Produkten notwendig. Somit wird schon beim Design eines Endproduktes der gesamte Lebenszyklus über die Auswahl der geeigneten Werkstoffe, die eigentliche Herstellung, den Handel, die Nutzung, die Reparatur, das Einsammeln nach abgeschlossener Nutzung und die Weiterverwertung von Produktbestandteilen und Rohstoffen bis hin zur Wiederverwendung in neuen Produkten berücksichtigt. Zirkuläre Wertschöpfung geht also deutlich über das Recyceln von Rohstoffen in einer stofflichen Kreislaufwirtschaft hinaus. Dabei ist über den gesamten Zyklus digitale Kommunikation im Sinne der Industrie 4.0 ebenso notwendig wie eine intelligente Logistik.

 

Um solche Ansätze zum Erfolg zu führen und die Industrie in Nordrhein-Westfalen dementsprechend zu modernisieren, sind eine aktive Landes- und Bundespolitik und das engagierte Zusammenwirken von Unternehmen, Gewerkschaften und Wissenschaft erforderlich. So kann der Wandel hin zu einer intelligenten Industrie im Interesse der Menschen in NRW und der Beschäftigten in der Industrie gestaltet werden. Ein entfesselter Markt wird diesen Erfolg nicht zeitigen. Er ist ohne gesellschaftliche Ziel- und Rahmensetzung blind für die wesentlichen Zukunftsfragen, sondern hat allein den Profit und den Shareholder-Value zum Ziel allen unternehmerischen Handels.

 

Für eine nachhaltige Industriepolitik fordern wir:

 

1. Fortschritt muss sozial, demokratisch und ökologisch sein

  • eine langfristig angelegte Strategie für sozial-ökologische Industrie- und Energiepolitik in Deutschland und NRW, die sich den gesellschaftlichen Zukunftsherausforderungen umfassend stellt und nur damit unseren Industriestandort sichern hilft. Die bisherigen Strategien der Landesregierung NRW und des Bundeswirtschaftsministeriums greifen zu kurz und sind in Teilen sogar schädlich für den Industrie in unserem Land.
  • Einen Investitionsfonds für die sozial-ökologische Transformation der Industrie in Höhe von 100 Mrd. EUR für NRW, der bis 2030 konkrete Investitionen in moderne und ökologisch nachhaltige Industrieproduktion unterstützt, z.B. in den Aufbau von wasserstoffbasierter Chemie- oder Stahlproduktion, Produktion von Fahrzeugen mit emissionsfreien Antrieben oder kreislaufwirtschaftliche Ansätze, wie zum Beispiel in der Aluminium- oder Kunststoffindustrie. Hierbei insbesondere für energieintensive Industrien eine gezielte Förderung von Demonstrationsvorhaben zur großtechnischen Anwendung von Technologien und Verfahren für eine möglichst weitgehende und dauerhafte Reduzierung prozessbedingter Treibhausgasemissionen.
  • Entwicklung und Umsetzung des Instruments Carbon Contracts for Difference (CfD) durch den Bund. Klimaschutzverträge zwischen einzelnen Unternehmen und dem Staat nach dem Prinzip CfD sollen zu einem neuen Finanzierungsinstrument werden, um die Markteinführung innovativer und klimafreundlicher Prozesstechnologien insbesondere in der energieintensiven Industrie zu unterstützen.
  • Gemeinwohlorientierte Förderung von KI in Bund und Land.
  • Eigene öffentliche Infrastruktur bei Clouddiensten und damit verbundener physischer digitaler Infrastruktur.
  • Aufbau einer Digitalagentur zur Regulierung monopolistischer digitaler Märkte und Unternehmen auf Bundesebene.
  • Regulierung von privaten digitalen Plattformen sowie Stärkung des Wettbewerbs durch die gesetzliche Stärkung der Interoperationalität sowie den Aufbau öffentlicher und genossenschaftlich organisierter Plattformen für Konsum, Dienstleitungen und Industrie, um die digitale Souveränität in Europa zu wahren und auszubauen.
  • Die besondere Förderung von open-source-Ansätzen, durch verstärkte Forschungsförderung und die besondere Berücksichtigung bei öffentlichen Beschaffungen des Landes und des Bundes.
  • Zur Vermeidung von umweltbedingten Marktverzerrungen („carbon leakage“) müssen Grenzausgleichsmechanismen für CO2-Emissionskosten auf europäischer Ebene geschaffen werden.
  • Die Förderung von zirkulärer Wertschöpfung zur Reduzierung der Abhängigkeit von Rohstoffimporten und gleichzeitig Reduktion des absoluten Rohstoffverbrauchs bei Steigerung der hiesigen Wertschöpfung durch Land und Bund.
  • Aufbau einer Wasserstoffgesellschaft NRW in Verbindung mit einer „Wasserstoffstrategie NRW 2030“ zum Ausbau der Infrastruktur und Elektrolysen, um eine sichere Versorgung zu ermöglichen. Wir halten nur Wasserstoff, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wurde („grüner“ Wasserstoff), auf Dauer für nachhaltig. Wir wollen das technologische Know-How, die vorhandenen (Transport-)Infrastrukturen und industriellen Anwendungen, die derzeit noch mit „grauem“ Wasserstoff betrieben werden, als Basis für den Umstieg auf eine gänzlich klimaneutrale Wasserstoffwirtschaft nutzen und diese weiterentwickeln. Das ist günstiger und geht schneller, als wenn diese Strukturen zunächst zurückgebaut und stillgelegt werden, um sie dann bei ausreichend verfügbaren Mengen „grünem“ Wasserstoff wiederaufzubauen. Im Zuge dieses Umstiegs wird zunächst auch CO2-neutralen (z.B. „blauer“ oder „türkiser“) Wasserstoff eine große Rolle spielen. Lock-In Effekte müssen dabei verhindert werden.
  • wir wollen, dass bis 2030 in NRW 30% des Gesamtenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gedeckt wird. Auf Bundesebene bekennen wir uns zu dem Ziel, einen Anteil von 65% am Strommix zu erreichen, wozu NRW einen erheblichen Beitrag leisten muss. Das bedeutet für die beiden wichtigsten Energieträger der Erneuerbaren einen jährlichen durchschnittlichen Nettozubau in NRW in Höhe von etwa 900 MW bei Photovoltaik und bei etwa 600 MW bei Windkraft; dabei soll eine verbindliche Ertragsbeteiligung für Bürger und Kommunen eingeführt werden und die Flächeninanspruchnahme pro Kommune 10% der Potenzialfläche (Gesamtfläche abzüglich harter Tabubereiche) nicht überschreiten.
  • Bezahlbare Energiepreise für Industrie und Privathaushalte, zum Beispiel durch die schrittweise Absenkung und perspektivische Steuer- oder Kreditfinanzierung der EEG-Umlage. Gleichzeitig ist eine durchgehende und sichere Stromversorgung durch die Vergütung von sicheren Stromerzeugungskapazitäten („Leistungsmarkt“) zu gewährleisten.
  • Die Stärkung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, insbesondere bei Binnenschifffahrt und Schienenwegen sowie bei den nötigen Umschlagsplätzen für den trimodalen Verkehr, um die Anbindung der Industriebetriebe zu gewährleiste und gleichzeitig die Emissionen im Verkehr zu reduzieren. Zugleich muss NRW Pilotland werden für die Elektrifizierung der Antriebe insbesondere im Güterverkehr und Schwerlastverkehr. Für die Zukunft des emissionsfreien Güterverkehrs auf der Straße und auf der Schiene muss NRW zum ShowCase für die Brennstoffzellentechnologie werden.
  • Unsere regionale Rohstoffindustrie weiter zu fördern und neben der Ausweitung der zirkulären Wertschöpfung auch konkrete Rohstoffgewinnungsprojekte im Dialog mit den Gewerkschaften und Naturschutzprojekten beteiligungsorientiert voranzutreiben.

 

2. Beteiligung und Regionalisierung

  • einen systematischen Ansatz für eine regionalisierte Strukturpolitik einschließlich dazu passender Finanzierungsinstrumente zu entwickeln, der die verschiedenen Industrien in NRW gemeinsam mit den Sozialpartnern entlang der jeweiligen regionalen und branchenspezifischen Stärken weiterzuentwickeln hilft.
  • Neue Initiativen zur Bewältigung der anstehenden Transformationsleistungen, z.B. Automobil- und den Chemiesektor unter Einbeziehung der Sozialpartner starten, um nach dem Vorbild der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ für mehr Planungssicherheit und klare Rahmenbedingungen zu sorgen. Dabei sollen regionale Transformationsfonds helfen, die über regionale Transformationsagenturen in enger Abstimmung mit Unternehmen und Sozialpartnern den Strukturwandel in den durch bestimmte Kompetenz-Cluster geprägten Regionen unterstützen und so helfen, neue Kompetenzen und neue Wertschöpfungsketten aufzubauen;
  • das Vorbild der Innovation City Bottrop auch in weiteren Kommunen für vergleichbare Projekte im Sinne einer gezielten Nachfrageförderung zu nutzen.
  • Die sog. „Digital Hubs“ des Landes NRW zur regional orientierten Stärkung von Digitalisierung im NRW-Mittelstand müssen kritisch überprüft und im Sinne „digitaler Ökosysteme“ weiterentwickelt werden. Insbesondere die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit ist dabei stärker zu fördern. Nicht zuletzt die Erfahrungen des Projektes „Arbeit 2020 in NRW“ und des „Transformationsatlasses“ der IG Metall sollten dabei als Grundlage für die Stärkung kooperativer, beteiligungsorientierter Neuausrichtung von Geschäftsmodellen im industriellen Mittelstand dienen.
  • Durch die Erhöhung der Personalkapazitäten in den Genehmigungsbehörden bei den Bezirksregierungen und Kommunen einerseits Beteiligung von Bürgerschaft und Verbänden sicherzustellen und gleichzeitig Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.
  • regionale Transformationsbeiräte unter Einbeziehung der großen und mittelständischen Industrieunternehmen mit Sitz oder Niederlassungen in NRW sowie der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft zu initiieren, um mit ihnen ihre Strategien zur Bewältigung der beschriebenen Herausforderungen regelmäßig zu erörtern, passgenaue regionale Ansätze, Kooperationen und Initiativen zu entwickeln und so auch zur gesellschaftlichen Akzeptanz von Industrie beizutragen.
  • Gewährleistung von resilienten Lieferketten unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Standards sowie durch die Förderung und ggf. Wiederaufbau regionaler Cluster in NRW („Re-Shoring“) im Sinne einer intelligenten Spezialisierung, die die Stärken der Beschäftigten Betrieb und der Region ansetzt.

 

3. Beschäftigte beteiligen – wirtschaftlich und demokratisch

  • Einen öffentlichen Beteiligungsfonds „Zukunft.Industrie.NRW“ mit einem Mindestumfang von 10 Mrd. EUR unter Einbeziehung der Sozialpartner und ggf. unter Beteiligung privater Kapitalgeber zur Sicherung oder dem Aufbau von Industriebetrieben und ihrem technologischen Know-How auf Landesebene, der ähnliche Fonds der anderen Bundesländer und des Bundes ergänzt. Das Modell der „Best-Owner-Group“, die derzeit auf Initiative der IG Metall für mittelständische Automobilzulieferer entwickelt wird, kann dabei vorbildhaft sein und bedarf der Unterstützung durch die öffentliche Hand.
  • Die Gewährung von Fördermitteln des Landes NRW konsequent an die Einhaltung von Tarif- und Mitbestimmungsrecht zu knüpfen.
  • Stärkung von Mitbestimmungsrechten von Gewerkschaften und Betriebsräten im digitalen Wandel, u.a. durch eine öffentlich kofinanzierte Transformationsberatung für Betriebsräte in betroffenen Branchen und verstärkte Mitbestimmung bei der Einführung und der Ausgestaltung digitaler Technologien.
  • Beteiligung der Beschäftigten an der Transformation: Betriebliche Zukunftsvereinbarungen, die Verabredungen für mittel- und langfristige Investitionsentscheidungen, zum Kündigungsschutz und zur Personalentwicklung, Einbringen in Produkt- und Prozessinnovation.
  • Ausweitung des Transformationskurzarbeitergeldes zur Umschulung von Beschäftigten aus langfristig schrumpfenden Sektoren der Industrie
  • Weiterqualifizierung zur Stärkung der Transformationsfähigkeit der Arbeitnehmer*innen, indem das Recht auf lebensbegleitendes Lernen und individuelle Ansprüche auf Weiterbildung sichergestellt werden.
  • Eine starke, politische Beteiligung der Sozialpartner bei Transformations- und Strukturwandelprozessen – beispielsweise im rheinischen Revier und dem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung.
Empfehlung der Antragskommission:
Annahme
Änderungsanträge
Status Kürzel Zeile AntragstellerInnen Text PDF
Nicht abgestimmt Ä-137 zum St-01 137 NRW Jusos Um Innovationen besser zu fördern wollen wir, dass der Staat Start-Ups stärker als bisher mit Wagniskapital unterstützt. Allerdings darf der Staat hierbei nicht nur einseitig an Verlusten beteiligt werden, sondern sollte im Erfolgsfall auch an Gewinnen beteiligt werden.